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VwSen-102111/10/Ki/Rd

Linz, 12.09.1994

VwSen-102111/10/Ki/Rd Linz, am 12. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des V vom 23. Juni 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 30. Mai 1994, VerkR96-693-194-Shw-Zö, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 5. September 1994 zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch hinsichtlich des Tatortes auf "Lamprechtshausener Bundesstraße von Neukirchen/E. in Richtung Braunau/Inn jedenfalls zwischen Straßenkilometer 54,800 bis 55,100 und 56,100 bis 56,600" konkretisiert wird.

II. Der Berufungswerber hat zum Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 140 S, ds 20 % der Strafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 30. Mai 1994, VerkR96-693-1994-Hs/Hw-Zö, über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 24. Jänner 1994, zwischen ca. 10.55 Uhr und 11.00 Uhr den PKW, BR-862 H, auf der Lamprechtshausener Bundesstraße von Neukirchen/E. in Richtung Braunau/Inn gelenkt und zwischen Straßenkilometer 53,4 und Straßenkilometer 57,4 die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h (um ca. 20 km/h) überschritten hat.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (70 S) verpflichtet.

1.2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht bei der Erstbehörde berufen und ausgeführt, daß er während der ganzen Fahrt die auf der Freilandstraße zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten habe. Die zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung entspreche nicht der Tatsache.

1.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst.

Dieser hat, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

1.4. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. September 1994. Bei dieser mündlichen Verhandlung wurden die Zeugen, Gendarmeriebeamter G L und Gendarmeriebeamter C H einvernommen. Weiters wurde an Ort und Stelle ein Lokalaugenschein durchgeführt und Herr Ing. C M als Amtssachverständiger beigezogen.

1.5. Der Zeuge L hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß er und sein Kollege sich am 21.

Jänner 1994 (auf den genauen Zeitpunkt kann er sich nicht mehr erinnern) auf der B 156 (Lamprechtshausener Bundesstraße) befunden haben. Sie seien kurz nach dem Ortsgebiet von Neukirchen in Fahrtrichtung Braunau gestanden. Der Beschuldigte sei an ihnen vorbeigefahren; weil sie ihn wegen eines Auftrages der BH Braunau benötigt hätten, sei er ihnen sofort aufgefallen. Als der Beschuldigte an ihrem Fahrzeug vorbeigefahren ist, sei noch nicht aufgefallen, daß er allenfalls zu schnell unterwegs gewesen wäre. Sie seien ihm im Hinblick auf den Auftrag der Bezirkshauptmannschaft nachgefahren. Nach dem ursprünglichen Standort ihres Dienstfahrzeuges sei eine Straßenstrecke (ca. 150 m) mit einer 70 km/h Beschränkung. Der Beschuldigte dürfte dort schon schneller unterwegs gewesen sein, dies hätten sie aber noch nicht feststellen können. Jedenfalls hätten sie ihn bis auf einen Abstand von ca. 100 m einholen können. Sie selbst hätten im Bereich der 70 km/h-Beschränkung eine Geschwindigkeit von 130 km/h erreicht, und eben auf ca. 100 m aufgeschlossen. Näher hätten sie nicht mehr herankommen können, da nunmehr der Beschuldigte ebenfalls schneller gefahren sei. Er sei jedoch nicht weiter davongefahren, sondern der Abstand von ca. 100 m habe konstant gehalten werden können. Aufgrund der Straßenbeschaffenheit (viele Kurven), sei eine höhere Geschwindigkeit nicht möglich gewesen. Das Wetter zum Vorfallszeitpunkt war schön und die Straße trocken.

Er selbst sei Beifahrer des Dienstfahrzeuges gewesen, etwa Mitte der Verfolgungsstrecke wurde das Blaulicht eingeschaltet. Das Verkehrsaufkommen war gering.

Die Geschwindigkeit des Beschuldigten sei aufgrund der Anzeige des Tachometers des Dienstfahrzeuges festgestellt worden. Das Dienstfahrzeug sei durch Laserpistole gemessen worden. Die letzte Überprüfung erfolgte etwa zwei Monate vor dem Vorfall. Er selbst sei nur Beifahrer gewesen und habe dabei stets das Tacho und das Beschuldigtenfahrzeug im Auge gehabt. Dabei habe er abwechselnd auf das Tacho und auf das Beschuldigtenfahrzeug geschaut. Der Abstand sei nicht größer geworden. Vor dem Aluminiumwerk (AMAG-Ranshofen) sei es ihnen gelungen, den Beschuldigten anzuhalten.

Auf einen Hinweis auf die Rechtfertigung des Beschuldigten, wonach er lediglich zweimal beim Überholen von Fahrzeugen die Geschwindigkeit von 105 km/h erreicht hätte, führte der Zeuge aus, daß er sich nicht mehr genau erinnern könne. Auf die Frage, ob zwischen dem Dienstfahrzeug und dem Beschuldigtenfahrzeug während der Nachfahrt ein anderes Fahrzeug gewesen sei, führt der Zeuge ausdrücklich aus, daß dies nicht der Fall war.

Der Beschuldigte sei letztlich freiwillig stehengeblieben.

Insp. H führte als Zeuge aus, daß sie zum Vorfallszeitpunkt gerade einen LKW bzw. die Fahrzeugpapiere kon trolliert hätten. Auf einen Zuruf seines Kollegen hin, habe er dem Kraftfahrer des überprüften LKW sofort die Papiere gegeben und sei die ca. 5 bis 6 m zu seinem Dienstfahrzeug gelaufen. Sie seien dem Beschuldigten sofort nachgefahren, vom Fahrverhalten her sei nichts auffälliges gewesen. Er habe das Dienstfahrzeug (VW Golf II mit Benzinmotor) gelenkt. Der Abstand habe sich natürlich dementsprechend vorerst vergrößert. Er sei ihm nachgefahren und sie seien ihm dann bis auf einen Abstand von ca. 100 m nähergekommen.

Der Beschuldigte sei bereits im Bereich der 70 km/h-Beschränkung auffällig schneller gewesen. Sie hätten dann den Abstand konstant eingehalten, wobei der Beschuldigte nach Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung beschleunigt habe.

Er habe persönlich den Eindruck gehabt, daß sie der Beschuldigte "abhängen" möchte, weil er stark beschleunigt, nämlich laut Tachometer 130 km/h, habe. Er selbst habe sich hauptsächlich auf die Straße konzentriert, die Geschwindigkeit selbst sei für ihn nebensächlich. Das Tachometer habe er nicht beachtet.

Bezüglich des Umstandes, daß die Strecke ziemlich kurvig ist, führte der Zeuge aus, daß sie dort die Geschwindigkeit verringern mußten, anschließend hätten sie wieder beschleunigt. Ob während der Nachfahrt vom Beschuldigten zwei Fahrzeuge überholt worden wären, könne er sich nicht erinnern, es sei aber möglich, daß zeitweilig zwischen dem Dienstfahrzeug und dem Fahrzeug des Beschuldigten sich ein anderes Fahrzeug zumindest zeitweilig befunden habe könnte.

Nachdem das Blaulicht eingeschaltet worden ist, sei es schließlich im Bereich der AMAG zur Anhaltung gekommen.

Hinsichtlich der Wetter- bzw. Straßenverhältnisse führte der Zeuge aus, daß die Straße trocken war und heiteres Wetter herrschte. Bezüglich Verkehrsaufkommen sei nichts auffälliges gewesen.

Im Rahmen des Lokalaugenscheines wurde die verfahrensgegenständliche Strecke im Beisein der beiden Zeugen befahren, wobei von diesen die vorangeführten Aussagen näher konkretisiert wurden.

Verfahrenswesentlich brachte diese Nachfahrt hervor, daß jedenfalls im Bereich der Strecke zwischen Straßenkilometer 54,800 bis 55,100 bzw. Straßenkilometer 56,100 bis 56,600 eine für eine zuverlässige Schätzung der Fahrgeschwindigkeit taugliche Konstanzstrecke gegeben war.

Der Amtssachverständige Ing. C führte zum gestellten Beweisthema, ob durch Nachfahrt über eine Strecke von 4 km die Geschwindigkeit des voranfahrenden Fahrzeuges festgestellt werden kann, wobei zu berücksichtigen ist, daß im gegenständlichen Falle der Geschwindigkeitsmesser des nachfahrenden Fahrzeuges (Dienstfahrzeuges) mittels Laserpistole überprüft wurde, nachstehendes aus:

"Zur oben gestellten Frage kann festgestellt werden, daß sich im Zuge des Lokalaugenscheines auf der gegenständlichen Tatstrecke ergeben hat, daß diese als kurvenreich zu bezeichnen ist und teilweise zwischen den einzelnen Kurven verschieden lange annähernd geradlinige Streckenbereiche vorhanden sind.

Laut den Aussagen der beiden Zeugen erfolgte die LkwFahrzeugkontrolle während der Beschuldigte auffällig geworden ist, ca auf Höhe des Km 52,400 unmittelbar nach dem Ende des Ortsgebietes Neukirchen bei Str.km 52,120. Nach dem Auffälligwerden des Fahrzeuges des Beschuldigten nahmen die Beamten im Dienstkraftwagen Platz und fuhren dem Beschuldigten nach. Dieser wurde gegen Ende der 70 km/h Geschwindigkeitsbeschränkung zwischen Str.km 52,750 bis 53,000 eingeholt, wobei der Dienstkraftwagen mit einer leichten Überschußgeschwindigkeit auf das Fahrzeug des Beschuldigten auflief, dieser aber nach dem Ende der Geschwindigkeitsbeschränkung sein Fahrzeug beschleunigte, sodaß ab dem Str.km 53,200 sowohl der Beschuldigte als auch die beiden Beamten mit ihren Fahrzeugen eine Geschwindigkeit von 130 km/h laut Tacho des Dienstkraftwagens aufwiesen bzw zwischen ihnen ein Tiefenabstand von 100 m hergestellt war.

Diese Situation von konstanter Geschwindigkeit (ohne Beschleunigung oder Verzögerung) und des gleichbleibenden Tiefenabstandes von ca 100 m wurde dann bis zum Str.km 53,700 eingehalten, wo durch den Lenker des Dienstkraftwagens durch Wegnahme des Fußes vom Gaspedal der Dienstkraftwagen wegen einer nachfolgenden Rechtskurve leicht verzögert wurde. In der Folge wechselte die Fahrgeschwindigkeit geringfügig aufgrund der aufeinanderfolgenden Kurven bis zum Str.km 54,300, wo wieder eine Geschwindigkeit von 130 km/h und ein Tiefenabstand zum Beschuldigtenfahrzeug von 100 m hergestellt wurde. Bei Str.km 54,500 wurde der Dienstkraftwagen dann wieder vor einer Kurve leicht verzögert. Ebenso konnte die obige Situation des konstanten Nachfahrens wieder zwischen Str.km 54,800 bis zum Str.km 55,100 hergestellt werden. Hier wurde dann ebenfalls aufgrund einer nachfolgenden Linkskurve zwischen Str.km 55,120 bis 55,250 verzögert. Die gegenständliche Linkskurve weist bei einer Fahrbahnbreite von 6 m einen Kurvenaußenradius von 130,5 m bei einer Fahrbahnüberhöhung von 6 % auf. Aufgrund der Anlagenverhältnisse sowie der Aussagen, daß zur Tatzeit die Fahrbahn trocken war und Schönwetter herrschte, errechnet sich eine Kurvengrenzgeschwindigkeit bei der das Fahrzeug gerade noch nicht schleudert von knapp 130 km/h. Würde diese Geschwindigkeit überschritten werden, käme es rein rechnerisch zu einem Schleudervorgang. Eine weitere Strecke bei der eine Geschwindigkeit von 130 km/h des Beschuldigtenfahrzeuges und des Dienstkraftwagens bei einem Tiefenabstand von ca 100 m festgestellt wurde befindet sich zwischen Str.km 56,100 bis Str.km 56,600. Die Gleichförmigkeit der Nachfahrt endet bei Str.km 56,600 deshalb, weil ab dieser Straßenstelle der Beschuldigte wahrscheinlich aufgrund des eingeschalteten Blaulichtes am Dienstwagen seine Geschwindigkeit langsam verzögerte, bis es zur Anhaltung bei Str.km 57,400 kam.

Desweiteren wurde Herr Insp. Dietrich Andreas bezüglich der Tachoüberprüfung am Dienstkraftwagen mit einer Lasergeschwindigkeitsmeßpistole befragt, bzw darüber, welche Bereifung zum Zeitpunkt (ca Sept, Okt. 1993) am Dienstkraftwagen montiert war. Hiezu gibt er an, daß Sommerreifen mit einer Profiltiefe zwischen 4 bis 5 mm montiert waren. Die beiden Beamten, welche die Nachfahrt durchgeführt haben geben an, daß zur Tatzeit am Dienstkraftwagen beinahe neue Winterreifen montiert waren.

Bei der Tachokontrolle mittels Laserpistole ergab sich, daß bei einer Anzeige von 130 km/h am Tacho effektiv eine Geschwindigkeit von 121 km/h gefahren wird. Aufgrund der Bereifung bei der Tachokontrolle mittels Laserpistole und der Bereifung der Tatzeit kann festgestellt werden, daß eben aufgrund der Bereifung mit größerem Abrollumfang zur Tatzeit die tatsächliche Geschwindigkeit mindestens 121 km/h betragen hat bzw aufgrund der leichten Differenz des Abrollumfanges geringfügig höher lag.

Zur Möglichkeit einer Geschwindigkeitsschätzung im Zuge einer Nachfahrt kann weiters festgestellt werden, daß die nachstehend angeführten Kriterien erfüllt sein müssen, um ein verwertbares Schätzergebnis zu erhalten:

a) annähernd gleichbleibender Tiefenabstand; b) genaue Kenntnis der Geschwindigkeitsanzeige bzw deren Fehlergröße; c) längerzeitiges Nachfahren mit gleichbleibender Geschwindigkeit und d) die Geschwindigkeitsfeststellung muß mindestens zweimal erfolgen.

Eine Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt kann somit desto genauer erfolgen, je länger die Meßstrecke ist.

Zu a):

Während der Beobachtung kann der Abstand zwischen den Fahrzeugen nur durch die Fahrzeugbreite des voranfahrenden Fahrzeuges im Erscheinungsbild kontrolliert werden. Der Betrachtungswinkel im Erscheinungsbild vergrößert sich beim Verringern des Abstandes und verkleinert sich bei Vergrößerung des Abstandes. Es ergeben sich dabei nur geringe Winkelveränderungen und es ist nachgewiesen, daß eine Vergrößerung des Abstandes früher wahrgenommen wird als eine Verringerung.

Zu b):

Die Eichung eines Tachographen in einem Pkw (hier der Dienstwagen) ist prinzipiell nicht möglich. Die Fehlergröße desselben kann aber mit einer Überprüfung durch Lasergeräte erfolgen und der Tacho kann dann um den Fehlerwert nachjustiert werden. Die Größe dieses Anzeigefehlers muß dem Meldungsleger zumindest aber bekannt sein und auch die Abweichung aufgrund unterschiedlicher Reifenabrollumfänge durch Winter- oder Sommerreifen etc.

Zu c) und d):

Infolge biologischer Grenzen des menschlichen Sehsinnes und des Gehirns erfordert eine bewußte Geschwindigkeitsfeststellung mindestens 1,5 sec. Der Übergang der Tachometerbeobachtung zum Vorderfahrzeug erfordert einen Blicksprung - während diesem Blicksprung ist keine geordnete visuelle Wahrnehmung möglich. Ein Blicksprung - das ist die Zeit von einer konzentrierten visuellen Wahrnehmung bis zur nächsten folgenden - erfordert bei jungen Menschen bis etwa 50 Jahren eine Zeit von ca 1,0 sec. Somit würde der Meldungsleger, nachdem er bereits seine Fahrgeschwindigkeit auf die des Vorderfahrzeuges eingeregelt hatte und dann mit gleichbleibendem Abstand nachfuhr, folgende Zeiten benötigen:

- 1,5 sec. für eine Abstandskontrolle - 1,0 sec. für einen Blicksprung auf den Tachographen - 1,5 sec. für das Ablesen der Geschwindigkeit - 1,5 sec. für den Blicksprung zur Abstandskontrolle - 1,5 sec. für die Abstandskontrolle selbst - 1,0 sec. für den Blicksprung zum Ablesen des Tachographen und - 1,5 sec. für das Ablesen des Tachographen.

Hiebei handelt es sich um mindesterforderliche Zeiten bei optimalen Verhältnissen, welche sich durch Störungseinflüsse (Dämmerung, Finsternis, künstliche Beleuchtung, Nebel, starkes Verkehrsaufkommen udgl) durchaus verlängern können.

Es wird somit als Summe der oben angeführten Teilzeiten eine Zeit von mindestens 9.0 sec. benötigt, um eine solche Geschwindigkeitsfeststellung durchzuführen. Einregelvorgänge (durch Beschleunigen oder Verzögern) auf die Geschwindigkeit des Vorderfahrzeuges sind in dieser nicht eingerechnet.

Diese Einregelvorgänge haben bereits vor der Geschwindigkeitsfeststellung zu erfolgen. Bei diesem Einregelvorgang muß auch die Trägheit des Tachographen mitberücksichtigt werden, welche bei Verzögerung eine größere Auswirkung hat als beim Beschleunigen.

Da im gegenständlichen Fall eine Geschwindigkeit von mindestens 120 km/h bereits abzüglich des Tachofehlers festgestellt wurde, ergibt sich bei einer benötigten Zeit von mind. 9,0 sec. für eine auswertbare Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt eine durchfahrene Wegstrecke von mind. 300 m während derer die Geschwindigkeit festgestellt bzw geschätzt wird. Im Zuge dieser Konstanzstrecke während derer dauernd Blickkontakt zum verfolgten Fahrzeug bestehen soll, dürfen, wie schon oben angeführt, keine Verzögerungsoder Beschleunigungsmanöver erfolgen. Laut Angaben der Meldungsleger wäre für den gegenständlichen Bereich dies auf der Strecke zwischen Str.km 54,800 bis 55,100 und auf der Strecke zwischen Str.km 56,100 bis 56,600 möglich gewesen.

Auf den dazwischen liegenden Streckenabschnitten ist aus straßenverkehrstechnischer Sicht aufgrund des Streckenverlaufes (Kurven etc.) und dem daraus folgenden Verzögern und Beschleunigen nicht unbedingt ein verwertbares Feststellen bzw Schätzen der Fahrgeschwindigkeit durch Nachfahrt möglich." 1.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß den Aussagen der beiden Gendarmeriebeamten in den verfahrenswesentlichen Punkten Glauben zu schenken ist. Die Aussagen, insbesondere im Hinblick auf die durchgeführte Nachfahrt und die dabei festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung sind schlüssig und jedenfalls, was die nachweisbare Nachfahrtstrecke anbelangt, widerspruchsfrei. Insbesondere wurde im Rahmen des Lokalaugenscheins im Beisein des Amtssachverständigen die Nachfahrt vollzogen, wobei die Zeugen die in der Anzeige gemachten Angaben im wesentlichen bestätigt haben.

Das Gutachten des Amtssachverständigen ist schlüssig und steht nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen bzw. des Nachfahrens der fraglichen Fahrtstrecke, hat der Sachverständige nachgewiesen, daß jedenfalls zwischen den Straßenkilometern 54,800 bis 55,100 bzw. 56,100 bis 56,600 der Lamprechtshausener Bundesstraße die von den Gendarmeriebeamten vorgenommene Schätzung der Geschwindigkeit durch Nachfahren möglich ist. Es bestehen sohin keine Bedenken, die vorliegenden Beweisergebnisse der Entscheidung zugrundezulegen.

Der Beschuldigte sowie ein Vertreter der belangten Behörde sind zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

1.7. Aufgrund der vorliegenden Beweisergebnisse ergibt sich nachstehender für die Entscheidung relevanter Sachverhalt:

Im Zuge einer Verkehrskontrolle im Bereich des Straßen kilometers 52,400 der Lamprechtshausener Bundesstraße ist den beiden Zeugen der Beschuldigte aufgefallen. Die Beamten wurden auf ihn deshalb aufmerksam, weil er von ihnen über einen Auftrag der BH Braunau/Inn gesucht wurde. Um ihn anzuhalten, sind sie ihm nachgefahren, wobei der Beschuldigte im Zuge dieses Geschehens seine Geschwindigkeit auf 130 km/h beschleunigt hat. Dies wurde von den nachfolgenden Gendarmeriebeamten jedenfalls im Bereich zwischen km 54,800 bis 55,100 und 56,100 bis 56,600 durch Nachfahren in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 100 m und Feststellen der eigenen Fahrgeschwindigkeit wahrgenommen. In der Folge hat der Beschuldigte, offenbar zufolge der Verwendung des Blaulichtes des Dienstfahrzeuges, seine Geschwindigkeit verringert und hat schließlich angehalten.

1.8. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

In dem im Spruch festgestellten Bereich der Lamprechtshausener Bundesstraße handelt es sich um eine Freilandstraße, für den weder eine geringere noch eine höhere Geschwindigkeit erlassen bzw. erlaubt wurde. Demnach hätte der Beschuldigte in diesem Bereich nicht schneller als 100 km/h fahren dürfen.

Durch das oben dargelegte Beweisergebnis ist als erwiesen anzunehmen, daß der Beschuldigte in dem im Spruch dieses Erkenntnisses konkretisierten Bereich der Lamprechtshausener Bundesstraße zumindest mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h unterwegs war. Dies wurde von den Zeugen durch Nachfahren mit dem Dienstkraftfahrzeug in einem Abstand von ca. 100 m und Ablesen der eigenen Geschwindigkeit am Tachometer des Dienstfahrzeuges geschätzt.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist das Nachfahren mit einem Behördenfahrzeug zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines KFZ eine brauchbare Grundlage für die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung und es muß einem verkehrsgeschulten Gendarmeriebeamten ein, wenn auch nur im Schätzwege gewonnenes, Urteil zugebilligt werden, ob ein Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Maße überschreitet oder nicht.

Die Rechtfertigung des Beschuldigten, er sei nicht schneller als 100 km/h gefahren, kann demgemäß nur als eine Schutzbehauptung angesehen werden und es ist die vorgeworfene Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen.

Die vorgenommene Spruchkorrektur war zulässig, zumal es sich dabei lediglich um eine Konkretisierung des Tatortes handelt und eine allfällige Doppelbestrafung auszuschließen ist.

Zur ohnehin nicht angefochtenen Straffestsetzung ist festzustellen, daß diesbezüglich die Erstbehörde den Ermessensspielraum nicht überschritten hat. Sie hat die Strafe entsprechend den Kriterien des § 19 VStG festgesetzt und die Umstände und Erwägungen, in bezug auf die Strafbemessung ausreichend aufgezeigt.

Trotz des nicht geringen Unrechtsgehaltes der Übertretung (Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 20%) beträgt die verhängte Strafe lediglich 7 % der möglichen Höchststrafe und ist daher durchaus milde zu bewerten, wobei zu berücksichtigen ist, daß eine einschlägige Verwaltungsstrafvormerkung als straferschwerend zu werten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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