Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102560/6/Weg/Ri

Linz, 27.07.1995

VwSen-102560/6/Weg/Ri Linz, am 27. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der ..., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K... S..., vom 3.

Februar 1995 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion ... vom 17. Jänner 1995, ..., zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt, weil diese am 31. Dezember 1993 gegen 2.15 Uhr in ..., auf der ... Landesstraße von ... kommend in Richtung ..., bei Kilometer ..., als Lenkerin des PKWs ... eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, nämlich eine Schneestange, beschädigt hat, ohne daß von dieser Beschädigung, die bei diesem Verkehrsunfall entstanden ist, die nächste Polizeioder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt wurde.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in Höhe von 150 S in Vorschreibung gebracht.

Die Berufungswerberin wendet dagegen sinngemäß ein, eine Schneestange sei keine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, weshalb das Verfahren zur Einstellung zu bringen gewesen sei. Sollte eine Schneestange dennoch eine Verkehrsleiteinrichtung iSd § 31 Abs.1 StVO 1960 darstellen, so wäre jedenfalls die Zulässigkeit einer Strafbarkeit mangels Verschulden an der Beschädigung nicht gegeben. Dazu zitiert die Berufungswerberin ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1987, Zl. ....

Demnach hätte die Erstbehörde zur subjektiven Tatseite entsprechende Feststellungen zu treffen gehabt. Die Strafbehörde sei offenbar selbst davon ausgegangen, daß an der Beschädigung der Schneestange selbst kein Verschulden gesehen werde, nur so sei es erklärbar, daß das anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960 eingestellt wurde. Das bisherige Beweisverfahren habe keine Ansatzpunkte für ein Verschulden der Berufungswerberin erbracht. Es sei weder verifiziert noch verifizierbar, ob die Beschuldigte mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren sei oder sonst einen fahrtechnischen Fehler gesetzt habe. Die diesbezüglich vorliegenden Schleuderspuren seien nicht eindeutig dem Fahrzeug der Beschuldigten zuzuordnen. Es sei eine allgemein bekannte Tatsache, daß bei schneeglatter Fahrbahn und abschüssiger Strecke selbst eine Geschwindigkeit von nur 3 bis 5 km/h zu einer Schleuderbewegung führen könne. Die Beschädigung der Schneestange habe die Beschuldigte nicht wahrgenommen und sei ihr das abgebrochene Stück dieser Schneestange auch nicht aufgefallen. Das Fahrzeug der Beschuldigten habe sich mehrmals überschlagen und sei dadurch die Beschädigung der Schneestange objektiv nicht merkbar gewesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einholung eines straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigengutachtens, in welchem zur Frage ob die Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit die Beschädigung dieser Schneestange hätte merken müssen, folgendes festgehalten wird:

"Der Verkehrsunfall ereignete sich bei Dunkelheit um 2.15 Uhr nachts. Das Beschuldigtenfahrzeug kam nach dem Schleudervorgang auf der Schneefahrbahn um 180 Grad gedreht mit den Rädern nach oben zu liegen. Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, wie die Lichtverhältnisse am Unfallort waren bzw ob die Scheinwerfer des Beschuldigtenfahrzeuges (in Endlage) auf den noch verbliebenen 40 cm langen Rest der gegenständlichen Schneestange leuchteten und wie weit dieses Schneestangenstück aus dem Schnee ragte. Unter Berücksichtigung des Schockzustandes (offenbar nicht medizinisch gemeint) der Beschuldigten nach dem Verkehrsunfall, der vorgefundenen nicht zuzuordnenden Fußspuren im Bereich der beschädigten Schneestange und der Lichtverhältnisse an der Unfallstelle kann festgehalten werden, daß auch mit der vom Lenker eines Kraftfahrzeuges geforderten Aufmerksamkeit die Beschuldigte die beschädigte Schneestange nicht bemerken mußte." Der Gutachter wurde noch befragt, ob an der Beschädigung der Schneestange ein Verschulden der Berufungswerberin vorliege, was der Gutachter - ohne dies in irgend einer Form zu begründen - mit großer Wahrscheinlichkeit bejaht.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs unbefugt anbringt, entfernt, verdeckt oder in ihrer Lage oder Bedeutung verändert oder solche Einrichtungen beschädigt, es sei denn die Beschädigung ist bei einem Verkehrsunfall entstanden und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter ist von der Beschädigung unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt worden.

Das positive Tatbestandsmerkmal liegt also in der Beschädigung einer Verkehrsleiteinrichtung bei einem Verkehrsunfall. Das strafbefreiende Tatbestandsmerkmal liegt in der rechtzeitigen Verständigung von der Beschädigung der Vekehrsleiteinrichtung. Die strafbefreiende Verständigung setzt allerdings das Wissen um diese Beschädigung voraus. Es ist in diesem Zusammenhang (unterschiedlich zu den Vorschriften des § 4 StVO 1960) deshalb ohne Belang, ob der Beschädiger bei gehöriger Aufmerksamkeit vom Unfall hätte Kenntnis erlangen können, weil darin selbst kein strafbares Verhalten zu erblicken ist sondern es sich um ein strafbefreiendes Tatbestandsmerkmal handelt, welches dann eben keine strafbefreiende Wirkung entfalten kann.

Daß die Berufungswerberin unverschuldet von der Beschädigung keine Kenntnis gehabt hat bzw. selbst bei gehöriger Aufmerksamkeit keine Kenntnis haben mußte, stellt ein - allerdings nicht zwingendes - Indiz dar, daß auch ein Verschulden an der Beschädigung gefehlt hat. Auch wenn diesem Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 13. Mai 1987, 85/18/0067/5) nicht in dieser Schärfe gefolgt wird, so ist aus dem Kontext dieses Erkenntnisses doch abzulesen, daß die Frage des Verschuldens an der Beschädigung der Schneestange (die im übrigen entgegen der Meinung der Beschuldigten eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs iSd § 31 Abs.1 StVO 1960 darstellt) auch im Zusammenhang mit der Kenntnis um diese Beschädigung zu sehen ist. Die Frage des Verschuldens ist iSd § 5 VStG (also strafrechtlich) zu prüfen.

Ein strafrechtlich relevantes Verschulden wird der Berufungswerberin insbesondere dann vorzuwerfen sein, wenn mit dem Fahrverhalten, das zur Beschädigung der Schneestange geführt hat, eine rechtswidrige (das heißt durch beispielsweise nach der StVO oder dem KFG strafrechtlich sanktionierbare) Handlung verbunden war.

Die diesbezüglichen Ansatzpunkte im Akt sind allerdings dürftig. Es liegt zwar der Verdacht nahe, daß die Ursache des Verkehrsunfalles in einer überhöhten Geschwindigkeit liegen könnte, doch wurde das diesbezüglich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren mit Bescheid vom 4. Mai 1994 gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG (Berufungsvorentscheidung) eingestellt.

An diese Einstellung ist auch der O.ö. Verwaltungssenat gebunden. Ob allenfalls ein anderes mit Rechtswidrigkeit behaftetes Fehlverhalten zum Verkehrsunfall geführt haben könnte (beispielsweise profillose Reifen), läßt sich nach der Aktenlage nicht mehr ermitteln, auch wenn in der Anzeige von Alkohol die Rede ist; diesbezüglich wurde kein Verfahren eingeleitet. Nach dem Gendarmeriebericht war die Fahrbahn durch Schneefall äußerst glatt, sodaß auch ein unvorsichtiges oder unsachgemäßes Bremsmanöver zur Schleuderbewegung und zum Unfall geführt haben könnte. Darin wird jedoch kein für ein Verwaltungsstrafverfahren relevantes Verschulden erblickt, sodaß in dubio pro reo davon auszugehen ist, daß an der Beschädigung der Schneestange kein Verschulden iSd § 5 VStG zu erblicken ist.

Nachdem also das positive Tatbildmerkmal der Beschädigung einer Verkehrsleiteinrichtung wegen mangelnden Verschuldens nicht als vorliegend angesehen wird, war spruchgemäß zu entscheiden.

Angemerkt wird noch, daß es bei diesem Verfahrensergebnis auf die Erkennbarkeit der Beschädigung der Schneestange und auf die anschließende strafbefreiende Meldung nicht mehr ankommt. Es liegt in der unverschuldeten Nichterkennbarkeit allerdings (so der VwGH) ein Indiz am mangelnden Verschulden an der Beschädigung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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