Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109590/7/Br/Ga

Linz, 09.03.2004

VwSen-109590/7/Br/Ga Linz, am 9. März 2004

DVR.0690392

ERKENNTNIS

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Y K, vertreten durch RAe P, M, Sch & P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, vom 20. Oktober 2003, Zl.: VerkR96-22848-2001/U, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 8. März 2004 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird im Schuldspruch keine Folge gegeben; dieser wird mit der Maßgabe bestätigt, dass im letzten Spruchteil die Wortfolge "um
64 km/h" zu entfallen hat und durch das Wort "erheblich" ersetzt wird. Hinsichtlich des Strafausmaßes jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 200 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf
80 Stunden ermäßigt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - VStG.

II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf
20 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 52a Z 10 a StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 120 Stunden verhängt, weil er am 18.11.2001 um 10.26 Uhr im Gemeindegebiet Pucking, Bezirk Linz-Land, auf der A1 bei Strkm. 175,361 in Fahrtrichtung W, als Lenker des KFZ, entgegen dem Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 64 km/h überschritten habe.

1.1. In der auszugsweise wiedergegebenen Begründung tätigte die Behörde erster Instanz folgende Erwägungen:

"Gemäß § 52 lit.a Zif.10 a und § 99 Abs. 3 lit a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" missachtet.

Wenn Sie die angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung bestreiten, so werden Ihnen die Zeugenaussagen der Meldungslegers entgegengehalten und sah die Behörde keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen der fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln.

Darüber hinaus wird auch auf das VwGH-Erkenntnis vom 02.03.1994, ZI. 93/03/0238, hingewiesen, welches wie folgt lautet: Ein Laser-Geschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM ist grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit. Ebenso wie bei einer Radarmessung ist auch einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines Laser-Geschwindigkeitsmesser betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten.

Wie durch den vorgelegten Eichschein belegt wurde, war das Lasergerät zum Tatzeitpunkt gültig geeicht, aus dem Messprotokoll ist die Durchführung der laut Verwendungsbestimmungen vorgesehenen Kontrollmessungen (Zielerfassungskontrolle und "O-km/h-Messung") ersichtlich.

Die Geschwindigkeitsbeschränkung war rechtsgültig verordnet, von der Beischaffung der Verwendungsbestimmungen wurde Abstand genommen, da sich dadurch nicht zwangsläufig ergeben würde, dass - entgegen der diesbezüglichen Aussage des messenden Beamten - bei der Bedienung des Gerätes ein das Messergebnis wesentlich beeinflussender Fehler unterlaufen sei. Ein derartiger Beweisantrag wird auch deshalb als untauglich angesehen, da durch die Vorlage der Bedienungsvorschrift nicht unmittelbar der Beweis erbracht werden könnte, dass eben diese Bedienungsvorschriften eingehalten worden sind (vgl. VwGH 18.11.1981, 81/03/0053).

Von der Einvernahme des Zeugen H Y wurde ebenfalls abgesehen, da dieser die Geschwindigkeitsüberschreitung in keinem Zeitpunkt des Verfahrens bestritten hat und auch das gegen ihn erlassene Straferkenntnis nicht angefochten hat.

Darüber hinaus haben Sie selbst zur Tatzeit zum Sachverhalt befragt angegeben, dass Sie Ihrem Arbeitskollegen H Y nachgefahren seien und nicht auf Ihre bzw. dessen Geschwindigkeit geachtet hätten. Sie müssten um 12.00 Uhr in Wien sein, eine Geschwindigkeitsbeschränkung hätten Sie nicht gesehen. In Ihrer unmittelbar nach Deliktsverwirklichung gemachten Aussage bestätigen Sie die Übertretungen und ist einer solchen Aussage mehr Bedeutung als einer zeitlich späteren Aussage zuzumessen.

Wenn Sie behaupten, dass die Geschwindigkeitsmessung nicht korrekt erfolgte, sondern vielmehr von einer Schätzung auszugehen sei, wird auf die (vollständig zitierte) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in dieser Sache verwiesen, wonach einem Polizeiorgan, dass sich im Verkehrsüberwachungsdienst befindet und im Schätzen von Fahrgeschwindigkeiten geübt ist, eine richtige Schätzung zugebilligt werden muss. Für eine verläßliche Geschwindigkeitsschätzung sind bestimmte äußere Bedingungen erforderlich. Neben einwandfreien Sichtbedingungen steht dabei im Vordergrund, dass das Fahrzeug, dessen Geschwindigkeit geschätzt wird, am schätzenden Straßenaufsichtsorgan vorbeifährt, sodaß das Fahrzeug sowohl beim Herannahen als auch beim Sich - Entfernen beobachtet werden kann. Unter diesen Umständen genügt eine Beobachtungsstrecke von insgesamt 100 m, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung um mindestens ein Drittel festzustellen. Für eine verläßliche Geschwindigkeitsschätzung eines lediglich herannahenden Fahrzeuges ist es erforderlich, dass besondere Umstände hinzutreten, wie etwa eine wesentlich längere (mehrere hundert Meter) Beobachtungsstrecke (s E 9.4.1987, 86/02/0180) oder eine wesentlich höhere Differenz zwischen der geschätzten und der höchstzulässigen Geschwindigkeit.

Im ggst. Fall fand die Beobachtung Ihres Fahrzeuges über eine entsprechend lange Strecke, nämlich von km 175,500 bis ca. 174,960 statt. Die vom vor Ihnen fahrenden Fahrzeug gefahrene Geschwindigkeit betrug 164 km/h, der Abstand zwischen Ihren beiden Fahrzeugen war laut übereinstimmenden Angaben der Meldungsleger über den gesamten Beobachtungsbereich annähernd gleichbleibend, weshalb die Behörde jedenfalls davon ausgeht, dass Sie die am Tatort zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h jedenfalls, d.h. unabhängig vom Ausmaß der Überschreitung, nicht eingehalten haben. Denn nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 24.05.1989, ZI. 89/02/0009 u.a.) bedeutet jede also auch eine geringfügige - Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit einen Verstoß gegen die entsprechende Vorschrift, weshalb das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein wesentliches Tatbestandsmerkmal einer solchen Übertretung darstellt.

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VSTG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe sind - soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Bei der Strafbemessung wurde auf Ihre aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse Bedacht genommen.

Strafmildernd wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit gewertet, straferschwerende Umstände

waren nicht zu berücksichtigen."

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner nachstehend wiedergegebenen fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung:

"In rubrizierter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.10.2003, Zahl VerkR96-22848-2001/U, zugestellt am 24.10.2003, innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich

BERUFUNGSERKLÄRUNG:

Der zuvor bezeichnete Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

BERUFUNGSBEGRÜNDUNG:

1. Mit dem bekämpften Bescheid wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- verhängt, weil er am 18.11.2001 auf der A1 im Gemeindegebiet Pucking bei Strkm 175,361 in Fahrtrichtung Wien die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 64 km/h überschritten habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit a Zif 10 a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO begangen.

Die Bestrafung des Beschuldigten erfolgte zu Unrecht.

2. Die Behörde nimmt am konkreten Tatort eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h an. Diese Geschwindigkeitsbeschränkung sei rechtsgültig verordnet worden.

Die Behörde übersieht dass das Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 18.12.2000 keine Verordnung darstellt und auch nicht den gesetzlichen Erfordernissen einer gehörigen Kundmachung entspricht. Vielmehr entfaltet eine Verordnung immer erst dann normativen Charakter, wenn sie im dafür vorgesehenen amtlichen Kundmachungsorgan (Bundesgesetzblatt, Landesgesetzblatt) publiziert ist. Gerade dies ist aber im konkreten Fall - soweit für den Beschuldigten überschaubar - nicht erfolgt. Die auf der A1 bei Strkm 175,361 in Fahrtrichtung Wien zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug daher am 18.11.2001 130 km/h.

3. Der Beschuldigte hält an seiner bisherigen Rechtfertigung fest. Er hat die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten und wurde das Gegenteil von ihm auch zu keinem Zeitpunkt zugestanden.

4. Der Zeuge Rev. Insp. E M-F gab anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme zu Protokoll, er habe das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug ab km 175.500 bis km 174.960 (= Standort der Meldungsleger) beobachtet.

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass der vor dem Beschuldigten fahrende PKW des H Y mit dem amtlichen Kennzeichen laut Anzeige genau bei Streckenkilometer 175.361 mittels Lasermessgerät vom Zeugen Rev.Insp. M-F erfasst wurde.

Nicht nachvollziehbar ist, wie der Zeuge Rev.Insp. M-F die Geschwindigkeit des Fahrzeuges messen und das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug beobachten konnte. Dies ist schlechtweg unmöglich und auch einem geschulten Exekutivorgan nicht zumutbar.

Zur Aussage des Zeugen Rev. Insp. M S ist anzumerken, dass dieser keine Angaben dazu machte, innerhalb welcher Strecke er sowohl das Fahrzeug als auch den vom Beschuldigten gelenkten PKW beobachtete. Aus seinen Angaben kann mithin nicht darauf geschlossen werden, ob es sich dabei um eine zuverlässige Geschwindigkeitsschätzung handelte und die 'vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang geforderten Bedingungen (insbesondere ungehinderte Sicht auf mehrere hundert Meter Entfernung) vorliegen.

Unter Bedachtnahme auf die obigen Ausführungen sind die Angaben der Meldungsleger teils wenig glaubwürdig, teils unzureichend. Jedenfalls vermögen diese die Verantwortung des Beschuldigten und dessen Glaubwürdigkeit nicht zu erschüttern. Die Behörde hätte daher zwanglos von den Angaben des Beschuldigten in dessen schriftlicher Rechtfertigung und ergänzenden Stellungnahme ausgehen müssen.

Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass der Beschuldigte die am Tatort zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht eingehalten hat, so ist die von der Behörde zugunsten des Beschuldigten berücksichtigte Messtoleranz von 6 km/h nicht ausreichend, um sämtliche möglicherweise zu Ungunsten des Beschuldigten auftretenden Messfehler und Ungenauigkeiten auszugleichen. Bei Messung der Geschwindigkeit eines herannahenden Fahrzeuges im Schätzungswege ist zumindest ein Sicherheitsabzug von
15 %, das sind im gegenständlichen Fall 25,5 km/h (ausgehend von einer vermuteten Geschwindigkeit von 170 km/h) erforderlich (Messiner, StV09, E 295 zu § 20).

Das von der Behörde angenommene Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung
(64 km/h nach Abzug der Messtoleranz) ist mithin jedenfalls krass überhöht.

6. Nach dem Dafürhalten des Beschuldigten ist das bekämpfte Straferkenntnis auch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet.

Der Beschuldigte hat zum Beweis dafür, dass er bei Strkm 175,361 eine Geschwindigkeit von jedenfalls weniger als 170 km/h einhielt, die Einvernahme des Zeugen H Y (Lenker des vor dem Beschuldigten fahrenden Fahrzeuges) beantragt. Dieser Zeuge hätte insbesondere bestätigt, dass der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen stetig größer wurde, mithin der Zeuge wesentlich schneller gefahren ist als der Beschuldigte. Weiters hätte der Zeuge bestätigt, dass er nicht erst nach dem Passieren des Streifenwagens der Meldungsleger, sondern bereits rund 350 m bis 400 m vorher in Annäherung an die Meldungsleger die Geschwindigkeit des von ihm gelenkten Fahrzeuges verringerte. Sofern der Beschuldigte - wie die Meldungsleger angeben tatsächlich bis zum Passieren des Streifenwagens einen gleichbleibenden Tiefenabstand einhielt, wäre daraus zwingend der Schluss zu ziehen, dass auch er die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges entsprechend dem Vordermann kontinuierlich reduzierte. Mangels einer gleichbleibenden Geschwindigkeit war aber unter diesen Umständen eine Geschwindigkeitsschätzung nicht zulässig.

7. Sollte der Beschuldigte auch nach Ansicht der Berufungsbehörde wegen der inkriminierten Verwaltungsübertretung zu bestrafen sein, so erweist sich die über ihn von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte Geldstrafe im Ausmaß von € 300,-- als überhöht. Dieser Betrag ist weder schuld- noch tatangemessen. Er ist aber auch unter Berücksichtigung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten nicht angemessen. Es wird daher hilfsweise beantragt, die Geldstrafe entsprechend herabzusetzen.

BERUFUNGSANTRAG:

Ausgehend von obigen Ausführungen stellt der Beschuldigte den

ANTRAG,

die Behörde erster Instanz wolle

a) der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid mit Berufungsvorentscheidung ersatzlos beheben;

in eventu

b) den Zeugen H Y zum angeführten Beweisthema einvernehmen,

c) den Beschuldigten selbst zum strittigen Sachverhalt einvernehmen,

d) den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben;

in eventu

e) die Berufung der zuständigen Behörde zweiter Instanz als Berufungsbehörde zur Entscheidung vorlegen;

die Behörde zweiter Instanz als Berufungsbehörde wolle

f) der Berufung Folge geben und den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben;

in eventu

g) den Zeugen H Y zum angeführten Beweisthema einvernehmen;

h) den Beschuldigten selbst zum strittigen Sachverhalt einvernehmen;

i) den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben,

in eventu

j) den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VSTG abgesehen wird,

in eventu

k) den bekämpften Bescheid dahingehend abändern, dass die Geldstrafe tat- und schuldangemessen sowie den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten entsprechend herabgesetzt wird;

in eventu

l) der Berufung Folge geben, den bekämpften Bescheid aufheben und die Rechtssache zur allfälligen Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

Dornbirn, am 5.11.2003 Y K"

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war erforderlich, weil eine solche einerseits ausdrücklich beantragt worden ist und insbesondere auch deren Durchführung in Wahrung der gem. Art. 6 EMRK intendierten Rechte geboten schien (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, Zl.: VerkR96-22848-2001/U und durch die zeugenschaftlichen Vernehmungen der Beamten der Autobahngendarmerie RevInsp. S und RevInsp. M-F anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu welcher der Berufungswerber aus Vorarlberg anreiste und auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz teilnahm. Verlesen wurde der im Akt erliegende Eichschein betreffend Lasermessgerät mit der 4334 sowie das auch von der hier - indirekt bezughabenden - Messung erstellte Messprotokoll. Ebenfalls wurde eine Überblicksaufnahme aus der neben dem Straßenverlauf auch die Straßenkilometrierung hervorgeht aus dem System Doris beigeschafft. Im Weg der Autobahnmeisterei wurde der Gefälleverlauf vom Puckinger-Berg mit 1,42% in Erfahrung gebracht.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

Die A1 verläuft im Bereich der Messdistanz in einem sehr flachen Kurvenbogen und ist vom sogenannten Puckinger Berg in östlicher Richtung (ca. 70 Grad) in einem leichten Gefälle im Ausmaß von 1,4% (Auskunft Autobahnmeisterei). Nächst dem Messpunkt findet sich die Ausfahrtsschleife auf die A25. Unstrittig gilt an dieser Stelle eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h kundgemacht. Diese beginnt auf der Richtungsfahrbahn Wien bei Strkm 177,480 und endet bei Strkm 167,850 (Bescheid des BMVIT v.18.12.2000, Zl:138.001/133-II/B/8/00). Als nicht nachvollziehbar erweist sich demnach der Einwand des Berufungswerbers eines Kundmachungsmangels hinsichtlich dieser Verordnung. Diesbezüglich scheint der Berufungswerber den § 44 StVO zu übersehen.

Vom Standort des Meldungslegers besteht im Gegensatz zum Einwand des Berufungswerbers in Richtung des aus Salzburg anflutenden Verkehrs auf 800 bis 1000 m eine ungehinderte Sicht. Dies ist einerseits amtsbekannt und lässt sich ferner auch aus dem beigeschafften Fotomaterial gut nachvollziehen.

5.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnte auch von der Berufungsbehörde die Überzeugung gewonnen werden, dass der Meldungsleger als diensterfahrener Autobahngendarm mit dieser Art von Geschwindigkeitsmessungen bestens vertraut ist und ebenfalls in der Lage einen gleichbleibenden Abstand zweier Fahrzeuge zueinander zu erkennen. Dies ist schon bei laienhafter Betrachtung plausibel.

Der Berufungswerber war gemeinsam mit einem ihm voraus fahrenden Bekannten (H A) von Vorarlberg in Richtung Wien unterwegs. Dort wollte er bereits um 12.00 Uhr ankommen. Der Berufungswerber fuhr im Bereich des Puckinger - Bergs hinter dem Fahrzeug von A H her, wobei auf Grund der diesbezüglichen Rechtskraft die Fahrgeschwindigkeit des Vorderfahrzeuges 164 km/h betrug. Von diesem Geschwindigkeitsniveau kann daher hinsichtlich des im gleichbleibenden Abstand nachfahrenden Berufungswerber ausgegangen werden. Nach der Anhaltung auf dem Areal des Autobahnparkplatzes bzw. Raststätte Ansfelden wurde weder vom Berufungswerber noch vom Lenker des gemessenen Fahrzeuges die bei den Lenkern zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit bestritten.

Dem Berufungswerber wurde auf Grund des Umstandes, dass er augenscheinlich in gleichem Abstand dem per Laser gemessenen Vorderfahrzeug folgte die idente Fahrgeschwindigkeit zur Last gelegt.

Diesbezüglich wurden beide Gendarmeriebeamte zu ihren Wahrnehmungen befragt, wobei diese übereinstimmend darlegten, dass beide Fahrzeuge in Annährung an den Messpunkt im gleichbleibenden Abstand und mit sichtlich überhöhter Geschwindigkeit vom Puckinger-Berg kommend wahrgenommen wurden, wobei das vordere Fahrzeug gemessen wurde. Nach der Anhaltung habe keiner der Beanstandeten die ihnen zur Last gelegte Fahrgeschwindigkeit bestritten, sondern vielmehr die Umstände die dazu führten dargelegt.

Im Rahmen der Berufungsverhandlung konnte der Eindruck gewonnen werden, dass den seit Jahren im Verkehrsüberwachungsdienst tätigen Beamten eine solche Wahrnehmung durchaus zugemutet werden kann. Es entspricht auch durchaus der Lebenserfahrung, dass "im Verband fahrende Fahrzeuge" ihre Fahrt im weitgehend gleichem Abstand gestalten, wobei sich - wie aus Ausfahrten mit Motorrädern evident ist - das nachfahrende Fahrzeug über Teilbereiche höhere Geschwindigkeitsspitzen erreichen muss um dem Vorderfahrzeug folgen zu können. Da die Fahrgeschwindigkeit des Vorderfahrzeuges feststeht, vermag kein Zweifel an der hier dem Berufungswerber zur Last gelegten, beträchtlich überhöhten Fahrgeschwindigkeit gehegt werden. Diesbezüglich ist die Wahrnehmung beider Gendarmeriebeamten "in augenscheinlich gleichem Abstand" während der Annäherung an den Messpunkt glaubwürdig und in Verbindung mit der Verantwortung des Berufungswerbers, welche hinsichtlich der Darstellung nach der Anhaltung auch von diesem zumindest teilweise zugestanden wird auch schlüssig. Den Ausführungen der Behörde erster Instanz kann darin durchaus gefolgt werden, wobei der Berufungswerber diesem nichts substanzielles entgegen zu setzen vermochte. Wenig zu überzeugen vermag daher der Einwand des Berufungswerbers, wonach es nicht möglich wäre ein Fahrzeug zu messen und gleichzeitig ein dahinter Fahrendes zu beobachten. Geradezu als unerfindlich muss daher der in der Berufung vorgebrachte Einwand der mangelnden Glaubwürdigkeit des Meldungslegers gewertet werden.

Wenn der Berufungswerber nun als Zeugen den Lenker des Vorderfahrzeuges im Ergebnis zum Beweis dafür beantragte, dass er in der fraglichen Phase nicht in gleichbleibendem Abstand hinter ihm gefahren wäre, entbehrt diesem Beweisantrag jegliche Grundlage einer Eignung für eine erweiterte Wahrheitsfindung. Dies insbesondere mit Blick darauf, dass dieser mit über 160 km/h vorausfahrende Lenker - wenn überhaupt - nur für kurze Momente in den Rückspiegel zu blicken vermöchte, wobei es auszuschließen ist, dass er eine im Beweisverfahren verwertbare Auskunft darüber geben könnte, ob sein nachfahrender Kollege zum Zeitpunkt der Messung - welche ihm darüber hinaus aus einer Distanz von 401 m vor dem Standort der Meldungsleger nicht evident geworden sein konnte - in gleich bleibendem oder sich vergrößernden Abstand zu ihm unterwegs war. Diesbezüglich muss insbesondere auch auf dessen Verantwortung nach der Anhaltung verwiesen werden, wonach er die Beschränkung nicht gesehen habe und aus diesem Grund etwas zu schnell unterwegs gewesen wäre.

Hätte sich der Berufungswerber tatsächlich unschuldig gefühlt, hätte er wohl sofort eine derartige Verantwortung vorgetragen und nicht etwa inhaltsgleich wie der Lenker des Vorderfahrzeuges vor den anhaltenden Beamten gesagt, dass er um 12.00 Uhr in Wien sein müsse und aus diesem Grund zu schnell unterwegs gewesen zu sein. Anzumerken ist, dass Wien noch etwa 180 km entfernt lag, wobei dieses Distanz in 1 1/2 Stunden zurückgelegt werden hätte müssen, was bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit wohl aussichtslos gewesen wäre.

Hinzuweisen ist an dieser Stelle, dass es dem Berufungswerber bereits in der Ladung anheim gestellt wurde den Zeugen zur Verhandlung allenfalls mitzunehmen, was er letztlich jedoch nicht tat.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Der § 20 Abs.2 StVO 1960 lautet: "Sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

An der genannten Örtlichkeit war durch ein iSd § 52 Abs.2 Z10 StVO 1960 eine kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verordnet.

Nach § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 728 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, Abs.1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.......

Wie die Behörde erster Instanz - wohl unter Fehlzitierung einer Entscheidung des VwGH - zutreffend ausführte, stellt das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung kein Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung nach § 52 Z 10a StVO dar; für die Strafbarkeit dieses Verhaltens ist das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung daher bedeutungslos (VwGH 20.4.2001, 2000/02/0240 mit Hinweis auf VwGH 15.11.1989, 89/03/0274). Mit Blick darauf war unmittelbar an das Messergebnis des Vorderfahrzeuges der angelehnte Spruch der erstinstanzlichen Entscheidung iSd § 44a VStG zu korrigieren.

6.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Es trifft wohl zu und damit kann grundsätzlich den erstbehördlichen Ausführungen gefolgt werden, dass mit dem Schnellfahren in aller Regel eine erhöhte Gefahrenpotenzierung einhergeht. Daher muss derartigen Übertretungen durchaus mit spürbaren Strafen begegnet werden. Insbesondere gründen die nachteiligen Tatfolgen einer eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung empirisch besehen darin, dass bei Einhaltung der hier erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h der Anhalteweg mit mindestens ~ 82 m anzunehmen ist, während er bei der hier zur Last gelegten Fahrgeschwindigkeit bei über 188 m liegt. Dieser Schlussfolgerung wird eine in diesem leichten Gefällebereich im Maximalbereich liegenden Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 und einer Reaktionszeit von einer Sekunde und einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden zu Grunde gelegt. Die Stelle an der das Fahrzeug aus 100 km/h zum Stillstand gelangt wird bei der vom Berufungswerber eingehaltenen Geschwindigkeit noch mit fast 144 km/h durchfahren, wobei sich eine Fehlbremsstrecke von über 106 m ergibt (Berechnung mittels Analyzer Pro 4.5). Da jedermann darauf vertrauen darf, dass andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz) wird damit die zu Buche schlagende Gefahrenpotenzierung sehr deutlich evident.

Der erstbehördlichen Strafzumessung könnte daher mit Blick auf die oben genannten Grundsätze angesichts der ihr vorliegenden Beweislage objektiv nicht entgegengetreten werden, weil hier die Geldstrafe durchaus maßvoll festgesetzt wurde. Eine Geldstrafe in der Höhe von (damals) 4.000 S, [entspricht 290,70 Euro] wegen einer Fahrgeschwindigkeit auf der Autobahn von 180 bis 190 km/h, wurde bereits im Jahre 1990 als angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Dennoch war hier einerseits mit Blick auf die durch die Firmengründung derzeit ungünstige Einkommenssituation und andererseits aus der Judikatur des EGMR abgeleitete Rechtsprechung die Geldstrafe zu ermäßigen. Die sich hier als überdurchschnittlich lang erstreckende Verfahrensdauer - fast 21/2 Jahre zurückliegende Tat - indiziert einen geringeren Verschuldensgrad iSd § 34 Abs.2 StGB (Hinweis auf die EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 Blg.
Nr. 20. GP; zum Zeitfaktor ausführlich in ZVR Okt. 2002, S 339, mit Hinweis auf VfGH 5.12.2001, B 4/01 und dort des EGMR 13.7.1983, Zimmermann und Steiner, EuGRZ 1983, 482; 29.5.1986, Deumeland, EuGRZ 1988, 20; 29.3.1989, Bock, A/150; 24.10.1989, H gg. Frankreich, EuGRZ 1987, 301). Als weiterer strafmildernder Aspekt kann dem Berufungswerber zuerkannt werden, dass der immerhin eine weite Wegstrecke zur Berufungsverhandlung angereiste und er eine Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h einräumte, was zumindest zum Teil als Schuldeinsicht und Strafmilderungsgrund qualifizierbar ist.

Weil der Berufungswerber ferner bislang mit Geschwindigkeitsdelikten noch nie negativ in Erscheinung getreten ist und gänzlich unbescholten ist, kommt ihm auch dies als strafmildernd zu Gute. Der Oö. Verwaltungssenat vermeint daher, auch mit dem nunmehr festgesetzten Strafausmaß dem Strafzweck ausreichend gerecht werden zu können.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r

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