Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253569/7/Kü/TO/Ba

Linz, 20.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau E-V F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P H, W, I, vom 26. August 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14. August 2013, GZ: SV96-104-2012, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungs-gesetzes (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

I.              Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.            Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 65 und 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14. August 2013, GZ: SV96-104-2012, wurden über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit. a AuslBG fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben jeweils Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 34 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 1.000 Euro vorgeschrieben.

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben es als Verantwortliche der Firma S V m.b.H in G, I, zu verantworten, dass die Firma nachstehende ausländische Staatsbürgerinnen beschäftigt hat, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigenbestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder ein Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen darf, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus oder einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Name Geburtsdatum Staatsangeh. Beschäftigungszeitraum/Tatzeit

1. C A C X Rumänien zumindest 28.09.2012, 00:10 Uhr

2. A-M G X Rumänien zumindest 28.09.2012, 00:10 Uhr

3. R M G X Rumänien zumindest 28.09.2012, 00:10 Uhr

4. C C X Rumänien zumindest 28.09.2012, 00:10 Uhr

5. C O L X Rumänien zumindest 28,09.2012, 00:10 Uhr

(=Tag der Kontrolle)

Ort der Beschäftigung, Tatort:

I, G.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass  aufgrund der Erhebungen vor Ort und nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen werden könne.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 26. August 2013, in der die Bw vorbringt, dass sie die vorgeworfenen Taten nicht begangen habe. Zudem bleibe die Behörde Beweise für den Nachweis der Schuld der Bw schuldig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden  hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck wurde in Wahrung des Parteiengehörs mit Schreiben vom 21.11.2013 um Nachreichung der Unterlagen zum Strafantrag über die Erhebungen vor Ort gebeten, da der Strafantrag zwar eine Auflistung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes enthalte, die Ergebnisse über die Erhebungen vor Ort und Gründe für die Annahme, dass ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliege, jedoch nicht aufgelistet oder sonst wie erkennbar wären. In der Stellungnahme vom 25. November 2013 teilt das Finanzamt mit, dass neben dem Strafantrag weiters keine Personenblätter und Niederschriften vorhanden wären, da die Prostituierten bei jeder Kontrolle die Weisung erhalten würden gegenüber den Kontrollorganen hinsichtlich Entlohnung, Getränkepreise, Umsatzbeteiligung an Getränken etc. keine Angaben zu machen. Aufgrund der planmäßigen Eingliederung betreffend der Ausländerinnen in die Betriebsorganisation (Festsetzung der Öffnungszeiten, Internetwerbung für die Prostituierten, Vereinbarung der Durchführung der ärztlichen Untersuchungen, Unterstützung bei den Arztterminen, Kontrolle der Gesundheitspässe, Beistellung einer Wohnmöglichkeit), sei ihre Tätigkeit aus Sicht der Abgabenbehörde dem Unternehmen zuzurechnen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis stützt sich die belangte Behörde auf die Angaben im Strafantrag der Finanzpolizei über die Kontrolle am 28.09.2012 im gegenständlichen Lokal, bei der die angeführten Damen in typischer Animierkleidung angetroffen worden sind. Die angetroffenen Ausländerinnen haben  gegenüber den Kontrollorganen angegeben, dass sie als Prostituierte im Lokal der Bw arbeiten würden.

Feststellungen über festgesetzte Öffnungszeiten, Internetwerbung, Vereinbarung der Durchführungen der ärztlichen Untersuchungen, Unterstützung bei Arztterminen, Kontrolle der Gesundheitspässe und Beistellung einer Wohnmöglichkeit sind dem Strafantrag in keiner Form zu entnehmen.

Vielmehr werden im Strafantrag ausschließlich Inhalte von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes wiedergegeben. Andere Erhebungsergebnisse wie Personenblätter, persönliche Befragungen der Ausländerinnen oder eigene Feststellungen der Kontrollorgane vor Ort u.dgl. sind nicht angeführt. Den Ausführungen im Strafantrag ist aber das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2010, Zl. 2010/09/0069, entgegenzuhalten, wonach alleine eine Tätigkeit als Prostituierte die Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung nicht rechtfertigt, sofern nicht auch Merkmale hinsichtlich der wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin vorliegen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Da aus dem Strafantrag des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck das Vorliegen einer wirtschaftlichen und organisatorischen Verknüpfung der angetroffenen Damen mit dem Lokalbetrieb der Bw nicht ersichtlich ist, beruhen die dem angefochtenen Straferkenntnis zu Grunde gelegten Sachverhaltselemente letztlich auf nicht gesicherten Beweisergebnissen, sondern auf mehr oder weniger zwingenden Annahmen und Schlussfolgerungen, weshalb der rechtlichen Beurteilung der Erstinstanz nicht zu folgen ist. Im Hinblick auf die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs.2 EMRK, wonach bis zum Nachweis einer Schuld vermutet wird, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist, war mangels ausreichender Beweise für einen Schuldspruch der Bw spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Da die Berufung Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen zum Verwaltungsstrafverfahren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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