Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401286/4/Sr/Rt

Linz, 13.05.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des D, geboren 1977, Staatsangehöriger von Syrien, vertreten durch Rechtsanwalt E, wegen Rechtswidrigkeit der Festnahme, des Schubhaftbescheides und der Anhaltung seit dem 29. April 2013 durch die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und die Festnahme, der Schubhaftbescheid und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 29. April 2013 für rechtswidrig erklärt; unter einem wird festgestellt, dass im Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

II. Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) hat dem Beschwerdeführer den Verfahrensaufwand in Höhe von 751,90 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

 

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. April 2013, GZ.: Sich40-2056-2013, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. Abs. 2 Z 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl I Nr. 100/2005 idgF – FPG – iVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§ 10 AsylG) und der Abschiebung (§ 46 FPG) die Schubhaft angeordnet. Die Schubhaft wird im PAZ W vollzogen.

 

Nach Darstellung der Rechtslage führte die belangte Behörde aus:

 

Sie äußerten am 25.04.2013, um 21:20 Uhr, vor Beamten der Polizeiinspektion Linz-Hauptbahnhof unter den von Ihnen genannten Personalien: "A, geb. 1977, StA: Syrien" einen Antrag auf Gewährung von internationalen Schutz (Asyl) in Österreich.

 

Weder im Zuge der Einbringung des Asylantrages noch während Ihres weiteren Gastaufenthaltes in Österreich waren Sie bislang im Stande ein Nationalreisedokument den österreichischen Behörden in Vorlage zu bringen.

 

Im Rahmen der darauf folgenden niederschriftlichen Erstbefragung zu Ihrem Asylantrag führten Sie am 26.04.2013 – im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Kurdisch – gegenüber Beamten der Polizeiinspektion Linz-Hauptbahnhof an, dass Sie "A" heißen, 1977 geboren, Staatsangehöriger von Syrien, sowie verheiratet zu sein. Sie führten weiters an, dass Sie Ihr Herkunftsland am 01.01.2013 in Richtung Türkei verlassen hätten. In der Türkei hätten Sie sich bis zum 21.04.2013 aufgehalten. Von 21.04.2013 bis 25.04.2013 wären Sie in einem LKW nach Österreich gefahren. Sie seien in einem Container auf dem LKW gewesen und könnten deshalb über die Reiseroute nichts angeben.

 

Die an Sie herangetragene Frage, ob Sie in einem anderen Land um Asyl angesucht haben beantworteten Sie mit "Nein". Die weiters an Sie gerichtete Frage, ob Sie in einem anderen Land von den do. Behörden angehalten und untergebracht wurden beantworteten Sie ebenfalls mit "Nein".

 

Auf die an Sie herangetragene Frage zu Angaben über Familienangehörige in Österreich oder in einem anderen EU-Staat führten Sie an, dass Ihr Bruder, geb. unbekannt, als Asylant in X leben würde. Ansonsten hätten keine familiären Beziehungen zu Österreich oder einem anderen EU-Land hätten. Befragt ob Sie über Barmittel oder andere Unterstützung verfügen führten Sie an, dass Sie völlig mittellos seien und von niemanden unterstützt werden.

 

Da die Eurodac-Behandlung im Rahmen Ihrer Asylantragstellung nicht möglich war, wurde dies am 26.04.2013 in der Erstaufnahmestelle wiederholt. Im Zuge dieses Abgleichs Ihrer Fingerabdrücke konnte schließlich in Erfahrung gebracht werden, dass – ehe Sie illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sind – bereits folgende erkennungsdienstliche Behandlung im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Ihrer Person vorliegt:

 

07.03.2013:  Asylantragstellung in der Schweiz

 

Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle West, vom 29.04.2013, Zl.: 13 05.432, wurde Ihnen in weiterer Folge gemäß § 29 Abs. 3 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag vom 25.04.2013 gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen. Gleich gehend wurde Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass Konsultationen gemäß dem Dubliner Abkommen mit Schweiz seit dem 26.04.2013 geführt werden und gleichzeitig das Ausweisungsverfahren aus dem österr. Bundesgebiet über Sie eröffnet worden ist.

 

Diese zitierte Verfahrensanordnung wurde Ihnen am 29.04.2013 vom Bundesasylamt, EAST-West, in der Erstaufnahmestelle X nachweislich ausgefolgt.

 

Das Ausweisungsverfahren gegen Sie nach dem Asylgesetz gilt ab diesem Zeitpunkt formell als eingeleitet.

 

Am 29.04.2013, um 11:30 Uhr, und demzufolge im unmittelbaren Abschluss nachdem Ihnen im Asyl- und Ausweisungsverfahren die Verfahrensanordnung ausgefolgt worden ist, wurden Sie von Beamten der Polizeiinspektion St. Georgen i. A.-EAST in der Erstaufnahmestelle X, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, zur Erlassung der Schubhaft nach den Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 festgenommen.

 

Seitens der BH Vöcklabruck wird festgehalten, dass Sie sich gegenwärtig – nachdem Sie nicht im Besitz eines Aufenthaltsrechtes für Österreich sind und zudem das Ausweisungsverfahren gegen Sie eröffnet wurde  – unberechtigt im Bundesgebiet aufhalten.

 

Weiters sind Sie mittellos. Ihren Aufenthalt könnten Sie im Bundesgebiet nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Unterstützung würden Sie durch Bezugspersonen nicht erfahren, staatliche Unterstützung würden Sie daher begehren. Worauf Ihnen zunächst eine bundesbetreute Unterkunft in der Erstaufnahmestelle X – wenn auch nur vorübergehend – zugewiesen wurde. Über einen anderwärtigen Wohnsitz verfügen Sie im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht.

 

Hierzu wurde Ihnen in besonderer Mitwirkungspflicht eine rote Verfahrenskarte ausgestellt, mit welcher sie in den ersten Tagen des Verfahrens, und zwar bis zur Ausstellung einer grünen Verfahrenskarte nicht berechtigt sind die Erstaufnahmestelle zu verlassen. Hierzu wurden Ihnen weiters entsprechende Informationsblätter in der für Sie verständlichen Herkunftssprache ausgefolgt. Den Erhalt der Informationsblätter bestätigten Sie auch in der darauffolgenden Erstbefragung mit Ihrer Unterschrift.

 

Mit der Asylantragstellung in Österreich wollten Sie Ihren Aufenthalt in Österreich zumindest temporär legalisieren, eine Abschiebung/Zurückschiebung in die Schweiz hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime damit unterlaufen.

 

Hervorzuheben ist, dass Sie bewusst falsche Angaben tätigten, Irreführung betrieben und Beweismittel vernichtet oder unterdrückt haben. Sie verschwiegen Ihren Aufenthalt, sowie Ihre Asylantragstellung in der Schweiz.

Des Weiteren haben Sie in Österreich keine Dokumente oder Unterlagen vorgelegt, die Ihre Identität und das Verfahren in den anderen Mitgliedstaaten belegen würde. Dass Sie bislang über keine Dokumente und Unterlagen verfügen würden, ist nicht glaubhaft, haben Sie doch angegeben, dass in der Schweiz Ihre Asylanträge negativ entschieden wurden. Dass Sie Unterlagen zu Ihren Verfahren nicht mitführen oder Vorlegen legt unmissverständlich dar, dass Sie nicht gewillt sind, am Verfahren mitzuwirken und Ihre Umstände vorzulegen. Das Nichtvorlegen dieser Unterlagen wirft zwei Möglichkeiten auf, einerseits die Vernichtung solcher Unterlagen, andererseits das bewusste Unterdrücken. Beiderseits ist Ihre Interesse dasselbe, kein Interesse an rechtstaatlichen Verfahren, an der Mitwirkung und Wahrheitsfindung zu haben. Das zeigt auch Ihre bewusste Falschangabe in der Erstbefragung, in dem Sie trotz eindringlicher Belehrung falsche Angaben tätigten.

 

Sie unterliegen bis zur Mitteilung gem. § 29 AsylG der besonderen Mitwirkungspflicht und sind daher auch faktisch nicht befugt, die Erstaufnahmestelle zu verlassen. Weswegen von einer besonderen Fluchtgefahr erst ab jenem Tag ausgegangen werden kann, an welchem Sie der besonderen Mitwirkungspflicht mit der Ausstellung der grünen Verfahrenskarte enthoben und Ihnen die Einleitung der Ausweisung in den besagten Mitgliedstaat zur Kenntnis gebracht wird. Mit der Zustellung dieser Mitteilung hat das Bundesasylamt Ihre besondere Mitwirkungspflicht aufgehoben, Ihnen die grüne Verfahrenskarte ausgestellt und wird Ihnen somit das Verlassen der Erstaufnahmestelle gestattet.

 

Nach Ansicht der bescheiderlassenden Behörde ist dem von Ihnen praktizierten „Asylantragstourismus“ mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten um für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen.

 

Die Gesamtheit Ihrer Verhaltensweise lässt in schlüssiger und nachvollziehbarer Form Ihre offensichtliche und kategorische Abneigung gegen den EU-Staat Italien erkennen. Es ist offensichtlich, dass Sie den EU-Staat Schweiz als vollkommen ungeeignet halten um im Rahmen eines rechtsstaatlichen Verfahrens ein Asylbegehren prüfen zu lassen und um sich zur Verfügung der dortigen Behörden zu halten.

 

Im Hinblick darauf, dass Sie in Ihrem Asylverfahren Kenntnis davon bekommen haben, dass Ihr Fingerabdruckvergleich in Österreich mit in der Schweiz von Ihnen erkennungsdienstlich sichergestellten Fingerabdrücken positiv verlaufen ist und nunmehr das Ausweisungsverfahren in die Schweiz von Seiten des österr. Bundesasylamtes formell gegen Sie eröffnet wurde, besteht – ohne Sicherungsmaßnahme nach den Bestimmungen des FPG – die unmittelbare und eminente Gefahr, dass Sie sich dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werden, wie Sie es bereits in der Schweiz getan haben. Demzufolge ist die Sicherung des Ausweisungsverfahrens bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie die Sicherung deren Durchsetzung (Abschiebung) unbedingt erforderlich.

 

Sie nehmen für Ihr Vorhaben, nämlich Ihr Reiseziel bzw. zumindest Reisezwischenziel zu erreichen zumindest einen illegalen Grenzübertritt innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union ganz bewusst in Kauf, welcher sich jedoch (objektiv betrachtet) keinesfalls mit einer allfälligen Bedrohung oder Verfolgung in Ihrem Herkunftsstaat Syrien rechtfertigen lässt.

 

Nicht nur alleine Ihr Verhalten in Österreich zeigt auf, dass Sie keinesfalls gewillt sind, sich einer Abschiebung in die Schweiz zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Auch der Umgang mit den Behörden in der Schweiz weist in diese Richtung. Anstelle die rechtsstaatliche Entscheidung über Ihren in der Schweiz eingebrachten Asylantrag zu akzeptieren bzw. allfällig einen Asylfolgeantrag einzubringen, oder aber die Schweiz legal zu verlassen haben Sie es vorgezogen illegal nach Österreich auszureisen.

 

Bei der Bewertung der Wahl Ihrer Mittel zur Erreichung Ihres nachhaltigen Zieles (Aufenthalt in Österreich bzw. in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, wenngleich auch unrechtmäßig, mittellos und unstet) ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass Sie sich – auf freien Fuß belassen – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werden um eine Außerlandesbringung von Österreich in die Schweiz mit Erfolg zur Gänze zu vereiteln oder um diese Maßnahmen zumindest temporär wesentlich zu verzögern.

 

Familiäre und/oder soziale Bezugspunkte zu Österreich haben Sie auf Befragen nicht ins Treffen gebracht. Demzufolge sind Sie im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden. Sie sind – wie Sie im Rahmen Ihrer unrechtmäßigen Reisebewegungen innerhalb der Europäischen Union bereits unter Beweis gestellt haben – sehr flexibel in Ihrer Lebensgestaltung, und haben keine familiäre oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellt in seiner ständigen Judikatur fest, dass die Einhaltung fremdenpolizeilicher Vorschriften für den österreichischen Staat, vor allem in Zeiten eines erhöhten Zuwanderungsdruckes, von eminentem Interesse ist.

 

Ebenso kommt bei der Wahl der Mittel zur Sicherung fremdenpolizeilicher Maßnahmen dem Grad der Bereitschaft des Fremden an der Mitwirkung zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes hohe Bedeutung zu.

 

Die Anordnung der Schubhaft über Sie ist – nach genauer Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung – verhältnismäßig, denn Ihrem Recht als Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das – in diesem Fall überwiegende – Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen (sowie insbesondere die Einhaltung des für die Republik Österreich von nachhaltiger Wichtigkeit bestehenden Regelungsregimes des Dubliner Abkommens) gegenüber.

In diesem Einzelfall ist eine Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung bis zum Eintritt der Durchführbarkeit sowie zur Sicherung Ihrer Außerlandesbringung durch die Anordnung eines Gelinderen Mittels nicht ausreichend, da mit dieser Maßnahme dass der Sicherung zugrunde liegende Endziel – nämlich die behördliche Außerlandesbringung von Österreich – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann. Um die im Interesse des Staates gebotenen Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in Ihr Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig und demzufolge war von der Alternative der Anordnung eines Gelinderen Mittels Abstand zu nehmen und ein konkreter und akuter Sicherungsbedarf  - welchem in der gegenständlich vorliegenden Sachverhaltskonstellation ausschließlich durch die Anordnung einer Schubhaft Folge getragen werden kann - zu bejahen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Dagegen erhob der Bf per Telefax, datiert mit 6. Mai 2013, eingelangt am 7. Mai 2013, durch seine rechtsfreundliche Vertretung – rechtzeitig – "Schubhaftbeschwerde" an den Oö. Verwaltungssenat.

 

Im Schriftsatz führte der Bw folgendes aus:

 

1. Sachverhalt und Beschwerdegründe

a) Ich komme aus Syrien. Am 25.4.2013 bin ich nach Österreich gekommen und habe vor der Polizeiinspektion Linz Hauptbahnhof Asyl beantrag. Am 26.4.2013 wurde ich in die Erstaufnahmestelle West des Bundesasylamtes nach Thalham überstellt. Nachdem dort hervorgekommen war, dass ich bereits in der Schweiz Asyl beantragt hatte, wurde ich am 29.4.2013 in X Auftags der BH Vöcklabruck fest- und gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG in noch andauernde Schubhaft zur Verfahrens- und Abschiebesicherung genommen.

Mir wurde auch gemäß § 29 Abs. 3 AsylG mitgeteilt, dass Österreich Konsultationen führt und beabsichtigt mich in die Schweiz zurückzuweisen, weil dieses Land nach den Bestimmungen der Dublin II VO für meinen Asylantrag zuständig sein soll.

c) Ich habe aus Eigenem Kontakt mit der österreichischen Polizei gesucht um Asylantrag zu stellen und habe in keinster Weise durch irgendeine Handlung angedeutet mich dem Verfahren nicht zu stellen oder untertauchen zu wollen. Entsprechend ständiger Rsp des VwGH "kann dem Gesetzgeber vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls nicht zugesonnen werden, er sei davon ausgegangen, alle potenziellen "Dublin-Fälle" seien statt in Grundversorgung in Schubhaft zu nehmen" (VwGH 19.6.2008; 2007/21/0070).

Selbst im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 2a FPG (Behörde "hat über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen") ist Schubhaft nur dann zulässig, wenn sie notwendig und verhältnismäßig ist. Aus der Stellung des Asylantrages alleine folgt nicht ohne weiteres ein die Schubhaft rechtfertigendes Sicherungsbedürfnis (siehe VwGH 26.8.2010; 2010/21/0234).

Die Schubhaft ist daher ungerechtfertigt, richtiger Weise hätte ich in der Erstaufnahmestelle Unterkunft und Verpflegung erhalten müssen. Diesfalls wäre ich dem Asylverfahren ebenfalls zur Verfügung gestanden.

d) Dazu kommt, dass ich als syrischer Kurde, der bürgerkriegsbedingt nicht nach Syrien rückkehren kann, auch in der Schweiz Bleiberecht erhalte, es gibt also auch keinen Grund mich vor einer Abschiebung in die Schweiz zu fürchten und unterzutauchen. Grundsätzlich bin ich, wenn die Asylbehörde dies anordnet auch aus eigenem zur Rückkehr in die Schweiz bereit, allerdings habe ich Hoffnung bei meinem asylberechtigten Bruder in Österreich bleiben zu dürfen.

2. Anträge

Ich stelle daher den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Rechtswidrigkeit der Festnahme, des Schubhaftbescheides und meiner Anhaltung in Schubhaft ab Beginn feststellen.

Unter einem möge der Unabhängige Verwaltungssenat auch erkennen, dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Unter Hinweis auf § 79a AVG beantrage ich die Erstattung der Stempelgebühren und den Pauschalierten Schriftsatzaufwand, gegebenenfalls auch die Erstattung des pauschalierten Verhandlungsaufwands.

 

3.1. Die belangte Behörde übermittelte dem Oö. Verwaltungssenat den bezughabenden Verwaltungsakt samt Gegenschrift und Antrag auf kostenpflichtige Abweisung mit Schreiben vom 7. Mai 2013 zur Entscheidung.

 

In der Gegenschrift führt die belangte Behörde aus:

 

Unter Bezugnahme auf die ha. über den UVS OÖ per e-mail am 07.05.2013, um 07:12 Uhr, eingegangene Beschwerde wegen rechtswidriger Anhaltung in Schubhaft, wird in der Anlage der gegenständliche Fremdenpolizeiakt des obgenannten Fremden zur Entscheidung vorgelegt.

 

Im Weiteren darf auch ein aktueller Auszug aus dem AIS beigefügt werden.

Wie aus dem AIS, dem Schubhaftbescheid und nunmehr auch aus der vorliegenden Beschwerde hervorgeht, befindet sich der Beschwerdeführer seit dem 29.04.2013 in Schubhaft.

 

Zur vorgebrachten Beschwerde wird seitens der BH Vöcklabruck auf die ha. Aktenunterlagen und den festgestellten Sachverhalt im Schubhaftbescheid vom 29.04.2013 hingewiesen. Darüber hinaus wird hervorgehoben, dass im vorliegenden Fall ein konkreter Sicherungsbedarf vorliegt und ohne einer freiheitsentziehenden Sicherheitsmaßnahme berechtigt und klar im angefochtenem Schubhaftbescheid begründet, nicht davon ausgegangen werden kann, das vorliegende Ausweisungsverfahren zu beenden und eine Vollstreckung mit der Abschiebung in die Schweiz vollziehen zu können.

 

Im vorliegenden Fall konnte in der Gesamtschau des Sachverhaltes:

·          illegale Grenzübertritte (Reiseroute laut eigenen Angaben: Syrien – Türkei – Österreich)

·          Eurodac-Treffer vom Mitgliedstaaten Schweiz vom 07.03.2013 (CH1)

·          Bewusste Falschangaben trotz schriftlicher und mündlicher Belehrung und zwar mit dem bewussten Zweck sich ein Aufenthaltsrecht zu erschleichen und einer drohenden Rückführung in die Schweiz zu entgehen. Belehrungen in der Erstbefragung siehe Seite 2 von 6:

 

3. Belehrungen und Informationen

Ich habe die nachfolgend angekreuzten Informationen erhalten:

Merkblatt Pflichten und Rechte von Asylwerbern (Exekutive vor Ort oder EAST)

Information gem. Art 18 (1) Eurodac-VO (Exekutive vor Ort oder EAST)

Belehrung gem. Art. 3 Abs 4 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Belehrung Dublin)

    (Exekutive vor Ort oder EAST)

§ 12 Informationsblatt für Asylwerber zur Gebietsbeschränkung (Exekutive vor Ort oder EAST)

Erstinformation über das Asyverfahren (EAST)

Informationsblatt zum Bezirk Baden bzw. zum Bezirk Vöcklabruck (EAST)

Orientierungsinformation für Erstaufnahmestelle (EAST)

Informationsblatt GVG-Bund (EAST)

Hausordnung (EAST)

Erstinformation über das Asylverfahren für EAST Flughafen (EAST Flughafen)

Orientierungsinformation für EAST Flughafen (EAST Flughafen)

Ich habe die o.a. Informationsblätter in einer mir verständlichen Sprache erhalten.

Mir wurden die oa. Informationsblätter in einer mir verständlichen Sprache vorgelesen.

     (nur bei Analphabeten)

 

Mir ist bewusst, dass nunmehr eine Erstbefragung im Asylverfahren stattfindet und dass meine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamtes sind. Ich werde daher aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken. Unwahre Aussagen können nachteilige Folgen für mich haben.

·          Bewusstes Verschweigen der tatsächlichen Reiseroute und der Asylantragstellung in der Schweiz

·          Völlig alleinstehend – keine Bezugspunkte innerhalb der europäischen Union, absolut keine bezugsbezogene Bindung an eine Örtlichkeit in Österreich

·          Keinen Sprachbezug zum deutschsprachigen Raum; spricht arabisch

·          Identität in Österreich durch Unterdrückung von Unterlagen und Urkunden nicht gesichert

·          bewusstes Vernichten und Unterdrücken von Unterlagen und Papieren, die zur Reiseroute und Identität Hinweise geben – siehe ausgefolgte Unterlagen (Bescheide, Einvernahmen, Informationsblätter,...) in der Schweiz (alle Unterlagen von der Schweiz wurden durch den Fremden bewusst entweder zurückgelassen, vernichtet oder werden in Österreich versteckt gehalten)

·          wirkt im österreichischen Verfahren nicht mit (Hungerstreik vom 05.05.2013 bis 07.05.2013)

·          gewollte Freipressung, um Konsequenzen – Beendigung illegalen Aufenthaltes – Rücküberstellung in die Schweiz – zu übergehen

 

nicht erkannt werden, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten geändert hätte und eine Tendenz dahingehend nunmehr zeigen würde, die Einhaltung der Rechtsordnung und Rechtsbestimmung zu akzeptieren. Es war nicht zu erkennen und daher auch nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr die Rechtsordnung befolgen und sich zur Verfügung der Behörde halten werde. Folglich konnte mit vorliegendem Sachverhalt kein Anhaltspunkt erkannt werden, der soweit für den Fremden sprechen würde, als dass ein derartiges fremdenpolizeiliches Vertrauen an den Fremden entgegengebracht werden könne, welches für eine Anwendung einer Sicherung des Ausweisungsverfahrens in die Schweiz durch gelindere Mittel abseits der Schubhaft zulassen würde.

 

Sobald der Beschwerdeführer die Kenntnis erlangt, dass ein Verfahren mit der Schweiz geführt werde, er ebenso in Österreich keine Arbeitsbewilligung erlangen wird, so ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine tausende kilometerlange illegale Reisebewegung weiter fortsetzen und nunmehr auch Österreich in gewohnter Art und Weise illegal an angrenzende Mitgliedstaaten verlassen und sich damit ebenso in Österreich dem Verfahren und den Behörden entziehen werde.

 

Der Bf führt im Rahmen seiner Schubhaftbeschwerde aus, dass er als syrischer Kurde auch in der Schweiz Bleiberecht erhalte und es daher keinen Grund gäbe, sich der Abschiebung in die Schweiz nicht zu stellen. Dem muss entgegengehalten werden, dass der Bf im Rahmen seiner Asylantragstellung und anschließenden Erstbefragung durch die PI Linz Hauptbahnhof seinen Aufenthalt und seine Asylantragstellung in der Schweiz verschwiegen hat. Hätte der Bf kein Problem mit einer Überstellung in die Schweiz – wie in der Beschwerdeschrift angeführt -, so hätte der Bf seinen Aufenthalt bzw. seine Asylantragstellung in der Schweiz nicht verschwiegen. Zudem hindert die Anhaltung in Schubhaft den Bf nicht, freiwillig in die Schweiz zurückzukehren.

 

Eine Zustimmung vom zuständigen Mitgliedstaat Schweiz liegt mit Wirkung vom 03.05.2013 vor. Wie aus der Zustimmung der schweizer Behörden ersichtlich, stellte der Bf unter geänderten Personalien (A, geb.1977) in der Schweiz einen Asylantrag. Der Bf wurde auch bereits für das Parteiengehör vor dem Bundesasylamt am 13.05.2013 vorgeladen und ist demnach mit einer zeitnahen Finalisierung des Asylverfahrens, sowie mit einer zeitnahen Überstellung in die Schweiz zu rechnen.

 

Mit vorliegendem Sachverhalt wird dringend die kostenpflichtige Abweisung beantragt, um letztlich in kurzer Zeit den illegalen Aufenthalt des Fremden mit einer Abschiebung in den für den Beschwerdeführer zuständigen Mitgliedstaat Schweiz vollziehen und ein Abtauchen in die Anonymität und neuerlichen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet verhindern und unterbinden zu können.

 

Sofern trotz der vorliegenden Sachlage sich ein fragwürdiges Gesamtbild ergeben würde, wessen eine Abweisung der Beschwerde nicht zulassen würde, werde hiermit der Antrag der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten, im Wesentlichen unstrittigen, entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.   wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.   wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.   wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf seit 29. April 2013 aufgrund des Bescheides der belangten Behörde in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

4.3. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Stellt ein Fremder während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf Internationalen Schutz, so kann gemäß § 76 Abs. 6 FPG diese aufrechterhalten werden. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 vor, gilt die Schubhaft als nach Abs. 2 verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anordnung der Schubhaft gemäß Abs. 2 ist mit Aktenvermerk festzuhalten.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z. 1.

 

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung,

1. in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit bei der Behörde zu hinterlegen.

 

4.3.1. Die belangte Behörde hat sich auf § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG gestützt.

 

Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 1 (wie auch Abs. 2) FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass er sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

4.3.2. Obwohl sich das Asylverfahren des Bf in einem sehr frühen Stadium befindet, ist die belangte Behörde von einem hohen Sicherungsbedarf ausgegangen und hat die dafür sprechenden Gründe auch in der Gegenschrift angesprochen.

 

Diese Annahme lässt sich auf den vorliegenden - von der belangten Behörde festgestellten - Sachverhalt nicht gründen. Die belangte Behörde hat ausschließlich auf aktenkundige Fakten abgestellt, obwohl darin keine Vorhaltungen zum Aufenthalt in der Schweiz enthalten sind. Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass der belangten Behörde – im Gegensatz zu vergleichbaren Fallkonstellationen - kein umfassender Sachverhalt zur Beurteilung vorgelegen ist. Mangels Einvernahmen durch die Asylbehörden stand der belangten Behörde nur die Erstbefragung nach dem AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Verfügung.

 

Daraus ist zwar ersichtlich, dass der Bf den Aufenthalt und die Asylantragstellung in der Schweiz verschwiegen hat. Infolge eines Systemfehlers war eine EURODAC Anfrage während der niederschriftlichen Befragung nicht möglich. Der Bf konnte daher zu diesem Zeitpunkt mit seinen unzutreffenden Reiseangaben nicht konfrontiert werden.

 

Die belangte Behörde ist zwar zu Recht von der mangelnden Mitwirkung des Bf im Verfahren ausgegangen. Aus dem Verhalten des Bf lässt sich auch ableiten, dass er die Verfahrensführung in der Schweiz verschleiern wollte.

 

An Fakten steht somit fest, dass der Bw Einreise- und Aufenthaltsnormen mehrerer Mitgliedsstaaten verletzt hat, anfangs seine Identität zu verschleiern suchte, über keine nennenswerten finanziellen Mittel verfügt und in Österreich (abgesehen von seinem asylberechtigten Bruder [über den der Bf aber keine näheren Angaben gemacht hat]) über keinerlei familiäre und soziale Bindungen verfügt.

 

Dem gegenüber verkörpern die – von der belangten Behörde angenommene – Weigerung des Bf, sich freiwillig in die Schweiz zu begeben, die Befürchtung, der Bf werde in Kenntnis der angekündigten Ausweisungsentscheidung die Abschiebung zu verhindern suchen, bloße Mutmaßungen. Diese sind objektiv nicht nachvollziehbar und beruhen offensichtlich auf allgemeinen Durchschnittserfahrungen.

 

Entsprechende konkrete fallbezogene Indizien liegen nicht vor. Nicht nachvollziehbar ist daher die Ansicht der belangten Behörde, dass der Bf eine Rückführung in die Schweiz ver- oder behindern würde bzw untertauchen werde. Eine derartige Äußerung bzw ein Verhalten, das darauf hinweise würde, hat der Bf zu keinem Zeitpunkt vorgenommen. Im Gegenteil dazu hat er in der Beschwerde dargelegt, dass er zur Rückkehr in die Schweiz bereit ist, wenn dies die Asylbehörde anordnet. Darüber hinaus sei er auch aus eigenem zur Rückkehr in die Schweiz bereit, habe allerdings die Hoffnung bei seinem asylberechtigten Bruder in Österreich bleiben zu können.

 

Dem Vorbringen hält die belangte Behörde keine tauglichen Argumente entgegen. Sie zieht sich im Wesentlichen auf die Verschweigung des Schweizaufenthaltes zurück und begründet damit den Sicherungsbedarf. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang, dass "die Anhaltung in Schubhaft den Bf nicht hindere, freiwillig in die Schweiz zurückzukehren".

 

Eine umfassende Sicht des Verhaltens des Bf lässt die von der Behörde gezogenen Schlüsse nicht zu. Eingangs gilt es zu erkennen, dass der Bf selbsttätig bei den österreichischen Behörden vorstellig geworden ist. Insofern kann schon aus diesem Umstand der Schluss gezogen werden, dass ein grundsätzliches Interesse des Bf an einem asylrechtlichen Verfahren in Österreich besteht. Entgegen der noch in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretenen Ansicht ist die Identität des Bf gesichert, da den Asylbehörden echte Dokumente (syrischer Personalausweis, sonstiges Dokument – siehe AI 13 05.432/DGr 2) zur Verfügung stehen.

 

Es kann nach Zusammenschau all dieser Gründe gerade nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom bevorstehenden Entziehen aus dem Verfahren gesprochen werden. Weder sind Anhaltspunkte vorhanden, welche von einer besonderen Flexibilität und Erfahrung des Bf im Hinblick auf seine bisherigen Reisebewegungen, Erfahrungen mit ähnlichen Situationen ("Dublinerfahrung"), Aliasidentitäten, sonstige Verschleierungsmaßnahmen etc. zeugen, noch gibt es weitere – zusätzlich zur verweigerten Mitwirkung und Angabe widerstreitender Angaben – Anhaltspunkte, welche ein entsprechendes Persönlichkeitsprofil des Bf zeichnen.

 

Hinzu tritt an dieser Stelle der Umstand, dass eine mögliche Alternativenlosigkeit betreffend der Verfahrensführung in der Person des Bf nicht zu erkennen ist – eine derartige psychologische Drucksituation ist nicht indiziert. Wenn die belangte Behörde folgert, dass der Bf unter keinen Umständen eine Asylverfahrensführung in der Schweiz wünscht, so vermag dies nicht hinreichend begründet werden.

 

Vor einem solchen Hintergrund, insbesondere angesichts der dabei gebotenen Relativierung zwischen echter Faktenlage und bloß mutmaßender Schlussfolgerung, wird aber letztlich auch deutlich, das hier summarisch besehen keineswegs von einem solchen ultima-ratio Szenario gesprochen werden kann, dass schon per se eine Schubhaftverhängung gerechtfertigt haben würde.

 

4.3.3. Zusammenfassend kann sohin erkannt werden, dass zwar isoliert betrachtet ein offenkundiger Verstoß gegen die asyl- und fremdenrechtliche Mitwirkungspflichten gegeben ist, jedoch im Gesamtkontext mit dem sonstigen Verhalten, nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer Ver- oder Behinderung des Ausweisungs- oder Abschiebeverfahrens/vorganges gesprochen werden kann. Insbesondere wurde vom Bf nicht erwähnt, dass eine Verfahrensführung in der Schweiz keine Alternative ist. Wie bereits angesprochen ist das Gegenteil der Fall. Dies kommt in der Beschwerde auch eindeutig zum Ausdruck.

 

4.4. Es ist im vorliegenden Fall – in Zusammenschau all der eben beschriebenen Sachverhaltselemente - nicht  vom Vorliegen eines besonders hohen sowie akuten Sicherungsbedarfes auszugehen und zu attestieren, dass die Voraussetzungen für die Festnahme, die Verhängung der Schubhaft und gemäß  § 83 Abs. 4 FPG auch für eine weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft nicht vorliegen.

 

Es hätte mit der Verhängung eines gelinderen Mittels wohl auch das Auslangen gefunden werden können.

 

Es war somit der in Rede stehenden Schubhaftbeschwerde stattzugeben und die Festnahme, die Anhaltung des Bf in Schubhaft seit 29. April 2013 für rechtswidrig zu erklären. Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzung für die weitere Anhaltung des Bf nicht vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) zu einem Aufwandersatz in Höhe von 737,60 Euro zuzüglich der Eingabegebühren in Höhe von 14,30 Euro zu verpflichten.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 20. Dezember 2013, Zl.: 2013/21/0123-6

 

 

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