Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 04.03.1997

VwSen-104379/2/Ki/Shn VwSen-104380/2/Ki/Shn VwSen-104381/2/Ki/Shn VwSen-104382/2/Ki/Shn VwSen-104383/2/Ki/Shn VwSen-104384/2/Ki/Shn Linz, am 4. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufungen des Rudolf Z, jeweils vom 10. Februar 1997 gegen die Straferkenntnisse der BH Schärding vom 23. Jänner 1997 1. VerkR96-454-1996 2. VerkR96-599-1996 3. VerkR96-688-1996 4. VerkR96-1616-1996 5. VerkR96-5080-1996 6. VerkR96-5739-1996 zu Recht erkannt:

I: Den Berufungen wird dahingehend stattgegeben, daß der Strafausspruch hinsichtlich der verhängten Primärarreststrafen von jeweils 7 Tagen behoben wird und statt dessen die Geldstrafen auf jeweils 15.000 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 17 Tage festgelegt werden.

II: Die Beiträge des Berufungswerbers zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Erstbehörde werden auf jeweils 1.500 S festgelegt; für das Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat ist kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II: §§ 64 und 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Mit den in der Präambel zitierten Straferkenntnissen wurden über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 wegen Übertretungen des § 103 Abs.2 KFG 1967 Geldstrafen von jeweils 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 10 Tage) bzw Primärarreststrafen von jeweils 7 Tagen verhängt.

Begründet wurde die Entscheidung im Hinblick auf die Strafbemessung dahingehend, daß als mildernd nichts gewertet werden konnte. Als erschwerend sei hingegen zu werten gewesen, daß gegen ihn 16 einschlägige Verwaltungsübertretungen aufscheinen, welche ihn offenbar nicht dazu veranlassen konnten, ihn von weiteren Übertretungen gleicher Art abzuhalten. Das Verschulden werde dadurch als hoch angesehen, weshalb es einer höheren Geldstrafe bedurfte. Die Höchststrafe betrage 30.000 S und bewege sich die verhängte Geldstrafe angesichts der zahlreichen Verwaltungsvorstrafen nach wie vor im unteren Bereich des Strafrahmens. Da er wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits 16 mal bestraft wurde, habe zusätzlich zur Geldstrafe eine Arreststrafe verhängt werden müssen, da es offenbar dieser bedürfe, um ihn vor weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Zwar nicht als Erschwerungsgrund aber doch als negativer Aspekt werde auf die weiteren 39 Verwaltungsvorstrafen wegen Übertretungen kraftfahrrechtlicher oder straßenpolizeilicher Bestimmungen hingewiesen und es sei insgesamt der Schluß gerechtfertigt, daß es sich bei ihm um eine Person handelt, der wenig daran gelegen ist, die für die Teilnahme am Straßenverkehr geltenden Vorschriften zu beachten.

Bezüglich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse gehe die Erstbehörde von folgenden Voraussetzungen aus: Aus den Vollstreckungsverfahren zu anderen Verwaltungsstrafverfahren sei bekannt, daß er einer Halbtagsbeschäftigung nachgehe und ein monatliches Einkommen von ca 7.200 S bis 7.800 S haben würde. Diese Verfahren würden auch zeigen, daß er Exekutionsschulden von ca 220.000 S habe. Er habe keine Sorgepflicht. Trotz seines Einkommens unterhalb des Existenzminimums dürfte er über derart ausreichende Einkünfte verfügen, welche ihm erlauben, einen PKW der Luxuskategorie (BMW 850i) zu lenken, welcher einen besonders hohen Erhaltungsaufwand erfordere. Der verhängte Strafsatz erscheine - vor allem im Hinblick auf die massiven Erschwerungsgründe - seinen persönlichen Verhältnissen angepaßt und den Bestimmungen des § 19 VStG entsprechend.

I.2. Der Bw erhob gegen diese Straferkenntnisse am 10. Februar 1997 in gleichlautenden Schriftsätzen Berufung mit dem Antrag, die verhängte Geldstrafe von 5.000 S entscheidend herabzusetzen und von der Verhängung einer Primärarreststrafe von 7 Tagen abzusehen.

Begründend führt er aus, daß nach § 134 KFG im wesentlichen zwei Voraussetzungen für die Verhängung einer Geld- und Arreststrafe nebeneinander gegeben sein müssen.

Einerseits müsse der Täter wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bereits zweimal bestraft worden sein, andererseits sei es notwendig, daß es der (zusätzlichen) Verhängung einer Arreststrafe bedürfe, um den Täter vor weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Umstände, die den Schluß zulassen, daß es der zusätzlichen Verhängung einer Arreststrafe bedürfe, um den Täter vor weiteren Übertretungen der gleichen Art abzuhalten, können zB sein, daß über den Täter wegen der gleichen Verwaltungsübertretung bereits die höchstzulässige Geldstrafe verhängt worden ist, oder daß über den Täter eine größere Anzahl von anderen Strafen verhängt werden mußte.

Im vorliegenden Fall sei nunmehr davon auszugehen, daß die Verhängung einer Primärarreststrafe von 7 Tagen gegen den Beschuldigten nicht geboten erscheine. Die verhängte Geldstrafe alleine sei geeignet den Beschuldigten von weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten, es bedürfe keiner Notwendigkeit neben der Geldstrafe eine Primärarreststrafe im Ausmaß von 7 Tagen zu verhängen. Die Höhe der verhängten Geldstrafe entspreche nicht den Bestimmungen des § 19 VStG. Die Strafe sei den persönlichen Verhältnissen des Beschuldigten nicht angepaßt, zumal von der Behörde selbst festgestellt wurde, daß dieser an Exekutionsschulden 220.000 S zurückzubezahlen habe und über ein monatliches Einkommen von ca 7.200 S bis 8.000 S verfüge.

In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß das Lenken und Halten eines PKW der Luxuskategorie, BMW 850i, mit Sicherheit nicht geeignet sei, Vermutungen über die angeblich vorhandenen ausreichenden Einkünfte des Bw anzustellen.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufungen samt der Verfahrensakte dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da jeweils primäre Freiheitsstrafen verhängt wurden, durch eine Kammer zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil sich die Berufungen nur gegen die Strafhöhe richten und die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 134 Abs.1 3. Satz KFG 1967 kann, wenn der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft wurde, anstelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden.

Gemäß 4. Satz leg.cit. können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden, wenn der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft wurde.

Gemäß 5. Satz leg.cit. ist die Verhängung einer Arreststrafe in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

I.5.1. § 134 Abs.1 KFG 1967 sieht vor, daß über den Täter Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden können, wenn dieser wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft wurde. Allerdings bedarf die Verhängung einer Primärfreiheitsstrafe einer eingehenden und sorgfältigen Begründung, dh, es sind konkrete nachvollziehbare Feststellungen zu den strafbestimmenden Umständen zu treffen. Diese Begründung wurde im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgenommen, es wurde lediglich abstrakt darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf die zahlreichen (16) einschlägigen Vorstrafen zusätzlich zur Geld- eine Arreststrafe verhängt werden müsse, da es offenbar dieser bedürfe, um den Bw von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe stellt einen gravierenden Eingriff in das Recht des Betroffenen auf persönliche Freiheit dar. Es soll diese Strafart nur dann angewendet werden, wenn andere mildere Strafmöglichkeiten erfolglos geblieben sind. Grundsätzlich soll die Geldstrafe stets Vorrang haben und eine Freiheitsstrafe nur dann verhängt werden, wenn die Geldstrafe zur Erreichung des Strafzweckes ausnahmsweise nicht ausreicht. Als Strafzweck in diesem Sinne sind jedoch nur Gründe der Spezialprävention anzusehen.

Im vorliegenden Fall ist es nun zwar offensichtlich, daß der Bw bisher in keiner Weise gewillt war, sich an die entsprechenden Rechtsvorschriften zu halten und er hat insbesondere in zahlreichen Fällen das gesetzliche Gebot des § 103 Abs.2 KFG 1967 ignoriert, andererseits wurde in diesen Fällen von der Erstbehörde der gesetzlich vorgesehene (Geld-)Strafrahmen in keiner Weise ausgeschöpft. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen geht hervor, daß maximal eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (in einem Fall) verhängt wurde.

Wenn auch gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 die Verhängung von Geldstrafen und primären Freiheitsstrafen nebeneinander grundsätzlich zulässig ist, so vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, daß, bevor eine primäre Freiheitsstrafe verhängt wird, der vorgesehene Geldstrafrahmen (unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse) auszuschöpfen ist. Auf diese Weise wird der betroffenen Person die Möglichkeit eingeräumt, doch zu erkennen, daß die Nichteinhaltung von (Verwaltungs-)Vorschriften letztlich entsprechende Konsequenz nach sich führt und es könnten diese strengeren Geldstrafen durchaus spezialpräventiven Zwecken entsprechen.

Nachdem sohin die Erstbehörde bisher den (Geldstraf-)Rahmen nicht annähernd ausgeschöpft hat, erscheint es nicht gerechtfertigt bzw nicht zulässig, im konkreten Fall primäre Freiheitsstrafen zu verhängen, weshalb diesbezüglich der Berufung Folge zu geben war.

I.5.2. Die vom Bw verletzte Verwaltungsvorschrift dient vor allem dazu, daß Übertretungen der Verkehrsvorschriften auch in den Fällen wirkungsvoll geahndet werden können, in denen das Fahrzeug nicht angehalten werden konnte bzw der Fahrzeuglenker nicht bekannt ist. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift bewirkt, daß es den staatlichen Behörden nicht möglich ist, Verwaltungsübertretungen, insbesondere im Bereich der Straßenverkehrsordnung bzw des Kraftfahrgesetzes, wirkungsvoll zu verfolgen, was letztlich auch negative Folgen für die Verkehrssicherheit nach sich zieht.

Die nunmehr festgelegten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen erscheinen tat- und schuldangemessen und es ist insbesondere als gravierend straferschwerend zu berücksichtigen, daß der Bw offensichtlich nicht gewillt ist, sich den gesetzlichen Anordnungen zu unterwerfen. Die alleine im Bereich der BH Schärding vorgemerkten Verwaltungsübertretungen, davon 16 einschlägige Übertretungen, zeigen, daß der Bw in verwerflicher Art und Weise Vorschriften bzw Behörden ignoriert, weshalb es insbesondere aus spezialpräventiven Gründen erforderlich ist, eine entsprechend strenge Bestrafung vorzunehmen.

Von der Ausschöpfung des vollen Strafrahmens war allerdings im Hinblick auf die vom Bw dargelegten bzw in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses aufgezeigten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse abzusehen.

Eine weitere Herabsetzung war jedoch sowohl aus den bereits aufgezeigten spezialpräventiven als auch aus generalpräventiven Gründen nicht zulässig und es wird darauf hingewiesen, daß durchaus bei weiteren Übertretungen der verfahrensgegenständlichen Bestimmung des KFG künftighin auch primäre Freiheitsstrafen verhängt werden können.

Der Ordnung halber wird darauf hingewiesen, daß die Erhöhung der Geldstrafen bei gleichzeitigem Wegfall der primären Freiheitsstrafen nicht gegen das Verbot der reformatio in peius verstößt (vgl VwGH vom 26.4.1976, 1465/74).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Die Neufestsetzung der Beiträge zu den Kosten für die erstinstanzlichen Strafverfahren war im Hinblick auf die Erhöhung der Geldstrafen erforderlich. Auch die Bemessung der Kosten des Strafverfahrens ist vom Verbot der reformatio in peius nicht betroffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. B l e i e r

 

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