Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101994/10/Weg/Ri

Linz, 05.10.1994

VwSen-101994/10/Weg/Ri Linz, am 5. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des H vom 3. Mai 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11. April 1994, VerkR96/8591/1992/Ga/Zö, nach der am 3.

Oktober 1994 öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird F o l g e gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z3 und § 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 2 lit.b iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil dieser am 6. März 1992 um 9.50 Uhr auf der B156 bei Handenburg in Richtung Neukirchen an der Enknach bei Straßenkilometer 49,800, Gemeinde Neukirchen an der Enknach, mit dem PKW, Kennzeichen S 33323, einen vor ihm fahrenden Tankwagenzug ca. 120 m vor einer unübersichtlichen Linkskurve überholt hat, obwohl das Überholen bei ungenügender Sicht und auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven, verboten ist.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die belangte Behörde begründet dieses Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß zwei Zeugen, nämlich der überholte LKW-Lenker sowie ein hinter dem Beschuldigten nachfahrender PKW-Lenker diesen Überholvorgang vor einer unübersichtlichen Linkskurve beobachtet hätten. Der Wahrheitsgehalt der Aussagen der Zeugen sei höher zu bewerten, als die Aussage des Beschuldigten. Außerdem wurde ein Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen eingeholt, aus welchem zu ersehen ist, daß die Erkennungsentfernung bei Straßenkilometer 49,800 lediglich 120 m beträgt und bei den angenommenen und möglichen Geschwindigkeiten weit unter der erforderlichen Überholsichtweite gelegen sei.

3. Der Berufungswerber wendet dagegen ein, er habe nicht bei Straßenkilometer 49,8 sondern erst ab Straßenkilometer 50,2 das Überholmanöver eingeleitet. Dort bestünde ausreichende Überholsicht. Ergänzend hiezu bringt er in der mündlichen Verhandlung vor, daß ihm in der ersten Verfolgungshandlung, die innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist auch die einzige blieb, nämlich in der Strafverfügung, zum Vorwurf gemacht worden sei, er habe dieses gefährliche Überholmanöver auf der B156 bis Kilometer 49,8 durchgeführt, was nichts anderes bedeuten könne, als es vor Kilometer 49,8 durchgeführt zu haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Zeugen K und J wie durch Vernehmung des Beschuldigten anläßlich der am 3. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der ein Vertreter der belangten Behörde nicht erschienen ist. Anläßlich dieser Verhandlung wurde auch ein Lokalaugenschein durchgeführt.

Demnach steht fest, daß der Berufungswerber keinesfalls bis (bzw. vor) Kilometer 49,8 überholt hat, wie ihm dies in der Strafverfügung und einzigen Verfolgungshandlung zum Vorwurf gemacht wurde, sondern der Überholbeginn, also das seitliche Vorbeibewegen des überholenden Fahrzeuges am überholten Fahrzeug - so zumindest die Zeugen - etwa bei bzw. ab Straßenkilometer 49,8 anzusetzen ist. Die von der Erstbehörde in der Verfolgungshandlung zum Vorwurf gemachte Tat, bis Kilometer 49,8 ein Überholmanöver vor einer unübersichtlichen Kurve durchgeführt zu haben, erwies sich in Anbetracht der Zeugenaussagen als unrichtig.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Zwar hat die Erstbehörde - offenbar in Erkennung des in der Verfolgungshandlung gemachten unrichtigen Tatvorwurfes - im späteren Verfahren, insbesondere auch im Straferkenntnis den Tatvorwurf ausgewechselt und das Überholmanöver bei Straßenkilometer 49,8, der ca. 120 m vor einer unübersichtlichen Linkskurve liegt, angesiedelt, doch erfolgten diese der Realität entsprechenden Tatvorwürfe erst außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist. Es ist richtig, daß Straßenkilometer 49,8 ca. 120 m vor einer unübersichtlichen Linkskurve liegt und es ist auch beim Lokalaugenschein evident geworden, daß in diesem Bereich ein Überholmanöver jedenfalls dem § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 zuwiderlaufen würde, doch ist dieser Tatvorwurf erst außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gemacht worden.

Warum die Erstbehörde in der Verfolgungshandlung das inkriminierte Überholmanöver bis bzw. vor Kilometer 49,8 zum Vorwurf gemacht hat, wo doch aus der Anzeige zu entnehmen ist, daß dieses bei Straßenkilometer 49,8 und zwar ca. 100 m bis 120 m vor der unübersichtlichen Linkskurve stattgefunden hat, bleibt unklar. Schon durch die Übernahme der Angaben in der Anzeige, allenfalls durch eine Verifizierung dieser im Zuge eines Lokalaugenscheines, wäre dieser im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr reparierbare Fehler nicht unterlaufen.

Da die Berufungsbehörde nach nunmehr 2 1/2 Jahren iSd § 31 Abs.1 und Abs.2 VStG nicht mehr befugt ist, den Tatvorwurf zu ändern und eine Verfolgungshandlung zu setzen, war iSd § 45 Abs.1 Z3 VStG spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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