Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310516/6/Kü/TO/Ba

Linz, 26.03.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau G F, P, W vom 8. November 2012 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom  18. Oktober 2012, GZ: BZ-Pol-11039-2012, wegen Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 2009  nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. März 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 18. Oktober 2012,  GZ: BZ-Pol-11039-2012, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 25 Abs.2 Z 1 lit. a iVm §§ 2 Abs.4 Z 7 lit. b und § 9 Abs. 1, nach § 25 Abs. 2 Z 3 iVm §§ 2 Abs. 4 Z 5 lit. a und 9 Abs. 4 Z 1 sowie nach § 25 Abs. 2 Z 1 lit a iVm §§ 2 Abs.1 Z 1 und 9 Abs.1 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 2009 (Oö. AWG 2009) drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 50 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2    Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 15 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben zumindest am 26.06.2012, um ca. 11:32 Uhr, bei einem im Bereich der "T-Kreuzung – R/W" situierten "Gehölz"

  1. Essenreste (Sauerkraut) = Biotonnenabfälle (Biogene Abfälle im Sinne des § 2 Abs.4 Z 7 lit b Oö. AWG 2009),
  2. Plastikflaschen (Altstoffe im Sinne des § 2 Abs.4 Z 5 lit a Oö. AWG 2009), sowie
  3. Hausabfälle (Abfall im Sinne des § 2 Abs.1 Z 1 Oö. AWG 2009),

in einem verschnürten schwarzen Plastiksack abgelagert, obwohl zu

  1. Biotonnenabfälle in geeigneten Abfallbehältern zu lagern sind.
  2. Altstoffe aus privaten Haushalten getrennt zu lagern sind und die dafür vorgesehenen Sammeleinrichtungen, oder – im Fall der Abholung – an den dafür vorgesehenen Orten bereitzustellen sind.
  3. Hausabfälle in geeigneten Abfallbehältern zu lagern sind."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der von der Bw begründend ausgeführt wird, dass sie das nicht gewesen sei. Sie habe dies bereits während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgebracht und ersuche um Aufhebung der Straferkenntnis.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 13. November 2012 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. März 2013, an welcher die Bw in Begleitung ihres Ehegatten sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Bw bewohnt an der Adresse P, W ein Einfamilienhaus. In diesem Haushalt leben insgesamt drei Personen. Das Haus ist an die öffentliche Müllabfuhr angeschlossen, wobei der Abfallbehälter für den Restmüll alle vier Wochen entleert wird. Der anfallende Restmüll wird in herkömmlichen durchsichtigen Müllsäcken in die 90 Liter Mülltonne, die sich am Grundstück der Bw befindet, gegeben. Die im Haushalt anfallenden biogenen Abfälle werden von der Bw und ihrem Ehegatten im eigenen Garten der Kompostierung zugeführt. Die dazu notwendigen Komposter hat der Ehegatte der Bw selbst gebaut. Gesondert gesammelt werden Materialien für den gelben Sack, der von der Stadtgemeinde zur Verfügung gestellt wird und der in bestimmten Intervallen abgeholt wird. Glas, Metall und Altpapier werden zu einer Sammelstelle, die in etwa 100 Meter vom Haus entfernt liegt, gebracht und dort entsorgt. Diese Sammelstelle ist für jedermann zugänglich um dort wiederverwertbare Altstoffe zu entsorgen. Die Bw  konnte bei dieser Sammelstelle schon Personen beobachten, die im Altpapiercontainer wühlen und Papierstücke herausnehmen.

 

Am 26. Juni 2012 wurde um die Mittagszeit von der Ordnungswache der Stadt Wels im Bereich R/W ein schwarzer verschnürter Plastiksack aufgefunden, in dem sich u.a. eine geöffnete und halb entleerte Dose mit Sauerkraut, Plastikflaschen und namentlich adressierte Postsendungen befanden. Die mit der Adresse der Bw versehenen Poststücke befanden sich im unteren Drittel des verschnürten Plastiksackes.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen der Bw in der mündlichen Verhandlung. Die Bw gab zu bedenken, dass die Auffindungsstelle des Müllsacks ca. 5 km von ihrem Wohnort entfernt ist und es sich dabei um eine Gegend von W handelt, in die sie selten kommt. Sie hat erst seit der Strafanzeige Kenntnis davon, wo sich die R eigentlich befindet. Zudem brachte die Bw überzeugend vor, dass sie niemals Sauerkraut abgepackt in Konservendosen kaufen würde, sondern dies immer offen kauft.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften des Oö. AWG 2009 wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.

 

5.2.  Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates kann kein Motiv der Bw für die angelastete Entsorgung von Abfällen erkennen, zumal die Bw in der mündlichen Verhandlung die Entsorgungswege der in ihrem Haushalt anfallenden Abfälle nachvollziehbar und widerspruchsfrei beschrieben hat. Die Bw erklärte im Zuge der mündlichen Verhandlung auch, dass ihr Haushalt aufgrund des Vorfalls nunmehr über einen Aktenvernichter verfüge, der sämtliche adressierte Schriftstücke vor der Entsorgung in den Altpapiercontainer so bearbeitet, dass sie unleserlich sind.

 

Der verschnürt vorgefundene und markant vor einer Tafel mit der Aufschrift "Ablagerungen aller Art bei Strafe verboten" deponierte Müllsack wird als Ergebnis eines Bosheitsaktes anzusehen sein. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bw in widersinniger Art und Weise Taten setzt, indem sie Müllablagerungen am anderen Ende der Stadt durchführt, diese noch dazu mit eigenen Schriftstücken zur Identifizierung versieht und dann provokant vor dem Schild abstellt.

 

Insgesamt ergibt sich aufgrund der vorliegenden Sachlage, dass sich nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit beweisen lässt, dass die Bw die ihr angelastete Entsorgung von Abfällen im Bereich R/W vorgenommen hat. Aufgrund der von der Bw sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren nicht widersprüchlich dargestellten Situation war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die angelastete Verwaltungsübertretung nicht erwiesen ist und die Bw daher auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In diesem Sinne war daher der Berufung Folge zu geben, das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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