Linz, 07.03.2013
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geboren am X, Staatsangehöriger von Georgien, derzeit in der Justizanstalt X, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 31. Jänner 2013, GZ: 1073460/FRB, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 53 Abs. 1 FPG und eines auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen- Raum, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 52 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/87
§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
apelacia dakmayofildes da gasaCivrebuli gadawyvetileba gauqmdes.
samarTlebrivi safuZveli:
§ 52 Abs. 1 und 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I 2005/100 idF BGBl I 2012/87
§ 66 Abs. 4 iVm § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit Bescheid der Landespolizeidirektion von Oberösterreich vom 31. Jänner 2013, GZ: 1073460/FRB, zugestellt am 1. Februar 2013, wurde gegen den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (im Folgenden: FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, eine Rückkehrentscheidung und unter Einem ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot für den gesamten Schengen-Raum erlassen.
Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde Folgendes aus:
2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde hat der Bw mit Telefax vom 15. Februar 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben.
Begründend führte der Bw aus, dass er sich als subsidiär Schutzberechtigter der Republik Ungarn rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe. Dies könne er durch Vorlage des Passes für subsidiär Schutzberechtigte belegen. Aus diesem Grund gebe es keine Rechtsgrundlage für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und damit verbunden eines Einreiseverbotes. Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig. Ebenso hätte, wie der UVS Wien argumentiere, ein Einreiseverbot für den Schengen-Raum nicht erlassen werden dürfen.
Aus den genannten Gründen beantragte der Bw die Behebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vor.
3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, nachdem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt (§ 67d AVG).
3.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1. dieses Erkenntnisses dargestellten und im Wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt aus.
3.3. Der Oö. Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 87/2012, ist gegen einen Drittstaatsangehörigen, sofern nicht anderes bestimmt ist, mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die Rückkehrentscheidung wird mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Berufung gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 66 Abs. 4 AVG auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedsstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist ein Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzt würde.
Nach § 13 Abs. 2 FPG sind die Art. 2, 3 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention in jedem Stadium einer fremdenpolizeilichen Amtshandlung besonders zu beachten.
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde.
Nach der Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes) bedeutet subsidiärer Schutzstatus die Anerkennung eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen durch einen Mitgliedstaat als Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat.
Artikel 32 der Statusrichtlinie regelt die Freizügigkeit innerhalb eines Mitgliedstaats. Demnach gestatten die Mitgliedstaaten die Bewegungsfreiheit von Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, in ihrem Hoheitsgebiet, unter den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie für andere Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten.
Nach Artikel 34 (Rückführung) der Statusrichtlinie können die Mitgliedstaaten Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist und die zurückkehren möchten, Unterstützung gewähren.
4.2. Entgegen der Ansicht des Bw ist sein Aufenthalt in Österreich nicht rechtmäßig.
Zutreffend kommt dem Bw zwar in Ungarn der subsidiäre Schutzstatus zu. Österreich hat dem Bw den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach dem AsylG nicht gewährt. Wie aus Art. 32 der Statusrichtlinie zu ersehen ist, ist der Bw den gleichen Bedingungen und Einschränkungen wie rechtmäßig in Österreich aufhältige Drittstaatsangehörige unterworfen.
Demnach bedurfte der Bw bei der Einreise in das Bundesgebiet eines gültigen Reisedokumentes und war verpflichtet dieses mitzuführen. Unbestritten hat er ein solches bei der Einreise nicht mitgeführt.
Darüber hinaus erfolgte die Einreise auch entgegen den Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige gemäß Art 5 des Schengener Grenzkodex, da der Bw im Bundesgebiet mehrfach gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen hat und somit eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und innere Sicherheit darstellt.
4.3. Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass es sich beim Bw um einen nicht rechtmäßig aufhältigen Drittstaatsangehörigen handelt.
Unbestritten verfügt der Bw über einen Aufenthaltstitel eines anderen Mitgliedstaats (Ungarn – subsidiärer Schutzstatus). Wie bereits unter Hinweis auf die Statusrichtlinie dargelegt, führt der von Ungarn gewährte subsidiäre Schutz nicht zur Unanwendbarkeit des § 52 FPG (vgl. § 1 Abs. 2 FPG). Grundsätzlich wäre der Bw daher gemäß § 52 Abs. 2 FPG verpflichtet, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet Ungarns zu begeben.
Im Hinblick auf die vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit die sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet erforderlich und daher eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG zu erlassen ist.
4.4. Obwohl der Fremdengesetzgeber im Vorfeld der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 52 Abs. 2 FPG) die Möglichkeit vorsieht, dem Bw die freiwillige Ausreise in jenen Mitgliedstaat zu gestatten, der ihm einen Aufenthaltstitel gewährt hat, sieht er für den Fall, dass eine sofortige Ausreise erforderlich ist, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 FPG vor. Die Rechtskraft der Rückkehrentscheidung lässt dem Bw nur mehr eine eingeschränkte Wahlmöglichkeit. So ist er verpflichtet, unverzüglich in den "Herkunftsstaat" (der Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt), in ein Transitland oder in einen anderen Drittstaat auszureisen. Die Ausreise in den Mitgliedstaat, der ihm einen Aufenthaltstitel gewährt hat, steht ihm nicht offen.
Im Falle der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und der Weigerung der freiwilligen Ausreise wäre die zuständige Fremdenpolizeibehörde verpflichtet, den Bw zwangsbewehrt in den Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen Drittstaat abzuschieben.
Bezogen auf den vorliegenden Fall scheidet ein Transitland und ein sonstiger Drittstaat aus.
Bedingt durch die Zuerkennung des subsidiären Schutzes durch Ungarn und die mangelnde Rückkehrbereitschaft des Bw in seinen Herkunftsstaat (Art. 34 Statusrichtlinie) ist eine Abschiebung des Bw in den Herkunftsstaat unzulässig (§§ 13 und 50 FPG; Art. 2 und 3 EMRK).
Im Hinblick auf das einfach- und verfassungsgesetzlich abgesicherte Verbot der Abschiebung ist es der belangten Behörde verwehrt, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, die genau dieses Verbot unterlaufen würde.
4.5. Da der Gesetzgeber die vorliegende Fallkonstellation nicht geregelt hat, eine Rückkehrenscheidung aus den obigen Gründen unzulässig ist, war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweise:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
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Mag. Christian Stierschneider
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 14. November 2013, Zl.: 2013/21/0082-9