Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102483/2/Ki/Shn

Linz, 16.03.1995

VwSen-102483/2/Ki/Shn Linz, am 16. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Gerhard W, vom 5. Dezember 1994, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17. November 1994, Zl.VerkR96-7109-1994, hinsichtlich der Fakten 2 und 3 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 2 und 3 stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 17. November 1994, Zl.VerkR96-7109-1994, über den Berufungswerber ua wegen Verwaltungsübertretungen nach § 102 Abs.4 KFG 1967 (Faktum 2) bzw § 102 Abs.1 KFG 1967 (Faktum 3) gemäß § 134 Abs.1 KFG jeweils Geldstrafen in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 48 Stunden) verhängt, weil er am 23.3.1994 um 10.45 Uhr den PKW, welcher insoferne nicht den Vorschriften entsprach, als durch den abgerissenen Auspuff starker Lärm verursacht wurde, gelenkt hat bzw er es vor Antritt der Fahrt unterlassen hat, sich davon zu überzeugen, daß das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht - er hatte am PKW am linken hinteren Rad einen Reifen montiert, der nur mehr eine Profiltiefe von 0,5 bis 1 mm und somit nicht mehr die gesetzlich vorgeschriebene Profiltiefe von 1,6 mm aufwies. Außerdem wurde er gemäß § 64 zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von jeweils 10 % der Strafe (insgesamt 100 S) verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1994 Berufung und bestreitet im wesentlichen die ihm zur Last gelegten Tatbestände.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der gegenständlichen Bestrafungen weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt Beweis erhoben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Berufungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

Gemäß § 102 Abs.4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist.

Gemäß § 102 Abs.1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, daß das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde.

Die Verjährungsfrist beträgt in Anwendung des § 31 Abs.2 leg.cit. ua bei bei Verwaltungsübertretungen nach dem KFG 1967 sechs Monate.

Verfolgungshandlung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wesentlich ist, daß sich eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.

Ein wesentliches Tatbestandselement des § 102 Abs.4 KFG 1967 ist ua, daß mit einem Kraftfahrzeug kein ungebührlicher Lärm verursacht wird. Das Erregen störenden Lärms erfolgt dann in ungebührlicher Weise, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann.

Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, daß grundsätzlich nach allgemeiner Lebenserfahrung durch einen herabhängenden Auspuff wohl ein ungebührlicher Lärm iSd verfahrensgegenständlichen Gesetzesbestimmung verursacht werden kann. Die belangte Behörde hat jedoch im Straferkenntnis lediglich vorgeworfen, der Berufungswerber habe einen starken Lärm verursacht. Der Vorwurf starken Lärm verursacht zu haben, beinhaltet jedoch nach Auffassung der erkennenden Behörde, auch wenn im Spruch des Straferkenntnisses die Ursache für diesen Lärm angeführt ist, für sich noch nicht, daß gegen ein Verhalten verstoßen wurde, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muß und jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann, dh, daß nicht jeder starke Lärm letztlich auch als ungebührlich anzusehen ist.

Hinsichtlich § 102 Abs.1 KFG 1967 bildet ein wesentliches Tatbestandsmerkmal, daß es dem Kraftfahrzeuglenker zumutbar ist, sich vom Zustand des von ihm zu lenkenden Kraftfahrzeuges zu überzeugen.

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber lediglich angelastet, daß er es vor Antritt der Fahrt unterlassen habe, sich davon zu überzeugen, daß das von ihm gelenkte Fahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Hinsichtlich der Zumutbarkeit sich davon zu überzeugen, wurden jedoch keine Feststellungen getroffen.

Es fehlen sohin bei beiden Fakten wesentliche Tatbestandselemente und es hat die belangte Behörde hinsichtlich dieser Tatbestandselemente keinerlei taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG vorgenommen, zumal auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 26. August 1994 diese Sachverhaltselemente nicht enthalten sind. Nach Judikatur des VwGH ist es dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde verwehrt, nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG erstmals im Spruch des Berufungsbescheides den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen (vgl VwGH vom 21.12.1988, 85/18/0120).

Aufgrund der dargelegten Umstände ist somit infolge eingetretener Verfolgungsverjährung die Strafverfolgung hinsichtlich der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ausgeschlossen. Es war somit der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z3 AVG).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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