Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220698/21/Ga/La

Linz, 25.04.1996

VwSen-220698/21/Ga/La Linz, am 25. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H... B..., vertreten durch Dr. P... B..., Rechtsanwalt in L..., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. August 1993, Zl.

502-32/Sta/We/10,11,12,77/92, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1973 - GewO 1973, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 25. April 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird zum Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses in der Weise stattgegeben, daß A. der Berufungswerber nicht der 18fachen, sondern nur der einfachen Begehung der ihm in diesem Spruchpunkt angelasteten Verwaltungsübertretung schuldig ist, nämlich für den gesamten durch die lit.a bis lit.r erfaßten Tatzeitraum (das ist: 25. April bis 5.

Dezember 1992) mit den dort jeweils angegebenen Betriebszeitüberschreitungen als eine Übertretung; B. die über den Berufungswerber verhängten Strafen (18 x:

Geldstrafe 3.000 S/Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) aufgehoben werden; stattdessen wird über den Berufungswerber wegen dieser einen Verwaltungsübertretung (vorhin: I. A.) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt; C. die verletzte Verwaltungsvorschrift zu diesem Spruchpunkt zu lauten hat: "§ 367 Z26 GewO 1973 iVm der Auflage unter P. 12. des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1.

Oktober 1986, GZ 501/SO-99/86"; D. als Strafnorm zu diesem Spruchpunkt anzuführen ist:

"§ 367 Einleitung GewO 1973".

II. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde im Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird auf 100 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 16, § 19, § 44a, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2; § 64 Abs.2, § 65.

Entscheidungsgründe:

Vorgeschichte zu diesem Erkenntnis:

Das in dieser Strafsache erlassene h. Erkenntnis vom 30.

November 1994, VwSen-220698/2/Ga/La, hat nach dagegen erhobener Beschwerde der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Mai 1995, Zl. 95/04/0022, im Umfang der Spruchpunkte I. und II. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Zu Recht nämlich habe der Beschwerdeführer die vom unabhängigen Verwaltungssenat dem Schuldspruch zugrundegelegte Unterbrechung des Fortsetzungszusammenhanges bestritten einerseits und habe der Gerichtshof von sich aus eine im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG gelegene, rechtswidrige Unvollständigkeit der in diesem Fall als verletzt anzugeben gewesenen Verwaltungsvorschriften aufzuzeigen gehabt andererseits. Daß der im h. Erkenntnis dem Schuldspruch - im Wege der diesbezüglichen Bestätigung - zugrundegelegte Sachverhalt unvollständig oder die Beweiswürdigung fehlerhaft gewesen wäre, hat hingegen der Verwaltungsgerichtshof nicht judiziert.

Gleichzeitig hat er ausgeführt, daß im Beschwerdefall eine öffentliche mündliche Verhandlung zwar durchzuführen gewesen wäre, ohne allerdings zugleich den Umstand der im ersten Rechtsgang unterbliebenen Verhandlung als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ausdrücklich festzustellen. Vielmehr hat er zu diesem Beschwerdegrund lediglich seine eigene ständige Rechtsprechung betreffend die grundsätzliche Obliegenheit des Beschwerdeführers, die Relevanz des Unterbleibens der öffentlichen mündlichen Verhandlung darzutun, vor dem Hintergrund des aus Art.6 Abs.1 und Abs.3 lit.d MRK erfließenden verfassungsfesten Grundsatzes des 'fair trial' problematisiert.

Zufolge der Aufhebung tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des im angegebenen Umfang aufgehobenen h. Erkenntnisses befunden hat (§ 42 Abs.3 VwGG). In Bindung an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes hat daher der unabhängige Verwaltungssenat diesen ERSATZBESCHEID zu fällen.

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber als Konzessionsinhaber und somit als gewerberechtlich Verantwortlicher des Lokals "B..." in L..., W..., schuldig erkannt, er habe 1. in insgesamt 18 Fällen die durch Auflage im ursprünglichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid für dieses Lokal festgesetzte Betriebszeit überschritten.

Dadurch habe der Berufungswerber 18 Verwaltungsübertretungen gemäß § 367 Z26 GewO 1973 iVm dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1.10.1986, GZ 501/SO-99/86, begangen und seien deswegen über ihn "in Anwendung des § 22 VStG" je kostenpflichtig 18 x Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) in der Höhe von je 3.000 S (drei Tage) zu verhängen gewesen.

2. Mit der dagegen rechtsfreundlich erhobenen, nun durch Schriftsatz vom 21. März 1996 modifizierten Berufung wird ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt, um dem Berufungswerber insbesondere die Darlegung seiner drastisch verschlechterten persönlichen Verhältnisse zu ermöglichen. Ergänzend führt der Berufungswerber aus, daß das inkriminierte Verhalten nunmehr schon vier Jahre zurückläge, kein Schaden herbeigeführt worden sei und er sich seither wohlverhalten habe. Auch möge in einem günstigen Licht betrachtet werden, daß "man als Gastwirt natürlich seine Gäste die Gläser leeren läßt", und sei niemals vorgekommen, daß er nach der Sperrstunde noch Getränke ausgeschenkt hätte.

Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG, hilfsweise eine milde Bestrafung.

3. Die öffentliche mündliche Verhandlung wurde am 25.

April 1996 in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsfreundes durchgeführt. Die gleichfalls geladene belangte Behörde hat auf die Teilnahme verzichtet.

Auf Grund dieser Verhandlung wird der dem angefochtenen Schuldspruch (Faktum 1.) zugrundegelegte Sachverhalt als maßgebend auch für dieses Erkenntnis festgestellt; die gemäß den lit.a bis lit.r im Zeitraum vom 25. April bis zum 5.

Dezember 1992 insgesamt festgestellten Betriebszeit-Überschreitungen mit dem für die einzelnen Tage jeweils angegebenen Ausmaß der Überschreitung sind nunmehr unstrittig und somit ebenso erwiesen wie der Umstand, daß für diesen Tatzeitraum die im Schuldspruch mit ihrem Wortlaut wiedergegebene Auflage unter Punkt 12. des bezeichneten Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides verbindlich aufrecht gewesen ist; erwiesen ist schließlich auch, daß zu den festgestellten Überschreitungen noch Gäste im Lokal gewesen sind und Getränke konsumiert haben.

Dieser Sachverhalt ist von den im Strafakt der belangten Behörde einliegenden Anzeigen der einschreitenden Organe der Bundespolizeidirektion Linz gedeckt und ist weiters vollständig mit tauglichen und rechtzeitigen Verfolgungshandlungen dem Berufungswerber als Verdacht bestimmter Verwaltungsübertretungen bekanntgegeben worden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Einleitung GewO 1973 (in der zur Tatzeit anzuwendenden Fassung) begeht eine mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z26 dieser Vorschrift ... die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Gemäß Auflagenpunkt 12. des Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (als Gewerbebehörde) vom 1. Oktober 1996, GZ 501/SO-99/86, ist die Betriebszeit des involvierten Cafehauses ("B...") mit 11.00 bis 2.00 Uhr festgelegt.

4.2. Vor diesem Hintergrund steht fest, daß der Berufungswerber mit dem als erwiesen festgestellten Verhalten die objektive Tatseite der ihm angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

Er ist für diese Übertretung auch verantwortlich und sie ist ihm im Grunde des § 5 Abs.1 VStG als schuldhaft zuzurechnen. Diesbezüglich hat der unabhängige Verwaltungssenat, insbesondere gestützt auf die eigenen Angaben des Berufungswerbers, keinen Zweifel an der zumindest bedingt vorsätzlichen Begehungsform.

4.3. Im Recht allerdings ist der Berufungswerber, wenn er einwendet, daß vorliegend die belangte Behörde übersehen habe, die Übertretungshandlungen als fortgesetztes Delikt einzuordnen.

Tatsächlich ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erk. vom 10. September 1991, Zl. 88/04/0311, ausgesprochen hat, die Nichteinhaltung einer in einem Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflage iSd § 367 Z26 GewO 1973, sofern mehrere gesetzwidrige Einzelhandlungen vorliegen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines (noch erkennbaren) zeitlichen Zusammenhanges sowie des diesbezüglichen Gesamtkonzeptes des Täters stehen, als fortgesetztes Delikt zu werten. Bei Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes darf der Täter nur wegen der Begehung einer Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt werden und es darf auch nur eine Strafe verhängt werden.

Wesentlich kommt es dabei auf das Gesamtkonzept des Täters an, also darauf, daß der Täter nicht durch ein nach außen hin in Erscheinung tretendes Verhalten zu erkennen gegeben hat, daß er das der Tat zugrundeliegende Gesamtkonzept seines Verhaltens geändert hat (vgl. VwGH 23.5.1995, 95/04/0022). Dafür ist kein Anhaltspunkt hervorgekommen. Für sich allein aber ist bei der Art der hier erwiesenen Tathandlungen selbst die in diesem Fall auffällige ca.

dreieinhalb monatige Unterbrechung noch nicht geeignet, eine Unterbrechung des Gesamtkonzeptes des Täters zu indizieren (vgl. neuerlich das eben zit. Erk. des VwGH).

Dies der rechtlichen Beurteilung zugrunde legend waren daher sämtliche Einzelhandlungen vom 25. April 1992 bis einschließlich 5. Dezember 1992 zusammenzufassen und spruchgemäß als eine einzige Verwaltungsübertretung vorzuwerfen und demgemäß zu bestrafen.

5. Was die Neufestsetzung der Geldstrafe anbelangt, war auf Grund des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung dem hilfsweisen Antrag auf Verhängung einer milden Strafe zu entsprechen. Vor dem Hintergrund der Kriterien des § 19 VStG waren dabei folgende Umstände für die Ermessensentscheidung von Gewicht:

- Zu Recht moniert der Berufungswerber, daß der Beginn des zu ahndenden Verhaltens bereits vier Jahre zurückliegt; damit dauert das Verfahren schon deutlich länger als die (in diesem Fall gehemmt gewesene) Frist der Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs.3 VStG). Vertretbar ist daher, das der Strafe (auch) innewohnende Sühneelement - hier verstanden als Abgeltung der erlittenen Störung des öffentlichen Interesses an einer von allen Mitbewerbern gleichermaßen zu beachtenden gewerberechtlichen Ordnung nur noch marginal zu bewerten.

- In den Hintergrund tritt auch der von der belangten Behörde noch zu Recht gewertete Erschwerungsgrund einer nun schon fast vor viereinhalb Jahren verhängten einschlägigen Vorstrafe, zumal die Darstellung des Berufungswerbers, er habe sich seit dem vorliegend inkriminierten Verhalten wohlverhalten, nicht widerlegt werden konnte und der Berufungswerber sich nunmehr erklärtermaßen - spät zwar, doch immerhin - von der reumütigen Einsicht in sein Fehlverhalten leiten läßt.

- Die Einkommenssituation des Berufungswerbers hat sich nicht ausschließbar als Folge einer Änderung des objektiven Konkurrenzumfeldes im Einzugsbereich des von ihm seit Juli 1993 als Pächter geführten Lokales Cafe-Pub "T..." in T... - mittlerweile, beginnend ab Winter 1993, fortlaufend und markant verschlechtert, was schließlich zum Scheitern seiner beruflichen Existenz als selbständiger Gastwirt hat (nachgewiesen durch die Konkurseröffnung zufolge Beschluß des Landesgerichtes Linz vom 20. März 1996); dies mit nachhaltigen Auswirkungen (ua regelmäßig zu leistende Einzahlungen auf das Masse-Konto) auf sein derzeit schon niedriges Monatseinkommen von ca.

12.000 S netto, aus dem er jedoch auch seinen Hälfteanteil der monatlichen Miete in Höhe von 3.950 S zu bestreiten hat und das weiters durch die neu hinzugetretene Sorgepflicht für seine am 24. August 1995 geborene Tochter regelmäßig belastet ist, sodaß zusammengenommen schon wegen dieser Einkommenssituation, die auch nicht durch nennenswertes Vermögen gemildert erscheint, aus heutiger Sicht das Ausmaß der Geldstrafe iSd § 14 Abs.1 iVm § 19 Abs.2 letzter Satz VStG derart festzusetzen war, daß dadurch weder sein eigener notwendiger Unterhalt noch der seiner unversorgten Tochter gefährdet wird.

- Die Konkurseröffnung bewirkt zudem die Unmaßgeblichkeit des spezialpräventiven Abschreckungsgedankens der zu verhängenden Strafe in diesem Fall.

Dem weiteren Begehren, gemäß § 21 VStG von der Strafe ganz abzusehen, war hingegen nicht zu entsprechen. Ein Absehen von der Strafe nach dieser Gesetzesbestimmung hat gemäß ihres Abs.1 zur tatbestandsmäßigen Voraussetzung, daß sowohl das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, als auch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Diese Voraussetzungen sind jedoch vorliegend schon im Hinblick darauf nicht erfüllt, daß die Störung des Schutzzweckes der Betriebszeitenregelung, der in mehrfacher Hinsicht Bedeutung für die im besonderen öffentlichen Interesse gelegene, ordnungsgemäße Führung eines Gastgewerbebetriebes zukommt, immerhin länger als ein halbes Jahr fortgedauert hatte.

Daß - nach Auffassung des Berufungswerbers - durch sein Fehlverhalten kein Schaden verursacht worden sein soll, ist vorliegend für die Strafbemessung rechtlich ohne Bedeutung, weil die Tat als schlichtes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs.1 VStG einzuordnen ist.

6. Die Verbesserung der Spruchteile gemäß § 44a Z2 und Z3 VStG war unter Rückgriff auf die diesbezügliche Richtigstellungspflicht des unabhängigen Verwaltungssenates zu verfügen. Die Tatseite ist davon nicht berührt.

7. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Berufungswerber ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren nicht aufzuerlegen, sein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde jedoch entsprechend herabzusetzen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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