Linz, 23.04.2013
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, geb. X, StA von Mazedonien, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Sportplatzstraße 1-3, 4840 Vöcklabruck, vom 12. März 2013, GZ: Sich40-40607-2012, betreffend die Erlassung eines auf die Dauer von fünf Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:
Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.
Apelimi pranohet dhe Vendimi i kundërshtuar shpallet plotësisht i pavlershëm.
Rechtsgrundlage/Baza ligjore:
§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG
Entscheidungsgründe
1.1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom
12. März 2013, GZ: Sich40-40607-2012, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 63 Abs. 1 und 2 Z 7 und § 61 des Fremdenpolizeigesetzes (FPG), in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot verhängt.
1.1.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt Folgendes aus:
1.1.3. Zur rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde nach Zitierung der einschlägigen Rechtsvorschriften Folgendes aus:
1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit Schriftsatz vom 2. April 2013 rechtzeitig Berufung.
Darin führt er aus, dass die Bestimmung des unter "Rechtsgrundlage" genannten § 63 Abs 2 Z 7 FPG nicht existiert. Erster Grund für die Verhängung des Aufenthaltsverbot sei die illegale Beschäftigung von neun Personen bei der Gesellschaft des Bw.
Dazu sei festzuhalten, dass auf der Karte der Dienstnehmer als Arbeitgeber "X" eingetragen sei. Es habe daher – wenn von der Eintragung auf der Karte ausgegangen werde – kein ersichtlicher Anlass zu einer Änderung bestanden, da kein Unterschied erkennbar sei. Die Angaben auf den Karten korrespondierten mit dem Unternehmen des Einschreiters besser als mit dem früheren Arbeitgeber. Die Meldungen des Arbeitgebers seien stets korrekt erfolgt.
Aus subjektiver Sicht des Bw hat dieser seinerzeit keinen Gesetzesverstoß begangen. Es sei dem Bw erst im Laufe des Ermittlungsverfahrens bewusst geworden, möglicherweise einen Fehler begangen zu haben, obwohl er von mehreren Seiten die Information erhalten habe, dass keine Änderung der Aufenthaltstitel der Arbeiter – und damit der Karten – vorzunehmen sei.
Zweiter Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbots sei die Tatsache, dass ein Gewerbe ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ausgeübt worden sei.
Der Bw sei – aufgrund von Informationen Dritter, die nach Ansicht des Bw über das nötige Wissen verfügten – davon ausgegangen, keine Gewerbeberechtigung zu benötigen.
Es könne dem Bw daher im schlechtesten Fall vorgeworfen werden, sich nicht ordnungsgemäß informiert zu haben. Dies soll jedoch nicht Anlass für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sein, da der Bw keine Gefahr für das wirtschaftliche Wohl des Staates darstelle.
Das AMS X habe bescheidmäßig festgestellt, dass der Bw einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der X ausübe. Auch aus diesem Grund habe der Bw geglaubt, keine weiteren Schritte setzen zu müssen.
Außerdem sei festzuhalten, dass eine Zweckänderung zulässig gewesen wäre (§ 53 Abs 3 Z 7 FPG).
Der Bw sei subjektiv davon ausgegangen, sich gesetzmäßig verhalten zu haben und er habe in keiner Weise geglaubt, irgendwelche Gesetzesverstöße begangen zu haben. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 FPG – auch unter Hinweis auf § 53 Abs. 3 Z 7 FPG – lägen daher nicht vor.
Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher nicht geboten.
Abschließend stellt der Bw die Anträge, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, der Berufung Folge zu geben und den Bescheid vom 12.3.2013 aufzuheben.
2.1. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 12. April 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung vor.
2.2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.
2.2.2. Eine telefonische Anfrage bei der belangten Behörde am 23. April 2013 ergab, dass gegen den Bw zwar eine Verwaltungsstrafe betreffend die illegale Beschäftigung erstinstanzlich erlassen wurde (mit einer Geldstrafe von über 19.000 Euro), dass aber diese Verurteilung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Weiters erging gegen den Bw ein Bescheid der Gewerbebehörde betreffend Untersagung der Ausübung des Gewerbes gemäß § 340 Abs. 1, 2 und 3, § 95 Abs. 1 sowie § 99 Abs. 7 und 8 der Gewerbeordnung, es liegt aber bislang keine Verwaltungsstrafe wegen § 366 Abs. 1 leg. cit. vor.
2.2.3. Nachdem sich aus dem Sachverhalt schon ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, konnte – entgegen dem Antrahg des Bw – die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.
2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.2., und insbesondere 2.2.2. dieses Erkenntnisses dargestellten völlig unbestrittenen Sachverhalt aus.
2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).
3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
3.1.1. Gemäß § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 22/2013, kann gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2. anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 63 Abs. 2 FPG sind bestimmte Tatsachen im Sinne des Abs. 1 insbesondere jene des § 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 und Abs. 3. § 53 Abs. 5 und 6 gelten.
Gemäß § 63 Abs. 3 FPG ist ein Aufenthaltsverbot gemäß Abs. 1 in den Fällen des
§ 53 Abs. 2 Z 1, 2, 4, 5, 7 bis 9 für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für fünf Jahre, in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 für höchstens zehn Jahre und in den Fällen des § 53 Abs. 3 Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
3.1.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass sich der Bw aufgrund legaler Einreise im April 2012 und eines gültigen Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot Karte plus" gemäß § 41 Abs. 2 Z. 2 NAG (sonstige Schlüsselkraft n- unselbständig erwerbstätig), derzeit formal rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Daher sind grundsätzlich die oben genannten Bestimmungen zur Prüfung des Aufenthaltsverbotes heranzuziehen.
3.1.3. Da sich der Bw erst seit einem Jahr in Österreich aufhält und lediglich über einen einjährig befristeten Aufenthaltstitel verfügt, erübrigt sich ein vertieftes Eingehen auf die besonderen Ausschließungsgründe gemäß § 64 FPG. Diese kommen jedenfalls nicht zur Anwendung.
3.2.1. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG bedarf es zur rechtmäßigen Erlassung eines ,
Aufenthaltsverbotes gegen die dort genannte Personengruppe, dass aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass deren Aufenthalt entweder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Betreffend der Auslegung der oa. bestimmten Tatsachen, verweist § 63 Abs. 2 FPG auf § 53 Abs. 2 und 3 FPG.
3.2.2. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von mindestens 18 Monaten, höchstens jedoch für Fünf Jahre zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen miteinzubeziehen und zu berücksichtigen, ob der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm. § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1a, 1b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm. 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. 6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn er ist rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Bundesgebiet mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für den selben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Aufrechterhaltung eines Aufenthaltstitels für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
3.2.3. Im vorliegenden Fall zog die belangte Behörde § 53 Abs. 2 Z. 7 FPG als Rechtsgrundlage für die Bejahung der in § 63 Abs. 1 iVm. Abs. 2 FPG genannten bestimmten Tatsache Heran. Hiezu ist allerdings anzumerken, dass jene Bestimmung Fälle anspricht, bei denen ein Fremder bei einer illegalen Beschäftigung nach dem AuslBG betreten wird, nicht aber der Fall, dass er selbst der illegale Beschäftiger ist. Derartige Delikte sind wiederum von der Ziffer 1 dieser Bestimmung erfasst, wobei es hier einer rechtskräftigen Verurteilung bedarf (vgl. § 53 ABs. 2 Z. 1 FPG).
Auch, wenn schon dem Wortlaut nach die Aufzählung der Fallgruppen in § 53 Abs. 2 und 3 FPG nicht taxativ zu werten ist, muss dennoch festgehalten werden, dass offensichtlich der Gesetzgeber nicht rechtskräftig geahndete Verwaltungsübertretungen als nicht ausreichend erachtet, um eine bestimmte Tatsache annehmen zu lassen, da er ansonsten nicht die vorliegende Formulierung der Norm gewählt haben würde.
Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nun zweifelsfrei, dass gegen den Bw zwar eine Verwaltungsübertretung nach dem AuslBG verhängt wurde, diese aber nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Sie kann daher genau so wenig zur Untermauerung der "bestimmten Tatsache" dienen, wie die nach § 340 Abs. 1, 2, 3, § 95 Abs. 1 und § 99 Abs. 7, 8 Gewerbeordnung allerdings rechtskräftig ausgesprochene Untersagung der Ausübung des Gewerbes, da es sich bei letzterer nicht um eine Verurteilung wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 leg. cit handelt – wie in § 53 Abs. 2 Z. 1 FPG gefordert.
3.2.4. Es ist also festzuhalten, dass es im vorliegenden Fall schon an der Tatbestandsmäßigkeit im Hinblick auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 63 Abs. 1 FPG zur Gefährdung der dort normierten Schutzgüter mangelt.
Daraus folgt aber dass der angefochtene Bescheid nach Intention des Berufungsvorbringens aufzuheben war, ohne auf die weiteren Aspekte einzugehen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro angefallen.
Sqarim të drejtave ligjore:
Kundër këtij Vendimi në bazë të drejtave ligjore të rregullta nuk lejohet ankesa.
Njoftim:
Kundër këtijë Vendimi është e mundur që brenda gjasht jave nga dita e marrjes të bëhet ankesa pranë Gjyqit Kushtetues dhe/apo pranë Gjyqit Suprem Administrativ; kjo duhet të bëhet - mvarësisht nga rastet e veçanta ligjore – nga një avokate e autorizuar apo nga një avokat i autorizuar. Për çdo lloj të këtyre ankesave të bëra duhet të paguhen 240 euro taksa.
Bernhard Pree