Linz, 02.04.2013
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 16 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 100/2011 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl. I Nr. 33/2013 VStG.
Zu II.: § 64 Abs.1 u.2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend Folgendes aus:
2. In der dagegen fristgerecht durch die ausgewiesene Rechtsvertreterschaft erhobenen Berufung wird ohne jegliche inhaltliche Ausführungen die „Fahrzeugführerschaft“ bestritten und die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz „als unschlüssig und arge Vermutung zu Lasten des betroffenen Fahrzeughalters“ dargestellt.
3. Die Behörde erster Instanz hat den Verfahrensakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG). Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien angesichts der im Ergebnis bestreitenden Verantwortung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
Bereits der Ladung zur Berufungsverhandlung, die dem Berufungswerber im Übrigen auch persönlich zugestellt und von diesem laut Zustellschein am 18.3.2013 übernommen wurde, war ein Hinweis über die Mitwirkungspflicht aufgenommen.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und dessen Verlesung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm unentschuldigt weder der Berufungswerber noch dessen Rechtsvertreter teil.
4. Beweislage:
Mit dem vom Berufungswerber gehaltenen Kraftfahrzeug wurde an der oben bezeichneten Örtlichkeit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Weder im Einspruch noch im Laufe des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens benannte der Berufungswerber eine als Lenker seines Fahrzeuges in Betracht kommende Person. Es trifft wohl zu, dass aus dem Radarfoto ein Rückschluss auf eine(n) LenkerIn nicht möglich ist.
Die Verantwortung des Berufungswerbers im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens lässt sich insgesamt als inhaltsleer und der Wahrheitsfindung abträglich qualifizieren. In der Sache selbst scheint er sich auf die deutsche Rechtslage und in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit eines den Lenker erkennen lassendes Foto berufen zu wollen. Auch der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers vom 31.12.2012 kam der Berufungswerber nicht nach. Er meinte darin durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter dieser Aufforderung nicht nachkommen zu können. Welche Lenker etwa in Betracht kommen hätte können erklärte er bei dieser Gelegenheit ebenso wenig wie eine Aussage darüber zu machen welche Hindernisse einem diesbezüglichen Bemühen entgegen gestanden wären.
Vor diesem Hintergrund sieht auch die Berufungsbehörde keine Veranlassung nicht davon auszugehen, dass, den logischen Denkgesetzen folgend, wohl nur der Berufungswerber selbst der Lenker seines Fahrzeuges zur fraglichen Zeit gewesen sein kann.
5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
Auf dem Radarfoto ist das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges im „Vergrößerungsfeld“ gut erkennbar. Auch die Tatzeit ist am Radarfoto festgehalten. Dass der Tatort in der Anzeige korrekt bezeichnet ist steht auch für den Unabhängigen Verwaltungssenat ebenfalls außer Zweifel. Wie ferner aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt, liegt für das betreffende Radarmessgerät zum Tatzeitpunkt eine gültige Eichung vor. Dadurch ist auch dessen Funktionsfähigkeit und das Messergebnis an sich in einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit belegt.
5.1. Der Berufungswerber hat während des gesamten Verfahrens kein Vorbringen getätigt, welches objektiv geeignet wäre Zweifel an der eigenen Verwendung seines Fahrzeuges aufkommen zu lassen, zumal er auch keine Person zu benennen vermochte welcher er sein Fahrzeug zum Lenken überlassen gehabt haben könnte. Eine rechtwidrige Verwendung des Pkw´s wird von ihm ebenfalls nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund kommt realistisch besehen nur er als Fahrzeughalter selbst als Lenker seines Pkw´s in Betracht.
Im Ergebnis verweigerte der Berufungswerber schon im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens weitgehend jegliche inhaltliche Mitwirkung am Verfahren. In seiner offenkundigen Auffassung, es bedürfe für den Nachweis der "Lenkerschaft" eines Bildbeweises oder einer Anhaltung, folgte ihm die Behörde erster Instanz daher zu Recht nicht.
Da der Berufungswerber letztlich auch im Rahmen des Berufungsverfahrens kein nachvollziehbares Indiz für die Verwendung seines Fahrzeugs an eine Dritte darzulegen vermochte konnte letztlich nur von seiner Fahrzeugführerschaft ausgegangen werden. Das er offenbar an einer Mitwirkung a priori nicht geneigt war, zeigt er zuletzt durch sein unentschuldigtes Fernbleiben auch bei der Berufungsverhandlung.
5.2. Das Verwaltungsstrafverfahren ist grundsätzlich nach den Vorschriften des AVG und VStG zu führen, somit ist der maßgebliche Sachverhalt nach den §§ 37 ff AVG von Amts wegen zu ermitteln. Einer amtswegigen Ermittlung der Person, die ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt gelenkt hat, sind jedoch Grenzen gesetzt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in derartigen Fällen mehrfach auf die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten bei der Klärung des maßgeblichen Sachverhaltes hingewiesen (vgl. VwGH 08.02.1995, Zl 94/03/0108 ua). Ein Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) darf sich demnach nicht darauf beschränken, die Lenkereigenschaft bloß zu bestreiten. Die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten erfordert es vielmehr, dem Tatvorwurf konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und dafür auch entsprechende Beweise anzubieten (vgl VwGH 28.09.1988, 88/02/0030 ua).
In lebensnaher Würdigung dieser Umstände gelangte daher auch die Berufungsbehörde zur Überzeugung, dass der Berufungswerber das betreffende Kraftfahrzeug zum Zeitpunkt dieser Geschwindigkeitsmessung nur selbst gelenkt haben konnte.
Von einem Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter), der sein Fahrzeug nicht selbst gelenkt hätte, ist nämlich auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu erwarten, dass er zumindest nachvollziehbare Aspekte darzulegen in der Lage ist die seine Lenkerschaft (Fahrzeugführerschaft) zumindest fraglich erscheinen lassen (vgl. VwGH 20.09.1996, 96/17/0320).
Wenn all das unterblieb bildet dies einen hinreichend schlüssigen Beweis dafür, dass offenbar nur er selbst als Lenker seines KFZ in Betracht kommt.
Jüngst hat der Verfassungsgerichtshof vom 22.9.2011, B1369/10, in einem vergleichbaren Fall unter Hinweis auf die Rechtsauffassung des EGMR ausgesprochen, dass eine unzulässige Überwälzung der Beweislast auf einen Lenker nicht vorliege, wenn der Betreffende am Verfahren nicht mitwirkt oder auch zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erscheint und die Berufungsbehörde demnach im Rahmen der Beweiswürdigung den Schluss zieht, er selbst habe die Verwaltungsübertretung begangen.
Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Das bloß globale Bestreiten eines Beschuldigten, ohne nähere Konkretisierung und Stellung von Beweisanträgen in einem amtswegig eingeleiteten Verfahren löst keine weitere Ermittlungspflicht aus. Unterlässt der Beschuldigte die gebotene Mitwirkung im Verwaltungsstrafverfahren, so bedeutet es auch dann keinen Verfahrensmangel, wenn die Behörde von Amts wegen keine weiteren Erhebungen durchführt bzw. durch absolutes Untätigsein des Beschuldigten nicht durchführen kann (unter vielen VwGH vom 20.9.1999, 98/21/0137).
Seiner Verantwortung damals nicht gefahren zu sein und ein Frontfoto als Beweis einzufordern wäre daher nicht zu folgen gewesen (vgl. dazu die bei Mannlicher-Quell, Das Verwaltungsverfahren, Zweiter Halbband, 8. Auflage, auf Seite 678f angeführte, sowie obzit. Judikatur).
6. Zur Strafzumessung:
Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Nach § 99 Abs.3a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschreitet.
Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).
Vor diesem Hintergrund könnte in der mit 80 Euro bemessen Geldstrafe selbst bei bescheidensten Einkommensverhältnissen ein Ermessensfehler nicht gesehen werden.
II. Die Verfahrenskosten sind auf die oben zitierte Gesetzesstelle gestützt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 240 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r