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des Landes Oberösterreich
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VwSen-110332/2/Kl/Rd

Linz, 19.12.2002

VwSen-110332/2/Kl/Rd Linz, am 19. Dezember 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des W, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30.11.2001, VerkGe96-47-4-2001-Brot, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30.11.2001, VerkGe96-47-4-2001-Brot, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 20.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 15 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.2 GelVerkG 1996 iVm Art.3a Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 11/1998 verhängt, weil er am 23.9.2001 um 8.45 Uhr den Omnibus der Marke Mercedes Benz mit dem amtlichen deutschen Kennzeichen (D) mit der Fahrzeugidentifikationsnummer beim Zollamt Weigetschlag zur Eingangsabfertigung gelenkt, ohne die Gemeinschaftslizenz nach Art.3a der Verordnung EWG Nr. 684/1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 11/1998 (EU/EWR-Omnibusse) für den grenzüberschreitenden Personengelegenheitsverkehr von Deutschland nach Österreich mitgeführt zu haben und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzeigen zu können.

Er hat eine Fahrt des Personengelegenheitsverkehrs nach Salzburg durchgeführt.

Die Übertretung wurde im Rahmen des Grenzübertrittes von den Organen des Zollamtes Weigetschlag festgestellt. Gemäß Art. 3a der Verordnung zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen muss jeder Verkehrsteilnehmer, der den in Art.3 Abs.1 festgelegten Kriterien (Genehmigung für Personenbeförderungen mit Kraftomnibussen im Linienverkehr, einschließlich der Sonderformen des Linienverkehrs, oder im Gelegenheitsverkehr) entspricht, im Besitz einer Gemeinschaftslizenz sein, die von den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaates der Niederlassung ausgestellt wurde. Als Lenker einer derartigen Fahrt hat er gemäß Art.3a Abs.3 der angeführten Verordnung die erforderliche Gemeinschaftslizenz mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtspersonen zur Prüfung vorzulegen.

Trotz genauer Durchsicht der mitgeführten Kfz-Papiere konnte die Gemeinschaftslizenz, welche ihm völlig unbekannt war, nicht aufgefunden werden.

Da er eine solche Gemeinschaftslizenz, welche auf den Namen des Verkehrsunternehmers ausgestellt ist bzw eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz im Fahrzeug nicht mitgeführt hat und den Kontrollberechtigten auf Verlangen nicht vorzeigen konnte, hat er gegen die nachstehend angeführten Vorschriften verstoßen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin ausgeführt, dass die Beamten des Zollamtes Weigetschlag nicht auf der Vorlage der Lizenz bestanden haben. Die Lizenz war im Bus vorhanden und war vom Stammfahrer in einer Klappe verstaut. Weiters war der Bw als Lenker zur Vorlage dieser Lizenz nicht verpflichtet. Es handelte sich nämlich um einen Transport von einem Mitgliedsstaat in einen Drittstaat und umgekehrt, wobei die Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 erst gilt, sobald das erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittstaat geschlossen worden ist. Ein solches Abkommen mit Tschechien, dem Ausgangspunkt der Tagesfahrt, wurde aber noch nicht geschlossen. Es wurde nämlich der Bus vom Bw vertretungsweise über Nacht vom Stammbusfahrer für den Zeitraum vom 18.9. bis 25.9.2001 übernommen. Der Bus und die Reisegesellschaft hielten sich zu diesem Zeitpunkt in Jesinov in Tschechien auf. Von hier wurde eine Tagesfahrt nach Salzburg am 23.9.2001 durchgeführt. Im Übrigen liege kein Verschulden vor.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil schon aus dem Akt ersichtlich war, dass der Berufung Folge zu geben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Einsichtnahme in den Berufungsschriftsatz. Aus der im Akt befindlichen Anzeige des Zollamtes Weigetschlag vom 23.9.2001 geht eindeutig hervor, dass der Bw als Lenker des näher angeführten Omnibusses sich beim Zollamt Weigetschlag zur Eingangsabfertigung stellte, einen Personengelegenheitsverkehr von Weigetschlag nach Salzburg durchführte und keine Gemeinschaftslizenz mitführte bzw auf Verlangen vorweisen konnte. Auch aus der Berufung geht eindeutig hervor, dass am 23.9.2001 eine Tagesfahrt von Jesinov in Tschechien über Weigetschlag nach Salzburg durchgeführt werden sollte.

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 15 Abs.1 Z4 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 - GelVerkG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer eine Beförderung gemäß § 11 ohne die erforderliche Bewilligung durchführt oder gegen Gebote oder Verbote der Verordnung (EWG) Nr. 684/1992 idFd Verordnung (EG) Nr. 11/1998 verstößt.

Gemäß § 11 Abs.1 GelVerkG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland auch unter Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden gesetzlichen Vorschriften zur Beförderung von Personen befugt sind und eine Bewilligung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr für den Verkehr nach, durch oder aus Österreich erhalten haben.

Gemäß § 12 Abs.1 GelVerkG können auf Grundlage dieses Bundesgesetzes Vereinbarungen über die grenzüberschreitende Beförderung von Personen gemäß § 11 dieses Bundesgesetzes geschlossen werden, wenn der Umfang des zwischenstaatlichen Personenverkehrs dies erfordert.

Entsprechend dieser Ermächtigung wurde ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über die internationale Beförderung von Personen im nichtlinienmäßigen Verkehr auf der Straße, BGBl. III Nr. 62/2002, (in Kraft getreten am 30.5.2000) abgeschlossen, wonach dieses Abkommen Anwendung auf die nichtlinienmäßige Beförderung von Personen (Gelegenheitsverkehr, Pendelverkehr) auf der Straße mit Fahrzeugen im internationalen Verkehr nach, von und durch das Gebiet der Vertragsparteien sowie auf Leerfahrten im Zusammenhang mit diesen Verkehrsdiensten Anwendung findet. Der Gelegenheitsverkehr ist im Art.4 des zitierten Abkommens definiert und umfasst ua Rundfahrten mit geschlossenen Türen, dh Fahrten, die mit demselben Fahrzeug ausgeführt werden, das auf der gesamten Fahrtstrecke dieselbe Reisegruppe befördert und sie an den Ausgangsort zurückbringt. In Art.5 dieses Abkommens ist die Genehmigungspflicht geregelt, sowie die Pflicht, bei jeder Beförderung die Genehmigung mitzuführen und auf Verlangen den Kontrollorganen vorzuweisen. Gemäß Art.7 Abs.1 lit.a des zitierten Abkommens dürfen aber ohne das Erfordernis einer Genehmigung Rundfahrten mit geschlossenen Türen durchgeführt werden.

Im Sinn der vorzitierten Bestimmungen des Abkommens zwischen Österreich und der Tschechischen Republik ist daher die verfahrensgegenständliche Tagesfahrt von Jesinov in Tschechien über Weigetschlag nach Salzburg und zurück mit ein und demselben Bus und ein und derselben Reisegesellschaft als "Rundfahrt mit geschlossenen Türen" anzusehen und bedarf daher keiner Bewilligung. Es hat daher - wie der Bw in seiner Berufung richtig ausführt - der Bw keine Verwaltungsübertretung begangen. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5.2. Wenn sich hingegen die belangte Behörde auf die Verordnung (EWG) Nr. 684/92 idFd Verordnung (EG) Nr. 11/98 stützt, so ist ihr entgegenzuhalten, dass gemäß Art.1 Abs.1 der Verordnung diese für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen im Gebiet der Gemeinschaft gilt. Gemäß Art.1 Abs.2 und 3 dieser Verordnung gilt bei Beförderungen aus einem Mitgliedsstaat nach einem Drittland und umgekehrt diese Verordnung für die in dem Gebiet des Mitgliedsstaates der Aufnahme oder des Absetzens zurückgelegte Wegstrecke, sobald das hiefür erforderliche Abkommen zwischen der Gemeinschaft und dem betreffenden Drittland geschlossen ist. Bis zum Abschluss von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und den betroffenen Drittländern werden die im zweiseitigen Abkommen zwischen Mitgliedsstaaten und den jeweiligen Drittländern enthaltenen Vorschriften über die in Abs.2 genannten Beförderungen von dieser Verordnung nicht berührt.

Im Grunde dieser Vorschriften hat der Bw zu Recht ausgeführt, dass ein entsprechendes Abkommen zwischen der Gemeinschaft und der Republik Tschechien noch nicht geschlossen wurde und daher die genannte Verordnung noch nicht anzuwenden war.

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Tagesfahrt, Drittland, keine Bewilligung

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