Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101505/8/Fra/Ka

Linz, 01.03.1994

VwSen-101505/8/Fra/Ka Linz, am 1 . März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des A, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. G 2/II, , gegen die Fakten 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967), 2 (§ 14 Abs.3 StVO 1960) und 3 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967), des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3. August 1993, VerkR96/14257/1992, nach der am 1. Februar 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967) und 3 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967) als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich dieser Fakten vollinhaltlich bestätigt.

Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 14 Abs.3 StVO 1960) wird der Berufung Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich der Fakten 1 und 3 als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 1.460 S, ds 20 % der verhängten Strafen, zu zahlen.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung von jeglichen Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 3. August 1993, VerkR96/14257/1992, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 64 Abs.1 KFG 1967, 2.) § 14 Abs.3 StVO 1960, 3.) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 und 4.) § 5 Abs.1 StVO 1960, zu 1.) eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden), zu 2.) eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden), zu 3.) eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) und zu 4.) eine Geldstrafe von 18.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt, weil er am 6. April 1992 gegen 20.40 Uhr in Perg von der Hauszufahrt A auf die B 3, Donaustraße, den PKW gelenkt habe, wobei er 1.) sich nicht im Besitz einer gültigen Lenkerberechtigung befand, 2.) sich beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person einweisen ließ, obwohl dies die Verkehrssicherheit erfordert habe, 3.) entgegen der von einem Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung, den Zulassungsschein nicht vorgewiesen habe und 4.) sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet. Weiters wurde ihm gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 der Ersatz der Barauslagen für das Mundstück des Alkomaten in Höhe von 10 S vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die durch die ausgewiesenen Vertreter des Beschuldigten fristgerecht bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor.

Dieser entscheidet hinsichtlich der Fakten 1 bis 3, weil wegen dieser jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied. Hinsichtlich des Faktums 4 entscheidet der O.ö. Verwaltungssenat, weil dieses betreffend eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 5. Kammer. Hierüber ergeht somit eine gesonderte Entscheidung.

I.3. Was die gegenständlichen Fakten anlangt, hatte der unabhängige Verwaltungssenat lediglich hinsichtlich der Übertretung des § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, weil sich diesbezüglich das Rechtsmittel nicht auf die rechtliche Beurteilung oder auf das Strafausmaß beschränkt und auch auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich verzichtet wurde. Der Berufungswerber wendet ein, daß eine Aufforderung zur Vorweisung des Zulassungsscheines nie ergangen sei. Er sei lediglich ersucht worden, seine "Ausweispapiere" dem Gendarmerieorgan vorzuzeigen. Zum Faktum 2 (§ 14 Abs.3 StVO 1960) wendet der Berufungswerber ein, daß der Spruch nicht den Anforderungen des § 44a VStG genüge. Es fehlen auch in der Entscheidungsbegründung entsprechende Feststellungen, weshalb auch ein Begründungsmangel vorläge. Zum Faktum 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967) behauptet der Berufungswerber, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eine falsche Rechtsgrundlage zitiere.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 1 (§ 64 Abs.1 KFG 1967):

Unstrittig ist, daß der Berufungswerber zur Tatzeit am Tatort den in Rede stehenden PKW gelenkt hat, ohne ihm Besitze der hiefür erforderlichen Lenkerberechtigung gewesen zu sein.

Unerfindlich ist die Behauptung des Berufungswerbers, daß im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses eine falsche Rechtsgrundlage herangezogen wurde. § 64 Abs.1 KFG 1967 bestimmt ua, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur aufgrund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe (§ 65 Abs.1) zulässig ist, in die das Kraftfahrzeug fällt. Wer ohne Lenkerberechtigung ein Kraftfahrzeug lenkt, verletzt § 64 Abs.1 KFG 1967. § 64 Abs.1 leg.cit. ist die verletzte Verwaltungsvorschrift, die gemäß § 44a lit.b (nunmehr Z2) VStG in den Spruch aufzunehmen ist (VwGH verstärkter Senat 19.9.1984, 82/03/0112).

Zum Faktum 2 (§ 14 Abs.3 StVO 1960):

Der Berufungswerber wendet diesbezüglich ein, daß der Spruch nicht der Bestimmung des § 44a VStG entspricht und ist damit im Recht. Die Spruchformulierung den gegenständlichen Tatbestand betreffend lautet wie folgt: "Sie haben am 6.

April 1992 gegen 20.40 Uhr in Perg von der Hauszufahrt A 16 auf die B 3, Donaustraße, den PKW gelenkt, wobei sie sich beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person einweisen ließen, obwohl dies die Verkehrssicherheit erforderte." Mit dieser Umschreibung hat somit die Strafbehörde die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat auf den reinen Wortlaut der Gesetzesvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, beschränkt, was jedoch aufgrund der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG nicht genügt (vgl.

neben vielen anderen VwGH 17.6.1980, 3232/79). Es sind entsprechende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebotsoder Verbotsnormen (den abstrakten Wortlaut der übertretenen Norm) ersetzt werden können (vgl ua VwGH 4.7.1985, 85/02/0226). Im gegenständlichen Fall hätte daher die Erstbehörde zu umschreiben gehabt, inwiefern es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, sich beim Rückwärtsfahren eines Einweisers zu bedienen. Da eine rechtzeitige taugliche Verfolgungshandlung nicht vorliegt, ist im Verfahren betreffend das gegenständliche Faktum Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb eine entsprechende Spruchergänzung durch den O.ö.

Verwaltungssenat nicht mehr zulässig war.

Zum Faktum 3 (§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967):

Der Berufungswerber bringt diesbezüglich vor, daß er lediglich ersucht wurde, seine "Ausweispapier" dem Gendarmerieorgan vorzuzeigen. Hiezu ist festzuhalten, daß das Verlangen eines Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Ausfolgung der "Fahrzeugpapiere" nicht geeignet ist, bei Nichtaushändigung des Führerscheines bzw des Zulassungsscheines den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.5 KFG zu begründen (VwGH 8.9.1982, 81/03/0291). Die Behauptung des Beschuldigten, daß er lediglich ersucht wurde, seine "Ausweispapiere" vorzuweisen, wurde jedoch durch das vom O.ö. Verwaltungssenat durchgeführte Beweisverfahren widerlegt. Der vernommene Meldungsleger Rev.Insp. K gab unter Wahrheitspflicht an, daß er den Beschuldigten sicherlich nicht pauschal um seine Ausweispapiere ersucht hatte. Darüber befragt, warum er sich nach so langer Zeit an die Formulierung dieses Ersuchens erinnern kann, gab der Meldungsleger an, sich deshalb noch so genau an diese Amtshandlung erinnern zu können, weil der Berufungswerber sehr höflich war und sich wie ein "Graf" verhielt. Im übrigen sei er dahingehend geschult worden, von Fahrzeuglenkern nie pauschal Ausweispapiere, sondern dezidiert Führerschein oder Zulassungsschein zu verlangen. Da er vom Berufungswerber auch die Anschrift wissen wollte, die auf dem Zulassungsschein steht, sei er sich sicher, daß er dezidiert den Zulassungsschein verlangt hat, welcher vom Beschuldigten nicht vorgewiesen wurde.

Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Tatbestand wird daher als erwiesen angenommen.

Was die verhängten Strafen anlangt, so kann eine Überschreitung des Ermessensspielraumes bei der Bemessung der Strafe durch die Erstbehörde nicht festgestellt werden.

Die Strafbehörde hat, was die Übertretung nach § 64 Abs.1 KFG 1967 anlangt, die gesetzliche Höchststrafe nicht einmal zu einem Viertel ausgeschöpft. Zu § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat sie eine Geldstrafe von 300 S verhängt, den gesetzlichen Strafrahmen somit zu einem Prozent ausgeschöpft. Sie hat zutreffend aufgrund der zahlreichen Vormerkungen des Berufungswerbers keine strafmildernden Umstände anerkannt und als straferschwerend die einschlägigen Vormerkungen des Berufungswerbers gewertet. Wenn man bedenkt, daß die Übertretung nach § 64 KFG 1967 zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz zählt und Übertretungen bis zu 30.000 S zu ahnden sind, ist die verhängte Strafe durchaus als milde bemessen anzusehen, ebenso die verhängte Strafe zu § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967. Der Berufungswerber hat zu seinen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen trotz Aufforderung der Erstbehörde keine Angaben gemacht. Er hat auch dem O.ö. Verwaltungssenat diesbezüglich nichts mitgeteilt, sodaß davon ausgegangen wird, daß der Berufungswerber vermögenslos ist und als Leiharbeiter ein bescheidenes Einkommen bezieht. Eine Herabsetzung der verhängten Strafen ist jedoch im Hinblick auf die oben aufgezeigten Umstände sowie unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention nicht geboten und vertretbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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