Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420805/5/BP/WU

Linz, 21.08.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde der X, vertreten durch X, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch dem Magistrat der Landeshauptstadt Linz zurechenbare Organe des Bezirksverwaltungsamtes in Form der Versiegelung von 4 Räumlichkeiten der Wohnung im ersten Obergeschoß des Hauses X, am 12. Juni 2013, zu Recht erkannt:

 

 

I.            Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.         Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Linz  (Verfahrenspartei Magistrat der Landeshauptstadt Linz) Kosten in Höhe von 57,40 Euro (Vorlageaufwand) und 368,80 Euro (Schriftsatzaufwand), insgesamt: 426,20 Euro, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 67c Abs. 1 und 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

Zu II.: § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Eingabe vom 16. Juli 2013 erhob die X, vertreten durch Rechtsanwalt X, Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG gegen die Versiegelung von 4 Räumlichkeiten der Wohnung im ersten Obergeschoß des Hauses X, durch Herrn X und Herrn X, jeweils des Bezirksverwaltungsamtes des Magistrats der Landeshauptstadt Linz. Diese hätten am 12. Juni 2013 um ca. 14.00 Uhr in der vorbezeichneten Wohnung im ersten Obergeschoß des oa. Hauses die Verplombungen von 4 Räumlichkeiten durchgeführt und an der Eingangstüre zur Wohnung einen Zettel mit dem Inhalt „Dieser Bordellbetrieb ist geschlossen“ angebracht.   

 

1.1.2. In der Beschwerde wird ua. wie folgt ausgeführt:

 

a) Die Beschwerdeführerin ist seit 01.10.2011 Mieterin der Wohnung im ersten Obergeschoss mit der Adresse X.

 

b) Diese hat mit Pachtvertrag vom 31.01.2012 diese Räumlichkeiten an die X untervermietet. Jenes Unternehmen betrieb ursprünglich am Standort ein Massagestudio. Durch die Änderungen des OÖ. Polizeistrafgesetzes bzw. Schaffung des Oö. Sexualdienstleistungsgesetz wurden diese Massageleistungen offensichtlich als Sexualdienstleistungen im Sinne der §§ 2 ff Oö. SDLG gewertet und erfolgte am 05.12.2012 eine behördliche Schließung des Bordells, wobei entsprechende Verplombungen an 4 Zimmern angebracht wurden. Dabei wurden ebenso an den Türen Hinweiszettel mit der Aufschrift „dieser Bordellbetrieb ist geschlossen", angebracht.

 

Gegen den diesbezüglich erlassenen Mandatsbescheid zu GZ 50492/2012 des Bezirksverwaltungsamtes des Magistrates der Landeshauptstadt Linz erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung. Über diese wurde bis dato nicht entschieden.

 

(...)

 

c)  Am 31.12.2012 wurde der zwischen der Bestandnehmerin und der Firma X bestehende Pachtvertrag aufgelöst und sämtliche Tätigkeiten in Bezugnahme auf die Erbringung von Massagedienstleistungen, sowohl real, als auch im Hinblick auf Ankündigungen im Internet eingestellt.

 

d)  Folgedessen stellte die Mieterin, die durch die Verplombung in deren Eigentumsrecht massiv belastet war, am 25.02.2013 den Antrag bei der Behörde auf Aufhebung der Verplombung, zumal keinerlei unzulässiger Betrieb im Sinne des Oö. SDLG mehr vorlag, die Beschwerdeführerin ohnehin nie unzulässige Sexualdienstleistungen angeboten oder durchgeführt hat, und auch keinerlei Gefahr in Verzug gegeben war. Die Behörde folgte diesem Antrag und entfernte die Verplombung.

 

e)  Mit 15.05.2013 hat die nunmehrige Pächterin des Bestandgegenstandes, Frau X für den gegenständlichen Standort den Betrieb einer Privatzimmervermietung bei der Behörde angemeldet und betrieben. Seit der Entfernung der ursprünglichen Verplombung wurde von dieser am Standort keinerlei unzulässige Sexualdienstleistung erbracht. Die Zimmer der Wohnung wurden beim Betrieb der Privatzimmervermietung auch nicht mehr so genutzt, wie sie zum Zeitpunkt der Schließung am 05.12.2012, nämlich als Massagezimmer genutzt wurden. Manche Zimmer, die vormals Massagezimmer waren, sind mit Gerümpel als Abstellräume verwendet worden, eines als Privatzimmer der Betreiberin der Privatzimmervermietung.

 

f)   Am 12.06.2013 um ca. 14.00 Uhr erschien Herr X, sowie Herr X vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz (Bezirksverwaltungsamt) und nahmen wiederum (unbeschadet der tatsächlichen Nutzung der Räumlichkeiten) Verplombungen der selben 4 Zimmer, wie im Dezember 2012 vor, und brachten an der Eingangstür zur Pension einen Zettel mit dem Inhalt „Dieser Bordellbetrieb ist behördlich geschlossen" an. Im Zuge dieser unzulässigen Maßnahme ließ sich aus den geführten Gesprächen schließen, dass die Behörde angeblich davon ausgehe, dass angeblich wieder unzulässige Sexualdienstleistungen in diesen Zimmern erbracht würden. Unbeschadet des Umstandes, dass weder in diesen, noch in anderen Zimmern der Pension unzulässige Sexualdienstleistungen angeboten oder durchgeführt wurden, wurde die Versiegelung durchgeführt. Der Ordnung halber ist auszuführen, dass bei einer Privatzimmervermietung der Betreiber keinen Einfluss darauf nimmt, was ein Gast auf dem Zimmer macht. Bei Feststellung der tatsächlichen Verhältnisse hätte die Behörde bzw. die einschreitenden Organe feststellen müssen, dass hier weder ein Bordellbetrieb vorliegt, sich in einem Raum lediglich Gerümpel befindet, beim anderen Raum eine Aufschrift „Privat" befindet und diese Zimmer ebenso völlig ungeeignet wären, um jegliche Sexualdienstleistungen dort zu erbringen.

 

g) Seitens der einschreitenden Organe wurde darüber hinaus keinerlei Bescheid oder sonstige Verfügung gegenüber der Beschwerdeführerin ausgestellt oder übermittelt.

 

(...)

 

Der bekämpfte Verwaltungsakt ist aus folgenden Gründen rechtswidrig:

 

a) Selbst für den Fall der Verletzung der Bestimmungen des Oö. SDLG hat die Behörde allenfalls die Schließung eines Bordells mit Mandatsbescheid zu verfügen. Weder ist eine Verplombung gesetzlich vorgesehen, noch ist diese Verplombung entsprechend indiziert. Die Plomben wurden daher rechtswidrig angebracht. Selbst wenn eine Versiegelung oder Verplombung zulässig wäre, ist diese wieder zu entfernen, wenn keinerlei Gefahr im Verzug ist.

 

b) Die an irgendwelchen Zimmern der Wohnung angebrachten Versiegelungen greifen massiv und unzulässig in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin ein. Dies insbesondere in Zusammenschau mit dem Umstand, dass die Zimmer, die versiegelt wurden teilweise nicht einmal ansatzweise zur Ausübung von Sexualdienstleistung geeignet wären, wobei lediglich durch Nachschau festgestellt werden hätte können, dass in diesen Zimmern keine Sexualdienstleistungen durchgeführt wurden und werden konnten. Durch die Versiegelung kann die Beschwerdeführerin diese weder selbst, noch durch Überlassung an die Privatzimmervermietung wirtschaftlich nutzen. Die Anbringung eines Zettels mit der Aufschrift „Dieser Bordellbetrieb ist geschlossen" ist gesetzlich weder vorgesehen, noch indiziert. Dadurch wird der ganze Betrieb der Privatzimmervermietung nachhaltig gestört, der Betreiber stigmatisiert, und auch die Beschwerdeführerin in deren wirtschaftlichen Interessen, die aus dem verfassungsrechtlich geschützten Eigentumsrecht entspringen, massiv gestört.

 

c) Der Umstand, dass die Verplombung (selbst für den Fall, dass diese indiziert gewesen wäre) ohne Erlassung eines Bescheides oder einer Verfügung durchgeführt wurde, stellt ebenso eine wesentliche Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin dar. Die Maßnahme erweckt dadurch den Anschein der Willkür. Der Beschwerdeführerin wurde betreffend die hier gegenständliche Maßnahme bis dato kein Mandatsbescheid zugestellt, noch wurde betreffend die bereits am 11.12.2012! eingebrachte Vorstellung ein abschließender erstinstanzlicher Bescheid erlassen. Unbeschadet dessen hat die Beschwerdeführerin keinerlei Handlungen gegen die Bestimmungen des Oö. SDLG erbracht, verrichtet oder geduldet. Die von der Behörde ohne rechtliche Grundlage gesetzte Maßnahme greift massiv in das Eigentumsrecht der Betroffenen ein.

 

Abschließend werden die Anträge gestellt, den angefochtenen Verwaltungsakt vom 12. Juni 2013 für rechtswidrig zu erklären, die Stadt Linz zum Aufwandersatz gem. § 79a AVG zu verpflichten, sowie gem. § 67 d AVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

1.2. Mit E-Mail vom 31. Juli 2013 wurde die belangte Behörde zur Aktenvorlage aufgefordert und ihr die Möglichkeit eingeräumt eine Gegenschrift zu erstatten.

 

1.3.1. Mit Schreiben vom 13. August 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt und erstattete eine Gegenschrift.

 

1.3.2. Darin wird ua. ausgeführt:

 

Aufgrund umfangreicher Ermittlungen, insbesondere durch eindeutige Zeugenaussagen, stand für die belangte Behörde Anfang Dezember 2012 zweifelsfrei fest, dass im Objekt, X, 1. Stock, ein illegales Bordell betrieben wird.

Es erfolgte daher am 05.12.2012 eine Schließung dieses illegalen Bordells nach § 11 Abs. 3 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz durch Anwendung unmittelbarer behördlicher Zwangsgewalt. Dies wurde in der Verhandlungsschrift vom 05.12.2012 festgehalten. Im daraufhin gem. § 11 Abs. 2Z. 1 und Abs. 3 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz erlassenen Bescheid vom 07.12.2012 wurde von der Behörde an­geordnet:

1. Die Schließung des Bordells in X,1. Stock.

1. Die am 05.12.2012 amtlich angebrachten Bordellschließungsplakate sowie die Versiegelungen dürfen während der Geltungsdauer dieses Bescheides nicht unkenntlich, nicht beschädigt, nicht überdeckt und nicht abgenommen werden. Auch dürfen die betroffenen Türen (Wohnungsein­gangstür, Türen zu den einzelnen Räumen) nicht entfernt bzw. ausgetauscht werden.

 

Die belangte Behörde hat somit innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Vier-Wochen-Frist einen - anfechtbaren - Bescheid über die Schließung dieses Bordells erlassen.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung eingebracht.

In der Einrichtung in X, wurden, nachdem aufgrund eines Antrags vom 25.02.2012 auf Aufhebung der Verplombung von Räumlichkeiten des Hauses X, mit Bescheid vom 23.03.2013 die Bestandsnehmer der Wohnung X, er­mächtigt, die von der Behörde am 05.12.2012 angebrachten Bordellschließungsplakate sowie die Versiegelungen zu entfernen. Neuerliche Beweismittel haben ergeben, dass in der Einrichtung in X, wieder Sexualdienstleistungen angeboten wurden.    Beispielsweise wurden am 11.06.2013 einem Zeugen sexuelle Dienstleistungen, wie GV, Französisch beidseitig, Kuschelsex angeboten, obwohl die Behörde in dem Bescheid vom 23.03.2013 verfügt hat, dass die Schließung des Bordells im Objekt X, weiterhin vollinhaltlich aufrecht bleibt. Bei diesen beschriebenen Leistungen handelte es sich um gewerbsmäßige Duldung sexueller Handlungen am eigenen Körper oder die Vornahme sexueller Handlungen und damit eindeutig um Sexualdienstleis­tungen, die unter § 2 Abs. 1 Oö. SDLG fallen. Erst durch die erneute Anbringung der Versiegelungen am 12.06.2013 wurde ein sittlichkeitspolizeilicher Zustand wieder hergestellt, wie er im Oö. Sexual­dienstleistungsgesetz zur Abwehr bzw. Beseitigung von das örtliche Gemeinschaftsleben störenden Missständen gefordert wird und mit Bescheid vom 07.12.2012 verfügt wurde, also handelte es sich um eine neuerliche Vollstreckungsmaßname.

 

In der Maßnahmenbeschwerde wurde angeführt, dass weder eine Verplombung, noch die Anbrin­gung eines Zettels mit der Aufschrift „Dieser Bordellbetrieb ist geschlossen" gesetzlich vorgese­hen ist. Dazu wird angeführt, dass im Kommentar zur Gewerbeordnung von Grabler-Stolzlechner-Wendel, 3. Auflage, zu § 360 Abs. 3 GewO, der analogen Bestimmung zu § 11 Abs. 3 Oö. Sexual­dienstleistungsgesetz, in RZ 33 angeführt wird, dass die Schließung eines Betriebes z.B. durch Ver­siegelung oder Austausch von Schlössern, Anbringung eines Absperrbandes beim Zugang zum Be­trieb, Anbringung einer Tafel „Betrieb behördlich geschlossen" erfolgen kann.

 

Das Anbringen der Schließungsplakate war und ist zum Schutz der Gesundheit anderer notwendig und verhältnismäßig, da es die einzige Möglichkeit darstellt, potentielle Kunden über das illegale Bor­dell zu informieren, insbesondere, da in dieser Einrichtung sexuelle Handlungen ohne Verwendung eines Kondoms vorgenommen wurden und im Rahmen der Kontrolle am 29.01.2013 von den anwe­senden Personen kein Gesundheitsbuch und keine Unterlagen über eine Untersuchung gemäß der Oö. Tuberkulose-Reihenuntersuchungsverordnung vorgewiesen werden konnte. Von der ärztlichen Amtssachverständigen wurde am 05.12.2012 folgende gutachtliche Stellungnahme abgegeben: Aus amtsärztlicher Sicht wird die fachliche Beurteilung getroffen, dass gewerbsmäßig sexuelle Hand­lungen am eigenen Körper oder solche Handlungen an anderen Personen im Zuge der gewerbsmä-ßigen Prostitution bei nicht Vorliegen von ausreichenden Untersuchungsintetvallen, wie sie im Ge­schlechtskrankheiten- und im AIDS- und Tuberkulosengesetz vorgeschrieben sind, eine Selbst- und Fremdgefährdung nach sich ziehen.

Dies bedeutet, dass eine Gefährdung der Gesundheit für Kunden insoweit wahrscheinlich ist, als an Geschlechtskrankheiten oder anderen infektiösen Erkrankungen leidende Personen (insbesondere HIV-Infektionen) diese Krankheiten im Zuge der gewerbsmäßigen Prostitution weiter Obertragen kön­nen.

Die Schließungsplakate wurden auch nur im Objekt angebracht. Die Wohnungsstüre wurde nicht ver­siegelt, daher wäre ein Betreten des Objekts durch potentielle Kunden jederzeit möglich.

 

Aus den angeführten Gründen stellt die belangte Behörde folgende

 

ANTRÄGE:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge

 

1. die Beschwerde der X, vertreten durch X, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Be­fehls- und Zwangsgewalt am 12.06.2013 durch Organe des Magistrates Linz, Be­zirksverwaltungsamt, als unbegründet abweisen und

 

1. der belangten Behörde gemäß § 79a AVG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzleramtes, BGBl Nr. II 2008/456, über die Pauschalierung der Aufwandsersätze im Verfahren vor dem Unabhängigem Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die entstandenen Kosten im ge­setzlichen Ausmaß ersetzen.

 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt und die eingebrachten Schriftsätze.

 

Da sich daraus der entscheidungsrelevante Sachverhalt zweifelsfrei ergibt, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden, zumal nach dem vorgelegten Akt bereits feststand, dass die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war. In diesem Sinn war dem diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin nicht zu folgen.

 

2.2. Der UVS des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.2. sowie 1.3.2. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

2.3. Der UVS des Landes Oberösterreich war zur Entscheidung durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1.1. Gemäß § 67a Abs. 1 Z. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF., entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungs­be­hördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausge­nommen in Finanzstrafsachen. Solche Beschwerden sind nach § 67c Abs. 1 AVG innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt beim Unabhängigen Verwaltungs­senat einzubringen, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat.

 

3.1.2. Die in Rede stehende Maßnahme fand am 12. Juni 2013 statt. Die Beschwerde wurde am 16. Juli 2013 an den UVS des Landes Oberösterreich erhoben und ist daher grundsätzlich rechtzeitig eingebracht.

 

Allerdings ergeben sich dennoch Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde im vorliegenden Fall.

 

3.2.1. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl. VwGH 29.6.2000, 96/01/0596 mwN und unter Hinweis auf die Lehre). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von individuellen natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass ein Bescheid erlassen wird (vgl. Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Rz 45 f zu § 129a B-VG).

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall behauptet die Bf durch die behördlich vorgenommene Verplombung von Zimmertüren in subjektiven Rechten, insbesondere in ihrem verfassungsrechtlich geschützten Recht auf Eigentum verletzt zu sein, zumal ihr die Nutzung der Räumlichkeiten nicht frei steht.

 

Grundsätzlich ist dazu zunächst anzumerken, dass eine behördlich angeordnete bzw. vorgenommene Verplombung oder Versiegelung von Räumen jedenfalls geeignet ist, eine Maßnahme der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt darzustellen. Aufgrund des Einschreitens von Organen des Magistrats (Bezirksverwaltungsamt) liegt das Element der verwaltungsbehördlichen Maßnahme fraglos vor, wie auch die Befehls- und Zwangsgewalt gegeben ist, da die Bestandsnehmerin ab dem Zeitpunkt der Versiegelung bzw. Verplombung zwangsläufig am Betreten oder Nutzen der Räume gehindert wird.

 

Ein weiteres Element stellt darüber hinaus die Unmittelbarkeit dar. Wie unter Punkt 3.2.1. angeführt, muss es sich also um einen verwaltungsbehördlichen Akt handeln, der nicht in einem Bescheid Deckung findet.  

 

3.3.1. Gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 des Oö. Sexualdienstleistungsgesetzes, LGBl. Nr. 80/2012, hat die Gemeinde die Schließung eines Bordells mit Bescheid zu verfügen, wenn dieses ohne rechtskräftige Bewilligung betrieben wird.

 

Gemäß Abs. 3 Leg. cit. kann die Gemeinde auch ohne vorangegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides nach Abs. 2 die zur Schließung des Betriebs notwendigen Maßnahmen an Ort und Stelle treffen, sofern offenkundig der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht, die nach Abs. 2 die Schließung eines Bordells zur Folge hat und mit Grund anzunehmen ist, dass der rechtswidrige Betrieb fortgesetzt wird. Über die Schließung des Bordells ist innerhalb von 4 Wochen ein schriftlicher Bescheid zu erlassen. Wird diese Frist nicht eingehalten, gelten die getroffenen Maßnahmen als aufgehoben. 

 

3.3.2.1. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass mit Maßnahme (Verplombung) vom 5. Dezember 2012 die belangte Behörde zunächst einschritt. Diese wurde in der Folge mit Mandatsbescheid vom 7. Dezember 2012 im Sinne des § 11 Abs. 3 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz gestützt.

 

Der Spruch dieses Bescheides lautet ua. wie folgt:

„1. Die Schließung des Bordells in X, 1. Stock wird verfügt.

2. Die am 05.12.2012 amtlich angebrachten Bordellschließungsplakate sowie die Versiegelungen dürfen während der Geltungsdauer dieses Bescheides nicht unkenntlich, nicht beschädigt, nicht überdeckt und nicht abgenommen werden. Auch dürfen die betroffenen Türen (Wohnungseingangstür, Türen zu den einzelnen Räumen) nicht entfernt bzw. ausgetauscht werden.“

 

3.3.2.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf rechtzeitig Vorstellung, wodurch das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Jedoch kommt einer Vorstellung gemäß § 57 Abs. 2 AVG (hier anwendbar) nicht die aufschiebende Wirkung zu. Es ist daher davon auszugehen, dass die Verfügungen des Bescheides vom 7. Dezember 2012 weiterhin Wirksamkeit entfalteten.

 

3.3.2.3. Aufgrund eines Antrages der Bf vom 25.02.2013 erging in der Folge in Abänderung des Bescheides vom 07.12.2012 von der belangten Behörde am 22. März 2013 ein Bescheid, mit nachstehendem Spruch:

 

„1. Die Schließung des Bordells im Objekt, X, in X bleibt weiterhin vollinhaltlich aufrecht.

 

2. Die Bestandsnehmer der Wohnung X, werden ermächtigt, die von der Behörde am 05.12.2012 angebrachten Bordellschließungsplakate sowie die Versiegelungen zu entfernen.

 

3. Die Anbahnung und die Ausübung der Prostitution sind im Objekt X, verboten.“

 

3.3.2.4. Aus dem oa. Spruch wird klar ersichtlich, dass der Bescheid vom 7. Dezember 2012 betreffend die Schließung des Bordells und die Untersagung der Prostitution weiterhin in Geltung bleibt. Diesbezüglich bedarf es also keines neuerlichen Rechtsaktes. Es wurde lediglich einem Antrag der Bf nachgekommen, die am 5. Dezember 2012 gesetzten (vom Bescheid nachträglich gedeckten) Maßnahmen zu suspendieren, wobei eben im Spruchpunkt 3. nochmals auf das Prostitutionsverbot hingewiesen wurde.

 

3.3.2.5. Schlussendlich effektuierte die belangte Behörde mit der Versiegelung der Räumlichkeiten am 12. Juni 2013 lediglich den seit 7. Dezember 2012 bestehenden Schließungsbescheid.

 

Dies stellt keine res nova dar. Ansonsten wäre dies als eine erneute Schließung des bereits geschlossenen Bordells gegenüber der Bf, die Partei im Bescheid vom 7. Dezember 2012 war, anzusehen. Vielmehr ist die Verplombung als  von § 11 Oö. Sexualdienstleistungsgesetz vorgesehene Umsetzungsmaßnahme zur Durchsetzung der ursprünglichen Bordellschließung anzusehen, da das Verwaltungsverfahren betreffend die Betriebsschließung auch noch nicht abgeschlossen ist.

 

3.3.3. Es liegt sohin keine „unmittelbare“ Maßnahme der verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt vor, die im Rahmen eines Maßnahmebeschwerdeverfahrens geprüft werden könnte. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Versiegelung der in Rede stehenden Räume ist in dem noch in erster Instanz anhängigen Bordellschließungsverfahren zu erörtern.     

 

3.4. Es war daher die vorliegende Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4.1. Gemäß § 79a Abs. 1 hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.

 

Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei.

 

Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 leg.cit. die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Gemäß Abs. 4 leg.cit. gelten als Aufwendungen gem. Abs. 1:

1. die Stempel- und Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat,

2. die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat verbunden waren, sowie

3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

§ 1 UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2003, setzt die Höhe der nach § 79a Abs. 5 und Abs. 7 AVG im Verfahren vor den Unabhängigen Verwaltungssenaten über Beschwerden wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67c AVG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschbeträge wie folgt fest:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

737,60 €

2. Ersatz des Verhandlungsaufwandes des Beschwerdeführers als obsiegende Partei

922,00 €

3. Ersatz des Vorlageaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

57,40 €

4. Ersatz des Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

368,80 €

5. Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde als obsiegende Partei

461,00 €

 

4.2. Die im Spruchpunkt II. angeführte Kostenentscheidung gründet auf die eben dargestellten Rechtsbestimmungen. Demnach ist die belangte Behörde als obsiegende und die Beschwerdeführerin als unterlegene Partei anzusehen.

 

Es waren somit der Schriftsatzaufwand und der Vorlageaufwand vorzuschreiben.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 14,30 Euro (Stempelgebühren) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

 

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