Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130330/2/WEI/Ni

Linz, 10.02.2004

 

 

 VwSen-130330/2/WEI/Ni Linz, am 10. Februar 2004

DVR.0690392
 

 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dr. R. L., vertreten durch Dr. E H, Rechtsanwalt in L, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. Oktober 2002, Zl. 933/10-1800642, wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetz zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

I. Tatbeschreibung

 

Sie haben am 5.3.2002 von 14:17 bis 14:31 in Linz, Bürgerstraße vor dem Haus mit der Nummer 7 das mehrspurige Kraftfahrzeug, CHRYSLER, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt. Sie sind der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der gültigen Fassung:

 

§§ 2 Abs. 1 und 6 Abs.1 lit.a Oö. Parkgebührengesetz 1988.

§§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs.1 der Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz 1989.

 

III. Strafausspruch

 

Es wird über Sie eine Geldstrafe von € 36,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden verhängt.

 

Rechtsgrundlagen: § 6 Abs.1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz, §§ 16 und 19 VStG

 

IV. Kostenentscheidung

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10 % der verhängten Strafe, mindestens € 1,50, das sind € 3,60 zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) beträgt

 

€ 39,60."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 28. Oktober 2002 zugestellt worden ist, richtet sich die am 11. Oktober 2002 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom gleichen Tag, die am 14. November 2002 bei der belangten Behörde einlangte und mit der die Erteilung einer bloßen Ermahnung angestrebt wird.

 

 

2.1. Zum Verfahrensgang und dem im durchgeführten Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt wird auf die Darstellung im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Danach steht im Wesentlichen unbestritten fest, dass der Bw das mehrspurige Kraftfahrzeug CHRYSLER, am 5. März 2003 von 14.17 Uhr bis 14.31 Uhr ohne gültigen Parkschein in Linz vor dem Haus Bürgerstraße 7 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hatte, wobei der die bezahlte Parkdauer um 14 Minuten überschritt.

 

Der Bw wurde im erstbehördlichen Verfahren am 12. Juli 2002 zur Sache einvernommen. Dabei brachte er vor, dass er am 5. März 2002 um 13.30 Uhr einen gerichtlichen Lokalaugenschein in der B verrichten hätte müssen, der etwa eine 3/4 Stunde hätte dauern sollen. Er habe für eine Stunde die Parkgebühr in dem Glauben entrichtet, dass er damit das Auslangen finden würde. Er hätte dann auch noch mit dem Aufsichtsorgan gesprochen, das ihm gesagt hätte, er möge Einspruch erheben, weil es nicht mehr rückgängig zu machen sei. Zum Beweis wurde offenbar auch ein Verhandlungsprotokoll zu 9 C 1409/01d des BG Linz vom 5. März 2003 (Dauer von 13.30 bis 14.40 Uhr) in Kopie vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass im Zuge einer Verkehrsunfallsache eine Zeugenvernehmung, die Parteienvernehmung und das Gutachten des kraftfahrtechnischen Sachverständigen vorgesehen waren.

 

Das Parkgebühren-Aufsichtsorgan der Überwachungsfirma Group 4 Securitas Austria AG wurde von der belangten Behörde am 24. Juli 2003 einvernommen. Die Dame bestätigte einen Parkschein bis 14.16 Uhr vorgefunden zu haben. An ein Gespräch konnte sie sich nicht erinnern.

 

In der Stellungnahme vom 6. September brachte der Bw vor, dass er die Parkgebühr um 13.16 Uhr für eine Stunde in der Annahme entrichtet hätte, dass die Verhandlung in einer 3/4 Stunde abgewickelt hätte werden können und im Bedarfsfalle die Möglichkeit bestanden hätte, die Parkgebühr nachzuzahlen, zumal er sich mit der Gerichtskommission in unmittelbarer Nähe zum abgestellten Fahrzeug aufgehalten hätte. Durch die Gerichtsverhandlung abgelenkt habe er den Ablauf der Parkdauer übersehen, die Dame der Überwachungsfirma bei seinem Auto noch bemerkt und auf den gerichtlichen Lokalaugenschein hingewiesen. Diese habe dennoch eine Organstrafverfügung ausgestellt und erklärt, der Bw müsse sich alles weitere mit dem Magistrat ausmachen. Seine Teilnahme als Rechtsvertreter am Lokalaugenschein stelle einen Schuldausschließungsgrund dar.

 

2.2. Die belangte Behörde ging im Straferkenntnis zur Schuldfrage iSd § 5 Abs 1 VStG davon aus, dass es dem Beschuldigten nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Zum behaupteten Entschuldigungsgrund des Notstands verwies die Erstbehörde darauf, dass dringende unaufschiebbare Termine nicht geeignet seien, den Schuldausschließungsgrund des Notstands zu erfüllen (Hinweis auf VwGH 23.9.1985, 85/18/0301).

 

Einem Kurzparkzonenbenutzer mit dem Sonderwissen eines Rechtsanwalts, dem auf Grund seiner Berufserfahrung bewusst sei, dass es bei Gerichtsverhandlungen zu Verzögerungen kommen kann, sei es zumutbar die Parkgebühr für die höchsterlaubte Parkdauer von 1 1/2 Stunden zu entrichten oder von vornherein die Parkgarage zu benutzen.

 

Durch das Überschreiten der Parkdauer in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone liege eine Schädigung der Interessen der übrigen Benützer von solchen Kurzparkzonen insofern vor, als diese Handlungsweise einer maximalen Umschlagshäufigkeit des im Innenstadtbereich ohnedies knapp bemessenen Parkplatzangebots entgegensteht. Bei der Strafbemessung wurde als Milderungsgrund berücksichtigt, dass keine Vormerkungen in Bezug auf Übertretungen des Oö. Parkgebührengesetzes vorlagen.

 

2.3. In der Berufung bekräftigt der Bw, dass er der Annahme war, die Verhandlung könnte in einer Dreiviertelstunde abgewickelt werden, zumal nur ein Zeuge vernommen werden musste und das Gericht pünktlich erschienen wäre. Er entrichtete die Parkgebühr auch deshalb für eine Stunde, weil er auch wegen der Nähe zu seinem abgestellten Fahrzeug jederzeit nachzahlen hätte können. Die Gerichtsverhandlung dauerte aber länger und durch das Verhandlungsgeschehen abgelenkt hätte er den Ablauf der Parkdauer übersehen.

 

Die Berufung gibt zu bedenken, dass der Bw zunächst die Parkgebühr tatsächlich entrichtet hat und sohin Willens gewesen wäre, die Parkgebührenvorschriften einzuhalten. Andererseits hätte er nicht zum eigenen Vorteil das Fahrzeug in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, sondern er wäre als Organ der Rechtspflege im Rahmen einer Gerichtsverhandlung tätig gewesen. Dies stelle zwar noch keinen Schuldausschließungsgrund iSd § 6 VStG dar, komme ihm aber insofern nahe, als eine Pflichtenkollision vorgelegen wäre und die Tätigkeit als Organ der Rechtspflege ein höherwertiges Rechtsgut darstelle, als die Verringerung der Umschlagshäufigkeit des im Innenstadtbereich knapp bemessenen Parkplatzangebotes.

 

Im Hinblick auf § 21 VStG sei das Übersehen der Parkzeit von wenigen Minuten sicherlich als geringfügig einzustufen. Die Übertretung sei zur Gänze folgenlos geblieben. Die Erstbehörde hätte daher von der Verhängung einer Geldstrafe absehen und eine bescheidmäßige Ermahnung aussprechen müssen.

 

Hilfsweise wendet die Berufung auch Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften ein, weil dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Bezirksrichters Dr. W W nicht entsprochen wurde. Diese Beweisaufnahme zum Nachweis des Vorbringens des Bw wäre erforderlich, weil die Erstbehörde den Grund für das Abstellen des Fahrzeuges nicht in ihre Sachverhaltsdarstellung aufgenommen hätte.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zur Zahl 933/10-9894880 des Magistrats der Landeshauptstadt Linz festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 Abs 1 lit a) Oö. Parkgebührengesetz (LGBl Nr. 28/1988 idF LGBl Nr. 90/2001) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen,

 

wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

 

Nach § 1 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Erhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 1989/11 idF 2001/14 vom 30.07.2001) ist der Lenker verpflichtet, für das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzone eine Parkgebühr zu entrichten; die Höhe der Parkgebühr beträgt nach § 2 Abs 1 lit b) der Linzer Parkgebührenverordnung für jede angefangene halbe Stunde 50 Cent.

 

Die Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes ist nach dem Vorbringen des Bw im gegenständlichen Berufungsverfahren unstrittig und bedarf daher keiner weiteren Erörterung. Bekämpft wurde ausschließlich die Nichtanwendung des § 21 Abs 1 VStG.

 

4.2. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 862 ff, E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

 

4.3. Nach der Aktenlage ist erwiesen, dass der Bw in Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt zur Tatzeit an einem Lokalaugenschein in der B teilgenommen hatte und in unmittelbarer Nähe in der B seinen Chrysler Voyager, abgestellt und für eine Stunde bis 14.16 Uhr die Parkgebühr entrichtet hatte. Er dachte damit das Auslangen zu finden, weil nur ein Zeuge zu vernehmen und ein kraftfahrtechnisches Gutachten zu erstatten war. Außerdem hätte er wegen der örtlichen Nähe im Bedarfsfall leicht einen weiteren Parkschein lösen können. Dies übersah er allerdings in weiterer Folge im Zuge der doch etwas länger als erwartet dauernden Verhandlung, weshalb er die Parkzeit um 14 Minuten überschritt. Die Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes hat der Bw zugestanden, allerdings sieht er darin nur ein geringfügiges Versehen ohne Folgen. Konkrete Auswirkungen dieser Tat, etwa dass jemand vergeblich einen gebührenpflichtigen Parkplatz zur Tatzeit gesucht hätte, sind nach der Aktenlage auch nicht bekannt geworden.

 

Das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats hält das Vorbringen des Bw für plausibel und vertritt die Auffassung, dass das öffentliche Interesse an einer maximalen Umschlagshäufigkeit des knapp bemessenen Parkplatzangebots zumindest nicht höher bewertet werden kann, als das öffentliche Interesse an der Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege im Rahmen eines Lokalaugenscheins. Deshalb spricht prinzipiell nichts dagegen, in berücksichtigenswerten Fällen einem Rechtsanwalt, der trotz seiner Berufserfahrung die Dauer einer Verhandlung falsch eingeschätzt hat, die Rechtswohltat des § 21 Abs 1 VStG zu gewähren. Im vorliegenden Fall sind keine Umstände hervorgekommen, die auf eine unvertretbare oder unrealistische Haltung des Bw schließen ließen. Es ist wegen der besonderen örtlichen Nähe des Lokalaugenscheins zum Abstellplatz auch glaubhaft, dass er bei Bedarf weitere Parkzeit "nachgekauft" hätte. Deshalb muss in subjektiver Hinsicht davon ausgegangen werden, dass der Bw die Parkgebühr für die gesamte Parkzeit bezahlen wollte. Daran hinderte ihn nur ein Versehen. Abgelenkt durch seine Tätigkeit als Rechtsvertreter übersah er den Ablauf der Parkzeit um 14 Minuten. Dabei handelt es sich wohl um ein fahrlässiges Verschulden minderen Grades, das - wenn überhaupt - nur unbedeutende Folgen hatte. Dazu kommt weiter, dass der Bw wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes noch keine Vormerkung aufweist.

 

Bei dieser Sachlage spricht die Abwägung der Umstände für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG, weil das fahrlässige Verschulden des Bw geringfügig erscheint und nur eine geringe Überschreitung der bezahlten Parkdauer von 14 Minuten vorlag. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds konnte unter diesen Umständen mit einer Ermahnung des Bw das Auslangen gefunden werden.

 

 

5. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt auch im Fall der Aufhebung des Strafausspruchs die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

 
 

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