Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-107964/5/Le/Km

Linz, 25.01.2002

VwSen-107964/5/Le/Km Linz, am 25. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des M F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. R S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4.9.2001, VerkR96-16228-1-1999, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung und über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 22.1.2002 zu Recht erkannt:

  1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
  2. Die Berufung wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

zu I.:

§ 71 Abs.1 und Abs.6 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.:

§§ 63 Abs.5 und 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4.9.2001 wurde der Berufungswerber wegen Übertretungen des § 4 Abs.1 lit.a und Abs.5 Straßenverkehrsordnung 1960 mit Geldstrafen in Höhe von 500 S (36,34 Euro) und 300 S (21,80 Euro) (24 bzw. 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft; gleichzeitig wurde er verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Strafen zu leisten.

In der Rechtsmittelbelehrung zu diesem Straferkenntnis wurde auf das Recht des Bestraften hingewiesen, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder mündlich Berufung bei der bescheiderlassenden Behörde einzubringen.

Das Straferkenntnis wurde dem Bestraften laut Rückschein am 12.9.2001 eigenhändig zugestellt.

2. Dagegen hat der nunmehrige Berufungswerber mit Schreiben vom 27.9.2001 Berufung erhoben; dieses Schreiben hat er am selben Tage zur Post gegeben; bei der Erstbehörde langte es am 1.10.2001 ein.

3. Die Erstbehörde hat diese Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

3.1. Bei der Bearbeitung der Angelegenheit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat entstanden Bedenken hinsichtlich der rechtzeitigen Einbringung der Berufung.

Daher wurde der Berufungswerber mit dem h. Schreiben vom 7.1.2002 auf diesen Umstand aufmerksam gemacht. Nach einer ausführlichen Rechtsbelehrung wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen einer Frist von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen; für den Fall, dass er einen Zustellmangel oder dergleichen geltend machen wolle, wurde er eingeladen, auch gleich entsprechende Beweise dafür anzubieten.

3.2. Der Berufungswerber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit dem Schreiben vom 22.1.2002 dazu Stellung genommen. Darin hat er ausgeführt, dass ihm das Straferkenntnis tatsächlich am 12.9.2001 zugestellt worden sei. Der Tag des Zustelldatums wäre zwar auf dem Rückschein eingetragen, es wäre das Datum jedoch nicht durchgedrückt worden und sei daher auf seinem Kuvert kein Datumseintrag.

Einige Tage nach der Zustellung habe er sich den Tag der Zustellung notiert und sich dabei leider im Datum geirrt. Irrtümlich wäre er davon ausgegangen, dass ihm das Straferkenntnis am 13.9.2001 zugestellt worden wäre.

Am 20.9.2001 habe er seinen nunmehrigen Vertreter angerufen und mit der Berufung beauftragt. Aufgrund seiner Notiz habe er ihm als Zustelldatum des Straferkenntnisses fälschlicherweise den 13.9.2001 mitgeteilt. Ausgehend von diesem mitgeteilten Datum habe sein Vertreter am 27.9.2001 und somit vermeintlich am letzten der Frist die Berufung zur Post gegeben.

4. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zum Wiedereinsetzungsantrag:

Nach § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:

  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft oder die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittebelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

Nach § 71 Abs.6 leg.cit. hat ein Unabhängiger Verwaltungssenat durch Einzelmitglied zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall enthielt das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine korrekte und vollständige Rechtsmittelbelehrung, mit dem Hinweis auf die Rechtsmittelfrist und die Zulässigkeit des Rechtsmittels, weshalb eine Anwendung des § 71 Abs.1 Z.2 AVG ausscheidet.

Es ist daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Z.1 leg.cit. zutreffen:

Der Berufungswerber hat dazu vorgebracht, dass ihm tatsächlich das Straferkenntnis am 12.9.2001 zugestellt wurde; das Datum der Zustellung hätte sich jedoch nicht auf das Kuvert durchgedrückt und er habe sich das Datum der Zustellung erst einige Tage später notiert, wobei er sich aber im Datum geirrt hätte. Dieses falsche Datum hätte er seinem Rechtsvertreter genannt, der - von diesem Datum ausgehend - die Berufung verspätet eingebracht hat.

Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 71 Abs.1 Z.1 AVG sind mehrschichtig: Einerseits muss eine Verhinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eingetreten sein und andererseits darf die Partei daran (somit als zusätzliche Voraussetzung!) kein Verschulden oder nur eines in Form eines minderen Grades des Versehens treffen.

Im vorliegenden Fall hat der Bestrafte die Briefsendung persönlich übernommen und es dabei unterlassen, sich das Datum der Zustellung sofort zu notieren (zB. auf dem Kuvert, im Kalender oder an sonstiger geeigneter Stelle). Erst einige Tage später habe er sich das Datum der Zustellung notiert, dabei aber den 13. anstelle des 12. aufgeschrieben.

Das Vergessen eines Datums ist kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, weil dies immer wieder vorkommt. Dieses Vergessen kann leicht durch Anfertigung einer entsprechenden Notiz abgewendet werden (siehe dazu etwa auch VwGH vom 26.2.1968, 0136/66).

Ein Verschulden an diesem Vergessen liegt hier in der Form der Fahrlässigkeit vor: Wenn jemand ein Straferkenntnis erhält und sich das Datum der Zustellung nicht sofort notiert, obwohl in der Rechtsmittelbelehrung ordnungsgemäß auf die Möglichkeit hingewiesen worden war, "innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides" Berufung einzubringen, dann stellt dies eine auffallende Sorglosigkeit dar, die den Grad des minderen Versehens jedenfalls überschreitet und als Fahrlässigkeit bezeichnet werden muss.

In diesem Zusammenhang darf auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.6.1998, 97/21/0770, hingewiesen werden, in dem nicht einmal eine verhängte Schubhaft, mangelnde Rechtskenntnis, Rechtsirrtum und mangelnde Kenntnisse der deutschen Sprache als minderer Grad des Versehens angenommen wurde.

Mangels Erfüllung der in § 71 Abs.1 AVG genannten Voraussetzungen war somit der Wiedereinsetzungsantrag abzuweisen.

5. Ausgehend von der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages war somit die Berufung als verspätet eingebracht zurückzuweisen: Dadurch, dass das Straferkenntnis dem nunmehrigen Berufungswerber am 12.9.2001 zugestellt worden war, begann die zweiwöchige Frist zu laufen und endete gemäß § 63 Abs.5 AVG somit mit Ablauf des 26.9.2001. Auf den Fristenlauf und dessen Beginn war in der Rechtsmittelbelehrung ordnungsgemäß hingewiesen worden.

Tatsächlich wurde die Berufung erst am 27.9.2001 zur Post gegeben und damit "eingebracht". Das Verstreichenlassen der Berufungsfrist hat zur Folge, dass der angefochtene Bescheid rechtskräftig und somit - auch für die Behörde - unabänderbar geworden ist. Die außerhalb der Berufungsfrist eingebrachte Berufung konnte daher wegen der mittlerweile eingetretenen Rechtskraft das angefochtene Straferkenntnis nicht mehr außer Kraft setzen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht  2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung:

Wiedereinsetzung; Zurückweisung der Berufung.

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