Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-103961/8/Bi/Fb

Linz, 12.03.1997

VwSen-103961/8/Bi/Fb Linz, am 12. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn G S, S, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V, S, L, vom 14. August 1996 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 31. Juli 1996, III-ST-379/95, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 66 VStG, §§ 38 Abs.5 iVm 38 Abs.1 lit.b und 99 Abs.3a StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 38 Abs.1 lit.b und 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er am 4. Oktober 1994 um 16.50 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen in T auf der J bei der Kreuzung mit der S und S, Fahrtrichtung Zentrum, das rote Licht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet und vor dem Schutzweg nicht angehalten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 150 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber beruft sich im wesentlichen darauf, mit dem Straferkenntnis werde ihm eine Handlung zur Last gelegt, die er zum genannten Zeitpunkt tatsächlich nicht begangen habe, zumal die Anzeige vom 4. Oktober 1994 stamme, die Tathandlung nach Ansicht des Meldungslegers aber am 3. Oktober 1994 gesetzt worden sei. Es sei auch nicht klar abgegrenzt, ob er bei Gelb- oder bei Rotlicht die Fußgängerampel passiert habe. Auch § 19 VStG sei in keiner Form berücksichtigt worden.

Er habe begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Meldungslegers vorgebracht, der einem Irrtum unterlegen sein dürfte. Seine Verantwortung sei aber mit dem Hinweis, daß es sich um eine Beschuldigtenaussage handle, ohne nähere Begründung als unglaubwürdig abgetan worden. Er beantragt daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Dabei fällt auf, daß die Anzeige, die mit 4. Oktober 1994 datiert ist, unter der Rubrik "Tatzeit" den 4. Oktober 1994 enthält, während unter der Rubrik "Sachverhalt" ausdrücklich vom 3. Oktober 1994 die Rede ist. Dieser Widerspruch wurde im erstinstanzlichen Verfahren nie aufgeklärt, obwohl er vom Rechtsmittelwerber bereits in der Rechtfertigung vom 9. Mai 1995 erstmals aufgezeigt wurde, sondern in sämtlichen Verfolgungshandlungen wurde dem Rechtsmittelwerber die Begehung von Verwaltungsübertretungen am 4. Oktober 1994 zur Last gelegt.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates wurde die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers RI R H vom 5. März 1997 veranlaßt, der ausgeführt hat, die Tatzeit sei der 3. Oktober 1994, 16.55 Uhr, gewesen. Er habe irrtümlich in der am 4. Oktober 1994 verfaßten Anzeige diesen Tag als Tatzeit angeführt, im Sachverhalt jedoch die richtige Tatzeit vermerkt.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Tat im Spruch dem Beschuldigten in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG begann im gegenständlichen Fall mit dem Zeitpunkt des Tatvorwurfs, nämlich dem 3. Oktober 1994 und endete demnach mit 3. April 1995. Sämtliche Verfolgungshandlungen während dieser Frist bezogen sich von der Formulierung des Tatvorwurfs her auf den 4. Oktober 1994.

Am 31. März 1995 wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter Akteneinsicht gewährt, wobei dieser Akt auch die in Rede stehende Anzeige enthielt. Zur Frage, ob durch die Einsichtnahme des Parteienvertreters in die Anzeige die Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen wurde, ist auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach das Zur-Kenntnis-Bringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung eine solche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG darstellt (vgl ua Erkenntnis verst. Sen. vom 19. September 1984, Slg. 11525 A, vom 20. Juli 1992, 92/18/0184).

Für den gegenständlichen Fall vermag der unabhängige Verwaltungssenat eine derartig eindeutige Umschreibung des Tatverhaltens hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente in der Anzeige nicht zu erkennen. Die Anzeige ist vielmehr hinsichtlich des Tages der vorgeworfenen Übertretung widersprüchlich und kann daher nicht als Grundlage für ein Verwaltungsstrafverfahren herangezogen werden. Da eine Klarstellung hinsichtlich der Tatzeit während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens nicht erfolgte, dieser Umstand aber nicht mehr nachzuholen ist, war mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen, zumal Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei auch Verfahrenskostenbeiträge weder bei der Erstinstanz noch beim unabhängigen Verwaltungssenat zu entrichten sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

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