Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560247/2/Kl/BRe/TK

Linz, 07.05.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, x, vertreten durch x, Rechtsanwälte – Strafverteidiger, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 07.02.2013, SO10-584395-He-Br, wegen Verpflichtung zum Kostenersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 45, 49 und 66 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idF LGBl. Nr. 74/2011.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 07.02.2013, SO10-584395-He-Br, wurde auf Antrag des Sozialhilfeverbandes Braunau vom 15.11.2012 betreffend Festsetzung eines Kostenersatzes für die Heimunterbringung von x im Seniorenheim x ausgesprochen, dass Frau x zum Kostenersatz für die Heimunterbringung von Frau x im Seniorenheim x ab 01.09.2012 in Höhe von 123,50 Euro/Monat verpflichtet wird. Die Entscheidung stützt sich auf §§ 45, 49 und 52 Oö. Sozialhilfegesetz 1998.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die ersatzlose Behebung beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es rechtsirrig sei, dass aufgrund des Übergabevertrages vom 29.05.1964 in Verbindung mit dem Übergabevertrag vom 31.03.1999 ein Holzbezugsrecht zugunsten von Frau x vereinbart worden sein soll. In den angeführten Verträgen finde sich davon kein Wort. Mit Übergabevertrag vom 29.5.1964 sei Frau x auf die Dauer deren ledigen Standes und nach dem Ableben des letzten der Übergeber das Recht eingeräumt worden, den Übergebern vorbehaltene Räume (Küche und Zimmer) und den eben dort erwähnten Abstellraum lebenslänglich zu bewohnen. Ein Holzbezugsrecht sei von Übergebern überlassen worden, wobei dieses Holzbezugsrecht gegenüber der lieferverpflichteten Forstverwaltung und nicht gegenüber den jeweiligen Übernehmern bestehe. Die Veranschlagung eines Holzbezugsrechtes sei daher zu Unrecht erfolgt. Auch stehe nur die Nutzung dieses Wohnrechtes zu, keinesfalls eine Verpflichtung zur Tragung von allfälligen Betriebskosten. Auch komme nur das Recht zu, im Objekt zu wohnen, nicht aber in einem anderen Objekt allfällige Betriebskosten ersetzt zu bekommen. Da entsprechend § 49 Oö. SHG lediglich vertraglich festgesetzte Ansprüche übergehen können und bereits Frau x keinerlei Ansprüche darauf hatte, dass ihr Betriebskosten in einem anderen Objekt bezahlt würden, hat auch der Sozialhilfeverband diesbezüglich keinen Anspruch. Auch bleibt noch unberücksichtigt, dass § 49 Oö. SHG nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten oder eingetragenen Partnerinnen oder Partnern aufgrund eines Übergabevertrages gilt, sofern die Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde. Frau x wurde Hilfe in einer stationären Einrichtung nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet, sodass ein Übergang nicht erfolgen konnte. Auch erfolgt der Übergang der Ansprüche auf den Träger sozialer Hilfe erst ab dem Zeitpunkt, ab dem dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Im angefochtenen Bescheid ist nicht festgehalten, ob und wenn ja, wann hier eine Verständigung gegenüber Frau x erfolgt wäre, sodass auch aus diesem Grund die Verfällung in den Kostenersatz ab 01.09.2012 rückwirkend zu Unrecht erfolgt ist.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Weil der Sachverhalt ausreichend geklärt ist und eine Verhandlung nicht beantragt wurde sowie der Bescheid aufzuheben war, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 67 d Abs. 1 und 2 AVG.

 

 

 

4. Aufgrund der Akteneinsichtnahme steht fest, dass mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 06. August 2012 Frau x Hilfe in stationären Einrichtungen durch Unterbringung einschließlich der erforderlichen Betreuung und Pflege im Seniorenheim x ab 30.07.2012 gewährt wird. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 03.09.2012 wurde ab 01.09.2012 soziale Hilfe durch die Übernahme des für die Unterbringung im Seniorenheim x zu leistenden Heimentgeltes gegen teilweisen Rückersatz dieses Heimentgeltes geleistet. Der Rückersatz des Heimentgeltes beträgt 80 % der Pension und sonstiger Einkünfte und bei Gewährung von Pflegegeld 80 % des jeweiligen Pflegegeldes.

Aus dem Übergabevertrag vom 29.05.1964 in Verbindung mit dem Übergabevertrag vom 31.03.1999 ergibt sich, dass Frau x die Liegenschaft x übernommen hat. Als Gegenleistung wurde das lebenslange und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht an der abgeschlossenen Wohnung im Obergeschoß des Wohnhauses x, die Erhaltung im gut benütz- und beheizbaren Zustand, in Krankheit oder Gebrechlichkeit die wöchentliche Reinigung und jedes 3. Jahr 1 mal Ausmalung, für den Fall der Ausübung des Wohnungsgebrauchsrechtes die Bezahlung von einem Drittel der Liegenschaftsabgaben, Steuern und Bündelversicherung sowie sämtlicher Betriebskosten der benützten Wohnung, sowie von dem Brennholzbezugsrecht Brennholz nach persönlichem Bedarf ofengerecht zerkleinert und brennfertig zu leisten, vereinbart. Die Verpflichtung zur Pflege im Krankheits- und Gebrechlichkeitsfall wurde nur dann verpflichtend vorgesehen, sofern für eine derartige Pflege nicht ein hiefür besonders ausgebildetes Pflegepersonal erforderlich ist oder die Pflege aus objektiven, medizinischen Gründen im häuslichen Bereich nicht mehr möglich ist.

Am 03.10.2012 wurde die Berufungswerberin niederschriftlich von der Bezirkshauptmannschaft Braunau über die Kostenersatzpflicht gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 Oö. SHG informiert, "wobei gemäß § 49 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 diese vertraglich festgesetzten Ansprüche mit Beginn der sozialen Hilfe auf den Träger der sozialen Hilfe, also auf den Sozialhilfeverband Braunau am Inn, übergehen."

Mit Eingabe vom 15.11.2012 ersuchte der Sozialhilfeverband Braunau um bescheidmäßige Vorschreibung des Kostenersatzes.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998, haben für die Kosten für Leistungen sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, soweit hiefür nicht bereits Kostenbeiträge nach § 9 Abs. 7 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind, Personen Ersatz zu leisten, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat.

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 gehen vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Dies gilt nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten aufgrund eines Übergabsvertrages, sofern Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998 entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65.

 

5.2. Die Berufungswerberin ist Tochter der Empfängerin sozialer Hilfe, Frau x. Es bestehen Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber der Berufungswerberin aufgrund des Übergabsvertrages vom 31.03.1999.

Es kommt daher die Ausnahmeregelung des § 49 Abs. 1 2. Satz Oö. SHG 1998 zur Anwendung.

Zum Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ist aber grundsätzlich Folgendes auszuführen:

§ 49 Abs. 1 Satz 1 Oö. SHG 1998 sieht vor, dass vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, wie zB. auch Ansprüche aus Übergabsverträgen, wenn die Ansprüche der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, auf den Träger sozialer Hilfe übergehen, sobald dieser dem Dritten hievon schriftlich Anzeige erstattet hat. Hiermit hat der Gesetzgeber schon Kraft Gesetzes geregelt, dass für den Fall der schriftlichen Anzeige (Geltendmachung) der Ansprüche durch den Sozialhilfeträger an den Dritten die jeweiligen Rechtsansprüche auf den Sozialhilfeträger übergehen. Eines gesonderten Titels, wie zB. eines Kostenersatzbescheides, bedarf es hiezu nicht. Vielmehr tritt der Sozialhilfeträger in die Rechtsposition des Empfängers sozialer Hilfe und hat daher die entsprechenden Rechtsansprüche somit im Zivilrechtsweg geltend zu machen.

Dies hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.09.1995, Zl. 94/08/0071, hinsichtlich einer gleichlautenden Regelung nach dem Nö. SHG (§ 43 Nö. SHG) ausgesprochen. "Zur Entscheidung über seine allfällige Verpflichtung zur Leistung an den Sozialhilfeträger aufgrund der nach § 43 Nö. SHG erfolgten Legalzession (und damit auch des Übergangs des Exekutionstitels auf den Sozialhilfeträger) ist aber nicht die Verwaltungsbehörde, sondern das Gericht zuständig. (vgl zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz das Erkenntnis vom 19.09.1984, Zl. 82/11/0199)."

Im Übrigen regeln auch die Materialien zum Oö. SHG 1998 (Beilage 206/1998 der XXV. Gesetzgebungsperiode) zu § 52, dass "über nicht verglichene Ersatzansprüche gemäß §§ 46 bis 48 … mit Bescheid abzusprechen ist. Die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 49 richtet sich nach der jeweils für den Anspruch maßgeblichen Rechtsgrundlage".

 

Es ist daher die Bezirkshauptmannschaft Braunau im Grunde des § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 zur Erlassung eines Kostenersatzbescheides nicht zuständig.

Schließlich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im gesamten Akt eine schriftliche Anzeige des Trägers sozialer Hilfe gegenüber dem Dritten über den Übergang von Rechtsansprüchen nicht zu entnehmen ist. Auch erfolgt der Übergang von Rechtsansprüchen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. SHG 1998 erst ab schriftlicher Anzeigenerstattung. Eine rückwirkende Beanspruchung ist gesetzlich nicht vorgesehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

VwSen-560247/2/Kl/BRe/TK vom 7. Mai 2013

 

SHG 1998 §45 Abs1 Z4;

SHG 1998 §49 Abs1

 

Vertragliche Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegenüber Dritten gehen mit schriftlicher Anzeige des Trägers sozialer Hilfe auf diesen über. Kraft der Legalzession ist die Verwaltungsbehörde zur bescheidmäßigen Festsetzung eines Kostenersatzes unzuständig.

 

 

Beschlagwortung: schriftliche Anzeige, Legalzession von vertraglichen Ansprüchen, keine Zuständigkeit der Behörde zur Festsetzung des Kostenersatzes

 

 

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