Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280545/19/Kon/Rd

Linz, 01.07.2002

VwSen-280545/19/Kon/Rd Linz, am 1. Juli 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 31.10.2000, VwSen-280545/2/Kon, der Berufung des Herrn H., vertreten laut Vollmacht durch Herrn Dr. Sp., Leiter der Bezirksstelle Wels der Wirtschaftskammer , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.6.2000, GZ: MA2-Pol-5008-1999, wegen Übertretungen des ASchG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Fakten 2, 3, 4, 5, 6 und 7 aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Dieses aufhebende Erkenntnis des h. Verwaltungssenates hat der Verwaltungsgerichtshof in Stattgebung der dagegen erhobenen Amtsbeschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit mit Erkenntnis vom 22.2.2002, 2001/02/0010-5, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Aufgrund dieses aufhebenden Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses war über die eingangs angeführte Berufung neuerlich zu entscheiden.

Im nunmehr zweiten Rechtsgang hat der unabhängige Verwaltungssenat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn H., vertreten wie oa, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 6.6.2000, GZ: MA 2-Pol-5008-1999, wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes - ASchG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung gegen den Schuldspruch wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich hinsichtlich aller Fakten (2, 3, 4, 5, 6 und 7) mit der Maßgabe bestätigt, dass Arbeitgeber iSd § 130 Abs.1 (Einleitungssatz) ASchG die H. GmbH mit dem Sitz in W., ist;

Dem Tatvorwurf zu Faktum 2 anzufügen ist nach der Wortfolge: "die Namen der ... nicht schriftlich mitgeteilt worden," die Wortfolge: "obwohl gemäß § 10 Abs.8 ASchG Arbeitgeber verpflichtet sind, die Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen dem Arbeitsinspektorat schriftlich mitzuteilen";

Dem Tatvorwurf zu Faktum 3 anzufügen ist nach der Wortfolge: "... war nicht fertiggestellt" die Wortfolge: "obwohl gemäß § 102 Abs.2 Z2 ASchG iVm § 4 Abs.1 ASchG die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, die Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung und die Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente für Arbeitsstätten, in denen regelmäßig 51 bis 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden, spätestens hätte mit 1. Juli fertiggestellt sein müssen."

Dem Tatvorwurf zu Faktum 6 anzufügen ist nach der Wortfolge: "... unterwiesen worden," die Wortfolge: "obwohl gemäß § 14 Abs.1 ASchG und die Unterweisung nachweislich erfolgen muss."

Dem Tatvorwurf zu Faktum 7 anzufügen ist nach der Wortfolge: "... hatten, geführt", die Wortfolge: "obwohl gemäß § 16 Abs.1 ASchG Arbeitgeberaufzeichnungen zu führen haben

1) über alle tödlichen Arbeitsunfälle,

2) über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als drei Kalendertagen zufolge hatten, und

3) über alle Ereignisse, die beinahe zu einem tödlichen oder schweren Arbeitsunfall geführt hätten und die gemäß § 15 Abs.5 gemeldet wurden".

II. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich hinsichtlich aller Fakten bestätigt.

III. Der Berufungswerber hat 20% der jeweils gegen ihn verhängten Geldstrafen, ds insgesamt 377,90 Euro (ATS 5.200) als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu III.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Laut Spruch des eingangs zitierten Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Wels hat es der Berufungswerber H.

"als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. H. GmbH, folgenden, bei der Überprüfung des Arbeitsinspektorates vom 29.4.1999 festgestellten ungesetzlichen Sachverhalt zu verantworten:

2. Die Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen waren dem Arbeitsinspektorat Wels nicht schriftlich mitgeteilt worden.

3. Die Durchführung der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren war nicht fertiggestellt.

4. Die Durchführung der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung war nicht fertiggestellt.

5. Die Durchführung der Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente war nicht fertiggestellt.

6. Die Arbeitnehmer waren nicht nachweislich über Sicherheit und Gesundheitsschutz unterwiesen worden.

7. Es wurden keine Aufzeichnungen über alle tödlichen Arbeitsunfälle sowie über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als drei Kalendertagen zur Folge hatten, geführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

2. § 130 Abs.1 Z31 iVm § 10 Abs.8 ASchG

3. § 130 Abs.1 Z5 iVm §§ 4 Abs.1 iVm § 102 Abs.2 Z2 ASchG

4. § 130 Abs.1 Z6 iVm §§ 4 Abs.3 iVm § 102 Abs.2 Z2 ASchG

5. § 130 Abs.1 Z7 iVm §§ 5 iVm § 102 Abs.2 Z2 ASchG

6. § 130 Abs.1 Z11 iVm § 14 Abs.1 ASchG

7. § 130 Abs.1 Z13 iVm § 16 Abs.1 ASchG"

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Bw jeweils folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, jeweils gemäß

Ersatzfreiheitsstrafe von

2. ATS 2.000 S 7 Stunden § 130 Abs.1 Z31 ASchG

3. ATS 4.000 S 13 Stunden § 130 Abs.1 Z5 ASchG

4. ATS 4.000 S 13 Stunden § 130 Abs.1 Z6 ASchG

5. ATS 4.000 S 13 Stunden § 130 Abs.1 Z7 ASchG

6. ATS 10.000 S 34 Stunden § 130 Abs.1 Z11 ASchG

7. ATS 2.000 S 7 Stunden § 130 Abs.1 Z13 ASchG

Hiezu führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der verletzten Verwaltungsvorschriften begründend im Wesentlichen aus, dass deren objektive Tatseite aufgrund des angeführten Sachverhaltes (Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 7.5.1999, Zeugenaussagen vom 5.11.1999 und 25.11.1999) als erwiesen anzusehen seien.

Dies werde vom Bw grundsätzlich auch nicht geleugnet, sondern von ihm in seiner Rechtfertigung vom 10.6.1999 dazu festgestellt, dass in Fällen von Umstrukturierung formelle Erfordernisse und Meldepflichten naturgemäß vernachlässigt würden.

Der Bw hätte jedoch die Pflicht gehabt, sich über die für ihn relevanten Vorschriften - bei der Beschäftigung von ArbeitnehmerInnen über die Bestimmungen des ASchG - zu informieren. Weiters sei auszuführen, dass es sich bei der Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz etc keinesfalls um reine Formalitäten handle.

Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffen, sei dem Bw daher nicht gelungen und auch die subjektive Tatseite als gegeben zu erachten.

Da die H. GmbH bereits am 8.10.1998 durch das Arbeitsinspektorat von der Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in Kenntnis gesetzt und zur Behebung der aufgezeigten Mängel aufgefordert worden sei, könne sogar dolus eventualis in Betracht gezogen werden, da der Bw die Verwicklichung der spruchgegenständlichen Verwaltungsübertretungen ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden habe.

Hinsichtlich der Strafhöhe führt die belangte Behörde unter Hinweis auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG begründend im Wesentlichen aus, dass wegen der Nichtmitteilung der Namen der Sicherheitsvertrauenspersonen lediglich die Mindeststrafe verhängt worden sei.

Hinsichtlich der Nichtfertigstellung der Durchführungen der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren, der Festlegung von Maßnahmen zur Gefahrenverhütung und der Erstellung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumente wären jeweils nur Strafen verhängt worden, die im Ausmaß von 2.000 S über der gesetzlichen Mindeststrafe lägen. Außerdem erhöhe die Unterlassung dieser Gefahrenermittlungen etc das Risiko von Arbeitsunfällen.

Die Nichtunterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz führe zu einer Gefährdung der Arbeitnehmer, insbesondere durch Arbeitsunfälle, und stelle daher einen groben Verstoß dar.

Bezüglich der Aufzeichnungen über Arbeitsunfälle sei lediglich die Mindeststrafe verhängt worden.

Bei der Strafzumessung seien weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe zu berücksichtigen gewesen.

Die verhängten Strafen erschienen auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, die mangels Mitwirkung des Bw im Verwaltungsstrafverfahren - wie in der Aufforderung zur Rechtfertigung angegeben - geschätzt hätten werden müssen, als angemessen. Ein Einkommen von 35.000 S sei für einen handelsrechtlichen Geschäftsführer und Gesellschafter mehrerer großer Unternehmen keinesfalls zu hoch gegriffen. Die verhängten Strafen hingegen befänden sich bei einem Strafrahmen bis jeweils 100.000 S in dessen untersten bzw unteren Bereich.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw rechtzeitig volle Berufung erhoben.

Als Berufungsgründe werden falsche Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Hiezu führt der Bw aus, dass im Rahmen seiner Sachverhaltsdarstellung im erstbehördlichen Verfahren darauf hingewiesen worden sei, dass zwar in formeller Hinsicht teilweise nicht alle Meldepflichten und sonstige Ermittlungen und Dokumentationspflichten ausgeführt worden wären, in der Praxis jedoch den Intentionen des Arbeitnehmerschutzgesetzes vorgegangen worden sei.

So sei zwar richtig, dass M. seine entsprechende Fachausbildung mit Abschlussprüfung erst am 6.2.1999 beendet habe, jedoch seit dem Jahre 1998 als Projekt für diese Prüfung die Firma H. praxisbezogen betreut und entsprechende Vorkehrungen getroffen wie auch die Unterweisung der Arbeitnehmer veranlasst habe.

Dieser von ihm im Verfahren dargestellte Sachverhalt sei im Verfahren vor der belangten Behörde in keinster Weise berücksichtigt worden.

Wenn im Straferkenntnis angeführt werde, dass keine Strafmilderungsgründe zu berücksichtigen gewesen wären, so habe die belangte Behörde die umfangreichen objektiven Darstellungen hinsichtlich des Umstrukturierungsprozesses der H.-Firmengruppe mit Betriebsstätten in W., L. und L. völlig negiert.

Zeugenaussagen hätten diesbezüglich die Ausführungen vollinhaltlich bestätigt, dass in derartigen Fällen formelle Erfordernisse und Meldepflichten naturgemäß dann vernachlässigt würden, wenn in operativer Hinsicht primär der Betrieb aufrechtzuerhalten sei, was durch die Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Leiter der Buchhaltung und Verwaltung noch verschärft worden wäre.

Als Strafmilderungsgrund sei auch in keinster Weise die Tatsache berücksichtigt worden, dass die Rechtsvorschriften des ASchG für die betroffenen Betriebe eine völlig neue Materie darstellten und im Falle H. erst am 1.1.1998 wirksam geworden wären.

Es handle sich somit um Rechtsvorschriften, die erst durch jahrelange Anwendung im Rechtsbewusstsein der Verantwortlichen sich dementsprechend festigen würden.

Der Bw beantragt die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides; in eventu die Verhängung der jeweiligen Mindeststrafe.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Darstellend ist zunächst festzuhalten, dass das angefochtene Straferkenntnis vom h. Verwaltungssenat im ersten Rechtsgang allein aus formalen in den §§ 44a Z1 und 31 VStG gelegenen Gründen in Stattgebung der dagegen erhobenen Berufung aufgehoben wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch in seinem aufhebenden Erkenntnis die Rechtsansicht des h. Verwaltungssenates nicht geteilt und dessen Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

In Bindung an die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes hatte der unabhängige Verwaltungssenat nunmehr unter Eingehen auf die Sache selbst über die vorliegende Berufung zu entscheiden.

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist aufgrund der Erhebungen des Arbeitsinspektorates als erwiesen anzusehen, wobei auch aus den Ausführungen in der Berufung nichts Gegenteiliges zu entnehmen ist.

Gleiches gilt auch für das Vorliegen der subjektiven Tatseite iSd Verschuldens und wird diesbezüglich der Bw, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses verwiesen, denen voll beizutreten ist.

Der Schuldspruch der belangten Behörde war daher zu bestätigen.

Was die Strafhöhen betrifft, ist der Bw zunächst darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafhöhe darstellt, die sie unter Bedachtnahme auf die Strafzumessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat. Ist dies der Fall, kann der Strafbehörde keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung angelastet werden.

Der Schuld- und Unrechtsgehalt der einzelnen Übertretungen wurde von der belangten Behörde in nachvollziehbarer und den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechender Weise dargelegt. Gleiches gilt für die Darlegung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der verhängten Strafen.

Der betriebliche Umstrukturierungsprozess wie der behauptete Umstand, dass die Vorschriften des ASchG, die für die H. GesmbH erst mit 1.1.1998 wirksam geworden wären, können in Anbetracht der ohnehin geringen Ausschöpfung des jeweiligen Strafrahmens nicht als Milderungsgründe herangezogen werden.

Da sohin keine fehlerhafte Ermessensausübung bei der Strafzumessung festzustellen war, war auch der Strafausspruch der belangten Behörde zu bestätigen.

zu II. Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

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