Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108363/15/Br/Rd

Linz, 29.07.2002

VwSen-108363/15/Br/Rd Linz, am 29. Juli 2002

DVR. 0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P, geb. 2.1.1966, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 4.6.2002, Zl. VerkR96-2594-2002-RO, nach der am 29. Juli 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

I. Der Berufung wird in Punkt 1. keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verweigerungsort der Atemluftuntersuchung in Abänderung "S" zu lauten hat;

in Punkt 4. wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach §  45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

In den Punkten 2. und 3. wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2002 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 65/2002 - VStG;

II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber in den Punkten 1. bis 3. als Kosten für das Berufungsverfahren 232,40 Euro, 21,80 Euro und 29 Euro auferlegt. Im Punkt 4. entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, wegen der Übertretungen nach § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1b StVO, sowie wegen § 7 Abs.1 erster Satz StVO iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO, § 4 Abs.1 lit.a StVO iVm § 99 Abs.2 lit.a StVO und § 4 Abs.5 erster Satz StVO iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO jeweils eine Geldstrafe von 1.162 Euro, 109 Euro, 145 Euro und 109 Euro und im Nichteinbringungsfall jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von siebzehn Tagen, und 3x 72 Stunden verhängt, wobei wider ihn folgende Tatvorwürfe erhoben wurden:

"Sie lenkten am 22.03.2002 um ca. 19.00 Uhr den Kombi mit dem behördlichen Kennzeichen im Gemeindegebiet von Maria Schmolln, auf der Oberinnviertler Landesstraße 503, ca. Strkm. 29,200,

1. und haben sich am 22.03.2002 um 19.57 Uhr am Gendarmeriepostenkommando 5230 Mattighofen gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert, Ihre Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, dass Sie sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden haben,

2. und haben als Lenker eines Fahrzeuges dieses nicht soweit rechts gelenkt, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, zumal Sie bei Strkm. ca. 29,200 auf der linken Fahrbahnseite fuhren,

3. und haben nach einem Verkehrsunfall bei Strkm. ca. 29,200, mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, das von Ihnen gelenkte Fahrzeug nicht sofort angehalten, zumal Sie vom Unfallgegner erst ca. 500 m nach der Unfallstelle angehalten werden konnten,

4. und haben es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden bei Strkm. ca. 29,200, mit dem Ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichern Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten bzw. der Personen, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, unterblieben ist, zumal Sie ohne Identitätsaustausch die Unfallstelle verließen."

1.1. Die Behörde erster Instanz erblickte den Tatvorwurf in den zeugenschaftlichen Angaben der Ehegatten W, wobei seitens der Erstbehörde eine Gegenüberstellung mit den Insassen des Fahrzeuges des Berufungswerbers vorgenommen wurde. Letztlich ging die Behörde erster Instanz in Würdigung der Zeugenaussagen W von der Lenkereigenschaft des Berufungswerbers zum Unfallzeitpunkt und die Begehung der ihm angelasteten Übertretungen aus. Bei der Annahme eines Monatseinkommens in der Höhe von 1.450 Euro wurden die verhängten Geldstrafen mit Blick auf spezialpräventive Überlegungen als tat- und schuldangemessen erachtet.

  1. Der bis zur Berufungsverhandlung rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber brachte durch seinen Rechtsvertreter in seiner fristgerecht erhobenen Berufung Folgendes vor:

"In der umseits bezeichneten Verwaltungssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 04.06.2002 zu VerkR96-2594-2002, zugestellt am 07.06.2002, binnen offener Frist die

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und begründe diese wie folgt:

a) Sachverhalt:

Am 22.03.2002 gegen 19:00 Uhr lenkte mein Bruder P meinen PKW im Gemeindegebiet von Maria Schmolln auf einer kurvenreichen Straße mit starkem Gefälle talwärts, wobei es aufgrund der geringen Fahrbahnbreite mit dem entgegenkommenden Fahrzeug zu einer Berührung kam. Mein Bruder hielt das Fahrzeug bei nächster Gelegenheit an und stiegen wird beide aus dem Fahrzeug aus um mit dem mittlerweile an die Unfallstelle zurückgekehrten Unfallgegner Kontakt aufzunehmen.

In weiterer Folge hat der gegnerische Lenker und dessen mitfahrende Gattin behauptet, daß ich das Fahrzeug gelenkt hätte, was allerdings nicht den Tatsachen entspricht.

Nachdem wir die Unfallstelle verlassen hatten, erschienen gegen 19:45 Uhr in meiner Wohnung Gendarmeriebeamte, welche mich zum Gendarmerieposten Mattighofen mitnahmen. Soweit ich mich verständigen konnte, habe ich mehrmals versucht darauf hinzuweisen, daß ich nicht gefahren bin. Meine Kenntnisse der deutschen Sprache sind schlecht und reichen jedenfalls nicht aus, um eine Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattestes als solche zu verstehen. Wenn nunmehr behauptet wird, ich sei zur Durchführung eines Alkomattestes aufgefordert worden, so ist mir diese Aufforderung nicht verständlich gewesen.

b) Berufungsgründe:

Zu Faktum 1:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muß ein von einem Organ der Straßenaufsicht gestelltes Begehren, gemäß § 5 Abs.2 StVO die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, so deutlich gestellt werden, daß es vom Betroffenen auch als solches verstanden werden kann (VwGH 19.06.1979, Z 441/79 uvm). Im vorliegenden Fall mußte für die einschreitenden Beamten erkennbar gewesen sein, daß ich der deutschen Sprache nicht so weit mächtig bin, daß ich eine derartige Aufforderung auch als solche verstehen kann. Es hätte sohin ebenso wie bei der Gegenüberstellung durch die belangte Behörde ein Dolmetsch beigezogen werden müssen. Wie sich anläßlich der Gegenüberstellung gezeigt hat, ist die Beiziehung eines Dolmetsch der bosnischen Sprache in kürzester Zeit möglich, sodaß keine Beeinträchtigung der Beweissicherung gegeben gewesen wäre.

Nachdem eine wörtliche Verweigerung des Alkotestes nach dem Akteninhalt und den Feststellungen der belangten Behörde offenkundig nicht stattgefunden hat, hätte die Behörde feststellen müssen, durch welches Verhalten ich den Tatbestand der Verweigerung des Alkotestes in subjektiver und objektiver Hinsicht erfüllt habe. Da dies unterlassen wurde, ist der Bescheid schon aus diesem Grunde rechtswidrig (VwGH 89/02/2002).

Im übrigen wäre ich gar nicht verpflichtet gewesen, einen Alkomattest durchzuführen, da ich kein Fahrzeug gelenkt habe. Die Behörde geht bei den diesbezüglichen Feststellungen ausschließlich von den Aussagen des Unfallgegners und dessen Gattin aus, ohne die Darstellung meines Bruders zu würdigen. Hier übersieht die belangte Behörde, daß die Beweislastumkehr im Bereich der Ungehorsamsdelikte nur auf den Bereich des Verschuldens anzuwenden ist und in den Bereichen des Tatbestandes und der Rechtswidrigkeit der Zweifelsgrundsatz anzuwenden ist. Bei korrekter Würdigung der vorliegenden Beweise hätte die belangte Behörde in dubio pro reo feststellen müssen, daß ich das Fahrzeug nicht gelenkt habe.

Die belangte Behörde nimmt in keiner Weise bedacht auf die Voreingenommenheit der Belastungszeugen als Unfallgegner. Auch die besondere Aufgebrachtheit der Belastungszeugen im Zeitpunkt ihrer Wahrnehmungen wird in keiner Weise berücksichtigt. Im übrigen ist der Beweis der unterschiedlichen Körpergrößen zwischen mir und meinem Bruder nicht schlagend, da die Beobachtung der Belastungszeugen im Bereich eines starken Gefälles gemacht und mein Bruder talwärts gestanden ist, sodaß er trotz geringfügig höherer Körpergröße kleiner als ich gewirkt hat.

Zu Faktum 2:

Mein Fahrzeug wurde durch meinen Bruder P äußerst rechts gelenkt. Vielmehr hat der Unfallgegner gegen das Rechtsfahrgebot verstossen, weshalb diesen das Alleinverschulden trifft. Auch hier geht die belangte Behörde in rechtswidriger Weise bei der Feststellung des relevanten Sachverhaltes von unstatthaften Vermutungen zu meinen Lasten auch, weshalb das angefochtene Erkenntnis nicht nur rechtswidrig ist, sondern auch in Willkür, sohin gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz verstoßend, ergangen ist.

Zu Faktum 3:

Entgegen der Darstellung des Unfallgegners hat mein Bruder das Fahrzeug nach der Berührung mit dem Gegenverkehr unverzüglich angehalten. Auch hier geht die belangte Behörde in rechtswidriger Weise bei der Feststellung des relevanten Sachverhaltes von unstatthaften Vermutungen zu meinen Lasten auch, weshalb das angefochtene Erkenntnis nicht nur rechtswidrig ist, sondern auch in Willkür, sohin gegen den verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitsgrundsatz verstoßend, ergangen ist.

Zu Faktum 4:

Eine Verständigung der nächsten Gendarmeriedienststelle war nicht geboten, da durch den Unfall kein Personenschaden eingetreten ist und ein ausreichender Identitätsaustausch stattgefunden hat. Sollte der Identitätsaustausch nicht ausreichend gewesen sein, so ist die auf die sprachbedingten Verständigungsschwierigkeiten und das aggressive Verhalten des Unfallgegners zurückzuführen, weshalb mir kein Verschulden zur Last gelegt werden kann.

c) Anträge

Aus den genannten Gründen beantrage ich

1) die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung an der Unfallstelle, in deren Zuge ich als Beschuldigter sowie mein Bruder P und die erhebenden Beamten als Zeugen einzuvernehmen sind- der Verhandlung möge ein Dolmetsch für die bosnische Sprache beigezogen werden;

2) die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit und die Einstellung des Strafverfahrens;

3) in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen auf das gesetzliche Mindestmaß.

Braunau, am 19.06.2002 P"

3. Da jeweils keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch auszugsweise Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. Ferner durch Vernehmung des Bruders des Berufungswerbers, P, als Zeuge unter Beiziehung eines gerichtlich beeideten Dolmetsch für die bosnische Sprachgruppe, L; ferner durch die zeugenschaftliche Befragung der Unfallbeteiligten Ehegatten Ing. K und U W , sowie der Gendarmeriebeamten RevInsp. D und GrInsp. S. Der Berufungswerber wurde unter teilweiser Übersetzung durch den Dolmetsch als Beschuldigter gehört. Auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung teil, wobei im Verlaufe der Verhandlung auch ein Ortsaugenschein zur Identifizierung der Unfallörtlichkeit und der besseren Nachvollziehbarkeit des Unfallgeschehens vorzunehmen war.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit in der bereits fortgeschrittenen Abenddämmerung auf der L 503 aus Richtung Maria Schmolln kommend in Richtung Schalchen. In seinem Fahrzeug befand sich sein Bruder P als Beifahrer. Im Bereich nach dem Straßenkilometer 29,0 verläuft der Straßenzug nach einer Kuppe in einer in einem Gefälle verlaufenden Rechtskurve und geht schließlich auf der Höhe des rechts gelegenen unbefestigten Ausweichplatzes in eine relativ enge Linkskurve über. Die Fahrbahn ist an dieser Stelle knapp sechs Meter breit. Sie weist zwei durch eine Leitlinie und eine Randlinie gekennzeichnete Fahrstreifen auf. In Fahrtrichtung Maria Schmolln ist der Straßenzug in diesem Bereich rechtsseitig durch eine durchgehende Leitplanke gesichert.

In diesem Bereich kam es vermutlich wegen des geradlinigen Durchfahrens der Rechtskurve zum Streifkontakt mit dem entgegenkommenden Fahrzeug der Zeugen W (siehe Foto mit Pfeil). Die Fahrzeuge berührten sich dabei an den Außenspiegeln, wobei diese beschädigt wurden. Der Zeuge W, der mit ca. 90 bis 100 km/h unterwegs war, musste, um einem Frontalzusammenstoßes zu entgehen, sein Fahrzeug stark Abbremsen und an den äußerst rechten Fahrbahnrand lenken. Unmittelbar nach dem Fahrzeugkontakt wendete er seinen Pkw auf der nur wenige Meter in Fahrtrichtung Maria Schmolln links gelegenen Ausweichbucht und fuhr dem zweitbeteiligten Fahrzeug unverzüglich nach, um dieses anzuhalten. Diese Anhaltung erfolgte nach Abgabe von Lichtsignalen mittels Lichthupe etwa 500 bis 700 Meter nach dem Unfallort in Fahrtrichtung Schalchen, etwa auf Höhe des Ederwirts. Der Zeuge Ing. W hielt sein Fahrzeug etwa fünf bis zehn Meter hinter dem Fahrzeug des Berufungswerbers an. Sowohl dieser mit seinem Beifahrer, als auch die Familie W stiegen fast gleichzeitig aus ihren Fahrzeugen, wobei als gesichert gelten kann, dass der Berufungswerber auf der Fahrerseite, während sein körperlich deutlich größerer Bruder, auf der Beifahrerseite ausstieg. In der Folge konnte angesichts sprachlicher Verständigungsschwierigkeiten aber auch angesichts der emotional geladenen Situation ob der Gefährlichkeit des "Beinahfrontalzusammenstoßes" eine sachdienliche Erledigung der Formalitäten iVm dem Unfall mit Sachschaden nicht herbeigeführt werden. Gemäß der Einschätzung des Zeugen W war der Berufungswerber sichtlich alkoholisiert, was letzterem sinngemäß dahingehend vorgeworfen wurde, "dass er doch besoffen sei." Ing. W versuchte, ob dieses von ihm vermuteten Zustandes seines Unfallgegners mittels Handy die Gendarmerie zu verständigen, was aber wegen der dort fehlenden Netzversorgung nicht gelang. Er begab sich folglich zum Gendarmerieposten Aspach, um die Anzeige zu erstatten. Von dort wurde schließlich nach Ausforschung des Zulassungsbesitzers über Intervention des RevInsp. D im Wege des GP Mattighofen der Berufungswerber in seinem Wohnhaus in S, zum Alkotest aufgefordert. Er verantwortete sich jedoch sofort dahingehend, dass nicht er, sondern sein ebenfalls bei ihm aufhältiger Bruder "I" der Lenker gewesen sei. Über nachfolgende Beschreibung durch die Anzeiger W, wurde jedoch der Berufungswerber als der Kleinere der beiden Fahrzeuginsassen als der Lenker bezeichnet. Wegen der widersprüchlichen Angaben zur Lenkereigenschaft wurde schließlich auch noch der Zeuge I P zur Durchführung des Alkotests beim Gendarmerieposten Mattighofen aufgefordert und dorthin - wegen seiner nicht gegebenen Mächtigkeit der deutschen Sprache in Begleitung der Ehegattin des Berufungswerbers - verbracht. Mit 0,0 mg/l erbrachte der Alkotest ein negatives Ergebnis. Der Berufungswerber verweigerte jedoch den Test noch an seinem Wohnort mit dem Hinweis, nicht gefahren zu sein. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass er die an ihn gerichtete Aufforderung nicht verstanden hätte. Diese Aufforderung nicht verstanden zu haben, behauptete er nicht einmal selbst im Verlaufe der Berufungsverhandlung.

Im Hinblick auf den Verweigerungstatbestand war die, in mehreren nur wenig zusammenhängende Textblöcke gestaltete "GENDIS-Anzeige" so unschlüssig abgefasst, dass es seitens der Behörde erster Instanz zu einer Fehlanlastung des Tatortes - nämlich beim GP Mattighofen - kam.

4.1. Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigte sowohl der Berufungswerber als auch dessen Bruder als Zeuge die Lenkereigenschaft des letzteren zum Zeitpunkt des Unfalls.

Diesen Angaben vermag aber auch der Oö. Verwaltungssenat nicht zu folgen. Die Aussagen des Berufungswerbers und die zeugenschaftlichen Angaben seines Bruders sind von erheblichen Widersprüchen begleitet. So ergab sich ein krasser Widerspruch bereits in der Darstellung des Verhaltens unmittelbar nach der Kollision. Während etwa der Berufungswerber einerseits erklärte, hinter dem Fahrersitz gesessen zu sein, um dort zu schlafen, will er unmittelbar nach dem Kollisionsgeräusch seinen Bruder zum Anhalten aufgefordert haben. Dieser Aufforderung sei der Bruder auch nachgekommen, jedoch habe man die Fahrt sogleich wieder fortgesetzt, weil der Gegner angeblich weitergefahren sei. Demgegenüber gab I P im Rahmen seiner Zeugenaussage an, man habe fünf bis zehn Minuten im Bereich der Unfallstelle gewartet, ehe man die Fahrt (gemeint wohl: mangels Rückkehr des Unfallgegners) fortgesetzt hätte. Unmittelbar danach müsste es aber dann doch zur Anhaltung durch den Zweitbeteiligten gekommen sein. Dies ist nicht im Einklang damit, dass unbestrittenerweise die Anhaltung bereits nach 500 bis 700 m erfolgt war, wobei der Zeuge W unverzüglich nach dem Unfall sein Fahrzeug wendete und dem Gegner nachfuhr. Dies ist wohl logisch und kann auch mit dem Ergebnis der beim Ortsaugenschein getroffenen Feststellungen in Einklang gebracht werden. Daher musste der Berufungsweber seine Fahrt sehr wohl mit geringer Geschwindigkeit fortgesetzt haben, ehe er bereits nach der besagten Wegstrecke angehalten werden konnte. Die Ehegatten W machten ihre Angaben weitgehend übereinstimmend, wobei diese insbesondere im Weg-Zeit-Ablauf nachvollziehbar sind. Sie hinterließen einen glaubwürdigen Eindruck und es gäbe wohl auch keinen Grund, warum sie im Hinblick auf den von ihnen ob der deutlichen Größenunterschiede klar und schlüssig identifizierten Lenker, wahrheitswidrige Angaben machen sollten. Auch der Umstand der fehlenden Netzversorgung im Bereich der Unfallörtlichkeit erwies sich als Tatsache, was die Glaubwürdigkeit der Darstellung der Zeugen W unterstreicht.

Dies vermag auch nicht damit entkräftet werden, dass die Größenunterschiede wegen des angeblich talwärts stehenden Zeugen P verkannt worden wäre. Im Übrigen ist das Gefälle eher als flach zu bezeichnen, sodass bei lebensnaher Betrachtung auszuschließen ist, dass dieser Umstand zu einer solchen Fehleinschätzung führen könnte. An den Haaren herbeigezogen ist die Behauptung des Berufungswerbers, sich zum angeblichen Schlafen auf den Rücksitz gesetzt zu haben. Dies wäre allein schon aufgrund der Größe seines Bruders am Fahrersitz wohl technisch nur schwer möglich.

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Nach § 5 Abs.2 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1. ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2. als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht haben,

auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach § 5 Abs.3 StVO ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, das den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Nach § 99 Abs.1 StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.162 Euro bis 5.813 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen.

Zur Rechtmäßigkeit der Aufforderung durch das Straßenaufsichtsorgan zur Atemluftmessung genügt es, wenn gegen den Aufgeforderten lediglich der Verdacht besteht, ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, um die gesetzliche Pflicht, sich der Atemluftuntersuchung zu unterziehen, auszulösen (VwGH 28.11.1975/192/75, ZVR 1976/247, sowie VwGH 23.1.1991, 90/03/0256). Dieser Verdacht war schon durch die Angaben der Zeugen mehr als begründet und erwies sich wohl - wie das Berufungsverfahren ergeben hat - als zutreffend.

Auch ist grundsätzlich jedes Verhalten des Betroffenen, das die Vornahme des Tests an dem vom Organ der Straßenaufsicht bestimmten Ort verhindert, einer Verweigerung gleichzusetzen, wobei einem solchen Organ zuzumuten ist, dies entsprechend zu beurteilen (vgl. insb. VwGH 11.10.2000, 2000/03/0083, mit Hinweis auf VwGH v. 23. 9. 1994, 94/02/0288 u.a.).

Nach § 7 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, so weit rechts zu fahren, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer, ohne eigene Gefährdung und ohne Beschädigung von Sachen möglich ist. Gleise von Schienenfahrzeugen, die an beiden Rändern der Fahrbahn liegen, dürfen jedoch nicht in der Längsrichtung befahren werden, wenn der übrige Teil der Fahrbahn genügend Platz bietet;

Ein sogenanntes Kurvenschneiden, dies insbesondere trotz herrschenden Gegenverkehrs, muss unter dieser Gesetzesbestimmung subsumiert werden (vgl. VwGH 20.5.1992, 91/03/0148).

Sowohl die Anhaltepflicht gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO und die Mitwirkungspflicht nach § 4 Abs.1 lit.c leg. cit. als auch die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 leg. cit. setzen auch das Wissen um einen Verkehrsunfall voraus, wobei aber nicht unbedingt das positive Wissen von diesem und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich ist; es genügt vielmehr, wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können; diese Tatbestände sind schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind, oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermocht hätte. Davon ist hier auf Grund des unbestrittenen Wissens vom Fahrzeugkontakt im Gegenverkehr nicht auszugehen!

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ähnlich gelagerten Fällen schon wiederholt ausgesprochen, dass der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat und ein Blick in den Rückspiegel in derartigen Verkehrssituationen geboten ist (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 18. Oktober 1989, 89/02/0086, sowie VwGH 17.4.1991, 90/02/0209).

Selbst wenn der Berufungswerber unmittelbar nach dem Unfall kurzzeitig angehalten haben sollte, wofür jedoch das Beweisverfahren keine Anhaltspunkte erbrachte, würde ihn dies nicht entlasten. Ein mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehender Lenker eines Kraftfahrzeuges kommt nämlich seiner Anhaltepflicht nicht schon dadurch nach, dass er das Fahrzeug kurzfristig an der Unfallstelle zum Stillstand bringt, im Übrigen aber - ohne sich um die gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen zu kümmern - mit dem Fahrzeug die Unfallstelle wieder verlässt (vgl. VwGH vom 16.4.1997, 96/03/0334 mit Hinweis auf VwGH 21.12.1988, 88/18/0336).

Nicht vorzuwerfen ist dem Berufungswerber jedoch, dass er nicht ohne unnötigen Aufschub die Gendarmerie verständigt hätte. Da die Gendarmerie - wenn auch durch die Anzeige des Zweitbeteiligten - ca. eine halbe Stunde nach dem Unfall bei ihm bereits eintraf, war damit die als "unnötiger Aufschub" zu begreifende Frist wohl noch nicht erschöpft. Diese Gesetzesbestimmung räumt zwar mit den Worten OHNE UNNÖTIGEN AUFSCHUB den an einem Verkehrsunfall mit bloßem Sachschaden Beteiligten für die Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle insofern einen

Spielraum ein, als die Meldung des Unfalles nicht sofort erfolgen muss, sondern in einem relativ kurz an den Unfall anschließenden Zeitraum erstattet werden kann (vgl. VwGH 16.9.1987, 86/03/0177 mit Hinweis auf VwGH 19.9.1984, 83/03/0358). Wenn daher innerhalb dieses Zeitraumes ohnedies bereits die Gendarmerie eintraf, war damit der gesetzlichen Intention inhaltlich (noch) nicht zuwidergehandelt.

In diesem Punkt war demnach der Schuldspruch zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

5.2. Die Richtigstellung des Tatortes war hier binnen der noch offenen Verfolgungsverjährungsfrist im Sinne des § 44a Z1 VStG vom Unabhängigen Verwaltungssenat vorzunehmen.

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass hier im Punkt 1. mit der gesetzlichen Mindeststrafe vorgegangen wurde. Da ferner keine strafmildernden Umstände vorliegen, kommt in diesem Punkt auch nicht die Anwendung des § 20 VStG in Betracht. In den übrigen Punkten kann bei der Bemessung der Geldstrafen kein Fehler in der Ausübung des gesetzlichen Ermessens erblickt werden, sodass den verhängten Geldstrafen objektiv nicht entgegenzutreten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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