Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104593/3/Ki/Shn

Linz, 08.07.1997

VwSen-104593/3/Ki/Shn Linz, am 8. Juli 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dietmar W, vom 22. April 1997, gegen das Straferkenntnis der BH Urfahr-Umgebung vom 4. April 1997, VerkR96-1113-1997-OJ, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 4. April 1997, VerkR96-1113-1997-OJ, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt, weil er am 23.1.1997 um 21.50 Uhr den PKW, Opel Vectra, Kennz., in Linz, auf der Stelzhamerstraße von der Ederstraße kommend in Richtung Goethestraße gelenkt und dabei bei der Kreuzung mit der Landstraße als durch das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" Wartepflichtiger durch Einfahren auf die Landstraße den auf der Landstraße in Richtung Blumau fahrenden Vorrangberechtigten Lenker des Chrysler Voyager zum unvermittelten Bremsen des Fahrzeuges genötigt hat (verletzte Rechtsvorschrift: § 99 Abs.3 lit.a iVm § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 150 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 22. April 1997 Berufung. Im wesentlichen wird argumentiert, daß beim gegenständlichen Verkehrsunfall lediglich Sachschaden entstanden sei und die Bestimmungen über das Verhalten nach einem Verkehrsunfall eingehalten wurden. Gemäß § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 wäre demnach die Tat straffrei.

Die Beifahrerin habe mit dem Kopf leicht an der Autodecke gestreift. Durch die getragenen Haarklammern habe sie nach ihrer Aussage eine Stunde leichte Kopfschmerzen verspürt. Bei derartig leichten und kurzfristigen Kopfschmerzen handle es sich um keine Körperverletzung, vielmehr um eine Befindlichkeitsstörung. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Vom Bw wurde in Kopie eine Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Linz vom 5. März 1997 vorgelegt, wonach die wegen des gegenständlichen Vorfalles erstattete Anzeige gemäß § 90 Abs.1 StPO aus dem Grunde des § 6 Abs.1 JGG zurückgelegt wurde.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen.

Gemäß § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn durch die Tat lediglich Sachschaden entstanden ist, die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden (§ 4 Abs.5) eingehalten worden sind und nicht eine Übertretung nach Abs.1 vorliegt.

Dem Bw wird eine "Vorrangverletzung" vorgeworfen. Durch dieses Verhalten ist es zu einem Verkehrsunfall gekommen. Die sich bei diesem Verkehrsunfall im Fahrzeug des Bw befindliche Diane K hat bei ihrer Einvernahme vor der BPD Linz am 25. Jänner 1997 ausgesagt, daß sie durch den Unfall mit dem Kopf leicht an der Autodecke gestreift sei. Da sie mehrere Haarklammern trug, habe sie zunächst leichte Kopfschmerzen verspürt, eine ärztliche Versorgung habe sie jedoch aufgrund der geringfügigen Schmerzen abgelehnt. Etwa eine Stunde später habe sie keine Schmerzen mehr verspürt. Ansonsten ist bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall lediglich Sachschaden entstanden. Die Erstbehörde vermeint nun, daß dem Bw die Rechtswohltat des § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 nicht mehr zugute kommen könne, da die Beifahrerin bei dem Verkehrsunfall verletzt worden sei.

Unter einer Verletzung iSd zitierten Bestimmung ist ein Eingriff in die körperliche Integrität einer Person zu verstehen. Wenn auch die Zurücklegung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Linz grundsätzlich eine Verletzung der Beifahrerin des Bw nicht ausschließt, so vertritt die erkennende Berufungsbehörde die Auffassung, daß im konkreten Fall die bloß leichten und kurzfristigen Kopfschmerzen keinen Eingriff in die körperliche Integrität einer Person darstellen und somit die Beifahrerin des Bw beim gegenständlichen Unfall nicht verletzt wurde. Nachdem auch sonst bloß Sachschaden entstanden ist und die Bestimmungen über das Verhalten bei einem Verkehrsunfall eingehalten wurden, liegen die Voraussetzungen für die Strafwohltat des § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960 vor.

Es war daher der Berufung Folge zu geben.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Bloß leichte und kurzfristige Kopfschmerzen gelten nicht als Vertretung iSd § 99 Abs.6 lit.a StVO 1960

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