Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550646/3/Kl/TO/TK VwSen-550647/5/Kl/TO/TK

Linz, 09.07.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag.a  Michaela Bismaier, Berichterin: Dr.in Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Anträge der X, X, vertreten durch X, X, X vom 4. Juli 2013 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Auftraggeberin X betreffend „Lieferung von Inkontinenzprodukten für Alten- und Pflegeheime ", zu Recht erkannt:

 

    I.        Die Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung werden zurückgewiesen.

 

 II.        Die X wird verpflichtet, der X die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:                §§ 1, 2, 3 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 68/2010.

Zu II.:                § 23 Abs.1 OÖ. VergRSG 2006

 


Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom  4. Juli 2013 hat die X (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf  Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin im Supplement zum Amtsblatt der EU vom 06.12.2012, 2012/S 235-386984, die beabsichtigte Vergabe eines Lieferauftrags betreffend die Lieferung von Inkontinenzprodukten für 4 Alten- und Pflegheime im Rahmen eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich bekannt gemacht habe. Die Angebotsfrist habe am 29.01.2013, 17:00 Uhr, geendet.

Gemäß den Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen solle die Vergabe nach dem Bestbieterprinzip erfolgen. Zu den Zuschlagskriterien und dem Bewertungsmodus wurde in den Ausschreibungsunterlagen festgehalten, dass die Auswertung der Angebote nach Kriterien mit dem jeweiligen Prozentanteil an der Gesamtbewertung erfolge: Preis – 40%, Verträglichkeit – 30% sowie Handling – 30%. Die einzelnen Kriterien würden mit Punkten von 1-10 bewertet. Die maximal erreichbare Punkteanzahl der Gesamtbewertung wären 100 Punkte.

Die Antragstellerin habe fristgerecht ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt und erfolgte die Angebotsöffnung am 30.01.2013, 10:00 Uhr.

Aufgrund der verlesenen Angebotspreise wäre das Angebot der Antragstellerin mit 146.685,60 Euro exkl. MWSt preislich an erster Stelle gewesen. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre mit 183.145,38 Euro exkl. MWSt lediglich an dritter Stelle gereiht gewesen. Preislich an zweiter Stelle wäre das Angebot der X mit einem Nettogesamtpreis von 154.465,00 Euro gelegen.

 

Mit Schreiben der ausschreibenden Stelle vom 26.06.2013 sei die Zuschlagsentscheidung bekanntgegeben worden, wonach beabsichtigt sei, den Zuschlag der Firma X mit einer Vergabesumme von 183.145,38 Euro exkl. MWSt. zu erteilen.

Es wurde der Antragstellerin nicht mitgeteilt, wie viele Punkte ihr Angebot erhalten habe, noch wurde mittgeteilt, wie viele Punkte die präsumtive Zuschlagsempfängerin erhalten habe.

 

Es werde die Zuschlagsentscheidung vom 26.06.2013 angefochten, weil diese mangelhaft und rechtwidrig sei, da ein rechtlich nicht existenter Bieter als präsumtiver Zuschlagsempfänger genannt werde und die Gründe für die Ablehnung des Angebotes der Antragstellerin nicht genannt werden. Von der Auftraggeberin wird bekanntgegeben, dass der Zuschlag an die „Firma X“ erteilt werde, die im gegenständlichen Vergabeverfahren kein Angebot gelegt habe. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die Auftraggeberin dem tatsächlich existierende Unternehmen, der X, den Zuschlag erteilen wolle.

Von der Antragstellerin wurde hinsichtlich der Zuschlagsentscheidung, die weder die „Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes“ noch die „Gründe für die Ablehnung (des unterlegenen) Angebotes“ enthält, auf die herrschende Judikatur verwiesen. Eine solche Zuschlagentscheidung wäre für nichtig zu erklären.

Die Antragstellerin zählt eine Reihe von Umständen auf, die darauf hinweisen, dass die Qualitätsbewertung falsch wäre. Die Bemusterung bzw. Testung wäre nur in einem der vier Alten- und Pflegeheime durchgeführt worden. In diesem Heim waren auch nur 2 Mitarbeiterinnen in den Test involviert, die während der 2wöchigen Testphase aber nur maximal 5 Tage vor Ort gewesen wären und offenbar das sonstige Pflegepersonal nicht ordnungsgemäß eingewiesen hätten.

Im Zuge des Testverfahrens wären von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hingegen, nicht wie in der  Ausschreibung vorgegeben, „geschlossene Systeme  (Windelhosen)“ angeboten, sondern „Vorlagen mit einem Fixierband“, dadurch sei es zu einer besseren Bewertung gekommen, da auch das Handling weitaus einfacher wäre. Schon aus diesem Grunde wäre das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 129 Abs.1 Z 7 BVergG 2006 auszuscheiden.

 

Die Antragstellerin bekundete ihr Interesse am Vertragsabschluss. Zum Schaden wurde vorgebracht, dass der Verlust eines prestigeträchtigen Referenzprojektes drohe. Weiters, dass die Antragstellerin einen Schaden durch die Nichtabdeckung des projektgegenständlichen Deckungsbeitrages samt entgangenem Gewinn erleide und die Kosten für die Teilnahme am Vergabeverfahren und Rechtsberatungskosten frustriert seien.

 

Im Übrigen erachte sich die Antragstellerin im Recht,

  • auf Bietergleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung;
  • auf Gewährleistung eines freien und lauteren Wettbewerbs;
  • auf ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren;
  • auf ordnungsgemäße Mitteilung der Zuschlagsentscheidung;
  • auf vergabekonforme Bestbieterermittlung, insb. durch Einhaltung des bekannt gegebenen Zuschlagssystems;
  • auf Mitteilung der Zuschlagsentscheidung zugunsten ihres Angebots und Zuschlagerteilung an ihr Angebot;
  • auf Ausscheiden von ausschreibungswidrigen Angeboten der Mitbewerber, insb. der präsumtiven Zuschlagsempfängerin;
  • auf Widderruf des Vergabeverfahrens mangels Möglichkeit einer objektiven Bestbieterermittlung,

verletzt.

 

Bezüglich des Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin eingangs auf die Ausführungen im Hauptantrag und bringt weiters vor, dass einer einstweiligen Untersagung der Zuschlagserteilung weder ein allfälliges besonders Interesse der Auftraggeberin noch öffentliche Interessen entgegenstehen würden. Hingegen bestehe ein evidentes Interesse der Antragstellerin an einem rechtmäßigen Verfahren. Im Übrigen würde auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen verwiesen, wonach ein öffentlicher Auftraggeber bei Erstellung des Zeitplans für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen habe.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die X als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 8.7.2013 teilte die X, vertreten durch X, X, X, mit, dass die Zuschlagsentscheidung vom 26.6.2013 widerrufen wurde und sich das Vergabeverfahren neuerlich im Stadium der Angebotsprüfung befinde. Die Antragstellerin sei daher klaglos gestellt. Die Zurücknahme der Zuschlagsentscheidung vom 26.6.2013 sei sämtlichen Bietern nachweislich am 5. Juli 2013 zugestellt worden.

 

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG 2006 ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn

1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2. er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder

3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.aa BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

Die Zuschlagsentscheidung ist unter Zugrundelegung der Definition in § 2 Z48 BVergG 2006 als vorläufige Wissenserklärung iSe Nachricht über die Tatsache zu werten, an welchen Bieter die Erteilung des Zuschlages vorgesehen ist und enthält diese keine auf den Eintritt von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung. Eine solche entfaltet somit keine Bindungswirkung und sind aus dieser auch keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Eine Änderung oder Richtigstellung dieser Wissenserklärung durch den Auftraggeber ist daher bis zum Vertragsabschluss und damit bis zur Zuschlagserteilung zulässig (vgl. Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2002 – Kommentar RZ 79 zu § 166).

 

Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung. Dies Entscheidung wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 5. Juli 2013 - zulässiger Weise – zurückgenommen. Die Zurücknahme bewirkt, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die Entscheidung weggefallen ist und daher im Sinne des § 5 Abs.2 OÖ. VergRSG 2006 keinen Anfechtungsgegenstand mehr bildet. Die gegenständlichen Anträge sind im Laufe des Nachprüfungsverfahrens durch die Zurücknahme der Entscheidung vom 26.6.2013 unzulässig geworden, weshalb diese zurückzuweisen waren.

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat, wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Von der Antragstellerin wurden für die gegenständlichen Anträge Pauschalgebühren in der Gesamthöhe von 2.400 Euro entrichtet.

Durch die Zurücknahme der angefochtenen Entscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren wurde die Antragstellerin insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmungen des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG 2006 war daher der Antragstellerin der Ersatz der zu entrichtenden Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro (1.600 Euro für den Nachprüfungsantrag und  800 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.

 

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 89,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Mag.a  Michaela Bismaier

 

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