Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103735/2/Le/La

Linz, 07.11.1996

VwSen-103735/2/Le/La Linz, am 7. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Dr. R F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.3.1996, Zl.

VerkR96-16742-1995, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15.3.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 103 Abs.2 Kraftfahrgesetzes 1967 (im folgenden kurz: KFG) eine Geldstrafe in Höhe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, als Zulassungsbesitzer der Behörde auf Verlangen nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber erteilt zu haben, wer den Pkw O am 6.9.1995 vor 15.00 Uhr in Altmünster, Raiffeisenstraße Höhe Raika, abgestellt hatte.

In der Begründung dazu wurde nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage der Sachverhalt dargestellt. Demnach wurde der nunmehrige Bw auf Grund der Anzeige des Marktgemeindeamtes Altmünster von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck um Bekanntgabe des Lenkers zum Tatzeitpunkt ersucht. In seinem Schreiben hätte dieser mitgeteilt, daß sein Bruder, Herr Mag. P F, den Pkw zum Tatzeitpunkt abgestellt hätte. Die Hausnummer sei dem nunmehrigen Bw nicht bekannt gewesen, weshalb er dessen Telefonnummer mitgeteilt hätte.

Am 11.1.1996 sei von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine Strafverfügung erlassen worden, gegen die der nunmehrige Bw fristgerecht Einspruch erhoben hätte.

Nach einer nochmaligen Wiedergabe des Wortlautes des § 103 Abs.2 KFG führte die Erstbehörde aus, daß es für die vollständige Beantwortung der Anfrage in Ansehung der Bekanntgabe der Anschrift des Lenkers nicht hinreiche, daß nur der Stadtteil, in dem der Lenker wohnhaft ist, angegeben werde. Ob es der Behörde möglich gewesen wäre, auf Grund dieser Angabe ohne besonderen Aufwand die genaue Anschrift zu ermitteln, sei nicht entscheidend, weil die Behörde zu derartigen Erhebungen nicht verpflichtet sei (mit Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.5.1990, 89/17/0177).

Mangels Angabe einer genauen Anschrift des Lenkers in der Beantwortung der Lenkeranfrage durch den Beschuldigten sei daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Nach Ansicht der Behörde wäre es dem Beschuldigten ohne großen Aufwand zumutbar gewesen, selbst seinen Bruder anzurufen und ihn nach seiner genauen Anschrift zu befragen.

Sodann legte die Erstbehörde die Erfüllung der subjektiven Tatseite sowie die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.4.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung führte der Bw aus, daß er die Berufung in erster Linie deshalb einbringe, um der Berufungsbehörde "und auch sonst höheren Ortes" vor Augen zu führen, wie mit einem Bürger, der stets bereit war und ist, die bestehende Rechtsordnung zu beachten, umgegangen werde.

Die Ausführungen der Behörde, wonach es nicht entscheidend sei, ob es der Behörde möglich gewesen wäre, auf Grund der Angaben ohne besonderen Aufwand die Hausnummer des Bruders zu ermitteln, seien Zeugnis für eine längst überwunden geglaubte, geradezu extreme obrigkeitsstaatliche Gesinnung der Behörde bzw. der Organwalter. Die Behörde ziehe es vor, anstatt mittels eines kurzen Anrufes bei ihm oder seinem Bruder die Sache mit der Hausnummer aufzuklären bzw.

mitzuteilen, daß die erteilte Auskunft ihrer Ansicht nach unvollständig und daher nicht erteilt sei, ein vier Seiten langes Straferkenntnis zu erlassen. Von der vielgerühmten Bürgernähe der Verwaltung sei in der Praxis offensichtlich nichts zu spüren.

Der Bw führte weiters aus, daß der Sachverhalt in der Strafverfügung vom 11.1.1996 so formuliert gewesen sei, daß er davon ausgehen mußte, daß seine der Behörde erteilte Auskunft, die nicht mittels Einschreibesendung aufgegeben worden war, dort allenfalls nicht eingelangt sein könnte; nicht aber so, daß die Nichterteilung der Lenkerauskunft lediglich in der fehlenden Hausnummer erblickt worden sei.

Die im angefochtenen Bescheid zitierte Entscheidung des VwGH sei auf den Fall nicht anwendbar, weil er nicht bloß den Stadtteil, sondern vielmehr auch die Straße bezeichnet hätte.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da der Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt eindeutig ersichtlich ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Der Bw ist mit seinen Ausführungen im Ergebnis im Recht:

Er hat mit seiner Lenkerauskunft vom 24.11.1995 der anfragenden Behörde den Namen des Lenkers mit "Mag. P F" sowie dessen Anschrift mit "G, E", bekanntgegeben; er gab an, daß ihm die Hausnummer nicht bekannt sei. Anstelle der Hausnummer gab er jedoch die Telefonnummer des Bruders an, die nicht im Telefonbuch eingetragen sei.

Es wäre daher für die Erstbehörde sehr einfach gewesen, durch einen kurzen Telefonanruf beim bezeichneten Lenker auch dessen Hausnummer zu erfahren, um sodann gegen diesen das Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten.

Dies wäre jedenfalls im Hinblick auf die das Verwaltungsverfahren prägenden Grundsätze der Einfachheit, Raschheit und Kostenersparnis (= Verwaltungsökonomie) (siehe §§ 39 bis 45 AVG) angebracht gewesen. Dies insbesonders aber auch im Hinblick auf die in Art.10 des Landes-Verfassungsgesetzes 1991 enthaltene, als unmittelbar anzuwendende Staatszielbestimmung zu verstehende Verpflichtung der Landesverwaltung zur Bürgernähe.

Es wird dabei nicht übersehen, daß die unvollständige Bekanntgabe von Adressen bei Lenkerauskünften die Behörde sehr oft vor erhebliche Probleme stellt. Gerade deshalb hat sich daher eine rigorose Verwaltungspraxis entwickelt, um bewußte Verfahrensverzögerungen effizient verhindern zu können.

Es macht aber einen großen Unterschied, ob - wie im Anlaßfall zu dem von der Erstbehörde zitierten VwGHErkenntnis vom 11.5.1990 - lediglich ein Stadtteil von Wien, oder etwa nur eine ausländische Stadt mit Straße und Hausnummer, jedoch ohne Bezeichnung des Staates angegeben wird.

Dagegen hat der Bw aber im vorliegenden Fall eine Adresse im angrenzenden Verwaltungsbezirk mit Ort und Straße angegeben und lediglich die Bezeichnung der Hausnummer durch Angabe der Telefonnummer ersetzt.

Wenn man für derartige Fälle schon auf den Verwaltungsgerichtshof zurückgreifen muß, so darf dann dessen Erkenntnis vom 22.4.1994, 93/02/0255, nicht übersehen werden, wonach es Sinn und Zweck der Regelung des § 103 Abs.2 KFG ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers eines Fahrzeuges ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen.

Zusammengefaßt ist daher festzustellen, daß in der gegenständlichen Angelegenheit ein Grenzfall vorlag, der jedoch im Sinne der Bestimmungen der Verwaltungsökonomie leicht zu lösen gewesen wäre. Der Bw hat, weil er zu Recht auf die bürgernahe und verwaltungsökonomische Handlungsweise der Behörde vertrauen konnte, die subjektive Tatseite der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht erfüllt, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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