Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-106540/3/Br/Bk

Linz, 10.08.1999

VwSen-106540/3/Br/Bk Linz, am 10. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn Dipl.Ing. Dan N, betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. Juli 1999, Zl. VerkR96-18235-1998-Hu, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß die Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.158/1998 iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, 51 Abs.1 und 51e Abs.3 Z2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 158/1998.

II. Demzufolge ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 200 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber nach Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens eine Geldstrafe von 3.000 S, im Nichteinbringungsfall 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, weil er am 7.10.1998 um 01.31 Uhr auf der A 1, im Gemeindegebiet von Ansfelden, bei km 168,525 in Richtung Wien, den Pkw mit dem Kennzeichen (D), im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 80 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 127 km/h gelenkt habe.

2. Begründend stützte die Erstbehörde den Schuldspruch im Ergebnis auf die auf eine sogenannte Radarmessung beruhende Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für OÖ., Verkehrsabteilung vom 17.11. 1998. Straferschwerend wurde das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, mildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet.

2.1. In der fristgerecht und nur gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung rügt der Berufungswerber die zu hohe Einschätzung seines Einkommens mit 28.000 S. Sein tatsächliches Einkommen belegt er jedoch auch im Zuge der Berufungsvorlage nicht. Im übrigen sei weder seine Geständigkeit als weiterer Milderungsgrund noch der Umstand, daß mit der Übertretung keinerlei nachteilige Folgen verbunden waren, berücksichtigt worden.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zur Entscheidung berufen. Weil hier keine gesonderte Berufungsverhandlung beantragt wurde und die Berufung sich nur gegen das Strafausmaß richtet, konnte hier aus der Aktenlage entschieden werden (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit den genannten Pkw an der oben bezeichneten Örtlichkeit. Tageszeitbedingt muß davon ausgegangen werden, daß auf der A1 nur mehr äußerst geringes Verkehrsaufkommen herrschte. Laut Auskunft der Austro Controll, Flugwetterdienst, herrschte am 7.10.98 um 01.31 Uhr kein Niederschlag, sodaß ferner von trockenen Fahrbahnverhältnissen auszugehen ist.

5. In rechtlicher Hinsicht kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die richtige rechtliche Subsumtion des Tatverhaltens unter § 52a Z10a StVO 1960 durch die Erstbehörde hingewiesen werden.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Es trifft wohl zu, daß in aller Regel das Gefährdungspotential und somit auch der Tatunwert mit einem höheren Ausmaß der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit steigt. Diesem Umstand kommt grundsätzlich bei der Bemessung der Strafe bzw. der Ausschöpfung des bis zu 10.000 S reichenden Strafrahmens entscheidende Bedeutung zu. Dennoch muß die nachteilige Auswirkung die mit dem Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in aller Regel verbunden ist in Beziehung zum Verkehrsgeschehen als solches gesetzt werden. Die nachteilige Auswirkung kommt konkret darin zum Ausdruck, daß bei der vom Berufungswerber hier gefahrenen Geschwindigkeit unter Annahme einer starken Bremsung (7,5 m/sek/2, 1 Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sek. Bremsschwellzeit) sich der Anhalteweg anstatt bei 80 km/h mit 52,91 m, um 61,80 m verlängert hätte. Er hätte demnach 114,71 m betragen. Der Punkt an welchem ein KFZ aus 80 km/h zum Stillstand kommt, wird aus 127 km/h mit noch 109,6 km/h durchfahren (Berechnung mit Analyzer Pro 3,9).

Dennoch kann hier diesen in den überwiegenden Fällen entscheidenden Überlegungen mangels eines anzunehmenden relevanten Verkehrs kaum aktuelle Bedeutung zukommen. Die nachteilige Auswirkung blieb daher weit hinter dem hierfür typischen Ausmaß zurück. Der Tatunwert kann daher gleichsam auf den bloßen Ungehorsamstatbestand reduziert erachtet werden. Der Schutzzweck dem die Strafdrohung dient und das Ausmaß der mit einer Tat verbundenen Schädigung gesetzlich geschützter Interessen (§ 19 VStG) muß, wie der Oö. Verwaltungssenat bereits wiederholt ausgesprochen hat, bei rechtsrichtiger Auslegung immer auf den konkreten Fall und nicht bloß formelhaft zur Anwendung gelangen (vgl. u.a. h. Erk. v. 19.1.1999, VwSen-105927/7/Br u. v. 30.9.1997, VwSen-104936). Widrigenfalls käme es unvermeidlich zu einer Ungleichbehandlung dadurch, indem durch schablonenhafte Anwendung einer Rechtsvorschrift trotz differenzierter Ausgangslage "Ungleiches" in der Sanktionsfolge jedoch [immer] gleich behandelt würde [werden müßte].

Daher kann bereits unter diesen Gesichtspunkten, unter Bedachtnahme auf die für einen Diplomingenieur mit 28.000 S durchaus realistische Einkommenseinschätzung, die hier verhängte Strafe mit 2.000 S als durchaus tatschuldangemessen qualifiziert werden. Auch der Milderungsgrund des Geständnisses und der Schuldeinsicht wurde nunmehr entsprechend berücksichtigt.

Die Anwendung des § 21 VStG kommt jedoch nicht in Betracht, weil es hiefür (neben den unbedeutenden Folgen der Tat) auch eines bloß geringen Verschuldens bedarf. Bei lebensnaher Betrachtung kann nicht davon ausgegangen werden, daß dem Berufungswerber einerseits die Beschilderung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 80 km/h) nicht auffallen hätte müssen und ihm andererseits der Unterschied der Fahrgeschwindigkeit zwischen 80 km/h und 127 km/h nicht bewußt geworden wäre. Vielmehr ist hier von einer qualifizierten Schuldform auszugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine

Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Verkehrsaufkommen, Tatunwert, nachteilige Folgen

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