Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104599/2/Ki/Shn

Linz, 20.05.1997

VwSen-104599/2/Ki/Shn Linz, am 20. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des L, vom 25. April 1997, gegen das Straferkenntnis der BH Ried vom 17. April 1997, VerkR96-4665-1996, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Ried/I hat mit Straferkenntnis vom 17. April 1997, VerkR96-4665-1996, über den Berufungswerber (Bw) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 80 Stunden) verhängt, weil er es trotz schriftlicher Aufforderung der BH Ried/I vom 20.6.1996, Zl.VerkR96-4665-1996, zugestellt durch Hinterlegung am 25.6.1996, unterlassen hat, als Zulassungsbesitzer des PKW binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 25.5.1996 um 09.31 Uhr gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann (verletzte Rechtsvorschrift: § 103 Abs.2 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967). Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 400 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 25. April 1997 Berufung. Er begründet diese im wesentlichen damit, daß ihm das Auskunftsverlangen weder zugestellt noch eine Hinterlegungsanzeige in seinen Briefkasten eingeworfen wurde. Er beantrage daher, da er das ihm zur Last gelegte Delikt nicht begangen habe, die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens. I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und wie folgt erwogen:

Aufgrund einer Anzeige betreffend Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf der Innkreisautobahn hat die BH Ried/I dem nunmehrigen Bw mit Schreiben vom 20. Juni 1996 den verfahrensgegenständlichen Lenkerauskunftsauftrag erteilt. Dieses Schreiben wurde laut RSb-Rückschein am 25. Juni 1996 beim Postamt 1227 Wien hinterlegt, die Sendung wurde jedoch vom Bw nicht behoben und daher an die BH Ried/I retourniert. In der Folge wurde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw geführt, er rechtfertigte sich darin stets, daß ihm das behördliche Auskunftsbegehren nicht zugekommen sei. Vorerst ist der erstbehördlichen Argumentation beizupflichten, daß im vorliegenden Fall ein rechtsgültiger Zustellvorgang stattgefunden hat. Der Bw hat nicht behauptet, ortsabwesend gewesen zu sein, weshalb die hinterlegte Sendung iSd § 17 Abs.3 Zustellgesetz als zugestellt galt. Nachdem gemäß § 17 Abs.4 Zustellgesetz die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die Verständigung beschädigt oder entfernt wurde, mag es auch dahingestellt bleiben, ob, wie der Bw argumentiert, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden wurde.

Unabhängig von der Zustellproblematik ist jedoch im vorliegenden Fall auch zu prüfen, ob dem Bw ein Verschulden an der vorgeworfenen Nichtauskunfts- erteilung trifft, wobei zu bemerken ist, daß für die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein fahrlässiges Verhalten, dh, eine fahrlässige Nichterteilung der Auskunft, ausreicht. Es stellt sich daher die Frage, ob der Bw bei Einhaltung der objektiven Sorgfaltspflicht hätte erkennen müssen, daß die nicht behobene hinterlegte Briefsendung der BH Ried/I einen Auftrag zur Erteilung der Lenkerauskunft enthält. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig handelt der Täter dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte.

Zwar ist von einem mit rechtlichen Werten verbundenen Staatsbürger letztlich zu erwarten, daß er im Fall der Ankündigung der Hinterlegung eines behördlichen Schriftstückes dieses umgehend behebt und sich über den Inhalt dieses Schriftstückes informiert. Daß es der Bw in diesem Punkt an der gebotenen objektiven Sorgfaltspflicht mangeln ließ, steht außer Frage, es reicht jedoch dies im vorliegenden konkreten Fall nicht für einen Schuldspruch aus. Geht man nämlich von der Aktenlage aus, so mußte der Bw nicht unbedingt damit rechnen, daß er einen derartigen Auftrag erhält, ist doch nicht auszuschließen, daß er von der gegenständlichen Anzeige gar nicht Kenntnis hatte. Demzufolge kann ihm auch nicht vorgeworfen werden, daß er dem behördlichen Auftrag durch fahrlässiges Nichtbeheben des behördlichen Schreibens nicht nachgekommen ist, weshalb ihm letztlich in bezug auf die Nichterteilung der Lenkerauskunft kein Verschulden unterstellt werden kann. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß das Verhalten des Bw im vorliegenden konkreten Fall keine Verwaltungsübertretung bildet, weshalb er durch die Bestrafung in seine Rechten verletzt wurde. Der Berufung war daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen. II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Mag. K i s c h

Beschlagwortung: Im Falle der Nichtbehebung des durch Hinterlegung zugestellten Auftrages um Lenkerauskunftserteilung stellt die Nichterteilung der Auskunft kein strafbares Verhalten dar.

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