Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109333/8/Zo/Pe

Linz, 07.01.2004

 

 

 VwSen-109333/8/Zo/Pe Linz, am 7. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn AH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. GK, vom 22.10.2003 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 9.10.2003, VerkR96-1004-2003, wegen Zurückweisung eines Einspruches als verspätet zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 AVG, 24 und 49 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid den Einspruch des nunmehrigen Berufungswerbers vom 2.5.2003 gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31.3.2003, VerkR96-1004-2003, als verspätet zurückgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Strafverfügung am 10.4.2003 durch Hinterlegung beim Postamt Horn zugestellt und der Einspruch erst am 2.5.2003, also nach Ablauf der zweiwöchigen Einspruchsfrist eingebracht wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber vorbringt, dass seine Gattin sehr wohl mit der Zustellerin gesprochen und dieser mitgeteilt habe, dass sich der Berufungswerber in Deutschland befinde. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid sei diesbezüglich unrichtig. Die Zustellerin habe rechtsmissbräuchlich den Zeitpunkt des zweiten Zustellversuches auf den nächsten Tag festgesetzt. Aus diesem Grund sei der Zustellvorgang gesetzwidrig und daher nichtig. Hinterlegte Sendungen würden gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz dann nicht als zugestellt gelten, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Das Schriftstück sei dem Berufungswerber erst am 23.4.2003 zugegangen und zwar bedingt durch seinen berufsbedingten Aufenthalt in Deutschland. Die Einspruchsfrist habe daher erst am 24.4.2003 begonnen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Wels-Land hat den Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt sowie in die Schaublätter des Berufungswerbers vom 7. bis 11.4.2003 und Einholung einer Stellungnahme des Postamtes. Daraus ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht notwendig, weil es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid handelt und eine weitere Klärung des Sachverhaltes für die rechtliche Beurteilung nicht notwendig ist. Im Übrigen wurde eine solche auch nicht beantragt (§ 51e Abs.2 Z4 VStG).

 

4.1. Es ergibt sich folgender Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des Lkw. In dieser Eigenschaft hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Schreiben vom 17.2.2003 eine Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 an ihn gerichtet. Diese wurde vorerst hinterlegt und am 27.2.2003 von der Gattin des Berufungswerbers behoben (siehe Stellungnahme des Postamtes). Die Lenkeranfrage wurde vom Berufungswerber aber nicht beantwortet.

 

Der Bezirkshauptmann von Wels-Land erließ gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung, welche mittels RSa-Brief abgesendet wurde. Der erste Zustellversuch dieses RSa-Briefes erfolgte am 9.4.2003, gleichzeitig wurde ein zweiter Zustellversuch für den 10.4.2003 angekündigt und an diesem Tag das Schriftstück beim Postamt hinterlegt und zur Abholung bereit gehalten. Die Ankündigung über den zweiten Zustellversuch sowie die Verständigung über die Hinterlegung wurden in den Briefkasten eingelegt (siehe Rückschein). Der Berufungswerber hat die Strafverfügung aber erst am 23.4.2003 tatsächlich behoben (siehe Stellungnahme des Postamtes). Der Berufungswerber ist am 7.4.2003 mit dem Lkw von Sattledt nach Stuttgart und am 8.4.2003 wiederum von Stuttgart nach St. Valentin gefahren. Am 9.4.2003 ist er von St. Valentin nach Babenheim (D) gefahren, die Fahrt endete um 16.30 Uhr mit einem Kilometerstand von 631.751. Am 10.4.2003 begann der Berufungswerber um 7.40 Uhr eine neue Fahrt mit dem selben Lkw mit dem gleichen Kilometerstand in Enns und kehrte schließlich am 12.4.2003 um 0.25 Uhr nach Österreich zurück. Aus diesen Schaublättern ergibt sich vorerst, dass die Behauptung des Berufungswerbers, er sei die gesamte Woche von 7. bis 11.4.2003 beruflich in Deutschland gewesen, nicht den Tatsachen entspricht, weil er am 8.4.2003 um 22.30 Uhr nach St. Valentin zurückgekehrt ist und am 9.4.2003 um 6.10 Uhr seine Fahrt wiederum von St. Valentin aus fortsetzte. Weiters ist nicht nachvollziehbar, wo der Berufungswerber die Nacht vom 9. zum 10.4.2003 verbracht hat, weil er nach seinen eigenen Eintragungen in den Schaublättern die Fahrt in Babenheim (D) am 9.4.2003 um 16.30 Uhr beendet und am 10.4.2003 mit dem selben Lkw mit dem gleichen Kilometerstand wie bei Fahrtende am Vortag um 9.40 Uhr eine neuerliche Fahrt in Enns angetreten haben will. Diese Aufzeichnungen in den vom Berufungswerber selbst ausgefüllten Schaublättern können nicht richtig sein, wobei dies für die Beurteilung des gegenständlichen Falles aber nicht von Bedeutung ist (vgl. die Ausführungen zu Punkt 5.2.).

 

In seiner Stellungnahme vom 2.6.2003 führte der Berufungswerber an, dass er sich vom 7. bis einschließlich 11.4.2003 in Deutschland befunden habe. Er sei während des gesamten Zeitraumes nie an die Abgabestelle zurückgekehrt, sondern erst am 11.4.2003 nächtens. Dies habe die Gattin des Berufungswerbers dem Postzusteller dargelegt, dennoch habe dieser rechtswidrig die Hinterlegung des Schriftstückes veranlasst. Eine derartige Hinterlegung erzeuge nicht die Wirkung einer Zustellung. Die Zustellerin gab am 8.7.2003 als Zeugin vor der Bezirkshauptmannschaft Horn an, dass bei ihrem ersten Zustellversuch die Tür nicht geöffnet worden sei, weshalb sie die Ankündigung des zweiten Zustellversuches in den Briefkasten geworfen habe. Am 10.4.2003 habe sie einen neuerlichen Zustellversuch durchgeführt, auch hier habe sie auf dem Rückschein wiederum angekreuzt, dass sie die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt habe. Das bedeute mit Sicherheit, dass sie nicht mit Frau H gesprochen habe. Hätte ihr diese tatsächlich mitgeteilt, dass der Empfänger nicht an der Abgabestelle anzutreffen ist, so hätte sie ihr den zweiten Verständigungszettel persönlich gegeben und "an der Abgabestelle zurückgelassen" angekreuzt.

 

Die Gattin des Berufungswerbers, Frau WH, gab am 19.9.2003 auf der Gemeinde Brunn an der Wild als Zeugin an, dass sie sich daran erinnern könne, mit der Zustellerin über die Hinterlegung für ihren Gatten gesprochen zu haben. Sie habe der Zustellerin erzählt, dass ihr Gatte die ganze Woche in Deutschland unterwegs sei. An welchem Tag dieses Gespräch stattgefunden habe, daran könne sie sich nicht mehr erinnern.

 

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht erwogen:

5.1. Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen.

 

§ 17 Abs.1 Zustellgesetz lautet:

Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter iSd § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereit zu halten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

 

5.2. Die endgültige Klärung, ob die Gattin des Berufungswerbers, dessen Abwesenheit sie der Zustellerin mitgeteilt hat oder nicht, ist aus folgenden rechtlichen Überlegungen nicht erforderlich:

Ein regelmäßiger Aufenthalt an der Abgabestelle iSd § 17 Abs.1 Zustellgesetz liegt dann vor, wenn der Empfänger, von kurzfristigen Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. Die berufliche Abwesenheit von der Wohnung während eines Tages, ja während der Wochentage (sogenannte Pendler) ist keine vorübergehende Abwesenheit, schließt also den regelmäßigen Aufenthalt nicht aus (vgl. Hauer/Laukauf, 5. Auflage, Seite 1.243 mit zahlreichen Judikaturnachweisen). Selbst wenn also die Zustellerin von der Abwesenheit während der Woche informiert war, ändert dies nicht die Berechtigung zur Hinterlegung des RSa-Briefes. Die Abwesenheit von der Abgabestelle während mehrerer Tage oder einer ganzen Arbeitswoche löst zwar die Rechtsfolgen des § 17 Abs.3 vierter Satz Zustellgesetz aus, bedeutet aber noch nicht, dass sich der Empfänger nicht mehr regelmäßig an der Abgabestelle aufhält (§ 17 Abs.1 Zustellgesetz). Die Hinterlegung des RSa-Briefes iSd § 17 Abs.1 Zustellgesetz war daher rechtmäßig. Diese Auslegung ist auch deshalb sinnvoll, weil sonst all jenen Personen, die sich regelmäßig während der Arbeitswoche nicht an ihrer Wohnung aufhalten, gar nicht im Postweg zugestellt werden könnte, sofern nur dieser Umstand (die Abwesenheit während der Woche von der Wohnung) dem Zusteller bekannt ist.

 

Der Empfänger wird in solchen Fällen durch die Regelung des § 17 Abs.3 vierter Satz Zustellgesetz geschützt, weil die Zustellung erst an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam wird, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte (vgl. dazu auch Walter/Mayer, 8. Auflage, RN 222). Diese Sanierung einer gesetzwidrigen Hinterlegung iSd § 17 Abs.3 vierter Satz ZustG tritt auch dann ein, wenn der Empfänger nach seiner Rückkehr an die Abgabestelle an dem Tag, an dem die Abholung iSd § 17 Abs.3 letzter Halbsatz ZustG möglich wäre, oder vorher die Abgabestelle wieder verlässt (VwGH vom 25.2.1993, 92/18/0339).

 

Im konkreten Fall ist der Berufungswerber in der Nacht zum 12.4.2003 an die Abgabestelle zurückgekehrt und hätte den RSa-Brief daher am 14.4.2003 beheben können. Die Zustellung der Strafverfügung erfolgte damit am 14.4.2003, weshalb die Einspruchsfrist am 28.4.2003 endete. Der Einspruch vom 2.5.2003 ist deshalb verspätet, weshalb die Berufung abzuweisen war.

 

Es ist dem Berufungswerber durchaus zuzugestehen, dass er bei seiner Rückkehr am 12.4.2003 vermutlich über seine Arbeitszeit bzw. die Abfahrtszeit am 14.4.2003 bereits disponiert hatte und es für ihn daher aus tatsächlichen Gründen schwierig war, die Strafverfügung am 14.4.2003 zu beheben. Diesbezüglich stellt sich die Situation für den Berufungswerber aber nicht anders dar, als für die meisten berufstätigen Menschen, weil es auch diesen in aller Regel nicht möglich sein wird, den für die Behebung eines Schriftstückes erforderlichen Urlaub oder Zeitausgleich sofort zu bekommen. Sollte der Berufungswerber aufgrund seines Berufes häufiger mit Zustellproblemen konfrontiert sein, so wäre es eventuell sinnvoll, einer anderen Person eine Zustellvollmacht zu erteilen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Z ö b l

 
 

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