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VwSen-103674/9/Gu/Atz

Linz, 03.06.1996

VwSen-103674/9/Gu/Atz Linz, am 3. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des R. L. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22.1.1996, Zl. VerkR96-16618-1995, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Bezüglich des Faktums 1 (Übertretung der StVO 1960) wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Sachverhalt VStG eingestellt.

Diesbezüglich entfallen Verfahrenskostenbeiträge für das Berufungsverfahren.

Bezüglich des Faktums 2 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hiezu hat der Rechtsmittelwerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 100 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung an den O.ö. Verwaltungssenat zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.2 AVG, § 5 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 102 Abs.4 KFG 1967, § 134 Abs.1 KFG 1967.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat am 22.1.1996 zur Zl. VerkR96-16618-1995 ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet:

"Sie haben am 5.8.1995 gegen 10.35 Uhr 1) den Kombi VB-... von der Hauszufahrt Timelkam, Atterseestraße .., rückwärtsfahrend auf den Fahrstreifen in Richtung Vöcklabruck der Attersee-Bundesstraße 151 gelenkt, um in weiterer Folge in Richtung Lenzing weiterzufahren. Dies obwohl sich aus Richtung Vöcklabruck eine aufgelockerte Fahrzeugkolonne mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 km/h näherte und der Gegenverkehr (in Richtung Vöcklabruck) ca. 150 von der Hauseinfahrt Atterseestraße 34 entfernt war.

2) In der Folge fuhren Sie auf dem linken Fahrstreifen in Richtung Lenzing, wobei Sie das Fahrzeug dermassen beschleunigten, daß die Reifen quietschten. Sie haben mit Ihrem Fahrzeug somit mehr Lärm verursacht, als bei ordnungsgemäßem Zustand des Fahrzeuges und dessen sachgemäßem Betrieb unumgänglich ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1) § 19 Abs.7 i.V. § 19 Abs.6 StVO.1960 2) § 102 Abs.4 KFG.1967 Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe falls diese un- Freiheits- gemäß § von einbringlich strafe von Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 600.-- 36 Stunden 99 Abs.3 lit.a StVO.1960 500.-- 24 Stunden 134 Abs.1 KFG.1967 Weitere Verfügungen (z.B. Anrechnung der Vorhaft, Verfallsausspruch):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

110.-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1210.-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)." Dagegen hat der Beschuldigte Berufung erhoben und dargetan, daß er die angelasteten Übertretungen stets bestritten habe.

Anläßlich seiner Vernehmung durch die Gendarmerie Timelkam am 4.9.1995 habe es sich um einen anderen ähnlichen Vorfall desselben Tages gehandelt; dies habe jedoch in der Niederschrift keinen Eingang gefunden. Er sei erst zu Mittag weggefahren, habe sich jedoch an die exakte Uhrzeit nicht mehr erinnern können. Die Verfahren wegen ähnlicher Vorfälle seien seinerzeit mangels an Beweisen eingestellt worden. Ein einfaches Dementi erscheine ihm daher ausreichend. Deswegen seine Glaubwürdigkeit pauschal in Frage zu stellen, sei nicht richtig. Er beantragt die Vernehmung des Anzeigers und einen Lokalaugenschein.

Sinngemäß begehrt er wegen der angelasteten Verwaltungsstraftaten nicht bestraft zu werden.

Aufgrund der Berufung wurde am 28. Mai 1996 in Gegenwart der Parteien die mündliche Verhandlung durchgeführt.

In deren Rahmen wurde dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten, ein Lokalaugenschein abgehalten und die Niederschrift des O. M. vom 5.8.1995, aufgenommen am Gendarmerieposten Schörfling, die Niederschrift mit dem Beschuldigten vom 4.9.1995, aufgenommen vom Gendarmerieposten Timelkam, zur Erörterung gestellt.

Ferner wurde in die Aufforderung zur Rechtfertigung (Verfolgungshandlung) vom 7.11.1995 Einsicht genommen und im Zuge der mündlichen Verhandlung ein Ortsaugenschein durchgeführt.

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung:

Am 5.8.1995 erschien O. M., ein deutscher Staatsbürger um 10.52 Uhr auf dem Gendarmerieposten Schörfling und machte weil er sich im Ergebnis durch ein äußerst rücksichtsloses Verhalten eines Verkehrsteilnehmers welcher ihn zum zweimaligen Abbremsen nötigte - niederschriftliche Meldung, indem er den Verlauf der Dinge im Detail beschrieb. Demnach fuhr der Meldungsleger an dem Tage gegen 10.35 Uhr mit seinem PKW Passat, dunkelrot lackiert, Kennzeichen HH-...

(D) auf der Attersee Bundesstraße Nr. 151 von Vöcklabruck kommend in Richtung Seewalchen a.A. Am Ortsanfang von Pichlwang fuhr von einer Hauseinfahrt ein grüner VW Golf im Rückwärtsgang, sohin Heck voran auf die vom Blickwinkel des Meldungslegers aus gelegene Gegenfahrbahn der Bundesstraße.

Dieser Golf mit dem Kennzeichen VB-..., der nach dem Rückwärtsfahrmanöver sich dann vorwärts Richtung Lenzing bewegte, mußte erheblich beschleunigen, wobei sich die Räder des Golf teilweise durchdrehten und quietschten. Es hatte der Lenker angesichts des auf seiner Fahrbahn entgegenkommenden Verkehrs (Distanz ca. 120-150 m) Mühe sich in die aufgelockerte Kolonne in der der Meldungsleger M.

fuhr, einzuordnen. Der Abstand zwischen den Fahrzeugen die sich mit einer Geschwindigkeit von rund 50 km/h in Richtung Lenzing bewegten, betrug nur eine Distanz für einen LKW-Zug.

Es gelang dem Lenker des Fahrzeuges VW Golf, Kennzeichen VB-... sich vor M. und dem in der Kolonne vor letzterem fahrenden Fahrzeug einzuordnen. M. mußte sein Fahrzeug zusammenbremsen, um dem Beschuldigten Platz für das Einordnen zu machen, weil der Beschuldigte ansonsten mit dem Gegenverkehr kollidiert wäre.

Wegen dieser Fahrweise betätigte M. dann die Lichthupe, worauf der VW-Lenker ihm ein abfälliges Zeichen mit der Hand bedeutete und auf die Bremse stieg, wodurch M. wieder abbremsen mußte.

Der Beschuldigte konnte aufgrund seiner beruflichen Abwesenheit erst rund ein Monat später zum Vorfall befragt werden und gab vor dem Gendarmerieposten Timelkam die Situation, besehen von einem Unbeteiligten und bei ganzheitlicher Betrachtungsweise, beinahe deckungsgleich wieder, berief sich allerdings darauf, daß er sich an die genaue Tatzeit nicht erinnern könne und daß der Lenker des Passat mit dem deutschen Kennzeichen HH-... beim Versuch des Beschuldigten sich einzuordnen beschleunigt habe, um ihn in die vorhandene Lücke nicht einfahren zu lassen. Er bestätigte, daß er als Reaktion auf das Anblinken M. das Bremspedal leicht angetippt habe und mit der flachen Hand über die Schulter gewunken habe.

Er gab der Meinung Ausdruck, daß der Lenker des Passat die Situation durch seine sture Einstellung bzw. Fahrweise verursacht habe.

In der daraufhin ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung stellte er die angelastete Tatzeit von 10.35 Uhr des unbestrittenen 5.8.1995 in Frage und vermeinte erst gegen Mittag das Haus (betreffend den in Rede stehenden Tatort) verlassen zu haben. Ferner stellt er das Quietschen der Reifen in Frage.

Aufgrund der vor Einleitung des Verfahrens gemachten Angaben vor der Gendarmerie Timelkam, welche die Eckdaten des Sachverhaltes vollinhaltlich bestätigen, kommt dem nachfolgenden Leugnen im Verfahren und den Behauptungen des Beschuldigten in der Berufung, die diese Rechtfertigung im wesentlichen übernimmt, keine Glaubwürdigkeit zu. Das rückwärtige Herausfahren in Fahrtrichtung Vöcklabruck, mit Beschleunigen aus dem Stillstand, um sich vor dem herannahenden Gegenverkehr in eine Lücke der Kolonne einzuordnen ist praktisch inhaltsgleich mit der Anzeige beschrieben. An der Identität der Tat besteht somit kein Zweifel. Durch die waghalsige Situation ist auch glaubhaft dargetan, daß es der Beschuldigte eilig hatte, sich in die Kolonne einzuordnen und darum erheblich beschleunigen mußte, wodurch das Durchdrehen der Räder und das damit verbundene Quietschen völlig lebensnah und damit erwiesen ist.

Auch für einen geschulten und geübten Autofahrer, war das Fahrmanöver waghalsig und ist daher sowohl die objektive Tatseite als auch die subjektive Tatseite als bedeutend anzusehen.

Rechtlich betrachtet hat allerdings die erste Instanz das rückwärts Herausfahren mit anschließendem Einordnen, einem unpassenden Tatbild unterlegt. Mit dem Rückwärtsfahren, bei dem ein Auslenken oder Abbremsen eines fremden Fahrzeuglenkers nicht nachgewiesen ist, war die Vorrangregel (Fließverkehr) nicht verletzt. Das anschließende Verhalten war an den allgemeinen Fahrregeln betreffend das Überholen zu messen.

Darüber hinaus fehlte in der Verfolgungshandlung zu Faktum 1 bei einer angelasteten Vorrangverletzung im Sinn des § 19 Abs.7 StVO 1960 der Vorwurf, daß durch die Fahrweise des Beschuldigten ein anderer Lenker zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei.

Schon aus diesem Grund, da kein gesetzliches Tatbild vorgeworfen wurde, war mit der Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens in diesem Umfang vorzugehen.

Hingegen haften bezüglich des Faktums 2 der angelasteten ungebührlichen Lärmerregung durch Reifenquietschen keine Formmängel an. Die Fahrweise des Beschuldigten war keineswegs unumgänglich notwendig, sondern wie sich beim Lokalaugenschein herausstellte äußerst riskant. Diesbezüglich konnte die lebensnahe Schilderung des in Bedrängnis gekommenen Lenkers überzeugen. In unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Geschehen war das vom Beschuldigten dem Grunde nach nicht bestrittene Rückwärtsfahren aus der Hauseinfahrt (mit ungewissem Ausgang ohne Einweiser bei laufender Kolonne) angesichts des herannahenden Gegenverkehrs völlig plausibel um das Durchdrehen der Reifen zu bekräftigen. Nachdem die Erstverantwortung des Beschuldigten vor der Gendarmerie, wie erwähnt, außer einigen subjektiven, für den Ausgang des Verfahrens nicht wesentlichen Details, praktisch deckungsgleich mit der Anzeige des Meldungslegers ist, bestanden auch hinsichtlich dessen Angaben zur Tatzeit keine Bedenken und läuft der Beschuldigte durch die Bestätigung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht Gefahr, wegen der Sache doppelt bestraft zu werden. Gemäß § 102 Abs.4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug (unter anderem) nicht ungebührlichen Lärm verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist.

Der Lärm war wie vorerwähnt vermeidbar, zumal die gesamte Fahrweise riskant war und hätte vermieden werden müssen.

Die Herbeiholung des entfernt wohnenden Zeugen zur Vernehmung in der mündlichen Verhandlung war angesichts der anderweitigen Beweismittel (beinahe deckungsgleiche Schilderung der Eckdaten der Tat) entbehrlich.

Aufgrund des Gewichtes der objektiven und subjektiven Tatseite war gemäß § 21 Abs.1 VStG, die Möglichkeit verstellt, den Beschuldigten wegen seines Verhaltens nur zu ermahnen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen bezüglich Faktum 2 beträgt gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 in Geld bis zu 30.000 S (im Falle der Uneinbringlichkeit an Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen).

Auch wenn der Beschuldigte, der derzeit noch ein monatliches Durchschnittseinkommen als Kraftfahrer von 15.000 S bezieht und in Kürze zum Zivildienst einberufen wird mit einer geringeren Entschädigung zu rechnen hat und andererseits die erlittenen Vorstrafen, wegen Übertretung der Verkehrsvorschriften nicht einschlägig waren und daher keinen besonderen Erschwerungsgrund bildeten, war es angesichts des Nichtvorliegens strafmildernder Umstände im Interesse der Spezialprävention nicht rechtswidrig, dem beträchtlichen Gewicht der objektiven und auch der subjektiven Tatseite mit einer Geldstrafe von 500 S, welcher ohnedies an der Untergrenze des Strafrahmens liegt, zu begegnen. Auch die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe entspricht dem Verhältnismäßigkeitsgebot.

Aus diesem Grund war im Ergebnis hinsichtlich des Faktums 2 das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen. Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, da im Straferkenntnis über zwei gesonderte Taten abgesprochen wurde, hinsichtlich des erfolglosen Teiles der Berufung der Rechtsmittelwerber einen Beitrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe zu leisten hatte (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. R. L., Weiterschwang .., 4851 Gampern; 2. Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Sportplatzstraße 1-3, 4840 Vöcklabruck zu Zl. VerkR96-16618-1995 unter Aktenrückschluß mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung der Entscheidung an den Rechtsmittelwerber und Einziehung der Verfahrenskosten zu Faktum 2.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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