Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108400/5/Bi/Ri

Linz, 13.08.2002

 

VwSen-108400/5/Bi/Ri Linz, am 13. August 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau Mag. S, vom 18. Juni 2002 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 16. Mai 2002, VerkR96-3414-2001-BB/HA, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als verspätet zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 63 Abs.5 AVG iVm §§ 24 und 51 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.2 lit.a iVm 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2) §§ 99 Abs.2 lit.a iVm 4 Abs.5 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 109 Euro (36 Stunden EFS) und 2) 72 Euro (24 Stunden EFS) verhängt. Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 18,10 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin (Bw) unter Hinweis darauf, dass ihr bei der Erstinstanz bereits die Verspätung des Rechtsmittels beim Versuch, dieses mündlich einzubringen, mitgeteilt wurde, und mit dem Ersuchen, dieses noch zu berück-sichtigen, Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs-vorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie sei der Meinung gewesen, die Rechtsmittelfrist laufe erst ab Behebung des Schriftstückes bei der Post. Sie habe das Straferkenntnis nicht früher abholen können, da sie eine Woche auf Seminar auswärts und zwei Tage beruflich nicht anwesend gewesen sei. Die übrigen Ausführungen betreffen die Tatvorwürfe inhaltlich.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie weitere Erhebungen.

Aus dem Verfahrensakt, insbesondere dem RSa-Rückschein des Straferkenntnisses, geht hervor, dass dieses nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 22. und 23. Mai 2002 beim Postamt 4040 Linz mit Beginn der Abholfrist 23. Mai 2002 hinterlegt wurde. Eine Ankündigung des 2. Zustellversuchs und eine Verständigung über die Hinterlegung wurden laut Vermerk auf dem Rückschein vom Zusteller jeweils in den Briefkasten eingelegt.

Da im Akt zwar ein handschriftlicher Vermerk des Sachbearbeiters, wonach die Bw am 14.6.02 bei der Erstinstanz gewesen sei - "war ortsabwesend" - zu finden ist, aber Näheres nicht hervorgeht, wurde die Bw mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates unter Hinweis auf die Bestimmungen des Zustellgesetzes ersucht, ihre Ortsabwesenheit entsprechend zu belegen. Sie hat mit Schreiben vom 2. August 2002 ausgeführt, sie sei am 22. Mai 2002 in München gewesen, am 23. Mai 2002 in Linz, am 24. Mai 2002 mit einer Schulklasse (diesbezüglich wurde die Reiseabrechnung beigelegt) wieder in München, am 27. Mai 2002 Lehrausgang und Schule bis 17.00 Uhr, am 28. Mai 2002 Schule bis 16.10 Uhr, von 29. Mai bis 2. Juni 2002 am Zweitwohnsitz und von 3. bis 6. Juni 2002 auf Seminar in Bad Ischl (auch hier wurde die Reiseabrechnung beigelegt).

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 63 Abs.5 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloßer mündlicher Verkündung mit dieser...

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt ... zu hinterlegen.

Gemäß Abs.3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Eine vorübergehende Abwesenheit von der Abgabestelle, welche die Zustellung durch Hinterlegung unzulässig machen bzw die Anwendung des 3. Satzes des § 17 Abs.3 ZustellG nach sich ziehen würde, liegt nur dann vor, wenn der Empfänger dadurch gehindert ist, Zustellvorgänge im Bereich des Zustellortes wahrzunehmen, wie zB im Fall einer Reise, eines Urlaubes oder eines Krankenhausaufenthaltes. Eine berufliche Abwesenheit von der Wohnung während des Tages ist keine vorübergehende Abwesenheit (vgl VwGH v 12.9.1995 Slg 11850 A, v 19.1.1995, 94/09/0248).

Bei einer Zustellung zu eigenen Handen kann der Empfänger bereits durch die Verständigung vom erfolglosen ersten Zustellversuch und die Ankündigung eines zweiten Zustellversuchs Kenntnis davon erlangen, dass ihm ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es dabei nicht an. Die Hinterlegung hat die Wirkung der Zustellung, wenn der Empfänger auch nur am Tag des ersten Zustellversuchs, nicht jedoch auch am Tag des zweiten Zustellversuchs ortsanwesend war (vgl VwGH v 29.1.1987, 86/02/0157, uva).

Im gegenständlichen Fall war die Bw zwar am Mittwoch, dem 22. Mai 2002, in München, ist aber am selben Tag in die Wohnung zurückgekehrt und war damit nicht ortsabwesend. Sie konnte vielmehr über die im Briefkasten zurückgelassene Ankündigung des zweiten Zustellversuches Kenntnis davon erlangen, dass ihr ein behördliches Schriftstück zugestellt werden soll. Am 23. Mai 2002 war sie ebenfalls ortsanwesend, weshalb die an diesem Tag nach dem erfolglosen zweiten Zustellversuch beim Postamt 4040 vorgenommene Hinterlegung des Schriftstückes die Wirkung der Zustellung entfaltete. Damit begann die zweiwöchige Rechtsmittelfrist zu laufen, die demnach am 6. Juni 2002 endete und auch nicht durch Behördenentscheidung verlängerbar ist.

Ob die Bw in der Zeit zwischen Hinterlegung und Abholung des Schriftstückes ortsabwesend war, ist irrelevant, weil bereits am 23. Mai 2002 die Zustellung bewirkt wurde und Ortsabwesenheit innerhalb der Rechtsmittelfrist deren Ablauf nicht ändert, zumal es jedem Rechtsmittelwerber unbenommen bleibt, seine Schriftsätze wo auch immer zu verfassen, solange er sie fristgerecht zur Beförderung übergibt.

Da das Postamt 4040 bis 18.00 Uhr geöffnet hat (die genauen Öffnungszeiten sind auf der Verständigung angeführt), oblag es der zeitlichen Organisation der Bw, wann sie das für sie bestimmte Schriftstück innerhalb der Hinterlegungsfrist abholte, allerdings ohne Einflussnahmemöglichkeit auf den Ablauf der Rechtsmittelfrist mit Donnerstag, dem 6. Juni 2002.

Der Versuch der Bw, am 14. Juni 2002 bei der Erstinstanz mündlich Berufung einzubringen, war daher ebenso verspätet wie die nunmehrige schriftliche Berufung vom 18. Juni 2002. Da der Bw jedoch bereits bei der Erstinstanz am 14. Juni 2002 die offenkundige Verspätung mitgeteilt worden war, womit die zweiwöchige Frist für eine eventuelle Einbringung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begann, erübrigte sich eine nochmalige Wahrung des Parteiengehörs zur Verspätung und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

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