Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-103798/23/Ki/Shn

Linz, 10.01.1997

VwSen-103798/23/Ki/Shn Linz, am 10. Jänner 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des W, vom 15. Mai 1996 gegen das Straferkenntnis der BH Gmunden vom 29. April 1996, VerkR96-9535-1995, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19. November 1996 zu Recht erkannt:

I: Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

II: Zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz hat der Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von insgesamt 1.600 S, ds jeweils 20 % der verhängten Geldstrafen, zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit Straferkenntnis vom 29. April 1996, VerkR96-9535-1995, hat die BH Gmunden über den Berufungswerber (Bw) 1) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 und 2) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, Geldstrafen in Höhe von 1) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) und 2) 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt, weil er am 25.8.1995 gegen 14.32 Uhr den Kombi mit Anhänger W-2651N auf der Westautobahn A1 im Gemeindegebiet Ohlsdorf in Richtung Salzburg gelenkt hat, wobei er 1) zwischen Strkm.219,090 und 220,041 die beim Ziehen eines leichten Anhängers auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritt und 2) im Bereich des Strkm.220,090 bei einer Fahrgeschwindigkeit von 129 km/h keinen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einhielt, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten auch bei plötzlichem Abbremsen des vorderen Fahrzeuges möglich gewesen wäre; da der Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug lediglich etwa 3 Meter betrug, wurde diese Verwaltungsübertretung mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen, da der Reaktionsweg bei einer Fahrgeschwindigkeit von 129 km/h 38,7 Meter beträgt. Er habe dadurch 1) § 58 Abs.1 Z2 lit.g KDV 1967, 2) § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 verletzt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von insgesamt 800 S (jeweils 10 % der verhängten Geldstrafen) verpflichtet.

I.2. Gegen das Straferkenntnis hat der Bw mit Schriftsatz vom 15. Mai 1996 Berufung erhoben mit dem Antrag, das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Im wesentlichen führte er dazu aus, daß auch ein Geständnis die Behörde davon nicht entbinden könne, sämtliche Beweise aufzunehmen. Insbesondere wäre die Behörde verpflichtet gewesen, in die vorhandenen Videoaufzeichnungen Einsicht zu nehmen bzw die Anzeiger nochmals über die von ihnen gemachten Wahrnehmungen zu befragen. Des weiteren hätten Erkundigungen darüber eingezogen werden müssen, ob der Tachometer geeicht war und gegebenenfalls wann die letzte Eichung stattgefunden hat.

Ausdrücklich werden die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen bestritten. Der Bw bestreitet, eine überhöhte Geschwindigkeit, als auch einen Abstand von lediglich drei Metern zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten zu haben. Diesbezüglich seien keine objektiven Unterlagen gegeben, die eine Verurteilung rechtfertigen würden.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 19. November 1996. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden die Meldungsleger RI W und RI D als Zeugen einvernommen. Der Rechtsvertreter des Bw hat an der Verhandlung teilgenommen und auf die beantragte Beweisaufnahme der Einvernahme des Bw ausdrücklich verzichtet. Ein Vertreter der Erstbehörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung wurde auch die Videoaufzeichnung über den gegenständlichen Vorfall vorgeführt.

Der Eichschein für den in das Dienstkraftfahrzeug eingebauten Geschwindigkeitsmesser wurde von den Meldungslegern nachträglich vorgelegt und dem Rechtsvertreter des Bw im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Dieser hat sich in einer Stellungnahme dahingehend geäußert, daß die Geschwindigkeit von dem schnell fahrenden Dienstfahrzeug der Meldungsleger gemessen wurde und sich daraus eine jedenfalls beachtliche Fehlerquelle ergebe. Zu berücksichtigen sei, daß das Dienstfahrzeug einen Fahrstreifenwechsel durchführen mußte und somit die gemessene Geschwindigkeit ungenau sei. Aus der Perspektive der Meldungsleger sei auch nicht erkennbar, daß bereits seit längerem ein geringer Tiefenabstand eingehalten wurde. Der Tiefenabstand sei ausreichend gewesen. Unter Umständen könne der Tiefenabstand verringert worden sein, was jedoch lediglich kurzfristig der Fall gewesen sein könne. Jedenfalls sei daraus keine Rücksichtslosigkeit iSd der Bestimmungen der StVO zu ersehen. Der vorgeworfene Tiefenabstand sei auch aus den Videoaufzeichnungen nicht zu erkennen.

I.5. Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung haben die Meldungsleger die Vorgangsweise bei Geschwindigkeitsmessungen allgemein erläutert. An den konkreten Fall konnten sie sich, da es sich um eine Routineamtshandlung gehandelt hat, nicht mehr erinnern.

I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussagen der Zeugen bzw das vorliegendene Videoband der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Die Aussagen der Gendarmeriebeamten sind schlüssig, widerspruchsfrei und stehen im Einklang zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Daß sich die Gendarmeriebeamten im Hinblick auf den verstrichenen Zeitraum nicht mehr konkret an die Amtshandlung erinnern können, ist durchaus nachvollziehbar.

Aus der Videoaufzeichnung geht in klarer Weise hervor, daß das Gendarmeriedienstfahrzeug zumindest zu Beginn und am Ende der Messung einen annähernd gleichen Abstand zum Fahrzeug des Bw eingehalten hat und es sind aus der Aufzeichnung sowohl die tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit des Gendarmeriefahrzeuges als auch die errechnete Durchschnittsgeschwindigkeit zu ersehen. Ein Eichschein über die ordnungsgemäße Eichung des Gerätes wurde von den Beamten vorgelegt. Weiters ist aus der Aufzeichnung in klarer Weise zu erkennen, daß der Bw im Bereich des vorgeworfenen Tatortes lediglich den von den Gendarmeriebeamten festgestellten Tiefenabstand zum Vorderfahrzeug eingehalten hat.

Der Bw konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle wirkten jedoch die Aussagen der Gendarmeriebeamten im Zusammenhang mit der vorgelegten Videoaufzeichnung glaubwürdiger. Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, daß der Bw als erste Reaktion die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zugegeben hat und er auch bereit gewesen wäre, ein Organmandant zu bezahlen. Noch im Rahmen einer Einvernahme vor der BPD Wien am 16. Februar 1996 hat er die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen zugegeben.

Der Bw hat weiters keine konkreten Vorhalte dahingehend gemacht, daß die gegenständliche Provida-Anlage technisch nicht in Ordnung gewesen wäre und es sind auch keine Anhaltspunkte hervorgekommen, daß die Meldungsleger dem Bw willkürlich eine Verwaltungsübertretung unterstellen würden.

I.7. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö.

Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 58 Abs.1 Z2 lit.g KDV 1967 darf beim Ziehen eines leichten Anhängers auf Straßen mit öffentlichem Verkehr eine Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h nicht überschritten werden.

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Wer als Lenker eines Fahrzeuges unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen zu bestrafen.

Aufgrund des oben dargelegten Beweisverfahrens gelangt der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die dem Bw vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen objektiv als erwiesen anzusehen sind und es sind auch in subjektiver Hinsicht (§ 5 VStG) keine Umstände hervorgekommen, welche den Bw diesbezüglich entlasten könnten.

Demnach hat der Bw die beim Ziehen eines leichten Anhängers erlaubte Höchstgeschwindigkeit im festgestellten Ausmaß überschritten und es bedarf keiner näheren Ausführungen, daß bei einer Fahrgeschwindigkeit von 129 km/h ein Abstand zum Vorderfahrzeug von lediglich drei Metern nicht ausreicht, das Fahrzeug im Fall eines plötzlichen Abbremsens des vorderen Fahrzeuges rechtzeitig anzuhalten. Es wird diesbezüglich auf die ausführlichen Darlegungen in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen.

Was die Qualifikation als besonders rücksichtslos anbelangt, so ist laut Rechtsprechung des VwGH das Auffahren an das Vorderfahrzeug bei einer Fahrgeschwindigkeit von bereits ca 85 km/h bis auf drei Meter als besonders rücksichtslos zu qualifizieren (VwGH 25.9.1986, 86/02/0058). Der Umstand der besonderen Rücksichtslosigkeit ist daher bereits dann gegeben, wenn auch nur über eine kurze Fahrtstrecke ein entsprechend geringer Tiefenabstand eingehalten wird. Daß der Tiefenabstand unter Umständen kurzfristig verringert war, wird auch vom Bw selbst eingestanden. Die Erstbehörde hat daher zu Recht das Verhalten des Bw (Faktum 2) als besonders rücksichtslos gewertet.

Was die Strafbemessung (§ 19 VStG) anbelangt, so hat die Erstbehörde Ermessen iSd Gesetzes ausgeübt und die Gründe für die Strafbemessung im angefochtenen Straferkenntnis ausführlich dargelegt.

Zu Recht wurde darauf hingewiesen, daß die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h sowie das Unterschreiten des erforderlichen Sicherheitsabstandes um mehr als den zehnfachen Wert schwere Verstöße gegen die einschlägigen Bestimmungen darstellen und einen hohen Unrechtsgehalt indizieren. Die Strafen wurden daher durchaus tat- und schuldangemessen festgelegt.

Als erschwerend war zu werten, daß der Bw bereits wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Verwaltungsübertretung rechtskräftig bestraft werden mußte.

Der von der Erstbehörde angenommene Milderungsgrund des umfassenden Geständnisses kommt im Hinblick auf die Bestreitung der Tat im Berufungsverfahren nicht zum Tragen, es ist jedoch der Berufungsbehörde verwehrt, wegen dieses Umstandes eine höhere Strafe festzusetzen.

Die Erstbehörde hat weiters auf die Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse des Bw Bedacht genommen. Im Hinblick darauf, daß gerade derartige Verwaltungsübertretungen immer wieder Ursache für schwere Verkehrsunfälle mit oft unabsehbaren Folgen sind, ist aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung vonnöten und es ist die Strafe auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich, um den Bw das Unerlaubte seines Verhaltens spürbar vor Augen zu führen.

Aus den dargelegten Gründen erscheint eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen nicht vertretbar und es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum