Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-109638/2/Bi/Be

Linz, 13.04.2004

 

 

 

 
VwSen-109638/2/Bi/Be
Linz, am 13. April 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn G R, vom 19. Februar 2004 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 2. Februar 2004, VerkR96-20411-2003/U, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten behoben und das jeweilige Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z 2 und 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 19 Abs.7 iVm 19 Abs.4 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) §§ 17 Abs.1 1.Satz iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 9 Abs.6 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) und 2) jeweils 58 Euro (24 Stunden EFS) und 3) 36 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 25. Juni 2003 um 19.34 Uhr im Gemeindegebiet Langenstein, Bezirk Perg, auf der Pleschinger Straße im Bereich der Kreuzung der B3 mit der Pleschinger Straße bei Strkm 224.310, nach links in die B3 einbiegend, als Lenker des Kfz, pol

den auf der B3 fahrenden Fahrzeuglenker trotz des Vorschriftszeichens "Halt" durch Einbiegen zu unvermitteltem Bremsen seines Fahrzeuges genötigt habe,

an einem anderen Fahrzeug vorbeigefahren sei, obwohl dadurch andere Straßenbenützer behindert worden seien, und

sich entsprechend den auf der Fahrbahn für das Einordnen angebrachten Richtungspfeilen zur Weiterfahrt nach rechts eingeordnet habe, dann aber verbotenerweise nach links weitergefahren sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von insgesamt 15,20 Euro auferlegt.

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Bw macht unter Hinweis auf seine Rechtfertigung gegenüber der Erstinstanz im Wesentlichen geltend, er könne sich an einen derartigen Vorfall nicht erinnern. Hier handle es sich um einen Willkürakt des Gendarmeriebeamten und er sei auch nicht bereit, eine Strafe zu bezahlen. Er fordere weitere Beweise, die dessen Behauptungen untermauern könnten. Er sei nicht unbescholten und habe seine bisherigen Strafen, sofern sie gerechtfertigt gewesen seien, immer bezahlt.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw von M H, der Gendarmeriebeamter - nun beim GP St. Georgen/Gusen, vorher fast 5 Jahre beim GP Enns, wodurch ihm der Bw persönlich von Amtshandlungen her bekannt ist - ist, die Anzeige jedoch privat erstattet hat, am 25. Juni 2003 um 19.34 Uhr als Lenker des Pkw beobachtet wurde.

Der Anzeiger fuhr auf der Heimfahrt vom Dienst mit seinem Pkw auf der Pleschinger Straße L569, Gemeinde Langenstein, in Richtung Mauthausen und wollte bei der Kreuzung mit der B3 bei km 224.310 in diese nach links einbiegen. Zu diesem Zweck hatte er sich auf dem linken Fahrstreifen seiner von der Gegenfahrbahn nur unmittelbar vor dem Kreuzungsbereich baulich getrennten Fahrbahn zum Linkseinbiegen eingeordnet. Hinter seinem Pkw hatte sich ein weiteres Fahrzeug zum Linkseinbiegen eingeordnet. Der Bw sei laut Anzeige an den beiden angehaltenen Pkw rechts vorbeigefahren, selbst jedoch auch nach links eingebogen. Dabei habe er laut Anzeige sowohl das Vorschriftszeichen "Halt" missachtet als auch die Haltelinie und er habe den Anzeiger, der im Begriff gewesen sei einzubiegen, zum Abbremsen und Ablenken seines Fahrzeuges genötigt. Auf der B3 habe er dann bei km 224.310 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und bei km 221.300 die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h erheblich überschritten. Er sei dann auf der Donaubrücke in Mauthausen Richtung Ennsdorf gefahren.

Der Anzeiger schildert den Vorfall so, dass er den Bw, nachdem er durch dessen rücksichtsloses Einbiegen zur Verhinderung eines Zusammenstoßes zum Ablenken und Abbremsen gezwungen worden sei, durch Hupen auf sein Fehlverhalten aufmerksam gemacht habe, worauf der Bw die linke Hand bei der geöffneten linken vorderen Seitenscheibe herausgestreckt und ihm den Mittelfinger (Stinkefinger) gezeigt habe. Der Anzeiger sei dieselbe Strecke gefahren wie der Bw und habe die überhöhte Geschwindigkeit insofern festgestellt, als er im 100 km/h-Bereich laut ungeeichtem Tacho 110 km/h und im 70 km/h-Bereich laut Tacho 80 km/h gefahren sei. Auf Höhe der BP-Tankstelle Mauthausen (km 220.030) habe er den Bw auf der Donaubrücke Richtung Ennsdorf fahren gesehen. Den Lenker habe er mittels Zulassungsanfrage ermittelt und am selben Tag um 19.45 Uhr telefonisch kontaktiert, wobei der Bw die Bezahlung eines Organmandats beim GP St. Georgen mit der Begründung abgelehnt habe, die Anschuldigungen müsse er ihm erst beweisen.

Die Anzeige wurde an die BH Perg erstattet, die das Verfahren gemäß § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde des Bw, die Erstinstanz, abtrat.

Die Strafverfügung der Erstinstanz vom 3. November 2003 wegen Übertretungen gemäß §§ 19 Abs.4 und 7, 17 Abs.1 und 9 Abs.6, alle iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 wurde fristgerecht beeinsprucht.

Der Bw bestritt die Übertretungen, gab aber zu, dass seine Freundin in St.Georgen wohne und es möglich sein könnte, dass er an diesem Tag auf der B3 gefahren sei. Er könne sich aber nicht an einen solchen Vorfall erinnern.

Der Anzeiger hat bei seiner Zeugeneinvernahme am 14. November 2003 die Anzeige bestätigt und ausgeführt, er schließe eine Verwechslung des Bw mit einer anderen Person aus. Nur durch sein Reaktionsvermögen habe er einen Zusammenstoß bei der genannten Kreuzung verhindern können. Der Bw habe sich äußerst rücksichtslos verhalten.

Der Bw hat am 28. November 2003 bei der Erstinstanz sein Vorbringen wiederholt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 19 Abs.7 StVO 1960 darf wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige) durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

Gemäß § 19 Abs.4 StVO 1960 haben, wenn vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht ist, sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang. ... Beim Vorschriftszeichen "Halt" ist überdies anzuhalten.

Im gegenständlichen Fall wurde ein Verhalten des Bw beim Linkseinbiegen geschildert, bei dem ein ebenfalls im Linkseinbiegen begriffener Lenker zum "Abbremsen und Ablenken" seines Fahrzeuges genötigt worden sei. Beide Lenker befanden sich auf der Pleschinger Straße und wollten in die bevorrangte B3 einbiegen.

§ 19 Abs.7 iVm Abs.4 StVO regelt nicht das Verhalten von wartepflichtigen Lenkern untereinander, sondern das Verhalten zwischen Wartepflichtigen und Vorrangberechtigten. Da in der Anzeige aber von vorrangberechtigten Fahrzeugen - das wären im gegenständlichen Fall solche auf der B3 - nicht die Rede war, ist das vom Anzeiger geschilderte Verhalten des Bw offenbar auf ihn selbst bezogen und liegt daher kein Fall einer Vorrangverletzung im Sinne der zitierten Bestimmungen vor. Ein Nichtanhalten an der Haltelinie in Verbindung mit dem Vorschriftszeichen "Halt" (§ 9 Abs.4 StVO ) wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses und auch binnen der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs.2 VStG, die am 25. Juni 2003 begann und mit 25. Dezember 2003 endete, nicht vorgeworfen.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 17 Abs.1 StVO 1960 ist das Vorbeifahren nur gestattet, wenn dadurch andere Straßenbenützer, insbesondere entgegenkommende, weder gefährdet noch behindert werden.

Inwiefern der Anzeiger durch das Vorbeifahren des Bw, nämlich das Vorbeibewegen seines Pkw an den beiden im Sinne des § 2 Abs.1 Z30 StVO zum Linkseinbiegen eingeordneten und vor der Kreuzung angehaltenen Fahrzeugen, behindert worden sein könnte, lässt sich aus dem Verfahrensakt nicht ersehen. Dass der Anzeiger in seinem offenbar gleichzeitig begonnenen Einbiegemanöver durch das Einbiegen des Bw gehindert wurde, lässt sich aus der Anzeige ersehen, aber nicht unter das Tatbild des § 17 Abs.1 1. Satz StVO subsumieren.

Zu Punkt 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 9 Abs.6 StVO 1960 haben, wenn auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt Richtungspfeile angebracht sind, die Lenker ihre Fahrzeuge je nach der beabsichtigten Weiterfahrt einzuordnen.

Abgesehen davon, dass in der Anzeige bei der Kreuzung Pleschinger Straße - B3 keine Richtungspfeile erwähnt sind, wurde bei Einsichtnahme in das im Rahmen des Digitalen Oberösterreichischen Rauminformationssystems - DORIS zur Verfügung stehende Orthophoto der gegenständlichen Kreuzung festgestellt, dass zwar auf der B3 Bodenmarkierungen vorhanden sind, nicht aber auf der Pleschinger Straße, insbesondere nicht solche zum Einordnen in Richtung B3, die der Bw zu befolgen gehabt hätte. Dem Bw wäre daher allenfalls eine Übertretung gemäß § 12 Abs.1 StVO anzulasten gewesen - diesbezüglich ist aber bereits Verjährung eingetreten.

Aus diesen Überlegungen war der Berufung in allen drei Punkten Folge zu geben und das jeweilige Verfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Mag. Bissenberger

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