Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102270/5/Bi/Fb

Linz, 17.11.1994

VwSen-102270/5/Bi/Fb Linz, am 17. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung der Frau Ulrike G, vom 14.

September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 29. August 1994, VU/S/1134/93, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz Beträge von 1) 300 S und 2) 160 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 4 Abs.1a iVm 99 Abs.2a und 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über die Beschuldigte wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 4 Abs.1a iVm 99 Abs.2a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.500 S und 2) 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 2 Tagen und 2) 1 Tag verhängt, weil sie es am 16. Februar 1993 um 14.25 Uhr in Linz, Magerweg Nr. 24, gegenüber den dort befindlichen überdachten KFZ-Abstellplätzen als Lenkerin des PKW 1) unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, ihr Fahrzeug sofort anzuhalten, und 2) habe sie es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben sei.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 230 S auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

3. Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, sie habe den Unfall nicht verursacht. Die Behörde habe behauptet, an ihrem PKW seien Beschädigungen und Lackspuren ersichtlich gewesen, was nicht richtig sei, da ein Schwarz-Weiß-Foto wohl schwerlich Beweiskraft erlangen könne. Überdies sei der tatsächliche Standort des angeblich von ihr beschädigten PKW nie exakt erhoben worden. Die Aussage ihrer Tochter habe mehr als ein Jahr nach dem angeblichen Vorfall stattgefunden, weshalb von falschen Zeitangaben nicht gesprochen werden könne. Es habe weder zu diesem noch zu einem anderen Zeitpunkt einen Vorfall dieser Art gegeben. Die Erhebungsbeamten hätten äußerst nachlässig und voreingenommen gehandelt. Der Vorfall, hätte es ihn gegeben, hätte sich jedenfalls auf Privatgrund ereignet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Berufung ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4.1. Folgender Sachverhalt wird der Berufungsentscheidung zugrundegelegt:

Die Rechtsmittelwerberin lenkte am 16. Februar 1993 um ca 14.25 Uhr ihren PKW, einen weißen Audi 100 mit dem Kennzeichen , auf dessen Beifahrersitz sich zu diesem Zeitpunkt ihre Tochter Verena Gruber befand, nach rückwärts aus einem überdachten Parkplatz nächst dem Haus Magerweg Nr. 24 in Linz. Gegenüber war der PKW abgestellt.

Der Zeuge Rudolf W, der gerade die in der Nähe befindliche Telefonzelle verlassen hatte und zum Arbeitsplatz am Magerweg zurückgehen wollte, hörte ein Anstoßgeräusch und stellte fest, daß ein rückwärts ausparkender weißer Audi 100 an dem gegenüber abgestellten PKW im Bereich des linken vorderen Kotflügels angefahren war. Der PKW verließ anschließend den Parkplatz. Der Zeuge notierte sich daraufhin das Kennzeichen des PKW und beabsichtigte, an der Windschutzscheibe des beschädigten PKW einen Zettel anzubringen. In der Zwischenzeit kam der Lenker dieses PKW zum Fahrzeug und wurde vom Zeugen vom Vorfall in Kenntnis gesetzt. Der Lenker erstattete anschließend Anzeige an das Verkehrsunfallkommando.

Der PKW wurde, wie aus einem im Unfallakt befindlichen Foto unschwer zu erkennen ist, zwischen dem linken Vorderrad und der linken Tür beschädigt. Der Meldungsleger GI K fertigte Lichtbilder von den Berührungsstellen der Unfallfahrzeuge sowie vom in Rede stehenden Parkplatz an, wobei sich der PKW naturgemäß nicht mehr in Unfallendstellung befand. Da dessen Lenker nach dem Gespräch mit dem Zeugen mit dem PKW den Parkplatz verlassen hatte, wurde die Unfallstelle weder vermessen noch der konkrete Standort des PKW zum Unfallzeitpunkt festgehalten.

Aus der Lichtbildbeilage geht hervor, daß am PKW eine konkrete Beschädigung im Sinne einer Verformung oder ähnlichem nicht ersichtlich ist; die rechte hintere Stoßstangenecke weist erkennbar eine Wischspur auf.

Aufgrund des Ergebnisses des von der Erstinstanz durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Aussage des Zeugen W schon deshalb glaubwürdig und nachvollziehbar ist, weil dieser in keinem wie immer gearteten Naheverhältnis zur Rechtsmittelwerberin oder zum Lenker des beschädigten Kraftfahrzeuges steht. Auch eine Verwechslung des Unfallfahrzeuges ist mangels anderer zum selben Zeitpunkt ausparkender weißer PKW der Marke Audi 100 ausgeschlossen.

Die Rechtsmittelwerberin hat im Rahmen ihrer Verantwortung vor der Erstinstanz auch nie bestritten, zum gegebenen Zeitpunkt mit einem solchen PKW dort ausgeparkt zu haben; sie hat jedoch eingewendet, von einem solchen Vorfall nichts bemerkt zu haben. In diese Richtung geht auch die Aussage ihrer Tochter, obgleich sich diese aufgrund der verstrichenen Zeit an eine genaue Uhrzeit nicht erinnern konnte.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß Abs.5 leg.cit. haben die im Abs.1 genannten Personen, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzen die Verpflichtungen gemäß § 4 StVO 1960 nicht unbedingt das positive Wissen von einem Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang voraus, sondern es genügt, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (vgl. Erkenntnis vom 24. September 1987, 87/02/0065).

Im gegenständlichen Fall hatte die Rechtsmittelwerberin beim Rückwärtsausparken ihre Aufmerksamkeit naturgemäß auf den in Fahrtrichtung des Fahrzeuges gelegenen Bereich zu richten, in dem sich auch der später beschädigte PKW befand. Dabei hätte ihr zweifellos sowohl der abgestellte PKW als auch der Umstand auffallen müssen, daß sie sich mit ihrem PKW im Rückwärtsgang immer näher zu diesem PKW hinbewegt.

Dem Zeugen Wipplinger ist das Anstoßgeräusch offensichtlich aufgefallen, ohne daß er konkret auf das Fahrverhalten der Rechtsmittelwerberin geachtet hat. Wenn aber unbefangenen, in der Nähe befindlichen Personen ein Anstoßgeräusch auffällt und diese auch noch eine Bewegung des abgestellten PKW bemerken, so mußte dies um so mehr der Rechtsmittelwerberin auffallen, deren Aufmerksamkeit gerade auf diesen PKW gerichtet sein mußte, und die laut Aussagen des Zeugen ihr Fahrzeug nach dem Anstoß ein Stück nach vor und im Rückwärtsgang am beschädigten PKW vorbeilenken mußte, um überhaupt den Parkplatz verlassen zu können.

Zusammenfassend geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß die Rechtsmittelwerberin zweifellos ihren Anstoß am PKW und damit die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden bei gehöriger und einem Kraftfahrzeuglenker in dieser Situation jedenfalls zuzumutender Aufmerksamkeit bemerken hätte müssen. Sie kann sich daher nicht darauf berufen, ihr sei schlichtweg nichts aufge fallen. Auf die umfangreichen schlüssigen und zweifellos glaubwürdigen Aussagen des Zeugen Wipplinger ist weder die Rechtsmittelwerberin noch der in ihrer Vertretung erschienene Ehegatte in irgendeiner Weise eingegangen.

Ob der PKW der Rechtsmittelwerberin bei dem Vorfall beschädigt wurde, ist bedeutungslos, zumal die Verpflichtungen des § 4 StVO nur daran geknüpft sind, daß an fremdem Vermögen Sachschaden eingetreten ist. Daran besteht im gegenständlichen Fall kein Zweifel.

Die Rechtsmittelwerberin hat nach dem Vorfall weder angehalten - ein kurzes betriebsbedingtes Zumstillstandbringen des Fahrzeuges ist darunter nicht zu verstehen noch den Verkehrsunfall bei der nächsten Sicherheitsdienststelle gemeldet. Sie hat sich auch nicht entschlossen, dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nachzuweisen. Dieses Verhalten ist unschwer unter die oben zitierten Tatbestände zu subsumieren, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat ebenso wie die Erstinstanz davon ausgeht, daß die Rechtsmittelwerberin sowohl beide Tatbestände erfüllt, als auch ihr Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängten Strafen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen entsprechen, wobei auf die finanzielle Situation der Rechtsmittelwerberin bedacht genommen wurde (diese bezieht als Hausfrau kein eigenes Einkommen, hat jedoch einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten und hat weder Vermögen noch Sorgepflichten).

Milderungs- oder Erschwerungsgründe waren nicht zu berücksichtigen.

Die verhängten Strafen liegen im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.2 StVO 1960 beinhaltet einen Strafrahmen von 500 S Mindeststrafe bis 30.000 S bzw 24 Stunden bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, § 99 Abs.3 leg.cit. sieht Geldstrafen bis 10.000 S bzw Ersatzfreiheitsstrafen bis zwei Wochen vor). Eine Herabsetzung ist vor allem im Hinblick auf spezialpräventive Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es steht der Rechtsmittelwerberin jedoch frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Geldstrafen in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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