Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106076/8/Ki/Shn

Linz, 30.09.1999

VwSen-106076/8/Ki/Shn Linz, am 30. September 1999

DVR.0690392

VwSen-106077/8/Ki/Shn

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufungen des Hartwig K, vom 7. Jänner 1999 gegen die Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Dezember 1998, GZ III/CST.23054/98 bzw III/CST.22987/98, wegen Übertretungen der StVO 1960 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. September 1999 zu Recht erkannt:

  1. Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit den in der Präambel zitierten Straferkenntnissen hat die Bundespolizeidirektion Linz den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe am 19. Mai 1998 um 10.03 Uhr in Linz, Landstraße, von der Kreuzung mit der Bismarckstraße über die Mozartkreuzung stadteinwärts, bzw am 19.5.1998 um 10.15 Uhr in Linz, Landstraße von der Mozartkreuzung über Kreuzung mit der Bismarckstraße stadtauswärts, mit dem Kfz., Kz:, die Fußgängerzone befahren, ohne eine erlaubte Ladetätigkeit durchzuführen und ohne ein bevorzugter Benützer der Fußgängerzone gemäß § 76a Abs.5 StVO zu sein.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurden über ihn Geldstrafen in Höhe von jeweils 500 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 18 Stunden) verhängt. Gemäß § 64 VStG wurde er überdies zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen diese Straferkenntnisse per Telefax am 7. Jänner 1999 Berufung mit der Begründung, daß er in der Fußgängerzone Kunden zu besuchen und Waren zu liefern hatte. Als Beleg legte er drei Bestellscheinkopien, jeweils datiert mit 19. Mai 1998, vor. Eine solche Bestellscheinkopie betrifft ein Tabakspezialitätengeschäft mit der Örtlichkeit Landstraße.

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufungen samt Verfahrensakte dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakte sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 29. September 1999. Bei dieser Berufungsverhandlung wurden der Beschuldigte sowie als Zeugen die beiden Meldungsleger einvernommen.

Außerdem wurde mit dem Inhaber des in Linz, Landstraße, situierten Tabakspezialitätengeschäftes telefonisch Rücksprache gehalten. Dieser erklärte, daß die Vorgangsweise im Zusammenhang mit Bestellungen so sei, daß Herr K bei ihm im Geschäft die Bestellung aufnimmt und den jeweiligen Bestellschein dort ausfüllt. Dies bedeutet, daß, wenn eine Bestellung mit einem bestimmten Datum versehen ist, Herr K an diesem Tag im Geschäft war und die Bestellung aufgenommen hat. Uhrzeitmäßig konnte er natürlich keine Konkretisierung vornehmen.

I.5. Der Bw verblieb auch im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung bei seiner Rechtfertigung, er habe zum Vorfallszeitpunkt im gegenständlichen Tabakspezialitätengeschäft eine Lieferung vorgenommen, er habe dazu sein Kraftfahrzeug vor dem Geschäft abgestellt. Zu diesem Zeitpunkt habe sich in unmittelbarer Nähe eine Baustelle befunden, es könne durchaus sein, daß durch diese Baustelle das Fahrzeug von den Meldungslegern nicht als abgestellt wahrgenommen werden konnte. Der Bw erklärte auch, daß er von einem der Meldungsleger angehalten worden wäre, und zwar auf Höhe des Sportgeschäftes Eybl, welches sich im Bereich der Kreuzung Landstraße/Bismarckstraße befindet. Der Meldungsleger hätte ihm die Bezahlung eines Organmandates angeboten, er habe dies jedoch abgelehnt, zumal er sich nicht schuldig gefühlt habe.

Auf Vorhalt der Angaben in der Anzeige, wonach eine Anhaltung nicht stattgefunden hat, verblieb der Bw bei seiner Rechtfertigung.

Die Zeugen konnten sich - im Hinblick auf den verstrichenen Zeitraum - nicht mehr an den konkreten Vorfall erinnern und daher keine entsprechenden Aussagen machen. Allgemein, so erklärten sie übereinstimmend, würden sie einen Fahrzeuglenker nur dann zur Anzeige bringen, wenn sie genau beobachtet haben, daß das entsprechende Fahrzeug in die Fußgängerzone hineinfährt und diese dann in der Folge ohne anzuhalten wieder verlassen hat. Es muß also auch im gegenständlichen Fall so gewesen sein.

Konfrontiert mit dem Vorbringen des Bw, er sei wegen des Vorfalles angehalten worden, erklärte der betreffende Meldungsleger, daß er sich nicht mehr erinnern könne. Es könnte sein, daß auch noch ein weiterer Kollege eingesetzt war. Hätte er dem Bw ein Organmandat angeboten, so hätte er dies auch in die Anzeige geschrieben.

Der Meldungsleger, welcher laut Angaben des Bw die Anhaltung vorgenommen haben soll, erklärte ferner, daß er sich den Rapport nochmals angeschaut hätte, daraus sei ersichtlich, daß damals mehrere Fahrzeuglenker angezeigt wurden. Er brachte eine Kopie des damaligen Rapportes zur Kenntnis, allerdings mußte festgestellt werden, daß darin das tatgegenständliche Kraftfahrzeug nicht angeführt war. Damit konfrontiert erklärte der Zeuge, es könnte auch sein, daß die Anzeige an einen anderen Tag geschrieben und deshalb nicht eingetragen wurde.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat nach freier Beweiswürdigung wie folgt erwogen:

Gemäß § 76a Abs.1 StVO 1960 ist in einer Fußgängerzone jeglicher Fahrzeugverkehr verboten, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt. Sind in einer Fußgängerzone Ladetätigkeiten erforderlich, so hat die Behörde in der Verordnung nach Abs.1 nach Maßgabe der Erfordernisse die Zeiträume zu bestimmen, innerhalb deren eine Ladetätigkeit vorgenommen werden darf (§ 76a Abs.2 leg.cit.)

Im gegenständlichen Falle ist im Bereich der verfahrensgegenständlichen Fußgängerzone ua die Ladetätigkeit von 18.30 Uhr bis 10.30 Uhr gestattet.

Dazu wird vorweg festgestellt, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Dieser Grundsatz ist eine Regel für jene Fälle, in denen im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise in dem entscheidenden Organ nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden kann. Nur wenn nach Durchführung aller Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung somit Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen (siehe VwGH 95/02/0263 vom 8.9.1995).

Was nun die Aussagen der beiden Zeugen (Meldungsleger) anbelangt, so ist zu berücksichtigen, daß sie sich im Hinblick auf den seither verstrichenen Zeitraum (im erstbehördlichen Verfahren wurden sie nicht einvernommen) an den konkreten Vorfall nicht mehr erinnern konnten. Es bestehen zwar keine Zweifel, daß, wie beide Zeugen übereinstimmend aussagten, eine Anzeige grundsätzlich nur dann erstattet wird, wenn tatsächlich beobachtet werden konnte, daß das Fahrzeug in die Fußgängerzone hineingefahren und diese ohne anzuhalten auch wieder verlassen hat. Andererseits befand sich zum Vorfallszeitpunkt im gegenständlichen Bereich eine Baustelle und es ist auch die Rechtfertigung des Bw durchaus schlüssig, wenn auch zu bedenken ist, daß er als Beschuldigter nicht der Wahrheitsverpflichtung unterliegt.

Eine telefonische Rückfrage bei einem Tabakspezialitätengeschäft, hinsichtlich welchem eine Bestellscheinkopie vom 19. Mai 1998 mit der Berufung vorgelegt wurde, hat ergeben, daß dann, wenn als Datum der 19. Mai 1998 am Bestellschein ausgeführt ist, der Bw auch in diesem Geschäft zu tun gehabt hat. Ob er tatsächlich eine Lieferung vorgenommen hat (Ladetätigkeit) bzw zu welchem genauen Zeitpunkt er sich in das Geschäft begeben hat, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Aufgrund dieses Telefonates geht die erkennende Berufungsbehörde jedenfalls davon aus, daß der Bw, übereinstimmend mit seinen Rechtfertigungsangaben, am Vorfallstag im besagten Tabakspezialitätengeschäft zu tun hatte.

Was die vom Bw angesprochene Anhaltung durch den Meldungsleger anbelangt, so ist auch dieses Vorbringen nicht lebensfremd. Insbesondere aufgrund des Umstandes, daß das Kennzeichen des tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges in dem vom Meldungsleger bei der Verhandlung vorgelegten Rapportauszug nicht aufscheint, kann die erkennende Berufungsbehörde nicht mit absoluter Sicherheit dem Vorbringen des Meldungslegers in seiner Anzeige bzw bei seiner Aussage, wonach keine Anhaltung stattgefunden hätte, folgen. Im Hinblick auf die vielen Amtshandlungen, welche auch von den Meldungslegern bestätigt wurden, ist doch nicht auszuschließen, daß sich der Meldungsleger bzw die Meldungsleger bei der offensichtlich zu einem späteren Zeitpunkt verfaßten Anzeige geirrt hat (hatten).

Aus den dargelegten Umständen ist zusammenfassend festzustellen, daß nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnte, daß der Bw keine Ladetätigkeit durchgeführt hat bzw er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen hat. Im Zweifel war daher den Berufungen Folge zu geben und es waren die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

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