Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-105418/10/Sch/Rd

Linz, 27.11.1998

VwSen-105418/10/Sch/Rd Linz, am 27. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des G vom 30. März 1998, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 17. März 1998, S 4776/ST/96, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Oö. Polizeistrafgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1 Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren eingestellt. Hinsichtlich der Fakten 2 und 3 wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch im Hinblick auf Faktum 2 wie folgt ergänzt wird: "... daß der Anzeiger, um beim Nebeneinanderfahren eine seitliche Kollision ...".

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 160 S. Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufung (Fakten 2 und 3) hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in der Höhe von 320 S (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 bzw 45 Abs.1 Z3 VStG. zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit Straferkenntnis vom 17. März 1998, S 4776/ST/96, über Herrn G, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960, 2) § 7 Abs.1 StVO 1960 und 3) § 1 Abs.1 Oö. PolStG, LGBl Nr.36/1979 idgF, Geldstrafen von 1) 800 S, 2) 800 S und 3) 800 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 20 Stunden, 2) 20 Stunden und 3) 20 Stunden verhängt, weil er am 16. Juni 1996 um 13.16 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen in Steyr, 1) Kreuzung Haratzmüllerstraße/Pachergasse, Richtung stadtauswärts, den Vorrang eines Fahrzeuglenkers verletzt habe, weil er das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" nicht beachtet habe, wodurch der vorrangberechtigte Lenker zum unvermittelten Abbremsen und starken Ablenken seines Fahrzeuges genötigt worden sei; 2) nächst Blümelhuberstraße/Kreuzung Schlüsselhofgasse, Richtung stadtauswärts, sein Kraftfahrzeug nicht so weit rechts gelenkt habe, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich gewesen wäre, weil er soweit links gefahren sei, daß der Anzeiger, um eine seitliche Kollision mit dem Fahrzeug des nunmehrigen Berufungswerbers zu vermeiden, eine Sperrlinie überfahren und auf die Gegenfahrbahn ausweichen habe müssen, und 3) bei der Kreuzung Blümelhuberstraße/Porschestraße, Richtung stadtauswärts, durch gröblichstes Beschimpfen des Anzeigers und durch Zeigen des "gestreckten Mittelfingers" der rechten Hand den öffentlichen Anstand verletzt habe. Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 240 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 1 des Straferkenntnisses):

Dem Berufungswerber wurde in diesem Punkt des Straferkenntnisses eine Vorrangverletzung in Form einer Übertretung des § 19 Abs.4 iVm § 19 Abs.7 StVO 1960 zur Last gelegt, da er trotz des in Steyr bei der Kreuzung Haratzmüllerstraße/Pachergasse angebrachten Vorschriftszeichens "Vorrang geben" den Vorrang mißachtet habe, zumal er einen bevorrangten Fahrzeuglenker zum unvermittelten Abbremsen und starken Ablenken dessen Fahrzeuges genötigt habe. Vorrangregelungen zählen eindeutig zu den verordnungspflichtigen Maßnahmen im Sinne des § 43 Abs.1 StVO 1960. Die Berufungsbehörde hatte daher bei der zuständigen Verkehrsbehörde der Stadt Steyr entsprechend angefragt und um Übermittlung einer Kopie der relevanten Verordnung ersucht. Daraufhin wurde mitgeteilt, daß eine solche Verordnung nicht existiere. Ohne Verordnung ist das erwähnte Vorschriftszeichen - zumindest im verwaltungsstrafrechtlichen Sinne - ohne Relevanz, weshalb der Berufung in diesem Punkt ohne Eingehen auf das Vorbringen im Rechtsmittel Folge zu geben war.

Zu den Fakten 2 und 3 des Straferkenntnisses:

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist der Oö. Verwaltungssenat zu der Ansicht gelangt, daß den Angaben des Anzeigers (es handelt sich hier um eine sogenannte "Privatanzeige") bei weitem der Vorzug zu geben war gegenüber den bestreitenden Vorbringen des Rechtsmittelwerbers. Zum einen entspricht es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß solche Anzeigen mutwillig gemacht werden, da der Anzeiger damit rechnen muß, im Rahmen des Verfahrens noch zumindest einmal, wenn nicht mehrmals, aussagen zu müssen. Erfahrungsgemäß lassen deshalb Verkehrsteilnehmer, die von anderen in gefährliche Situationen gebracht werden, die Angelegenheit auf sich beruhen. Zum anderen steht ein Zeuge, wie auch der erwähnte Anzeiger, bei einer Einvernahme, wie sie im erstbehördlichen Verfahren erfolgt ist, unter Wahrheitspflicht. Dem gegenüber kann sich ein Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren nach allen Seiten hin frei verantworten, ohne irgendwelche Folgen befürchten zu müssen. Der genannte Zeuge hat angegeben, er sei mit seinem Fahrzeug im tatörtlichen Bereich ein Stück neben dem Fahrzeug des Berufungswerbers gefahren (es befinden sich dort zwei Fahrstreifen in die gleiche Richtung). Im Zuge dieser Nebeneinanderfahrt habe der Berufungswerber sein Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund in Richtung des Fahrstreifens des Zeugen gelenkt und ihn, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, so genötigt, die die Fahrbahn in Richtung Gegenverkehr abtrennende Sperrlinie zu überfahren und somit einen Fahrstreifen der Gegenfahrbahn zu benützen. In der Folge habe er bei einem verkehrsbedingten Anhalten den Berufungswerber entsprechend zur Rede stellen wollen, er sei von ihm aber heftig beschimpft und sei ihm vom Rechtsmittelwerber der ausgestreckte Mittelfinger einer Hand gezeigt worden. Die Berufungsbehörde hat keinerlei Veranlassung, an diesen Angaben des Zeugen zu zweifeln.

Im Berufungsverfahren wurde die vom Rechtsmittelwerber für sein bestreitendes Vorbringen namhaft gemachte Zeugin im Rechtshilfewege einvernommen. Sie konnte aber aufgrund des schon eingeschränkten Erinnerungsvermögens den Vorfall aus ihrer Sicht nur mehr ungenau schildern. Auch ist es nicht lebensfremd, wenn ein Beifahrer - hier die Zeugin - nicht immer auf Fahrmanöver des Fahrzeuglenkers genau achtet. Im Lichte dessen und der bei der Einvernahme angegebenen nur noch geringen Erinnerung an den Vorfall muß ihre Aussage in bezug auf den ihrer Meinung nach vorschriftsmäßig vom Berufungswerber benutzten rechten Fahrbahnrand auch relativiert werden. Jedenfalls vermag diese Aussage die Angaben des eingangs erwähnten Zeugen nicht zu erschüttern und schon gar nicht zu widerlegen. Der Berufungswerber hat zu dieser Zeugenniederschrift keine Stellungnahme abgegeben.

Durch das von ihm an den Tag gelegte Fahrverhalten hat der Berufungswerber eindeutig das Rechtsfahrgebot des § 7 Abs.1 StVO 1960 - augenscheinlich sogar vorsätzlich - verletzt. Die Ergänzung des Spruches dieses Teils des Straferkenntnisses im Rahmen der Berufungsentscheidung hatte zur Konkretisierung des Tatvorwurfes zu erfolgen. Dazu war die Berufungsbehörde aufgrund fristgerechter Verfolgungshandlungen, insbesondere der Einvernahme des Berufungswerbers im Rechtshilfeweg am 18. September 1996, berechtigt.

Des weiteren ist auch der Umstand als erwiesen anzusehen, daß der Berufungswerber den Zeugen auf einer der Öffentlichkeit zugänglichen Fläche gröblich beschimpft und ihm das obszöne Zeichen mit dem ausgestreckten Mittelfinger einer Hand gezeigt hat. Es handelt sich bei einem solchen Verhalten zweifelsfrei um einen groben Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der guten Sitte. Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Auf diese Frage geht das Rechtsmittel expressis verbis nicht ein. Die Berufungsbehörde vertritt hiezu die Ansicht, daß die verhängten Geldstrafen einer Überprüfung anhand der Kriterien des § 19 Abs.1 und 2 VStG ohne weiteres standhalten. So bedeutet eine Verletzung des Rechtsfahrgebotes gemäß § 7 Abs.1 StVO 1960 in der Regel eine zumindest abstrakte, im vorliegenden Fall sogar konkrete, Gefahr für die Verkehrssicherheit. Die dafür verhängte Geldstrafe in der Höhe von 800 S kann im Lichte dessen keinesfalls als überhöht angesehen werden.

Der für die zur Last gelegte Anstandsverletzung im Oö. Polizeistrafgesetz festgelegte Strafrahmen beträgt bis zu 5.000 S, sodaß die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe im Ausmaß von ebenfalls 800 S die Annahme einer gesetzwidrigen Strafbemessung nicht rechtfertigt. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers war nicht gegeben, Erschwerungsgründe lagen ebenfalls nicht vor. Seine aktenkundigen persönlichen Verhältnisse werden es ihm ohne weiteres ermöglichen, die beiden relativ geringfügigen Verwaltungsstrafen ohne weiteres zu begleichen. Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

S c h ö n

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