Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102507/12/Weg/Ri

Linz, 15.05.1995

VwSen-102507/12/Weg/Ri Linz, am 15. Mai 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine erste Kammer (Vorsitzender: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Wegschaider, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des ... K..., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. ... und Dr. ..., vom 4. Jänner 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 15.

Dezember 1994, Verk..., nach der am 11. Mai 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 3.000 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51 f Abs.2, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, BGBl.Nr. 159, idF BGBl.Nr. 522/1993.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden verhängt, weil dieser am 5. August 1994 um 19.50 Uhr den PKW, Kennzeichen ..., auf der B... (...

Bundesstraße) von W... kommend in Richtung Dorf ... bis Strkm. ... in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 1.500 S sowie an Barauslagen 10 S (Alkoteströhrchen) in Vorschreibung gebracht.

2. Der Berufungswerber wendet in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß ein, es müsse sich bei der im Krankenhaus Freistadt durchgeführten Messung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt, die einen Wert von 0,69 mg/l ergab, um eine Fehlmessung handeln, die möglicherweise durch die Verwendung von zwei Brufentabletten, durch die Verwendung eines ODOL-Mundsprays kurz vor dem Unfall um ca. 19.50 Uhr oder durch den Genuß nicht alkoholischen tschechischen Apfelsaftes in den Nachmittagsstunden des Tattages erklärbar sei.

Schon während des erstinstanzlichen Verfahrens bringt er vor, er sei zum Zeitpunkt der Atemluftuntersuchung (diese fand laut Meßstreifen um 21.16 Uhr statt) nicht dispositions- bzw. diskretionsfähig gewesen. Der Berufungswerber hat zum Beweis dafür, daß der Mundspray bzw.

der Apfelsaft die Fehlmessung hervorgerufen haben muß, entsprechende Gutachten der ... Landwirtschafts- und Lebensmittelinspektion in ... vorgelegt. Außerdem hat der Berufungswerber schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht und dies mit entsprechend unterfertigten Erklärungen unter Beweis zu stellen versucht, daß er ab 13.00 Uhr bis 18.30 Uhr die Zeit mit Herrn K... S... und teilweise mit Dr. S... verbracht habe und lediglich Hausmannsapfelsaft bzw. privaten Apfelsaft getrunken habe und gegen 18.00 Uhr zwei Kopfschmerztabletten der Marke Brufen 400 zu sich genommen habe. K... S... bestätigt in seiner Erklärung, daß zwischen 13.00 Uhr und 19.20 Uhr (+/15 Minuten) der Berufungswerber keine alkoholischen Getränke zu sich genommen habe. Der Beschuldigte beantragt daher, der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch zeugenschaftliche Befragung des Gr.Insp. ..., der die Alkomatmessung durchgeführt hat sowie durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens durch Frau Dr. S...

H... anläßlich der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 1995, zu der die Parteien des Verfahrens (Berufungswerber und belangte Behörde) trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen sind.

Gemäß § 51f Abs.2 VStG hindert das Nichterscheinen der Parteien weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses, wenn die Parteien ordnungsgemäß geladen wurden.

Dazu ist festzustellen, daß durch die im Akt aufliegenden Rückscheine sowohl die Bezirkshauptmannschaft ... als auch der Vertreter des Beschuldigten von der Verhandlung zeitgerecht verständigt wurden (Übernahmebestätigungen vom 10. April 1995). Die an den Beschuldigten selbst informationshalber zugesendete Ladung wurde mit dem Vermerk "verzogen" von der Post zurückgesendet.

Es ist demnach nachstehender Sachverhalt als erwiesen anzunehmen:

Der Berufungswerber verursachte um ca. 19.50 Uhr des Tattages einen Verkehrsunfall, bei dem er selbst verletzt wurde. Die Gendarmerie wurde von diesem Unfall gegen 20 Uhr verständigt. Beim Eintreffen an der Unfallstelle konnte Gr.

Insp. A... P... am noch im Fahrzeug sitzenden Beschuldigten, der im Stirnbereich eine blutende Wunde aufwies, deutliche Alkoholisierungssymptome, nämlich insbesondere deutlichen Geruch der Atemluft nach Alkohol und deutliche Rötung der Bindehäute feststellen. Der Verletzte wurde schließlich durch den Notarztwagen in das Krankenhaus ... gebracht, wo Gr.Insp. P... mit dem mitgebrachten Alkomaten die Atemluft des Beschuldigten auf Alkoholgehalt überprüfte. Der Alkotest fand um 21.16 Uhr (also ca. 5-Viertelstunden bis 6-Viertelstunden nach dem Verkehrsunfall) statt und ergab einen Wert von 0,69 mg/l AAK. Der den Alkotest durchgeführt habende Beamte, der zur Testung der Atemluft geschult und auch ermächtigt ist, hat vor der Testung der Atemluft mit dem behandelnden Arzt über die physische und psychische Möglichkeit der Beblasung gesprochen und wurden seitens des Arztes keine Bedenken vorgebracht. Laut Aussage des Gendarmeriebeamten war der Beschuldigte voll orientiert und hat das Gerät auch ordnungsgemäß beblasen.

Die medizinische Sachverständige führte zum Beweisthema, ob Birnensaft oder Apfelsaft in unvergorenem Zustand im Hinblick auf die beigelegten Gutachten über den Alkoholgehalt dieser Getränke und ob Mundspray ODOL Extra fresh (allenfalls verwendet ca. 5- bis 6-Viertelstunden vor der Beblasung des Alkomaten) eine Alkoholbeeinträchtigung im Ausmaß von 0,69 mg/l hervorrufen können bzw. ob das angeblich verwendete Medikament Brufen 400 (2 Tabletten) diesen Wert erklären würden, nachstehendes aus:

"Zum Mundspray ODOL-Extra fresh:

Aus medizinischer Sicht wird zum ethanolhältigen Mundspray festgehalten, daß es grundsätzlich nicht möglich ist, damit eine faßbare Blutalkoholkonzentration hervorzurufen. Dieser Weg der Aufnahme von Ethanol, nämlich über Inhalation bzw.

über die Mundschleimhaut, ist praktisch zu vernachlässigen.

Als Resorptionsquelle für Alkohol in den Körper ist nur die Schleimhaut des Magen-Darmtraktes von Bedeutung, somit können relevante Blutalkoholkonzentrationen nur nach oraler Alkoholzufuhr, d.h. durch den Genuß von alkoholischen Getränken hervorgerufen werden.

Für die Alkomatuntersuchung ist jedoch entsprechend der einschlägigen Fachliteratur folgender Umstand zu berücksichtigen:

Unmittelbar nach dem Konsum von alkoholischen Getränken oder der Inhalation von alkoholhältigen Substanzen (wie im gegenständlichen Fall das ethanolhältige Mundspray ODOL Extra fresh) sind an den Schleimhäuten des Mund-Rachenraumes erhöhte Alkoholkonzentrationen vorhanden, man spricht vom sogenannten Haft- bzw. Restalkohol. Dieser Mundrest- bzw.

Mundhaftalkohol kann bei der Vermischung mit Ausatmungsluft zu einer momentanen Überhöhung der Atemalkoholkonzentration und damit zu falschen Meßwerten führen. Durch Diffusion ins Gewebe sowie die Verdampfung wird diese Oberflächenkonzentration jedoch rasch reduziert und spätestens 15 Minuten nach Verwendung bzw. Anwendung sind keine störenden Einflüsse mehr feststellbar. Wenn somit zwischen der Anwendung des Mundsprays und der ersten Alkomatmessung weniger als 15 Minuten vergangen sind, wäre ein falsch positives Meßergebnis denkbar. Nach Einhaltung der 15-minütigen Wartefrist sind mit Sicherheit Verfälschungen des Meßergebnisses der Atemluftuntersuchung auszuschließen.

Zum Medikament Brufen 400 mg:

Zu dem Medikament Brufen 400 mg wird festgestellt, daß es sich hiebei um ein Antirheumaticum handelt (schmerz- und entzündungshemmend) und entsprechend dem Austria-Codex, der Auflistung sämtlicher in Österreich registrierter Medikamente, in der Zusammensetzung ausschließlich Ibubrufen und kein Ethanol enthält. Da die verwendeten Alkomaten streng spezifisch den in der Atemluft enthaltenen Ethanoldampf mittels Infrarotabsorbtion messen, ist eine positive Falschbeeinflussung bzw. eine Verfälschung des angezeigten Meßwertes durch andere Stoffe als Ethanol nicht möglich. Da im geltend gemachten Medikament Brufen lediglich die Substanz Ibubrufen enthalten ist, kann das Alkomatergebnis nicht beeinflußt worden sein.

Zum tschechischen Apfelsaft:

Als Beweise dafür werden Überprüfungsergebnisse des chemisch technischen Institutes der Universität ... vom Jänner 1995 vorgelegt. Entsprechend diesen Überprüfungsergebnissen ist im Apfelsaft 0,34 Volumsprozent Ethanol und im Birnensaft 0,58 Volumsprozent Ethanol enthalten. Diese 0,34 Volumsprozent Ethanol im Apfelsaft entsprechen 0,272 g Ethanol pro 100 ml (Berechnung: 0,34 x spez. Gewicht 0,8 = 0,272 g pro 100 ml). In einem Liter, d.h. 1000 ml Apfelsaft sind somit 2,72 g Ethanol enthalten. Geht man nun unter Zugrundelegung der Widmarkformel davon aus, daß der Betroffene etwa 80 kg gewogen hat, würde ein Liter dieses Apfelsaftes geeignet sein, bei einer 80 kg schweren Person eine maximale Blutalkoholkonzentration von 0,043 Promille hervorzurufen (Widmark Formel: 2,72 g : 80 kg x 0,7 = 2,72 :

56 = 0,048 Promille - 10% Resorptionsdefizit = 0,043 Promille). Wenn 1 Liter, somit eine maximale BAK von 0,043 hervorrufen könnte, würden somit 10 Liter 0,43 Promille erzeugen können. 30 Liter würden eine maximale Blutalkoholkonzentration von 1,3 Promille hervorrufen, jedoch ohne Berücksichtigung der Elimination, d.h. der Abbaurate, die bereits mit Trinkbeginn einsetzt. Wenn also der Berufungswerber etwa 30 bis 35 Liter tschechischen Apfelsaft getrunken hätte, außerdem jedoch innerhalb einer sehr kurzen Zeit und dies kurze Zeit vor dem Ereignis, wäre der Meßwert von ca. 1,4 Promille erklärbar." Nachdem der Konsum von Birnensaft nichteinmal behauptet wurde, wurde diesbezüglich keine Berechnung durchgeführt. Es ergibt sich aber, daß wegen des etwas höheren Alkoholgehaltes des Birnensaftes etwa 20 Liter dieses Getränkes in einer sehr kurzen Zeit hätten getrunken werden müssen, was weder behauptet wurde noch der Lebenserfahrung entspricht.

Es ergibt sich aus dem oben angeführten Gutachten somit, daß die vom Berufungswerber allenfalls eingenommenen Substanzen den letztlich gemessenen Alkoholgehalt nicht erklären können, somit der Berufungswerber alkoholische Getränke zu sich genommen haben muß, zumal der Mundspray ca. 5 Viertel Stunden vor der Messung inhaliert wurde und auf das Meßergebnis keine Einwirkung mehr haben konnte.

Selbst wenn man der im Akt aufliegenden Erklärung des K...

S..., wonach zwischen 13.00 Uhr und etwa 19.15 Uhr der Beschuldigte keine alkoholischen Getränke zu sich genommen hat, Wahrheitsgehalt beimessen würde, hätte der Berufungswerber etwa ab 19.15 Uhr bis zum Unfall um ca.19.50 Uhr noch immer die Gelegenheit gehabt, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen (etwa am Grenzübergang), sodaß dieser Erklärung keine schuldentlastende Wirkung beigemessen werden konnte. Aus diesem Grund war auch die Ladung des K... S...

zur mündlichen Verhandlung entbehrlich.

Es steht somit fest, daß der Berufungswerber um ca. 19.50 Uhr ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, wie dies die um 20.16 Uhr vorgenommene Messung der Atemluft (Meßwert 0,69 mg/l AAK) ergab und daß diese Messung von einem geschulten und hiezu ermächtigten Organ entsprechend den Verwendungsbestimmungen durchgeführt wurde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 idF der Rechtslage vor der 19. StVO Novelle begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 8.000 S bis 50.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 1 bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt.

Gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 gilt der Zustand einer Person bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber als von Alkohol beeinträchtigt.

Der oben angeführte und als erwiesen feststehende Sachverhalt läßt sich unschwer unter die eben zitierten gesetzlichen Bestimmungen subsumieren, sodaß die Tatbildverwirklichung iSd § 99 Abs.1 lit.a iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 objektiv und in Ermangelung von Schuldausschließungsgründen auch subjektiv gegeben ist.

Den Strafzumessungsgründen hat der Berufungswerber nicht widersprochen, sodaß - zumal sich die Strafe im unteren Bereich des vorgesehenen Strafrahmens bewegt und auch den speziellen Strafzumessungsgründen iSd § 19 VStG nicht widersprochen wurde - auch die Strafhöhe mit dem Hinweis zu bestätigen war, daß die Ersatzfreiheitsstrafe geringfügig unter der Relation liegt. Eine Hinaufsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe war jedoch aus Gründen des Verbotes der reformatio in peius nicht möglich.

5. Die Kostenentscheidung ist eine durch § 64 Abs.1 und 2 VStG vorgegebene Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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