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VwSen-106443/2/Gu/Pr

Linz, 30.06.1999

VwSen-106443/2/Gu/Pr Linz, am 30. Juni 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des H. T., vertreten durch Rechtsanwalt S. D., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 12.5.1999, Zl.VerkR96-5702-1998, wegen Übertretung des KFG 1967 zu Recht:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift bezüglich § 9 VStG zu lauten hat: "§ 9 Abs.1 VStG".

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungs-verfahrens 500 S zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5Abs.1, § 19, § 51e Abs.3 Z1 und 3, § 64 Abs.1 und 2 VStG; § 103 Abs.2 KFG 1967, § 134 Abs.1 leg.cit.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ der I. Bauträger- und ProjektierungsGmbH, F., welche Zulassungsbesitzerin des PKW mit dem Kennzeichen ist, verantworten zu müssen, daß diese Zulassungsbesitzerin es trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 13.10.1998, VerkR96-5702-1998, unterlassen habe, der Behörde binnen zwei Wochen darüber Auskunft zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 6.9.1998 um 16.46 Uhr gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne, weil sie am 28.10.1998 lediglich bekanntgegeben hat, daß mehrere Personen als Lenker in Frage kommen würden.

Wegen Verletzung des § 9 VStG iVm § 103 Abs.2 KFG 1967 wurde ihm deswegen in Anwendung des § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 2.500 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 250 S auferlegt.

In seiner dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter erhobenen Berufung bestreitet der Rechtsmittelwerber im Ergebnis nicht die verlangte konkrete Auskunft unterlassen zu haben. Eine solche Antwort sei ihm nicht möglich gewesen, weil mehr Mitarbeiter als Lenker in Frage kamen. Im übrigen bestehe nach deutschem Recht auch keine Verpflichtung aufzuzeichnen, wer zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug geführt habe. Nach deutschem Recht sei die Fahrereigenschaft durch die jeweilige Behörde nachzuweisen. Die österreichischen Bestimmungen seien dem Rechtsmittelwerber nicht bekannt gewesen. Zudem vertritt er die Meinung, daß diese Regelung gegen europäisches Recht verstoße. Daran ändere die Rechtsprechung des VwGH nichts. Zumindest habe sich der Rechtsmittelwerber in einem Rechtsirrtum befunden.

Im Ergebnis beantragt der Rechtsmittelwerber die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Da der Sachverhalt, nämlich die nicht konkrete Auskunft der Erteilung der Auskunft nicht strittig ist, im angefochtenen Straferkenntnis keine Strafe, welche den Betrag von 3.000 S überstieg, ausgesprochen worden ist und im übrigen nur Rechtsfragen zur Beurteilung heran standen, konnte die Sache ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffende und hinreichende Begründung im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen und lediglich zur Verdeutlichung hervorgehoben bzw. ergänzt:

Unstrittigermaßen befand sich das Fahrzeug am 6.9.1998, um 16.46 Uhr in Österreich und es war somit ein inländischer Anknüpfungspunkt gegeben, wodurch alle Pflichten, die einen Zulassungsbesitzer betreffen, gleich welchen Zulassungsstandortes, Sitzes oder Wohnsitzes des Zulassungsbesitzers nach österreichischem Recht auflebten. Unter diese Pflichten fällt unter anderem auch die Pflicht zur Auskunftserteilung über Verlangen der Behörde zur Bekanntgabe des Lenkers.

Die Nichterteilung der Auskunft ist aufgrund der Blankettstrafnorm des § 134 Abs.1 KFG 1967 mit Geldstrafe bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen bedroht.

Durch die Nichterteilung der Auskunft ist die objektive Tatseite verwirklicht worden. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hat der Rechtsmittelwerber nicht dargetan, daß das Fahrzeug ohne seinen Willen, z.B. durch Diebstahl oder gegen seinen erklärten Willen benutzt und damit in Österreich gelenkt worden sei. Er hat somit nicht dargetan, was ihn im Sinne des § 5 Abs.1 VStG als schuldbefreiend entlastet hätte.

Wenn der Rechtsmittelwerber vermeint, daß das Europäische Recht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes überlagern würde und sich auf einen Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft beruft, hat er sich wohl im Ausdruck vergriffen und damit die Europäische Menschenrechtskonvention ins Spiel bringen wollen, welche allerdings von Österreich bereits im Jahre 1958 ratifiziert worden ist. Ohne daß der Rechtsmittelwerber einen konkreten Bezug nimmt, dürfte er dabei Art.6 EMRK im Auge gehabt haben, aus dessen Kontext das sogenannte Selbstbezichtigungsverbot abgeleitet wird.

In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht übersehen werden, daß Grundrechte nicht absolut wirken und im Spannungsfeld zueinander und zu öffentlichen Interessen stehen können. Eingriffe in Grundrechte sind demnach nicht absolut verboten, sondern unter anderem im maßhaltenden Umfang im öffentlichen Interesse der Rechtspflege - so auch der Strafrechtspflege - zulässig. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission für Menschenrechte in einem vergleichbaren Fall betreffend die Auskunftspflicht es als nicht rechtswidrig erkannt, wenn ausgehend von einem Inlandsbezug eines eingebrachten Fahrzeuges ein Auskunftsbegehren an einen Bürger, der in einem anderen Staat aufhältig ist, gerichtet wird und die Verweigerung der Auskunft mit Sanktionen bedacht ist (vergl. die Entscheidung der EKMR vom 11.10.1989, Zl.15226/89, auszugsweise abgedruckt in ZVR 2/91 unter Nr. 23 der Spruchbeilage). Ein maßgerechter Zulassungsbesitzer - dessen Pflichten treffen im Falle des Bestandes einer juristischen Person den zur Vertretung nach außen Berufenen - hätte sich demnach bei Wahrung seiner Sorgfaltspflicht erkundigen müssen, welche Pflichten auf ihn zurückfallen, wenn ein Fahrzeug wissentlich oder duldungsweise in einem anderen Staat verwendet wird.

Nachdem der Rechtsmittelwerber nichts darzutun vermochte, was ihn entlastet hätte, war der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu bestätigen. Die Strafhöhe war nicht gesondert angefochten.

Von Amts wegen fiel kein Umstand in die Augen, der das Absehen von einer Bestrafung im Sinne des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt hätte.

Die erste Instanz hat angesichts des bestehenden Strafrahmens von bis zu 30.000 S im Hinblick auf den bedeutenden Unrechtsgehalt der Tat und des Nichtvorliegens von besonderen Straferschwerungs- oder Strafmilderungsgründen ohnedies nur eine Strafe an der Untergrenze des Strafrahmens ausgesprochen. Dabei ist in der Berufung der Schätzung der ersten Instanz bezüglich der persönlichen und Einkommensverhältnisse nicht entgegengetreten worden, sodaß - auch was die Strafhöhe anlangt - kein Ermessensmißbrauch feststellbar war.

Aus all diesen Gründen mußte der Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Dies hatte auf der Kostenseite zur Folge, daß gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung ein Pauschbetrag von 20 % der bestätigten Geldstrafe als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: § 103 Abs.2 KFG ist MRK konform. Maßhaltender Eingriff in Grundrecht im öffentl. Interesse.

 

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