Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253058/10/BMa/AK

Linz, 26.03.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald Langeder, Berichterin: Mag.a Gerda Bergmayr-Mann, Beisitzerin: Dr.in Andrea Panny) über die Berufung des Ing. E R vertreten durch W K-G Rechtsanwälte GmbH, Dr. H K, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Ried im Innkreis vom 31. Jänner 2012, SV96-56-2011, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

 

      I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 3.488 Euro (8x436 Euro), das sind  20% der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, idF BGBl. I Nr. 33/2013, iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991, idF BGBl. I Nr. 33/2013

zu II.: § 64 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sehr geehrter Herr X!

Sie haben als Einzelunternehmer und Betreiber der Firma R in N, H, für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Be­vollmächtigten bestellt, sodass Sie folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten haben:

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs.1 ASVG die unten angeführten Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt am 29.11.2011 von 08:00 Uhr bis zur Kontrolle um 10:20 Uhr mit Maurertätigkeiten auf der Bausteile X eines Mehrfamilienwohnhauses (12 Wohnungen) in R, F (Grundstück Nr. X, KG R) beschäftigt:

1. Herrn D L, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Ent­gelt von € 10,00 pro m3,

2. Herrn F J, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen einen Pau­schallohn von € 1000,00,

3. Herrn K P, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Ent­gelt von €8,00 pro m2,

4. Herrn L P, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen einen Pau­schallohn von €1000,00,

5. Herrn L P, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Entgelt laut Kollektivvertrag,

6. Herrn M P, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Ent­gelt laut Kollektivvertrag,

7. Herrn R M, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Entgelt von € 10,00 pro m3,

8. Herrn R M, geb. X, slowakischer Staatsangehöriger, gegen ein Entgelt von €10,00 pro m3.

Die in Rede stehenden Beschäftigten waren Ihnen organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeits­ortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsver­pflichtung und Weisungsgebundenheit.

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenom­men und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sind, wurde hier­über eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖ. Gebietskran­kenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger, nicht vor Auf­nahme der Tätigkeit, erstattet.

Sie haben somit zu 1. bis 8. gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Zu 1. bis 8.: § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Z.1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2011

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von             Ersatzfreiheitsstrafe von                                 Gemäß

                                                                      

je 2,180 Euro              146 Stunden                                                  §111 Abs. 2 ASVG

zu 1. bis 8.                  zu 1. bis 8.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

je 218,00 Euro zu 1. bis 8. als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der

Strafe.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 19.184,00 Euro"

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, bei einer Gesamtschau des konkreten Falls mit der im § 539a ASVG vorgeschriebenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wonach der wahre wirtschaftliche Gehalt und die wirtschaftlichen Vorgänge, Tatsachen und Verhältnisse der äußeren Erscheinungsform des Sachverhalts und den Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts vorgeht, sei davon auszugehen, dass die Tätigkeit der slowakischen Staatsangehörigen auf der Baustelle in der X in X eher als jene eines  Dienstnehmers zu qualifizieren sei als jene eines selbstständigen Erwerbstätigen. Die Werkverträge seien demnach geschlossen worden, um die Bestimmungen des ASVG zu umgehen. Als Verschuldensgrad wurde Fahrlässigkeit angenommen. Strafmildernde oder -erschwerende Umstände seien nicht zu berücksichtigen gewesen. Unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungsgründe sei die im Wiederholungsfall vorgeschriebene Mindeststrafe verhängt worden, wurde der Bw doch bereits mit Strafverfügung vom 18. August 2011, SV96-36-2011, wegen Nichtanmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung gemäß § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Z1 ASVG bestraft.

 

1.3. Gegen dieses dem Bw am 7. Februar 2012 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 20. Februar 2012, die am selben Tag zur Post gegeben wurde. Die Berufung führt im Wesentlichen aus, die Annahme der belangten Behörde, es bestünde zu den im Straferkenntnis angeführten Ausländern persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit, die Arbeitsverhältnisse würden einer Weisungsgebundenheit unterliegen und die Personen würden keinen gewährleistungstauglichen Erfolg schulden, seien unrichtige Annahmen. Der Bw habe mit Ausnahme von P M und P L Werkverträge abgeschlossen. Es liege hier ein gemeinsam erbrachter Erfolg vor, der wiederum nach den zivilrechtlichen Grundbestimmungen einer Solidarhaftung zu beurteilen sei. Aus der bloßen Kontrolle der Arbeitsqualität vor Auszahlung des vereinbarten Entgelts ergebe sich keine wirtschaftliche Abhängigkeit der angeführten Arbeiter. Der üblicherweise bei jedem Bau vereinbarte Haftrücklass habe den Sinn, dafür Sorge zu tragen, dass für alle jene Mängel, die nach Übergabe des Gewerks noch auftreten würden, ein Haftungsfond vorhanden sei.

Die Annahme, die Verpflichtung des Werkvertrages bestehe in einer genau umrissenen Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin), widerspreche der eindeutigen Normierung des Tatbestands des § 65 ABGB, wonach bei Abschluss eines Werkvertrages der Unternehmer verpflichtet sei, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.

Sollte ein Vertrag grundsätzlich als Werkvertrag mit einem bestimmten Fixtermin versehen sein, so liege hier ein Vertrag sui generis vor, beinhaltend die Komponenten eines Werkvertrags und eines Fixgeschäftes gemäß § 119 ABGB. Der Bw habe daher die im Straferkenntnis zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen schon dem Grunde nach nicht begangen. Darüber hinaus werde die Höhe der verhängten Geldstrafe, die völlig unangemessen, überschießend und weder general- noch spezialpräventiv gerechtfertigt sei, bekämpft.

 

Abschließend wurden die Anträge gestellt, das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Verfahren zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 21. Februar 2012 hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

Weil jeweils 2000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 7. Kammer berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht sowie Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11. Jänner 2013. An dieser Verhandlung haben der Bw mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Vertreter der Organpartei teilgenommen. Mit Mail vom 11. Jänner 2013 wurde von der OÖGKK eine Beurteilung der Versicherungspflicht hinsichtlich J F, M R, P L, P K, M R und L D übermittelt. Dieses Mail wurde dem Bw in der mündlichen Verhandlung vorgehalten.

Mit Schreiben vom 24. Jänner 2013, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 28. Jänner 2013, wurden nachträgliche Unterlagen vom Bw vorgelegt betreffend Rechnungen, gestellt von M R, M R, L D, P K, P L, P K, M R, M R sowie Bestätigungen der Ansässigkeit wegen einem Doppelbesteuerungsabkommen mit der slowakischen Republik und Österreich betreffend die Jahre 2009, 2010 und 2011 hinsichtlich M R und M R.

 

3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw war Einzelunternehmer und Betreiber der Firma R in N. Am 29. November 2011 von 08.00 Uhr bis zur Kontrolle um 10.20 Uhr hat er auf der Baustelle in R, F (Grundstücknr. X, KG R), zur Errichtung eines Neubaus, eines Mehrfamilienwohnhauses (12 Wohnungen), die in Spruchpunkt 1, 3, 5, 6, 7 und 8 angeführten slowakischen Staatsangehörigen gegen Entgelt und die in Spruchpunkt 2 und 4 angeführten slowakischen Staatsangehörigen gegen einen Pauschallohn beschäftigt. Er hat für diese nicht vor Arbeitsantritt eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der OÖGKK als zuständigem Sozialversicherungsträger erstattet. Die Arbeitnehmer waren nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen.

P L und P M (Spruchpunk 5 und 6 des bekämpften Erkenntnisses) wurden noch am Tag der Kontrolle nachträglich zur Sozialversicherung gemeldet. Sie haben im Büro des Bw gewohnt.

Der Beginn des Betriebs der Baustelle und damit die Aufnahme der Arbeit durch die im Spruch des bekämpften Erkenntnisses angeführten Personen war zwischen 10. und 15. November. Zum Zeitpunkt der Kontrolle am 29. November 2011 war noch kein schriftlicher Werkvertrag geschlossen. P L und P M wurden gemäß Kollektivvertrag, L D, P K, M R und M R (Spruchpunkt 1, 3, 7 und 8 des bekämpften Straferkenntnisses) wurden nach einem Quadratmeterpreis und J F und P L (Spruchpunkt 2 und 4 des bekämpften Straferkenntnisses) wurden mit einem Pauschallohn von 1000 Euro entlohnt. Mit den beiden letztgenannten Arbeitern waren Deckenschalungsarbeiten vereinbart.

Dennoch haben alle acht Arbeiter gemeinsam Maurertätigkeiten verrichtet.

Der Bw hat sich nicht darum gekümmert, wer welche Tätigkeit verrichtet. Dies war auch nicht notwendig, weil die Arbeiter nach einer anfänglichen Besprechung mit dem Bw nach den vorhandenen Plänen gearbeitet haben. Dadurch haben sie auch exakt gewusst, welche Materialien in welchem Bereich zum Einsatz kommen.

Die Bezahlung an die Arbeiter erfolgte durch Überweisung vom Firmenkonto oder in bar, nach Erbringung der Arbeit. Der Bw war ca. alle 2-3 Tage auf der Baustelle anwesend.

Bei der nachprüfenden Kontrolle hat er sich darauf verlassen, dass der jeweilige Arbeiter jenen Teil der Mauer angegeben hat, den er bearbeitet hat. Bei festgestellten Fehlern haben alle Arbeiter zusammengeholfen, um diese zu beseitigen.

Nach der Anmeldung der Arbeiter bei der OÖGKK nach der Kontrolle war der Bw jeden Tag vor Ort auf der Baustelle anwesend und hat die Leute angewiesen.

Aus den vorgelegten Werkverträgen, die schriftlich noch am selben Tag der Kontrolle errichtet wurden, ist als Werk bei M R "Mauerwerk", bei M R "Mauerwerk", bei P K "Kelleranstrich und sonstige Abdichtungsarbeiten", bei D L "Mauerwerk", bei J F "Schalung Balkone; Terrassen", und bei P L "Deckenschalungsarbeiten" angeführt. Es ist damit kein konkret umschriebenes Werk und kein Beginn der Arbeiten festgelegt. Als Endabnahme des Gewerks ist der 23.12.2011 bei den beiden Verträgen, in denen Schalungsarbeiten festgelegt wurden, angeführt, in den übrigen Verträgen wurde kein Endtermin festgelegt. Unter Punkt V. dieser Verträge wurde lediglich festgestellt, dass die Abnahme des Gewerks längstens binnen 14 Tagen nach dem zu Punkt IV. genannten Endigungstermin zu erfolgen hat. Unter Punkt IV. dieser Verträge ist jedoch angeführt, dass die vertraglich in Punkt II. angeführten Leistungen monatlich abzurechnen sind. In Punkt II. des  Vertrages ist als angeführte Leistung z.B. "Mauerwerk" oä (siehe oben) ohne nähere zeitliche Umschreibung festgelegt.

 

In den als "Werkvertrag" bezeichneten Schriftsätzen wurde kein Pönale vereinbart.

 

Das verbaute Material und die größere Gerätschaft wie Mischmaschine und Hubstapler wurde vom Bw bereitgestellt. Kleinwerkzeuge wurden von den Arbeitern selbst beigestellt. Die Zimmererarbeiten sind nach Anleitung des Bw erfolgt, die anderen Arbeiter haben nach der eingangs vorgenommenen Besprechung nach den aufliegenden Plänen gearbeitet. Die Arbeiter sind mit dem Firmenauto der Firma R zur Baustelle gekommen.

 

Die Firma des Bw befindet sich derzeit in einem Insolvenzverfahren.

 

Bevor der Bw die in Spruchpunkt 1 bis 4 und 7 und 8 des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Personen in Österreich beschäftigt hat, hat er zunächst beim AMS in Österreich angefragt, ob Hilfskräfte zur Verfügung stehen würden, er hat aber keine Arbeiter bekommen. Die angeführten Arbeiter, auch die beiden Söhne des Bw, haben sich aufgrund eines Zeitungsinserates in der X gemeldet. Die angeführten Personen haben bereits vor der Arbeitsaufnahme beim Bw in Österreich gearbeitet und Mitteilungen gemäß

§ 373a Abs.5 Z2 GewO 1994 waren vorhanden.

Diese Unterlagen wurden dem Bw zur Kenntnis gebracht. Aus Sicht des Bw hat es sich dabei um selbstständig arbeitende Personen gehandelt, die in der X auch ihre Versicherungsbeiträge abzuführen haben.

Die diesbezüglich vom Bw nachträglich vorgelegten Unterlagen hinsichtlich M und M R belegen, dass im Rahmen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und der slowakischen Republik die beiden Personen ihren Wohnsitz in der X haben. Aus diesen Dokumenten ergibt sich aber nicht, dass diese Personen in der Slowakei Sozialversicherungsabgaben geleistet hätten.

Der Bw wurde bereits mit Strafverfügung vom 18. August 2011, SV96-36-2011, wegen Nichtanmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung nach § 33 Abs.1 iVm § 111 Abs.1 Z1 ASVG bestraft.

 

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Akt und dem Vorbringen des Bw in der mündlichen Verhandlung am 11. Jänner 2013 sowie den nachträglich vorgelegten Unterlagen ergibt.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.   Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.   gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherten und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherten Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 539a Abs 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach dem ASVG in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Gemäß § 4 Abs.4 Z1 lit.a stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich aufgrund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereichs (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie aufgrund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs.1 Z1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs.1 BSVG oder nach § 2 Abs.1 und 2 FSVG versichert sind.

 

Nach § 4 Abs.6 schließt eine Pflichtversicherung gemäß Abs.1 für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs.4 aus.

 

3.4. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurden die slowakischen Arbeiter in die betriebliche Organisation der Firma R wie die Angestellten dieser Firma eingebunden. Der Bw hat durch die Zurverfügungstellung der Pläne und eine vor Beginn der Arbeiten durchgeführte Besprechung als stille Autorität gewirkt. Er hat die geleisteten Arbeiten auch jeden 2. bis 3. Tag einer Kontrolle unterzogen.

Die beiden Zimmerer haben nach seiner Anleitung gearbeitet. Für die Arbeiten wurde das Material von der Firma R zur Verfügung gestellt und es wurde nach Quadratmetern oder nach einem Pauschalpreis, der sich nach zeitlichen Gegebenheiten gerichtet hat, abgerechnet.

Die Arbeiter haben im Arbeitsverbund mit den noch am selben Tag der Kontrolle angemeldeten beiden Arbeitern gearbeitet.

Wurde ein Fehler festgestellt, so haben alle Arbeiter gemeinsam daran gearbeitet, diesen zu beheben; ein Pönale wurde nicht vereinbart.

Die Arbeiter sind mit einem Firmenauto der Firma R zur Baustelle gekommen und die größeren Werkzeuge wie Mischmaschine und Hubstapler wurden den Arbeitern von der Firma R zur Verfügung gestellt.

 

Mangels Festlegung eines konkreten Werks und eines Beginns bzw. großteils auch eines Endes der Arbeiten ist in keinem der angeführten Fälle von einem Werkvertrag auszugehen.

Die Merkmale einer unselbstständigen Tätigkeit der Arbeit selbst überwiegen bei einer Gesamtschau auch gegenüber jenen eines Werkvertrags. Es ist beim gegebenen Sachverhalt davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Arbeiter im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit erfolgte, weshalb diese Tätigkeit als meldepflichtige Beschäftigung im Sinn des § 33 ASVG zu qualifizieren war.

 

Nach § 539a ASVG ist bei einem Beschäftigungsverhältnis der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeblich. Demnach kommt es also auf die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit an und es sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes manipulierbare ("formale") Umstände irrelevant. Auch wenn die Arbeiter im Besitz einer Mitteilung gemäß § 373a Abs.5 Z2 GewO 1994 waren und bereits in Österreich gearbeitet haben, sind sie nicht von der Pflichtversicherung ausgenommen, weil eine unselbstständige Tätigkeit, also eine Tätigkeit als Arbeitnehmer, wie es im konkreten Fall festgestellt wurde, eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs.4 ASVG, also z.B. auch eine Versicherung nach GSVG ausschließt.

Hinsichtlich P L und P M wurde eine nachträgliche Meldung zur OÖGKK noch am Tag der Kontrolle, am 29. November 2011, vorgenommen, und es wurde in diesen beiden Fällen auch gar keine selbstständige Tätigkeit behauptet.

 

Damit aber hat der Bw das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verbotsnorm in allen acht angeführten Fällen erfüllt.

 

3.5. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Dem Bw ist es nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Übertretung kein Verschulden trifft. Auch wenn er sich darauf verlassen hat, dass die Arbeiter in Österreich arbeiten dürfen, weil sie bereits in Österreich gearbeitet haben und ihm eine Mitteilung gemäß § 373a Abs.5 Z2 GewO 1994 zukommen haben lassen, so wurde vom Bw nicht dargetan, dass er sich bei der zuständigen Stelle, der OÖGKK, erkundigt hätte, welcher Meldeverpflichtung er nachzukommen hat.

 

3.6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die im vorliegenden Fall gegebene Ordnungswidrigkeit gemäß § 111 Abs.1 Z1 ASVG ("wer Meldungen oder Anzeigen nicht oder nicht rechtzeitig erstattet") ist gemäß § 111 Abs.2 im Wiederholungsfall grundsätzlich mit Geldstrafe von 2180 Euro bis zu 5000 Euro zu bestrafen, wobei für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe bis 2 Wochen vorgesehen ist. Nach diesem Strafsatz war die Strafe zu bemessen.

 

Auch wenn nunmehr davon auszugehen ist, dass das Unternehmen des Bw sich in einem Insolvenzverfahren befindet, konnten die verhängten Strafen dennoch nicht reduziert werden, wurde von der belangten Behörde doch lediglich die Mindeststrafe verhängt. Die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe, die in Relation der Obergrenze der Geldstrafe zur Obergrenze der Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen war, ist nicht zu beanstanden.

 

5. Bei diesem Ergebnis war zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Strafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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