Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104570/10/BI/FB

Linz, 19.05.1998

VwSen-104570/10/BI/FB Linz, am 19. Mai 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 4. Kammer (Vorsitz: Dr. Wegschaider, Berichterin: Mag. Bissenberger, Beisitz: Dr. Weiß) über die Berufung des Herrn H S, H, L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H K, L, L, vom 8. April 1997 gegen Punkt 4) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 25. März 1997, S 39945/96-V1S, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, in der Fassung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. April 1997, III-S 39945/96 V1S, aufgrund des Ergebnisses der am 21. April 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 4) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 2. Alt. und 66 VStG, §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten ua im Punkt 4) wegen der Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S (15 Tage EFS) verhängt, weil er am 19. November 1996 um 17.55 Uhr in L, A, Höhe Zugang zu den Häusern gegenüber 25 bis 65, den PKW gelenkt und sich am 19. November 1996 um 23.30 Uhr in L, H, geweigert habe, sich der Untersuchung der Atemluft (Alkomat) auf Alkoholgehalt zu unterziehen, obwohl er von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert worden sei, weil er verdächtig gewesen sei, das Fahrzeug zum vorgenannten Zeitpunkt in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute) gelenkt zu haben. Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 1.500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 4. Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 21. April 1998 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, seines rechtsfreundlichen Vertreters Mag. G sowie der Zeugen RI T L und B S durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz hat sich entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde vom Rechtsmittelwerber verzichtet. 3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, weder aus der mündlichen Verkündung des Straferkenntnisses noch aus der Niederschrift könne unzweifelhaft entnommen werden, worunter welche Tat subsumiert worden sei bzw welcher konkreter Tatbestand als erwiesen angenommen worden sei. Es fänden sich auch keine Hinweise, warum er gegen § 5 Abs.2 StVO verstoßen haben solle, obwohl eventuell eine Übertretung des § 5 Abs.4 StVO vorgelegen hätte, die aber nicht einmal angezeigt worden sei. Als Meßort sei das Wachzimmer angeführt worden und eine Alkoholuntersuchung in der Wohnung hätte gar nicht stattfinden können. Er könne aber auch keine Übertretung gemäß § 5 Abs.4 StVO 1960 begangen haben, weil eine Verpflichtung einer Person, bei der die Vermutung des durch Alkohol beeinträchtigten Zustandes Voraussetzung für die Alkoholkontrolle sei, sich der Atemluftkontrolle zu unterziehen, nur so lange besteht, als noch brauchbare Ergebnisse zu erwarten seien. Nach der bisherigen Judikatur seien dies drei Stunden, darüber hinaus sei die Notwendigkeit der Beweissicherung besonders zu begründen, was bei ihm nicht erfolgt sei. Er sei erst nach fünf Stunden geweckt und zur Alkoholuntersuchung aufgefordert worden. Eine solche habe aber gar keinen Sinn mehr gehabt, zumal er ausdrücklich angegeben habe, zur Unfallzeit nicht alkoholisiert gewesen zu sein und erst um 18.40 Uhr zu Fuß ins Lokal "T" gegangen zu sein und dort zwei bis drei Halbe Bier getrunken zu haben. Auch seine Gattin habe angegeben, um 18.05 Uhr keine Spuren einer Alkoholisierung an ihm wahrgenommen zu haben. Allein vom Unfallhergang lasse sich die Vermutung einer Alkoholisierung nicht ableiten. Er habe gegenüber den Beamten unüberlegterweise in einer Trotzreaktion auf Grund ihres Benehmens die völlig unrichtigen 36 Halben Bier erwähnt.

Ausdrücklich bekämpfe er auch das Strafausmaß, zumal sein Zustand unmittelbar nach dem Wecken aus dem Schlaf nicht berücksichtigt worden sei; die Schuld sei jedenfalls als sehr gering anzusehen. 4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber und sein rechtsfreundlicher Vertreter gehört und die genannten Zeugen einvernommen wurden.

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich: Unbestritten ist, daß der Rechtsmittelwerber am 19. November 1996 gegen 17.55 Uhr seinen PKW, Kz. , in L, A beim Zugang zu den Häusern Nr. 25-65 lenkte und mit der geöffneten Tür des dort abgestellten PKW, Kz. , kollidierte, wobei der rechte Außenspiegel des Beschuldigtenfahrzeuges abbrach und hinunterfiel. Der Rechtsmittelwerber setzte, wie er in der mündlichen Verhandlung angab, die Fahrt in einer Art Panikreaktion fort und stellte den PKW in der Tiefgarage des Hauses H 49 ab. Anhand des Rückspiegels wurde von den Beamten des Wachzimmers Kleinmünchen ermittelt, daß dieser zu einem VW Passat ab Baujahr 1986 gehörte, und die Suche auch auf die Tiefgaragen ausgedehnt. In der Tiefgarage für die Häuser H 47-71 wurde der auf den Rechtsmittelwerber zugelassene PKW mit abgebrochenem rechtem Außenspiegel vorgefunden, wobei festgestellt wurde, daß der Spiegel zum Fahrzeug paßte. Gegen 23.15 Uhr läutete der inzwischen diensthabende Meldungsleger RI L, dem der Unfallhergang bekannt war, zusammen mit einem weiteren Beamten bei der Wohnung des Rechtsmittelwerbers, wo ihm von der Zeugin B S geöffnet wurde. Diese wies darauf hin, daß ihr Gatte schon schlafe, und erklärte sich nach dem Hinweis auf den Verkehrsunfall bereit, ihn zu wecken. Als der Rechtsmittelwerber nicht sogleich aufstand, gingen beide Beamte ins Schlafzimmer und weckten ihn. Beim anschließenden Gespräch wurde er zum Verkehrsunfall und seinem Alkoholkonsum befragt, zumal er laut Aussage des Zeugen RI L deutliche Symptome einer Alkoholisierung aufwies. Seine Aussage, 34 Halbe Bier getrunken zu haben, wurde vom Zeugen auf Grund des gereizten Gesprächsklimas nicht ernst genommen, jedoch erging an den Rechtsmittelwerber auf Grund des Alkoholgeruchs aus dem Mund und des alkoholisierten Eindrucks die Aufforderung, zur Vornahme einer Atemluftuntersuchung ins Wachzimmer mitzukommen, was dieser aber ablehnte.

Nach der Aussage von RI L befand sich der Rechtsmittelwerber um 23.15 Uhr in einem solchen Zustand, daß er ihn, wenn er ihn so beim Lenken eines Fahrzeuges angetroffen hätte, mit Sicherheit zum Alkotest aufgefordert hätte. Die Angaben über die 34 Halben Bier hat er nicht ernst genommen, er konnte aber auch den Zustand des Rechtsmittelwerbers nicht als leicht, schwer oder mittelschwer alkoholisiert zuordnen. Laut seiner Aussage erfolgte die Aufforderung zum Alkotest deshalb, weil für ihn die Fahrerflucht ein Indiz für eine eventuelle Alkoholbeeinträchtigung des Rechtsmittelwerbers zur Unfallzeit war, zumal ihm das Herunterfallen des Rückspiegels auffallen mußte. Die Zeugin B S hat von ihrem Entschlagungsrecht nicht Gebrauch gemacht und angegeben, sie könne ausschließen, daß ihr Gatte, der wegen eines Krankenstandes am Vorfallstag zuhause gewesen sei, daheim Bier getrunken habe, weil kein solches im Haushalt vorhanden sei. Ihr Gatte sei von 17.00 bis 18.00 Uhr weggewesen und habe danach keinen alkoholisierten Eindruck gemacht. Sie hätten aber wegen eines Streits an diesem Abend nichts miteinander geredet. Um etwa 21.00 Uhr sei er dann wieder weggegangen und nach ca. eineinhalb Stunden zurückgekommen, wobei ihr auch zu dieser Zeit keine Alkoholisierung an ihm aufgefallen sei. Um ca. 22.30 Uhr habe sie dann den Sohn in die Kaserne gebracht und dabei festgestellt, daß am PKW der rechte Außenspiegel gefehlt habe. Sie habe ihren Gatten aber nicht danach gefragt, weil er bei ihrer Rückkehr schon im Schlafzimmer gewesen sei. Als sie ihn nach dem Erscheinen der Polizisten geweckt habe, sei ihr wegen des geöffneten Fensters kein Alkoholgeruch aufgefallen. Weil er nicht sofort aufgestanden sei, hätten ihn die Beamten unsanft geweckt und er habe bei der Befragung im Wohnzimmer einen müden und etwas verschlafenen Eindruck gemacht. Er habe sich trotz des Hinweises des Zeugen RI L, bei Verweigerung der Atemluftuntersuchung sei der Führerschein für 15 Monate weg, geweigert, zum Atemtest mitzukommen. Der Grund dafür sei ihrer Meinung nach die provokante Art des Zeugen und der Umstand, daß die Beamten ins Schlafzimmer gekommen seien und ihren Gatten wie einen Schwerverbrecher behandelt hätten. Der Rechtsmittelwerber hat bei der mündlichen Verhandlung angegeben, er habe tagsüber keinen Alkohol getrunken und sei gegen 17.00 Uhr wegen eines Streits mit seiner Gattin zu einem Bekannten, nämlich zu C W, T, gefahren, habe dort aber nur Kaffee getrunken. Auf der Heimfahrt gegen 18.00 Uhr sei dann der Unfall passiert, wobei er wegen des Ärgers daheim offenbar unaufmerksam gewesen und deshalb zu weit nach rechts gekommen sei. Der rechte Außenspiegel seines PKW sei mit der Tür des anderen PKW kollidiert, was er sofort bemerkt habe; er sei in einer Art Kurzschlußhandlung weitergefahren und habe den PKW 700 m weiter in der Tiefgarage abgestellt. Seiner Gattin habe er vom Unfall nichts erzählt. Er sei dann gegen 21.30 Uhr in ein Lokal gegangen und habe dort zwei bis drei Halbe Bier getrunken. Nach 23.15 Uhr habe seine Gattin versucht ihn zu wecken, weil zwei Polizisten nach ihm gefragt hätten. Als er nicht gleich aufgestanden sei, seien beide Beamte ins Schlafzimmer gekommen, hätten ihn unsanft geweckt und seien auch geblieben, während er sich angezogen habe. Im Wohnzimmer sei ihm dann Fahrerflucht vorgeworfen worden, wobei er im Zuge eines Wortwechsels angegeben habe, 34 Halbe Bier getrunken zu haben. Erst am Ende der Amtshandlung sei er zum Atemtest aufgefordert worden, den er aber wegen der rüden Führung der Amtshandlung verweigert habe. Das bei der Erstinstanz abgegebene Geständnis habe sich nur auf den Verkehrsunfall und die Verweigerung des Atemtests bezogen, nicht aber auf eine eventuelle Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt.

Bei der Verhandlung wurde eingewendet, daß dem Rechtsmittelwerber der Führerschein seitens der Erstinstanz nicht entzogen wurde, sondern vielmehr der Zeugin S bei ihrem vertretungsweisen Erscheinen bei der Erstinstanz im Dezember 1996 erklärt wurde, er könne den Führerschein behalten. Vorgelegt wurde die Kopie einer Niederschrift vom 18. Dezember 1996, aus der hervorgeht, daß das Ermittlungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens ausgesetzt wird. Der unabhängige Verwaltungssenat vertritt im Rahmen der freien Beweiswürdigung die Ansicht, daß die zeugenschaftlichen Angaben von RI L über die Amtshandlung ebenso wie die Beschuldigtenverantwortung hinsichtlich Unfallhergang und Trinkangaben der Wahrheit entsprechen bzw nicht zu widerlegen sind, wobei der genaue Zustand des Rechtsmittelwerbers in bezug auf eine Alkoholisierung zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung, die im Wachzimmer K stattfinden hätte sollen, nicht geklärt werden konnte. Die Trinkangaben von zwei bis drei Halben Bier um ca 21.30 Uhr sind daher glaubwürdig, wobei auf Grund der inzwischen vergangenen Zeit eine nunmehr erstmalige zeugenschaftliche Einvernahme von C W zur Frage, was der Rechtsmittelwerber zwischen 17.00 und 18.00 Uhr des 19. November 1996 bei ihm getrunken hat, entbehrlich ist. Die Aussage der Zeugin S, wonach ihr Gatte weder um 18.00 Uhr noch nach seiner Rückkehr aus dem Lokal, noch zur Zeit der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung einen alkoholisierten Eindruck gemacht habe, ist insofern erklärbar, als sie ihm offenbar wegen des Streits nicht so nahe gekommen ist, daß sie den zweifellos nach dem Bierkonsum vorhandenen und auch vom Zeugen RI L unzweifelhaft bestätigten Alkoholgeruch bemerken hätte können. Daß ihr auch beim Gespräch im Wohnzimmer der Rechtsmittelwerber nur verschlafen, aber nicht alkoholisiert vorgekommen ist, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung unglaubwürdig.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungsssenat erwogen: Gemäß § 5 Abs.2 Z.1 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht ... außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen. Gemäß § 99 Abs.1 lit.b leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Auf Grund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens bestand zum Zeitpunkt der Aufforderung für den Meldungsleger RI L jedenfalls der Verdacht, der Rechtsmittelwerber könnte um ca. 18.00 Uhr als Lenker des PKW in der A an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen sein, zumal beim genannten PKW der rechte Außenspiegel fehlte und der am Unfallort gefundene Außenspiegel zum PKW paßte. Der Meldungsleger hat glaubhaft bestätigt, daß der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftprobe merklich alkoholisiert war; er konnte aber den Grad der Alkoholisierung nicht einschätzen. Für ihn bestand auf Grund des Umstandes, daß nach seiner Ansicht die Kollision des Außenspiegels mit der Tür des abgestellten PKW und das Herabfallen des Außenspiegels für den Lenker des Unfallfahrzeuges unbedingt bemerkt werden mußte, und der Fahrerflucht die Vermutung, daß sich der Rechtsmittelwerber auch zum Zeitpunkt des Unfalls in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben könnte.

Zwischen dem Unfall und der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung sind fünfeinhalb Stunden vergangen. Die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung mußte sich im gegenständlichen Fall auf den Unfallzeitpunkt 18.00 Uhr beziehen, wobei der Rechtsmittelwerber beim Verkehrsunfall selbst nicht in Erscheinung trat, sodaß um 18.00 Uhr keine Symptome einer Alkoholisierung oder sonstige Anzeichen für eine solche festzustellen waren. Er selbst hat sich damit verantwortet, zum Unfallzeitpunkt keinen Alkohol getrunken, sondern erst danach um ca. 21.30 Uhr zwei bis drei Halbe Bier in einem Lokal konsumiert zu haben. Diese Trinkverantwortung war auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens nicht zu widerlegen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht eine Verpflichtung zur Vornahme der Atemluftprobe nur so lange, als noch praktische Ergebnisse davon zu erwarten sind. Solche sind bis zu drei Stunden nach Beendigung des Lenkens jedenfalls zu erwarten (vgl ua VwGH v 16. Dezember 1992, 92/02/0317). Bei längeren Zeiträumen muß die Behörde ausführen, welche Umstände zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest vorlagen, die vermuten ließen, daß sich der Beschuldigte zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (mit einem zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest noch nicht völlig abgebauten Blutalkoholgehalt) befunden habe (vgl VwGH v 14. Juni 1996, 96/02/0020). Im gegenständlichen Fall hat die Erstinstanz nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, das als formularmäßig begründetes Kurzerkenntnis erging, die Zulässigkeit der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung angenommen, ohne dies entsprechend begründet zu haben. Auch bei der mündlichen Verhandlung war kein Behördenvertreter anwesend, sodaß die Begründung für den Schuldspruch gänzlich unterblieben ist.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat ist eine solche Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung des Rechtsmittelwerbers zum Unfallzeitpunkt deshalb nicht gegeben, weil allein der Unfallhergang, nämlich eine Streifung der Tür eines abgestellten PKW mit dem Außenspiegel, nicht als typisch alkoholbedingt anzusehen ist. Der Rechtsmittelwerber hat den Unfall auf seinen Ärger daheim und die dadurch bedingte Unaufmerksamkeit zurückgeführt. Die Fahrerflucht hat er als Kurzschlußhandlung bezeichnet, um neuerlichem Ärger zu entgehen. An der Unfallstelle wurden keine Beobachtungen gemacht, die auf eine eventuell schon bestehende Alkoholbeeinträchtigung beim Rechtsmittelwerber hingedeutet hätten. Sein Zustand bei der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung fünfeinhalb Stunden später wurde vom Zeugen RI L zumindest als so alkoholisiert beschrieben, daß dieser ihn, hätte er ihn als Lenker eines Fahrzeuges so auf der Straße angetroffen, jedenfalls zum Alkotest aufgefordert hätte. Der Zeuge konnte ihn aber weder als stark noch mittelstark noch schwach alkoholisiert einordnen. Daß dieser Zustand von den nach seinen Angaben inzwischen getrunkenen etwa drei Halben Bier herrühren könnte, wurde vom Zeugen nach dem äußeren Erscheinungsbild des Rechtsmittelwerbers als durchaus nachvollziehbar bezeichnet.

Geht man davon aus, daß der Rechtsmittelwerber tatsächlich inzwischen drei Halbe Bier getrunken hat, so läßt sich bei einer stündlichen Abbaurate von 0,15 %o bezogen auf die Unfallzeit 18.00 Uhr, ds 0,8 %o, bei einem nach der Statur des Rechtsmittelwerbers geschätzten Körpergewicht von etwa 70 kg, sohin einem durch die Alkoholmenge hervorgerufenen BAG von etwa 1,2 %o, rückgerechnet auf 18.00 Uhr ein BAG von etwa 0,4 %o errechnen. Daraus folgt, daß zum Zeitpunkt der Aufforderung zum Alkotest keine Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung bezogen auf die Unfallzeit 18.00 Uhr iSd § 5 Abs.1 StVO, nämlich 0,8 %o oder darüber, nachvollziehbar ist. Für den unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich somit, daß durch eine Atemluftprobe nach 23.30 Uhr ein verwertbares Ergebnis im Hinblick auf die Unfallzeit nicht mehr zu erwarten gewesen wäre.

Zum weiteren Berufungsvorbringen, es wäre, wenn überhaupt, das Vorliegen einer Übertretung nach § 5 Abs.4 StVO 1960 zu prüfen gewesen, weil die Atemluftuntersuchung nicht in der Wohnung des Rechtsmittelwerbers, sondern im Wachzimmer K vorgenommen worden wäre, ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach § 5 Abs.4 StVO idFd 19. StVO-Novelle als eine Ausformung der Bestimmung des § 5 Abs.2 leg.cit. anzusehen ist, und eine Weigerung, sich zum Zweck der Feststellung des Atemalkoholgehalts zur nächstgelegenen Dienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmeßgerät befindet, bringen zu lassen, im Ergebnis eine Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt darstellt (vgl Erk v 5. November 1997, 97/03/0238). Gemäß § 45 Abs.1 Z1 2. Alt. VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet. Da im gegenständlichen Fall ein verwertbares Ergebnis der Atemluftuntersuchung nicht mehr zu erwarten gewesen wäre, bestand keine Verpflichtung des Rechtsmittelwerbers, der diesbezüglichen Aufforderung nachzukommen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war, wobei auch Verfahrenskostenbeiträge naturgemäß nicht anfallen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Wegschaider Beschlagwortung: Zeitraum von 5,5 Stunden zwischen Lenken und Aufforderung zur Atemluftuntersuchung erfordert Begründung, ob voraussichtlich noch ein Ergebnis zu erwarten war, das Rückschlüsse auf eine Alkoholbeeinträchtigung zur Lenkzeit zuläßt, Beweisverfahren hat ergeben, daß keine Rückschlüsse auf Lenkzeit im gegenständlichen Fall zu erwarten sind. Erstinstanz hat Kurzerkenntnis erlassen und niemand ist zur Verhandlung erschienen, daher keine Begründung; Verkehrsunfall mit Sachschaden durch Streifung des Außenspiegels ist nicht alkoholtypisch, daher Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG.

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