Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110323/2/Gut/Pr

Linz, 31.01.2002

VwSen-110323/2/Gut/Pr Linz, am 31. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung der Frau A. P. in A., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 13. November 2001, Ge96-135-2001-Gr, wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.
  3. Rechtsgrundlage:

    Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF

    Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

    Entscheidungsgründe:

    Zu I.:

    1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 13. November 2001 wurden über die nunmehrige Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wegen zweier Übertretungen des § 23 Abs.1 Z9 und Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl.Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr. 106/2001 iVm Art.1 Abs.1 lit.a, b, c und d der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30.7.1996 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich und iVm Art.5 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21.12.1996 idF der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission vom 21.3.2000 und der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 des Rates vom 21.9.2000, Geldstrafen in Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von je 1 Tag) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

    Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe als zum Tatzeitpunkt verantwortliche Fahrerin des Lastkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen und einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, obwohl von ihr mit dem oa. LKW

    1. am 17.3.2001 ein gewerblicher Gütertransport mit Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs durchgeführt und somit Österreich im Transit durchquert wurde, im Hoheitsgebiet Österreichs, da bei der Einreise nach Österreich am Grenzübergang Suben am 17.3.2001 um 6.07 Uhr und
    2. am 4.4.2001 ein gewerblicher Gütertransport mit Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs durchgeführt und somit Österreich im Transit durchquert wurde, im Hoheitsgebiet Österreichs, da bei der Einreise nach Österreich am Grenzübergang Suben am 4.4.2001 um 6.06 Uhr

keine Entwertung der für eine anrechnungspflichtige Transitfahrt entsprechenden Anzahl Ökopunkte erfolgte, weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt noch ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird, oder die im Artikel 13 angeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden, oder geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist, mitgeführt, obgleich gemäß den Bestimmungen des Artikels 1 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30.7.1996 der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs gemäß lit.a ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt ("Ökokarte"), oder gemäß lit.b ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger ("ecotag") bezeichnet wird, oder gemäß lit.c die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden, oder gemäß lit.d geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist, mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen hat.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 20.11.2001, mit der die Bw das angefochtene Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach bekämpft und beantragt, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte die Bw aus, dass der Vorwurf, wonach es sich, obzwar Transitfahrten, um Fahrten gehandelt habe, bei denen sie nicht die dafür notwendigen Ökopunkte auf das Einheitsformular geklebt habe, unrichtig sei. Da ihr ihr Dienstgeber mitgeteilt habe, dass zur Einfahrtszeit keine elektronischen Punkte zur Verfügung stünden, habe sie vor der Einreise nach Österreich auf das ihr zur Verfügung stehende Einheitsformular die entsprechende Anzahl von Ökopunkten geklebt. Sie habe demnach nach dem Güterbeförderungsgesetz keine Übertretung begangen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass bei der allenfalls begangenen Übertretung vom 17.3.2001 Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Sie sei bezüglich Güterbeförderungsübertretungen nicht vorbestraft, weshalb die verhängte Strafe jedenfalls viel zu hoch bemessen worden sei.

Der Berufung waren die Ökokarte Nr. (Datum der Einreise: 17.3.2001, Grenzübergangsstelle beim Eintritt Suben, beim Austritt Arnoldstein) und die Ökokarte Nr. (Datum der Einreise: 4.4.2001, Grenzübergangsstelle beim Eintritt Suben, beim Austritt Arnoldstein) beigelegt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da schon aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass unter Bezugnahme auf eine Weisung der Bundesministerin für Verkehr, Technologie und Innovation dem Landeshauptmann Datensätze vom März 2001 bis Juni 2001 übersandt und diese vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, an die Bezirkshauptmannschaft Schärding zur Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren weitergeleitet wurden. Im vorliegenden Fall handelte es sich um das Unternehmen M. Speditions- und Lagerei GmbH.

Aus diesem Datensatz ergibt sich hinsichtlich der verfahrensgegenständlich angelasteten Übertretungen, dass zu den gegenständlichen Tatzeiten beim Grenzübergang Suben eine Einreise ins Bundesgebiet erfolgte; eine Ausreise ist nur bei der Fahrt vom 4.4.2001 um 17.06 Uhr in Arnoldstein registriert.

Die Bezirkshauptmannschaft Schärding führte Lenkererhebungen nach § 103 Abs.2 KFG durch und erhielt vom Unternehmen die Auskunft, dass die Bw den Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen zu den fraglichen Zeiten gelenkt hat.

Nach dem Ergebnis dieser Lenkererhebungen wurde der Verwaltungsstrafakt von der Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß § 29a VStG zur Durchführung des Strafverfahrens an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land abgetreten.

Am 28.8.2001 erging durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wegen des Verdachtes der beiden konkretisierten Übertretungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 zur Beschuldigteneinvernahme ein Ladungsbescheid an die Bw, dem diese nicht Folge leistete.

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25.9.2001 durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde die Bw als Beschuldigte aufgefordert, sich zum Tatvorwurf, der auch dem nunmehrigen Straferkenntnis zu Grunde liegt, binnen einer bestimmten Frist zu äußern.

Die Beschuldigte hat keine Stellungnahme abgegeben, worauf die Erstbehörde nach Ermittlung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes des verfahrensgegenständlichen Lastkraftwagens von über 7,5 Tonnen (17.990 kg) ohne weitere Ermittlungen das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erließ.

Dagegen hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben.

Die Bw hat jeweils vor der Einreise nach Österreich auf das ihr zur Verfügung stehende Einheitsformular die entsprechende Anzahl von Ökopunkten geklebt und diese entwertet, da ihr ihr Dienstgeber mitteilte, dass zur Einfahrtszeit keine elektronischen Punkte zur Verfügung stehen.

3.3. Das Berufungsvorbringen der Bw unter Vorlage der "Ökokarten" zu den beiden gegenständlichen Transitfahrten ist glaubwürdig und deckt sich mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und den Aufzeichnungen im Kontrollausdruck. Dem Kontrollausdruck ist eindeutig zu entnehmen, dass bei jedem Transport auf ökopunktepflichtige Fahrt eingestellt war und eine Abbuchung nicht stattgefunden hat. Weiters ist das Vorbringen der Bw schlüssig und nachvollziehbar; es findet seine vollständige Deckung im Akteninhalt. Es ist dieser Fall denkbar, dass der Lenker eines Lastkraftwagens bei einer ökopunktepflichtigen Transitfahrt in Ermangelung von elektronischen Ökopunkten auf die "Ökokarte" zurückgreift und entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen Ökopunkte klebt und diese vor der Einreise in das Bundesgebiet entwertet, um so vorschriftsmäßig die ökopunktepflichtige Fahrt durch Österreich vorzunehmen. Es ergibt sich aus dem im Akt ersichtlichen Ablauf des konkreten Ermittlungsverfahrens, dass die belangte Behörde nicht feststellte, ob die Beschuldigte die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen tatsächlich begangen hat, zumal der Behörde zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens lediglich die automatisch erfassten Datensätze übermittelt wurden und sie bezüglich der Tatbestandsmäßigkeit des Tatvorwurfs im Sinne des Art.1 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung keinerlei Ermittlungen vornahm.

Unstrittig ist, dass bei den beiden angeführten Tatzeiten die Bw den gegenständlichen Lastkraftwagen mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen lenkte, der Umweltdatenträger auf ökopunktepflichtige Fahrt gestellt war und es sich dabei auch um ökopunktepflichtige Transitfahrten handelte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. EU-Ökopunkteverordnung und Strafbestimmungen

Die EU-Ökopunkteverordnung (vgl. Verordnung Nr. 3298/94 der Kommission vom 21.12.1994 idF Nr. 2012/2000) trifft nach ihrer Überschrift Regelungen "über ein System von Ökopunkten für Lastkraftwagen im Transit durch Österreich".

Der Berufungswerberin wurde eine Verletzung des Art.1 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 idF 2012/2000 der Kommission vorgeworfen. Mit dieser Bestimmung wird der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs verpflichtet, die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, und zwar:

entweder

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten;

oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird;

oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden;

oder

d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.

Gemäß Art.5 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung sind Zuwiderhandlungen eines Lastkraftwagenfahrers oder eines Unternehmens gegen das Protokoll Nr. 9 oder die EU-Ökopunkteverordnung nach den jeweiligen einzelstaatlichen Vorschriften zu ahnden.

Nach § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 (BGBl Nr. 593/1995 i.d.F. BGBl I Nr. 106/2001) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S (gemäß Art.9 EUGVIT, BGBl. I Nr. 32/2002: bis zu 726 Euro) zu bestrafen, wer als Lenker § 6 Abs.1, 3 oder 4 oder § 9 Abs.2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt.

Ergänzende Bestimmungen ergeben sich weiter aus dem EU-Beitrittsvertrag (vgl. BGBl. Nr. 45/1995):

Im Art.1 lit.d des Protokolls Nr. 9 zur Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens wurde der Begriff des "Lastkraftwagens" definiert als jedes zur Beförderung von Gütern oder zum Ziehen von Anhängern in einem Mitgliedsstaat zugelassene Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, einschließlich Sattelzugfahrzeuge sowie Anhänger mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 Tonnen, die von einem in einem Mitgliedsstaat zugelassenen Kraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen oder weniger gezogen werden.

Weiters ist im Art.1 lit.c dieses Protokolls der Begriff "Transitverkehr durch Österreich" als jeder Verkehr durch österreichisches Hoheitsgebiet, bei dem der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen, definiert.

Bei den beiden gegenständlichen Fahrten handelt es sich in Anbetracht der obigen Bestimmungen um solche, auf welche die EU-Ökopunkteverordnung idgF und die Strafbestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes 1995 idgF zur Anwendung kommen.

4.2. Mangel der Tatbestandsmäßigkeit

Die Bw hat dargelegt, dass es sich bei den gegenständlichen Transporten zwar um Transitfahrten gehandelt hat, aber aus den vorgelegten Ökokarten kann im Zusammenhang mit dem von der Bw glaubhaft geschilderten Sachverhalt abgeleitet werden, dass diese bei der Fahrt mitgeführt worden sind.

Hinsichtlich des jeweiligen Tatvorwurfes bei den beiden angelasteten Verwaltungsübertretungen nach § 23 Abs.1 Z9 und Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 idgF iVm Art.1 Abs.1 lit.a, b, c und d der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission idgF (EU-Ökopunkteverordnung) gibt es abgesehen von den übermittelten Datensätzen weder eine Anzeige noch irgendwelche Ermittlungen der belangten Behörde, die einen solchen (umfassenden) Tatvorwurf überhaupt rechtfertigen könnten.

Den Tatvorwürfen liegt in Bezug auf die einzelnen Tatbestandselemente nach Art.1 Abs.1 der EU-Ökopunkteverordnung nur die Datenauswertung der Grenzkontrollstelle zu Grunde, deren elektronische Geräte die Einreise des Lastkraftwagens registriert haben. Sonstige Beweise hat die belangte Behörde nicht aufgenommen. Aus der Datenmeldung, die der Erstbehörde vom Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation ohne weitere Ermittlungen im Wege des Amtes der Oö. Landesregierung und der Abtretung gemäß § 29a VStG übermittelt wurde, geht lediglich hervor, dass der Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen am 17.3.2001 um 6.07 Uhr und am 4.4.2001 um 6.06 Uhr in Suben in das österreichische Bundesgebiet eingefahren und am 4.4.2001 um 17.06 Uhr in Arnoldstein ausgefahren ist. Der Umweltdatenträger "ecotag" war bei den beiden Fahrten jeweils auf "Transitfahrt" eingestellt. Er lieferte alle für die richtige Abbuchung von Ökopunkten notwendigen Daten.

Dass die Bw nicht ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt hat, lässt sich aus der Aktenlage nicht ableiten und ist mangels Überprüfung durch die Behörde erster Instanz (diese hat kein Prüfungsverlangen gestellt) auch nicht festgestellt worden. Vielmehr hat die Bw im Zuge des Berufungsvorbringens jene "Ökokarten" vorgelegt, die ihre Angaben - Durchführung von Transitfahrten unter Mitführung einer österreichischen Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt ("Ökokarte") - bestätigen und einen Rückschluss auf das Mitführen zulassen.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass der Bw hinsichtlich beider ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen ein alle Tatbestandsmerkmale des Art.1 Abs.1 der bezeichneten Verordnung umfassender Tatvorwurf gemacht wurde, obwohl die Bw in beiden Fällen eine vor der Einreise nach Österreich ausgefüllte Ökokarte mitführte und diese auf Verlangen der Behörde auch vorweisen hätte können.

Überdies ist zu bemerken, dass die belangte Behörde den Tatvorwurf je auf § 23 Abs.1 Z9 und Abs.2 stützte. Diese beiden Bestimmungen schließen sich jedoch insofern aus, als § 23 Abs.2 Güterbeförderungsgesetz 1995 gegenüber § 23 Abs.1 Z9 die lex specialis ist. Da aber das angefochtene Straferkenntnis ohnedies zur Gänze zu beheben war, kommt diesem Umstand keine gesonderte Bedeutung zu.

4.3. Zum Berufungsvorbringen der Verfolgungsverjährung

Es ist - entgegen der Ansicht der Bw - hinsichtlich keiner der beiden vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen die Verfolgungsverjährung eingetreten, was aber an der mangelnden Tatbestandsmäßigkeit (Pkt. 4.2.) nichts zu ändern vermag:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3 VStG.) vorgenommen worden ist. Nach Abs.2 leg.cit. beträgt die Verjährungsfrist bei Verwaltungsübertretungen grundsätzlich sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Nach § 32 Abs.1 VStG ist Beschuldigter die im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache. Der Beschuldigte ist Partei im Sinne des AVG. Abs.2 leg.cit. besagt, dass Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.) ist, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25.9.2001 über die Aufforderung zur Rechtfertigung wurde am 3.10.2002 zur Post gegeben. Danach wäre bezüglich der ersten der beiden vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen, nämlich der vom 17.3.2001, bereits die Verfolgungsverjährung eingetreten, würde es sich bei diesem Schriftstück tatsächlich um die erste Verfolgungshandlung der Behörde im Sinne des § 32 Abs.1 und 2 VStG handeln.

In diesem Fall erging jedoch durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land schon vor dem Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens vom 25.9.2001 ein Ladungsbescheid zur Beschuldigteneinvernahme, datiert vom 28.8.2001 und an diesem Tag abgesendet, an die nunmehrige Bw wegen des Verdachts der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen. In dieser Ladung ist gemäß § 32 Abs.2 VStG eine Verfolgungshandlung zu sehen, die den Ausschluss der Verfolgungsverjährung bewirkt, wenn durch diese Amtshandlung auch weder ihr Ziel erreicht wurde (die Bw erschien unentschuldigt nicht zum angegebenen Termin zu ihrer Vernehmung) noch die Beschuldigte davon Kenntnis erlangt hat (die Bw hat den hinterlegten Ladungsbescheid nicht behoben).

4.4. Da die Bw die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen sohin nicht begangen hat (Pkt. 4.2.), war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, dass die Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz, noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. L i n k e s c h

Beschlagwortung: Anzeige bloß auf Verdacht; Ökokarte

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