Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340073/3/Wg/GRU

Linz, 16.04.2013

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, x, gegen Spruchabschnitt I. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.3.2013, Gz: Agrar96-7/8-2012/Ka, betreffend eine Übertretung des Oö. Jagdgesetzes zu Recht erkannt:

I.              Der Berufung wird stattgegeben. Spruchabschnitt I. des bekämpften Straferkenntnisses wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs. 1 VStG. eingestellt.

II.            Der Berufungswerber hat weder für das Verfahren vor der belangten Behörde noch für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz (AVG) sowie § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Auf Grund des vorgelegten Aktes und der ergänzenden Eingabe des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) vom 29.3.2013 steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die Landespolizeidirektion Oö. zeigte den Bw mit Abschlussbericht vom 22.11.2012, GZ: B6/9917/2012-Öhl, wegen eines Vorfalles vom 24.10.2012 bei der Staatsanwaltschaft Ried/I. wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung an. Zur Darstellung der Tat wird in diesem Abschlussbericht ausgeführt: "x ist verdächtig, am 24.10.2012 gegen 14.30 Uhr in x auf dem landwirtschaftlichen Grundstück der Familie x, x fahrlässig am Körper verletzt zu haben, indem er in seiner Eigenschaft als Jäger, ein verbotenes Abzugeisen 28 cm (Schlageisen ohne Kennzeichnung) im Waldstück aufgestellt hat, ohne Absprache mit dem Grundeigentümer, ohne den zuständigen Jagdleiter davon zu informieren und ohne die vorgeschriebene Kennzeichnung der Falle durchzuführen. x war zur Tatzeit auf ihrem Grundstück im Waldstück auf der Suche nach einem entlaufenen Kalb und kam dabei zu Sturz. Beim Abstützen am Boden geriet sie mit der linken Hand in das Abzugeisen, wodurch dieses ausgelöst wurde und sie dadurch schwer verletzt wurde." Dieser Abschlussbericht wurde abschriftlich auch der Bezirks­hauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) übermittelt.

 

Aus der Durchsuchungs- Sicherstellungs- und Beschlagnahmebestätigung der LPD Oberösterreich vom 22.11.2012 geht hervor, dass das Abzugeisen (Jagdfalle) über mündlichen Auftrag eines Vertreters der belangten Behörde beschlagnahmt worden war.

 

Die belangte Behörde leitete daraufhin gegen den Bw ein Verwaltungsstrafverfahren wegen des Verdachts der Übertretung des Jagdgesetzes 1994 ein. Im Zuge des Ver­waltungs­strafverfahrens holte die belangte Behörde die Stellungnahme des jagdfachlichen Amtssachverständigen vom 6.2.2013 ein. Weiters wurde der Bw am 1.2.2013 und am 26.2.2013 als Beschuldigter einvernommen. Bei seiner Einvernahme am 26.2.2013 legte er der belangten Behörde die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Ried/I. vom möglichen Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrages, datiert auf den 6.12.2012, Gz. 46831 BAZ 984/12 k‑1, vor (§ 200 Abs 4 StPO). In dieser Mitteilung weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass auf Grund der Anzeige B6/9917/2012 gegen den Bw ein Ermittlungsverfahren geführt werde. Weiters wird ausgeführt: "Laut Inhalt dieser Anzeige haben Sie am 24.10.2012 in x dadurch fahrlässig x am Körper schwer verletzt, indem Sie auf dem landwirtschaftlichen Grundstück der Familie x, ohne Absprache mit dem Grundeigentümer, ohne den zuständigen Jagdleiter zu informieren und ohne Kennzeichnung ein verbotenes Abzugseisen aufstellten, wodurch es geschehen konnte, dass x bei einem Sturz mit der Hand in das Abzugseigen geriet. Sie haben hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 erster Fall StGB begangen. Es ist beabsichtigt, wegen dieses Tatvorwurfs bei Gericht Anklage gegen sie einzubringen. Das würde aber unterbleiben, wenn Sie folgenden Geldbetrag bezahlen: 570,-- Euro." Der Bw legte der belangten Behörde dazu einen Beleg über die Einzahlung der geforderten 570 Euro vor.

 

 

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das Straferkenntnis vom 4.3.2013, Gz. Agrar96-7/8-2012/Ka. Im Spruch dieses Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus:

 

          "I.

Sie haben den Bestimmungen des § 59 Oö. Jagdgesetz 1964 idgF. über das Fangen und Vergif­ten von Wild zuwidergehandelt, da Sie auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Ge­meinde Eggerding, ein Fangeisen (Abzugeisen), 28 cm, fängisch aufgestellt haben, obwohl gemäß § 59 Abs. 1 erster Satz Oö. Jagdgesetz 1964 idgF. das Legen von Selbstschüssen und von Schlin­gen und die Verwendung von Tellereisen (Tritteisen) und von Fangeisen (Abzugeisen) sowie sonstiger tierquälerischer Fanggeräte verboten ist.

 

Tatort:           Grundstück Nr. x, KG x

Tatzeit:      Mitte Oktober 2012 bis 24. Oktober 2012

 

Verwaltungsübertretung:

§ 95 Abs. 1 lit. q) Oö. Jagdgesetz 1964 idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie gemäß § 95 Abs. 2 erster Satz Oö. Jagd­gesetz 1964 idgF. eine Geldstrafe von EURO 1.000,--, im Nichtein­bringungsfalle eine Ersatzfrei­heitsstrafe von 6 Tagen verhängt.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz idgF. (VStG) haben Sie als Beitrag zu den Kos­ten des Strafverfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind EURO 100,--, zu leisten.

 

Gesamtbetrag Spruchabschnitt I.: EURO 1.100.-

 

         II.

Das mit der Durchsuchungs-, Sicherstellungs- und Beschlagnahmebestätigung der Polizeiinspektion Suben vom 22. November 2012, GZ B6/9917/2012-Öhl gemäß mündlichem Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26. Oktober 2012 beschlagnahmte Fangeisen (Abzugeisen) 28 cm, wird für verfallen erklärt.

 

Verwaltungsübertretung:

§ 39 Verwaltungsstrafgesetz 1991 idgF. (VStG) in Verbindung mit § 95 Abs. 2 Oö. Jagdgesetz 1964 idgF."

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, das erwähnte Verfahren gem. § 88 Strafgesetzbuch beziehe sich auf den Tatbestand der fahrlässigen schweren Körperverletzung. Das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren hingegen ahnde eine Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des Oö. Jagdgesetzes, welches das Verbot des Verwendens von Fallen beinhalte. Die erkennende Behörde gehe daher davon aus, dass hier im Sinne o.a. Bestimmung des § 30 VStG mit dem Aufstellen des Abzugeisens verschiedene strafbare Handlungen begangen worden seien, welche einerseits durch das Gericht (fahrlässige schwere Körperverletzung) andererseits durch die Verwaltungsbehörde (Übertretung Oö. Jagdgesetz) zu ahnden seien. Im vorliegenden Fall erscheine auf Grund des angeführten Sachverhaltes neben der Sanktion der Geldstrafe auch der Verfall des Abzugeisens unumgänglich und gerechtfertigt.

 

Dagegen richtet sich die Berufung vom 18.3.2013. Der Bw stellte darin den Antrag, die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde möge das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.3.2013 ersatzlos aufheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung bringen. Begründend wies er darauf hin, es sei wegen ein und derselben Tat bereits ein gerichtliches Strafverfahren anhängig gewesen und sei das Strafverfahren nach Bezahlung eines Geldbetrages an die Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Das ergangene Straferkenntnis sei im Hinblick auf das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 Abs. 1 Z. 7 ZPEMRK rechtswidrig.

 

Die belangte Behörde legte den Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständiger Berufungsbehörde zur Entscheidung vor.

 

Mit Eingabe vom 29.3.2013 teilte der Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat mit, dass er die Berufung gegen Punkt II. (Verfallsausspruch – Fangeisen) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 4.3.2013 zurückziehe. Die Berufung gegen Punkt I. (Ausspruch der Geldstrafe) dieses Straferkenntnisses bliebe aber weiterhin aufrecht.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Spruchab­schnitt II. des bekämpften Straferkenntnisses ist in Folge der Einschränkung der Berufung in Rechtskraft erwachsen. Da bereits nach der Aktenlage feststeht, dass Spruchabschnitt I. zu beheben ist, war gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich.

 

§ 59 Abs 1 Oö. Jagdgesetz lautet:

 (1) Das Legen von Selbstschüssen und von Schlingen und die Verwendung von Tellereisen (Tritteisen) und von Fangeisen (Abzugeisen) sowie sonstiger tierquälerischer Fanggeräte ist verboten. Mit Lebendfangfallen dürfen vom Haarwild nur das Raubwild sowie das Schwarzwild, vom Federwild nur der Habicht und der Sperber unter Verwendung des Habichtkorbes gefangen werden.

 

Gemäß § 95 Abs 1 lit q Oö. Jagdgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer

q)      den Bestimmungen des § 59 über das Fangen und Vergiften von Wild zuwiderhandelt;

 

§ 95 Abs 2 Oö. Jagdgesetz lautet:

(2) Verwaltungsübertretungen (Abs. 1) sind mit Geldstrafe bis zu 2200 Euro zu ahnden. Sachen, die Gegenstand der strafbaren Handlung sind oder zur Begehung der strafbaren Handlung gedient haben, können für verfallen erklärt werden.

Können die dem Verfall unterliegenden Sachen (z. B. Wild oder Teile von Wild) nicht erfaßt werden, weil sie veräußert, verbraucht oder sonstwie beiseitegeschafft wurden, so ist auf eine Verfallsersatzstrafe in der Höhe des Wertes des Verfallsgegenstandes zu erkennen.

 

Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht dann dem Art. 4 des 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ("Aspect") eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (vgl. VwGH vom 14.11.1997, Gz. 97/02/0328, VwGH vom 13.12.2000, Gz. 2000/03/0270 uva). Die in § 200 StPO vorgesehene diversionelle Maßnahme (Zahlung eines Geldbetrages) kann nach dem Konzept des Art. 4 7. ZPEMRK die Wirkung einer rechtskräftigen Verurteilung wegen der strafbaren Handlung herstellen (vgl. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Thienel und Univ.-Ass. Dr. Herwig Hauenschild, Wien, Verfassungsrechtrechtliches "ne bis in idem" und seine Auswirkung auf das Verhältnis von Justiz- und Verwaltungsstrafverfahren (Teil II) in JBl 2004, 153).

 

Die Staatsanwaltschaft Ried/I. ging in ihrer Mitteilung vom 6.12.2012 von einer fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und 4 erster Fall StGB aus. Die Fahrlässigkeit des Bw liegt lt. dieser Mitteilung im Aufstellen eines verbotenen Abzugseisens. Das Aufstellen eines verbotenen Abzugseisens bildet den wesentlichen Gesichtspunkt der von der belangten Behörde herangezogenen Verwaltungsübertretung. Die erfolgte diversionelle Maßnahme im Sinn des § 200 StPO schließt aber im Hinblick auf Art. 4 des 7. ZPEMRK eine Bestrafung wegen Übertretung des § 95 Abs. 1 lit.q Oö. Jagdgesetz 1964 aus. Aus diesem Grund war Spruchabschnitt I. des bekämpften Straferkenntnisses zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 Abs. 1 VStG einzustellen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Wolfgang Weigl

 

 

 

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