Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103258/6/Weg/Ri

Linz, 27.12.1995

VwSen-103258/6/Weg/Ri Linz, am 27. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des A... L... vom 7. September 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft ... vom 26. Juni 1995, VerkR..., nach der am 21. Dezember 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft ... hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt, weil dieser als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ... der Bezirkshauptmannschaft ... auf deren schriftliches Verlangen vom 9. Jänner 1995 nicht binnen zwei Wochen darüber Auskunft erteilt habe, wem er das Kraftfahrzeug am 15. Oktober 1994 um 16.30 Uhr auf der B.. in Richtung ... zum Lenken überlassen hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 400 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber in seiner rechtzeitigen und auch sonst zulässigen Berufung sinngemäß vor, er sei zum Zeitpunkt der Hinterlegung der gegenständlichen Aufforderung und auch in der Folge nicht in ... aufhältig gewesen. Als Beweis hiefür könne er primär seinen Terminkalender bzw. gleichlautend hiezu den seiner Sekretärin, Frau E... H..., anbieten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den von der Erstbehörde vorgelegten Akt, durch Vernehmung des Beschuldigten sowie durch zeugenschaftliche Vernehmung der Sekretärin des Beschuldigten, Frau E... ..., anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. Dezember 1995.

Dabei bringt der Berufungswerber glaubhaft vor und belegt dies auch mit einem Terminkalender, daß er in der Zeit zwischen 11. Jänner 1995 und 23. Jänner 1995 nicht unter der Adresse ... ortsanwesend war. Die Zeugin E... H... kann aus ihrem Terminkalender ablesend bestätigen, daß der Berufungswerber zumindest vom 12. Jänner 1995 bis 16. Jänner 1995 und vom 18. Jänner 1995 bis 23. Jänner 1995 nicht in ... anwesend gewesen sein kann.

Der Berufungswerber führt desweiteren an, daß die vom Postbeamten gepflogene Praxis der Hinterlegungen von amtlichen Sendungen schon öfter Probleme nach sich gezogen hätte. Der Berufungswerber bewohne eine vom Unternehmen zur Verfügung gestellte Wohnung, welche einem Gasthaus angeschlossen sei. Der Postbeamte hinterlasse im Regelfall die Verständigung von der Hinterlegung in der Gaststube bzw.

an der Fensterbank jenes Tisches, wo der Berufungswerber gelegentlich speist. Wenn nun aber der Berufungswerber ohne die Gaststube aufzusuchen - in die Wohnung zurückkehrt, erhalte er keine Kenntnis von einem hinterlegten Schriftstück. Selbiges trifft zu, wenn - selbst wenn er die Gaststube aufsucht - der Verständigungszettel unter den dort auch lagernden Zeitungen verschwindet. Zu seiner Wohnung gäbe es eine Doppeltür, wobei die äußere Tür nicht verschlossen sei, weshalb die Anbringung der Verständigung (auch wenn kein Briefkasten vorhanden ist) zwischen diesen beiden Türen leicht möglich und auch sinnvoll sei.

Insgesamt ergibt sich auf Grund des Beweisverfahrens zur gegenständlichen Hinterlegungsproblematik, daß der Berufungswerber durch die Vorlage des Terminkalenders (zum Teil gestützt durch den Terminkalender der Sekretärin) glaubhaft darlegen konnte, in der Zeit vom 11. Jänner 1995 bis 23. Jänner 1995 nicht unter der Adresse ... ortsanwesend gewesen zu sein. Auch an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist kann von keiner wirksamen Zustellung ausgegangen werden, zumal die Verständigungspraxis von der Hinterlegung iSd § 17 Abs.2 Zustellgesetz bedenklich ist und im übrigen das Schriftstück am 25. oder 26. Jänner 1995 (so der schlecht lesbare Poststempel) wieder an den Absender zurückgesendet wurde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Verpflichtung zur Lenkerauskunft iSd § 103 Abs.2 KFG 1967 knüpft an die ordnungsgemäße Zustellung des diesbezüglichen Begehrens der Behörde. Die im § 17 Abs.3 Zustellgesetz normierte Zustellfiktion, daß nämlich hinterlegte Sendungen als zugestellt gelten, tritt im gegenständlichen Fall nicht ein, da der Berufungswerber wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Auch nach der Rückkehr zur Abgabestelle, nämlich am 24. Jänner 1995 wurde iSd letzten Satzes des § 17 Abs.3 Zustellgesetz die Zustellung nicht wirksam, zumal die Verständigungspraxis von der Hinterlegung (Gaststube) iSd § 17 Abs. 2 Zustellgesetz bedenklich erscheint und im übrigen die Sendung am 25.

Jänner 1995 (möglicherweise auch am 26. Jänner 1995) zurückgesendet wurde, sodaß der Schuldvorwurf, der Berufungswerber habe mit Ablauf des 26. Jänner 1995 keine Auskunft erteilt, keine Strafbarkeit wegen Verletzung des § 103 Abs.2 KFG 1967 nach sich zieht. Selbst wenn eine wirksame Zustellung der hinterlegten Sendung mit dem 24.

Jänner oder 25. Jänner 1995 (... am dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag...) vorliegen sollte (was zumindest zweifelhaft ist), wird die nicht erteilte Lenkerauskunft erst nach Ablauf von zwei Wochen strafbar und nicht (so der Schuldvorwurf im Straferkenntnis) mit Ablauf des 26. Jänner 1995.

Da also zumindest Zweifel an der wirksamen Zustellung der Aufforderung zur Lenkerauskunft bestehen, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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