Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106176/2/BI/FB

Linz, 11.05.1999

VwSen-106176/2/BI/FB Linz, am 11. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn N S, A, S, vertreten durch RAe Dr. C R und Dr. A H, S, V, vom 15. Februar 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25. Jänner 1999, VerkR96-7766-1998, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 S; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG, §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967

zu II.: §§ 64 und 65 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 5.000 S (168 Stunden EFS) verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des PKW der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck über Aufforderung (hinterlegt am 14. Mai 1998 beim Postamt S) nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber erteilt habe, wer den PKW am 20. April 1998 um 14.49 Uhr in B auf der B in Richtung V gelenkt habe. Er habe mit Schreiben vom 26. Mai 1998 lediglich mitgeteilt, daß er keine Auskunft erteilen könne, da er seit 1. April 1998 den PKW verkaufen möchte und ca 20 Personen damit Probefahrten durchgeführt hätten. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 500 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und Z2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, die über ihn verhängte Strafe sei überhöht und nicht schuld- und strafangemessen. Er habe bereits ausgeführt, daß er seit Februar 1998 in Verkaufsverhandlungen mit mehreren Interessenten stehe, die mit dem genannten PKW probegefahren seien. Er habe auch angeboten, eine Bestätigung eines Autohändlers beizubringen, mit dem er wegen eines PKW-Verkaufs bzw Ein- und Umtauschs in Verhandlungen stehe. Die Erstinstanz habe sich dazu gar nicht geäußert. Er sei sicher zur Tatzeit nicht selbst im PKW gesessen und könne auch bei bestem Willen und Gewissen nicht angeben, wer den PKW zur Tatzeit gelenkt habe. Da er bislang unauffällig und unbescholten sei, beantrage er die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafe auf 500 S.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Lenker des PKW vom Meldungsleger GI W des GP F zur Anzeige gebracht wurde, weil er am 20. April 1998 um 14.49 Uhr auf der B bei Strkm 252,294 in B, Fahrtrichtung V, die dort erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 54 km/h überschritten habe. Die überhöhte Geschwindigkeit von 138 km/h sei mit dem Lasergeschwindigkeitsmeßgerät Nr. 5812, zuletzt geeicht am 24. Juni 1997, auf eine Entfernung von 114 m gemessen worden, wobei eine Anhaltung nicht möglich gewesen sei.

Mit Schreiben vom 5. Mai 1998 hat die Erstinstanz den Rechtsmittelwerber als Zulassungsbesitzer des genannten PKW gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ersucht, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens der Erstinstanz mitzuteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug am 20. April 1998 um 14.49 Uhr gelenkt/verwendet habe. Im Schreiben wurde auch darauf hingewiesen, daß Grund für die Anfrage eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf der B in B Richtung V bei km 252,294 sei, und es wurde auch darauf hingewiesen, daß das Nichterteilen der Auskunft oder das Erteilen einer unrichtigen Auskunft als Verwaltungsübertretung strafbar sei. Weiters wurde der § 103 Abs.2 KFG 1967 wörtlich zitiert. Das Schreiben wurde laut Rückschein nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 13. und 14. Mai 1998 am 14. Mai 1998 beim Postamt S hinterlegt.

Der Rechtsmittelwerber teilte mit Schreiben vom 26. Mai 1998 mit, er könne keine Auskunft über eine Person geben, denn er wolle das Auto seit 1. April 1998 verkaufen und es hätten ca 20 Personen damit Probefahrten durchgeführt.

Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Juni 1998 im Hinblick auf eine Übertretung des § 103 Abs.2 KFG 1967 hat der Rechtsmittelwerber mit Schreiben vom 15. Juli 1998 mitgeteilt, er stehe seit nunmehr Februar 1998 in Verkaufsverhandlungen mit mehreren Interessenten, die auch mit dem PKW probegefahren seien. Bei Notwendigkeit sei er auch in der Lage, eine Bestätigung eines Autohändlers beizubringen, aus der sich ergebe, daß er seit Februar 1998 wegen eines PKW-Verkaufes (Ein- und Umtausch) verhandle.

Anschließend erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht in freier Beweiswürdigung davon aus, daß die Angaben des Rechtsmittelwerbers, er habe seit Februar 1998 versucht, seinen PKW zu verkaufen und zu diesem Zweck mehreren Personen das Kraftfahrzeug für Probefahrten zum Lenken überlassen, wobei er aufgrund der Personenanzahl nicht mehr in der Lage sei, festzustellen, wer zum angefragten Zeitpunkt 20. April 1998, 14.49 Uhr, der tatsächliche Lenker des auf ihn zugelassenen PKW war, der Wahrheit entsprechen.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, daß der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann, weshalb es Sinn und Zweck dieser Regelung ist, der Behörde die jederzeitige Feststellung ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (VwGH vom 18. November 1992, 91/03/094 ua).

Ausgehend von der Situation des Rechtsmittelwerbers, der nach eigenen Angaben etwa 20 Personen die Durchführung von Probefahrten gestattet hat - er läßt dabei offen, ob er selbst an diesen Probefahrten teilgenommen hat -, bedeutet das, daß er als Zulassungsbesitzer trotzdem verpflichtet ist, der Behörde auf Anfrage den jeweiligen Lenker zu benennen. Wenn er daher so vielen Personen die Probefahrt gestattet hat, daß es ihm allein aus dem Gedächtnis nicht mehr möglich ist, nachzuvollziehen, wer wann den auf ihn zugelassenen PKW gelenkt hat, so hat er entsprechende Aufzeichnungen zu machen, um nötigenfalls seiner Verpflichtung zur Auskunftserteilung gegenüber der Behörde nachkommen zu können.

Das Argument des Rechtsmittelwerbers, er selbst habe damals den PKW mit Sicherheit nicht gelenkt, muß schon deshalb ins Leere gehen, weil die Nichterteilung der Auskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 durch den Zulassungsbesitzer eine eigene Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz darstellt, die von der der Anfrage zugrunde liegenden StVO-Übertretung bei km 252,294 der B isoliert zu sehen ist, dh selbst wenn sich der Rechtsmittelwerber hinsichtlich der mit seinem PKW begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht verantwortlich fühlt, weil er selbst den PKW damals nicht gelenkt hat, wäre er doch als Zulassungsbesitzer verpflichtet gewesen, Auskunft über den damaligen Lenker zu erteilen, damit die Behörde gegen diesen ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der StVO 1960 durchführen konnte. Dadurch, daß er seiner Auskunftspflicht nicht nachkommen konnte - eben weil er keine Aufzeichnungen über die vielen Lenker geführt hat - war der Behörde eine Verfolgung des tatsächlichen Lenkers im Hinblick auf die Geschwindigkeitsüberschreitung verwehrt.

Bei der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, wobei es dem Rechtsmittelwerber nicht gelungen ist, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Nichtbefolgung des Gebotes, entsprechende Auskunft zu erteilen, kein Verschulden trifft - insbesondere wurden keine entsprechenden Aufzeichnungen geführt, die eine Ermittlung des Lenkers zum angefragten Zeitpunkt ermöglicht hätten - sodaß der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung gelangt, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 30.000 S Geldstrafe bzw bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Rechtsmittelwerber weist eine Vormerkung wegen Übertretung des SPG aus dem Jahr 1995 auf, die noch nicht getilgt ist, weshalb nicht von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist.

Laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Erstinstanz den Umstand, daß durch das Verhalten des Rechtsmittelwerbers die Ahndung der der Lenkeranfrage zugrunde liegenden Geschwindigkeitsüberschreitung vereitelt worden sei, als straferschwerend gewertet. Dazu vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß die Unmöglichkeit der Ahndung der zugrunde liegenden Geschwindigkeitsüberschreitung die logische Folge der Nichtauskunftserteilung ist, wobei diese Folge vom Unrechtsgehalt einer Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 miterfaßt ist und keinen eigenen Straferschwerungsgrund darstellt. Schon aus diesem Grund war die Strafe entsprechend herabzusetzen.

Geht man davon aus, daß der Rechtsmittelwerber - wie bei Probefahrten üblich - tatsächlich nicht der Lenker zum damaligen Zeitpunkt war und ihm daher auch die Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung von immerhin 54 km/h nicht zuzurechnen ist, so rechtfertigt dies durchaus eine massive Herabsetzung der Strafe.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, als auch ist sie den finanziellen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen. Die Erstinstanz hat mangels entsprechender Angaben das Monatseinkommen des Rechtsmittelwerbers als Inhaber einer Tanzbar mit 17.000 S angenommen und ist vom Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen ausgegangen. Diese Schätzung wurde nicht bestritten und war daher auch der Rechtsmittelentscheidung zugrunde zu legen.

Die verhängte Strafe liegt im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und hält sowohl general- wie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beschlagwortung: Unmöglichkeit der Ahndung der zur Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG geführt habenden Geschwindigkeitsüberschreitung ist vom Unrechtsgehalt dieser KFG-Übertretung miterfaßt und stellt keinen eigenen Erschwerungsgrund bei der Strafbemessung dar.

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