Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102355/22/Ki/Shn

Linz, 20.03.1995

VwSen-102355/22/Ki/Shn Linz, am 20. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Franz W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 19. September 1994, Zl.VerkR96-690-1994-Shw, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 13. März 1995 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird (ohne Einstellung des Verfahrens) behoben.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der BH Braunau/Inn vom 19. September 1994, VerkR96-690-1994-Shw, wurden dem Berufungswerber verschiedene am 9.2.1994 um ca 15.00 Uhr begangene Verwaltungsübertretungen im Ortschaftsbereich Au, Gemeinde Aspach (Faktum 1) bzw im Bezirk Ried/Innkreis (Fakten 2 - 5) angelastet und über ihn verschiedene Geldstrafen bzw Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 1.140 S (10 % der verhängten Strafen) verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhebt der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 19. Oktober 1994 Berufung und beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Verfahren einstellen.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung (verbunden mit einem Lokalaugenschein) am vorgeworfenen Tatort am 13. März 1995 Beweis erhoben. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Berufungswerber sowie als Zeugen Insp. Walter D, RI Klaus D, Insp. Klaus B, Peter M und Siegfried W einvernommen. Ein Rechtsvertreter des Berufungswerbers sowie der Amtssachverständige Ing.

Christian M haben an der Verhandlung teilgenommen. Ein Vertreter der belangten Behörde ist ohne Angabe von Gründen zur Verhandlung nicht erschienen. Weiters wurde ein Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik bezüglich die Wetterverhältnisse am 9. Februar 1994 um ca 15.00 Uhr im Bereich der Gemeinden Aspach bzw Kirchheim eingeholt.

I.5. Sowohl der Berufungswerber als auch der Zeuge Dieter M führten bei ihrer Einvernahme im wesentlichen aus, daß die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten im vorgeworfenen Ausmaß nicht überschritten worden wären. Der Zeuge Siegfried W hat ausgesagt, daß er zum Vorfallszeitpunkt mit seinem LKW auf der B141 von Richtung Kirchheim nach Altheim unterwegs gewesen sei. In der Nähe der Kreuzung, wo man Richtung Geinberg abzweigen könne, sei ihm Herr Wimmleitner entgegengekommen. Etwa einen halben Kilometer nach der Begegnung sei ihm dann das Gendarmeriefahrzeug ebenfalls entgegengekommen.

Insp. D hat bei seiner Einvernahme im wesentlichen ausgeführt, daß bei Strkm 38,0 sich noch drei PKW vor dem Gendarmeriefahrzeug befunden hätten und kein Sichtkontakt zum Berufungswerber bestand. Diese drei PKW wären in der Folge überholt worden, der Überholvorgang sei etwa im Bereich zwischen Strkm 37,3 und 37,2 beendet gewesen. Ab diesem Bereich hätten sich die Gendarmeriebeamten auf eine Distanz von 150 bis 200 m hinter dem Berufungswerber setzen und einen annähernd konstanten Abstand einhalten können. Das Ende des Überholvorganges wurde auch von Insp. D bestätigt. Insp. B, welcher sich am Rücksitz des Dienstfahrzeuges befunden hat, hat ausgeführt, daß er sich hinsichtlich des Streckenabschnittes zwischen Strkm 38,0 und 36,4 nicht mehr erinnern könne.

Der Amtssachverständige Ing. Christian M hat auf die Frage, ob durch Nachfahren die Geschwindigkeit des vorausfahrenden Fahrzeuges festgestellt werden könne, wobei die für den konkreten Fall relevanten Daten der Zeugenaussage des Insp. D zu entnehmen wären, festgestellt, daß eine Geschwindigkeitsfeststellung entweder durch Nachfahrt hinter einem verfolgten Fahrzeug unter Einhaltung verschiedener Kriterien oder durch Einhaltung einer konstanten Geschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges, während das voranfahrende Fahrzeug sich von dem verfolgenden entfernt, erfolgen kann. Aus straßenverkehrstechnischer Sicht wäre es (hinsichtlich Faktum 1) daher möglich gewesen, eine entsprechende Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt zwischen den Strkm 36,75 bis 36,29 durchzuführen.

In diesem Zusammenhang wurde telefonisch bei der Straßenmeisterei Ried bezüglich Bezirksgrenze erhoben, daß diese Grenze (Fahrstreifen von Altheim in Richtung Ried) bei Strkm 37,221 situiert ist.

Hinsichtlich Variante, wonach das Gendarmeriefahrzeug eine konstante Geschwindigkeit einhält und das voranfahrende Fahrzeug sich von dem verfolgenden entfernt, hat der Amtssachverständige ausgeführt, daß diese Möglichkeit auf dem Straßenabschnitt zwischen 38,0 und 36,4 laut Aussagen des RI D nicht gegeben war, sodaß diese Variante der Geschwindigkeitsfeststellung nicht zur Anwendung kommen könne.

Die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat mit Schreiben vom 23. November 1994 bekanntgegeben, daß es im Raum Aspach am 9.2.1994 um 15.00 Uhr niederschlagsfrei aber bedeckt bei Temperatur um 9 Grad war.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö. Verwaltungssenat vorerst zur Auffassung, daß das Gutachten des Amtssachverständigen schlüssig ist und nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen steht. Unter Zugrundelegung der Aussage des Insp. D gelangte der Amtssachverständige nach Durchführung des Lokalaugenscheines zum Ergebnis, daß eine entsprechende Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahrt lediglich zwischen den Strkm 36,75 bis 26,29 (hinsichtlich Faktum 1) möglich gewesen wäre.

Was die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten anbelangt, so ist festzustellen, daß letztlich ausschließlich Insp. D sich während der Nachfahrt entsprechend auf das Fahrzeug des Berufungswerbers konzentrieren konnte. Insp. D war als Fahrer des Gendarmeriedienstfahrzeuges eine volle Konzentration im Hinblick auf Abstände und Geschwindigkeitsfeststellungen ebensowenig möglich, wie Insp. B, welcher sich lediglich am Rücksitz des Dienstfahrzeuges befunden hat und daher die Vorgänge jedenfalls hinsichtlich Faktum 1 nicht entsprechend exakt beobachten konnte.

Die Aussagen des Berufungswerbers bzw der von ihm nominierten Zeugen sind im Hinblick auf das Verfahrensergebnis derzeit nicht relevant.

I.7. Aufgrund des vorliegenden Beweisergebnisses hat der O.ö.

Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiß, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung vorgenommen hat.

Gemäß § 29a VStG kann die zuständige Behörde das Strafverfahren oder den Strafvollzug an die sachlich zuständige Behörde übertragen, in deren Sprengel der Beschuldigte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, wenn hiedurch das Verfahren wesentlich vereinfacht oder beschleunigt wird.

Im vorliegenden Falle wurden durch den Gendarmerieposten Altheim am 10. Februar 1994 verschiedene Verwaltungsübertretungen des Berufungswerbers an die belangte Behörde angezeigt. Die belangte Behörde hat das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich sämtlicher zur Last gelegter Tatbestände durchgeführt, obwohl ein Teil der angezeigten Vorgänge sich im Zuständigkeitsbereich der BH Ried/Innkreis ereignet hat und sie hat das Strafverfahren auch mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis abgeschlossen. Mit den Fakten 2 bis 5 dieses Straferkenntnisses werden dem Berufungswerber ausschließlich Verwaltungsübertretungen angelastet, welcher dieser im Zuständigkeitsbereich der BH Ried/Innkreis begangen haben soll. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen geht nicht hervor, daß diesbezüglich die BH Ried/Innkreis von der verfahrensgegenständlichen Anzeige in Kenntnis gesetzt wurde und allenfalls das Strafverfahren an die belangte Behörde abgetreten hätte. Die BH Braunau/Inn war demnach nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand jedenfalls hinsichtlich der Fakten 2 bis 5 des angefochtenen Straferkenntnisses örtlich unzuständig.

Lediglich hinsichtlich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses konnte vorerst von der örtlichen Zuständigkeit der belangten Behörde ausgegangen werden, zumal sich das vorgeworfene inkriminierte Verhalten des Berufungswerbers sowohl auf Bereiche der BH Braunau/Inn als auch der BH Ried/Innkreis (Bezirksgrenze bei Strkm 37,221) bezogen hat. Das im Berufungsverfahren durchgeführte Ermittlungsverfahren hat jedoch ergeben, daß eine Verwaltungsübertretung auch diesbezüglich allenfalls ab dem Strkm 36,75 nachzuweisen ist und daher auch dieser Tatort ausschließlich - vorerst - im örtlichen Zuständigkeitsbereich der BH Ried/Innkreis gelegen ist. Es war daher auch in diesem Punkt die belangte Behörde nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand örtlich unzuständig.

Im Hinblick auf die Unzuständigkeit der belangten Behörde war der Berufung Folge zu geben, Gründe für die Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 VStG sind im gegenständlichen Berufungsverfahren jedoch nicht hervorgekommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen wird angeregt, im Falle der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens das Ermittlungsverfahren - auch hinsichtlich der Fakten 2 bis 5 - zu ergänzen. Unabhängig davon, daß hinsichtlich Faktum 1 die Nachfahrstrecke zwecks Schätzung der Geschwindigkeit kürzer war, als die im erstinstanzlichen Verfahren angenommen wurde, kann in diesem Punkt auch die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um 60 km/h nicht nachgewiesen werden, zumal in diesem Bereich nach Aussage des Meldungslegers die effektive Geschwindigkeit des Gendarmeriedienstfahrzeuges lediglich 128 km/h betragen hat.

Die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Beiziehung des Beschuldigten sowie sämtlicher Zeugen bzw eines Amtssachverständigen erscheint nach hiesiger Auffassung als unabdingbar. Darüber hinaus wären auch noch exakte Ermittlungen hinsichtlich der besonders gefährlichen Verhältnisse bzw der besonderen Rücksichtslosigkeit geboten.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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