Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108630/10/Br/Pe

Linz, 03.12.2002

VwSen-108630/10/Br/Pe Linz, am 3. Dezember 2002

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn MP, vertreten durch Dr. FD, Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, VerkR96-6499-1-2000, vom 8. Oktober 2002, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 3.12.2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben, die Geldstrafe wird jedoch auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 117/2002 - AVG, iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 117/2002 - VStG;

II. Demnach ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 5 Euro; für das Berufungsverfahren entfällt ein Kostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 218,02 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er am 29.8.2000 um 11.30 Uhr als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen auf dem Kundenparkplatz der Fa. Billa in Wels, Rablstraße, gelenkt habe und dabei ein abgestelltes Fahrzeug beschädigt und hiervor nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

1.1. Gestützt wurde der Schuldspruch in den Wahrnehmungen der Zeugen S in Verbindung mit gemäß der sachverständigen Beurteilung des dabei verursachten als 15 cm langen schwarzen Farbabriebes an der rechten hinteren Stoßstange des vom Berufungswerber während der Vorbeifahrt gestreiften Fahrzeuges. Ebenfalls wurde das von der Behörde erster Instanz eingeholte Sachverständigengutachten dahingehend gewürdigt, dass der Vorfall bemerkt werden hätte müssen.

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung wird der Tatvorwurf inhaltlich bestritten. Es wird u.a. eine unterbliebene Stellprobe bemängelt und im Ergebnis eingewendet, dass nicht mit hinreichender Sicherheit von der Verursachung des Schadens durch den Berufungswerber ausgegangen werden könne.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land. Ferner wurde Beweis erhoben durch die zeugenschaftliche Vernehmung der Ehegatten G und CS und des Berufungswerbers als Beschuldigten anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Zur Erörterung gestellt bzw. verlesen wurde ebenfalls das im Akt erliegende Amtssachverständigengutachten.

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Unstrittig ist, dass der Berufungswerber zum obgenannten Zeitpunkt in den Parkplatz bei der Firma Billa einfuhr. Damals war offenbar nur eine Fahrspur verfügbar, sodass der den Parkplatz verlassende Zeuge S knapp vor Schrankenanlage seinen PKW anhielt, um dem Berufungswerber das Einfahren zu ermöglichen. Der Berufungswerber befuhr mit etwa 20 km/h, diese einerseits durch das Fahrzeug von S und einem gegenüber schräg abgestellten PKW der Marke Mazda, den er während der Vorbeifahrt rechts hinten am Stoßstangenbogen streifte und dadurch beschädigte. Dabei bemerkten die Zeugen S, dass es zu einem Fahrzeugkontakt mit dem abgestellten Mazda gekommen ist, weil dieser etwas wackelte. Eine akustische Wahrnehmung wurde von dieser Streifung nicht gemacht, vielmehr konnten die Zeugen laute Musik aus dem vorbeifahrenden Fahrzeug des Berufungswerbers wahrnehmen. Der Berufungswerber parkte in der Folge seinen Pkw ein und entfernte sich von diesem ohne bei dem offenbar gestreiften Fahrzeug Nachschau zu halten. GS nahm in der Folge die Streifspur am gelben Mazda wahr und erstattete diesbezüglich die Anzeige gegen den Lenker des vermutlichen Verursacherfahrzeuges, den Berufungswerber.

4.2. Anlässlich der Berufungsverhandlung bestätigten die Zeugen ihre Wahrnehmung in übereinstimmender und lebhaft nachvollziehbarer Weise. Gleichzeitig wurde seitens des GS dessen subjektive Einschätzung dargetan, dass der Lenker des Schädigerfahrzeuges - der Berufungswerber - den Vorfall subjektiv tatsächlich nicht bemerkt haben dürfte. Das akustische Geräusch könnte durch die Lautstärke der Musikanlage übertönt worden sein. Wohl kann hier dem Berufungswerber zugestanden werden, dass er in der beengten Situation den Blick mehr auf das Fahrzeug der Zeugen S lenkte, wobei die relativ weit in seine Fahrlinie hineinragende rechte hintere Stoßstangenkante des schräg abgestellten Fahrzeuges visuell nicht realisiert haben dürfte und mit Blick darauf die Streifung subjektiv tatsächlich nicht bemerkte. Im Rahmen der Berufungsverhandlung bestritt der Berufungswerber die Schadensverursachung nicht mehr, wobei er erklärte, über Intervention seiner Haftpflichtversicherung den geringfügigen Schaden im Umfang von damals 500 S den gegnerischen Fahrzeugschaden beglichen zu haben. Mit Blick darauf bedarf es einer weitergehenden Auseinandersetzung, mit den umfangreichen Berufungsausführungen und einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem mit den Wahrnehmungen der Familie S in Einklang zu bringenden fachlichen Schlussfolgerung des Amtssachverständigen, nicht mehr. Der Berufungswerber legte vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat auch persönlich glaubwürdig dar, den Schaden tatsächlich nicht mitbekommen zu haben.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Voraussetzung für die Meldepflicht nach § 4 Abs.5 StVO ist nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des Eintrittes eines Sachschadens, sondern in subjektiver Hinsicht das Wissen oder fahrlässige Nichtwissen vor dem Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist daher schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte.

Selbst wenn der Berufungswerber ursprünglich vermeint haben sollte, dass er einen allfälligen Anstoß gar nicht bemerken konnte, da "derartige Beschädigungen für den Insassen des anstoßenden Fahrzeuges nicht zwingend zu bemerken sind" und außerdem das Radio aufgedreht war, ist dies nicht schuldbefreiend. Wie sich aus den Zeugenaussagen ergibt, war jedenfalls eine sichtbare Wackelbewegung am parkenden Fahrzeug verursacht worden. Abgesehen davon, dass das Autoradio nur insoweit benützt werden dürfte, als die Aufmerksamkeit des Lenkers gegenüber dem Verkehrsgeschehen nicht beeinträchtigt wird (vgl. VwGH 30. März 2001, Zl. 2000/02/0169), hätte der Berufungswerber neben einer Wackelbewegung auch dann, wenn das Radiogerät wohl laut eingeschaltet war, zumindest aber in Verbindung mit der Nähe der Vorbeifahrt am abgestellten Fahrzeug eine Berührung für möglich halten müssen. Sohin kann daran, dass der Berufungswerber bei gehöriger Aufmerksamkeit die Möglichkeit eines Zusammenstoßes mit dadurch verursachter Beschädigung eines anderen Fahrzeuges zu erkennen vermocht hätte, kein Zweifel bestehen (VwGH 20.3.2002, 99/03/0316).

6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Konkret wird zur Strafzumessung ausgeführt, dass hier durch die besondere Fallkonstellation - im Gegensatz zur Beurteilung durch die Behörde erster Instanz - von einem bloß geringen Verschuldensgrad ausgegangen werden kann. Mit Blick darauf scheint die nunmehr verhängte Geldstrafe durchaus angemessen.

Einen Schuldvorwurf muss sich der Berufungswerber aber dennoch gefallen lassen, indem er nicht jene Sorgfalt obwalten hat lassen, die von einem Fahrzeuglenker, erwartet werden muss. Indem auf Grund des nicht eingehaltenen objektiv zu bestimmenden Sorgfaltsgebotes, wobei mit Blick darauf eine Meldung bei der nächsten Gendarmeriedienststelle unterblieb, fällt ihm dies als rechtswidriges Verhalten zur Last, wofür ihm weder ein Rechtfertigungs- noch ein Entschuldigungsgrund zu Gute kommt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass insbesondere den Milderungsgründen gemäß § 34 Abs.1 Z18 und Abs.2 StGB wesentliches Gewicht zuzumessen ist, sodass in Verbindung mit mildernden Umstand der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit und des unterdurchschnittlichen Einkommens des Berufungswerbers mit monatlich 1.100 Euro mit der nunmehr verhängten Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann. Laut Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ferner auch die Verfahrensdauer - die hier als verhältnismäßig lang zu bezeichnen ist - mit Blick Art.6 Abs.1 EMRK bei der Strafbemessung als zusätzlicher Milderungsgrund zu werten (vgl. VfGH vom 5. Dezember 2001, B 4/01-18).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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