Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130038/4/Gb/Shn

Linz, 04.04.1996

VwSen-130038/4/Gb/Shn Linz, am 4. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des Thomas H gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 18. Mai 1995, Zl.933-10-3758591-Ho, zu Recht:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), iVm §§ 45 Abs.1 Z2, 51 VStG; zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt, weil er am 18. Dezember 1993 von 13:34 bis 13:52 Uhr in Linz, gegenüber 1, das mehrspurige Kraftfahrzeug, VW grau, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe und damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen sei. Dadurch habe er eine Übertretung nach § 5 Abs.2 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Einhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen iVm § 6 Abs.1 lit.a O.ö.

Parkgebührengesetz begangen, weshalb er gemäß § 6 Abs.1 lit.a O.ö. Parkgebührengesetz zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung vom 3. Juni 1995. Die belangte Behörde hat diese sowie den diesbezüglichen Verwaltungsakt mit Schreiben vom 26. Juni 1995 dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und damit seine Zuständigkeit zur Entscheidung begründet. Da durch die belangte Behörde weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist zur Entscheidung über diese Berufung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates berufen.

3.1. Die belangte Behörde begründet das bekämpfte Straferkenntnis folgendermaßen:

Am 24. Juni 1994 sei an den Berufungswerber eine Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelt worden. In dieser Rechtfertigung hätte der Berufungswerber die Rechtmäßigkeit der Aufforderung zur Rechtfertigung bezweifelt. Weiters hätte der Berufungswerber angegeben, daß nicht er der Lenker dieses Fahrzeuges gewesen sei, sondern Herr H, geb. 21.11.1953, wohnhaft H. In weiterer Folge sei der Berufungswerber vom Stadtamt Leonding als Zeuge zu seiner Ausländerangabe vorgeladen worden. Im Zuge dieser Zeugenladung hätte er unter Hinweis auf § 38 VStG die Zeugenaussage verweigert. Da der Berufungswerber die Aussage verweigert hätte, sei die Behörde davon ausgegangen, daß es sich um eine Schutzbehauptung gehandelt hätte. Dem Einspruch sei daher nicht stattgegeben worden und die oben genannte Strafe zu verhängen gewesen. Bezüglich der Strafbemessung sei das Fehlen einer Vormerkung über eine Verwaltungsübertretung als strafmildernd angesehen worden.

Auf das Ausmaß des Verschuldens sei Bedacht genommen worden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien bei der Bemessung der Geldstrafe nicht berücksichtigt worden.

3.2. Der Berufungswerber führt in der nunmehr vorliegenden Berufung aus, daß sein Einwand vom 8. Juli 1994, wonach er in keiner gebührenpflichtigen Kurzparkzone sich befunden habe, weil er die Existenz der straßenpolizeilichen Basisverordnung in Zweifel gezogen habe und jedenfalls die Beischaffung der Originalverordnung beantragt habe, von der Strafbehörde in keiner Weise berücksichtigt worden sei.

Weiters habe seine Äußerung zur behördlichen Aufforderung vom 23. September 1994 keine Berücksichtigung gefunden, wonach er nicht Lenker des gegenständlichen Kraftfahrzeuges gewesen sei. Die Strafbehörde vermeine vielmehr in völliger Verkehrung der Rechtslage, insbesondere aus seinem Verweis auf § 38 VStG, ableiten zu können, daß es sich um eine Schutzbehauptung handeln würde. Warum aber ein staatlich eingeräumtes Befreitsein von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses (bei Herrn Günter H handelt es sich schließlich um meinen Vater) derartige Schlüsse wie den der Strafbehörde denkmöglich machen sollte, bleibe wohl nur für diese Behörde nachvollziehbar. Weiters gelte dies ebenso für die völlige Außerachtlassung der gesetzlichen Verpflichtung des § 19 Abs.2 VStG, zumal die Strafbehörde sich lediglich mit dem Satz begnügt hätte, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung der Geldstrafe nicht berücksichtigt worden seien.

Abschließend stellt der Berufungswerber den Antrag, seiner Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis vollinhaltlich aufzuheben.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

Gemäß § 3 Abs.1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Erhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (im weiteren kurz: Linzer Parkgebührenverordnung) ist zur Entrichtung der Parkgebühr der Lenker verpflichtet (gleichlautend wie § 2 Abs.1 O.ö. Parkgebührengesetz).

Gemäß § 3 Abs.2 Linzer Parkgebührenverordnung ist der Zulassungsbesitzer und jeder, der einer dritten Person die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges überlassen hat, verpflichtet, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, sofern dieses Fahrzeug ohne Entrichtung der erforderlichen Parkgebühr gebührenpflichtig abgestellt war.

Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen und muß den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten. Wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (gleichlautend wie § 2 Abs.2 O.ö.

Parkgebührengesetz).

Gemäß § 6 Abs.1 O.ö. Parkgebührengesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen, wer (lit.a) durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht oder (lit.b) den Geboten des § 2 Abs.2 oder den Geboten oder Verboten der auf Grund dieses Landesgesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn (nach der Ziffer 2) der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich zweifelsfrei, daß das gegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone so abgestellt war, daß die bezahlte Parkzeit um 18 Minuten überschritten wurde (Zeugenaussage des Meldungslegers Herrn O). Entgegen dem Berufungsvorbringen besteht seitens der Behörde keine Veranlassung oder Pflicht, Verordnungen und Gesetze Privatpersonen beizuschaffen. Es ist die Pflicht eines jeden Staatsbürgers, sich über die ihn im besonderen treffenden Rechtsvorschriften Kenntnis zu verschaffen. Nebenbei darf noch erwähnt werden, daß die "Existenz der straßenpolizeilichen Basisverordnung" (wohl der Linzer Parkgebührenverordnung) durch deren Kundmachung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz, Nr.11/1989, doch auch für den Berufungswerber wohl ausreichend dokumentiert ist und rechtmäßig begründet wurde.

Es ist somit festzuhalten, daß das gegenständliche Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone entgegen den geltenden Parkgebührenvorschriften abgestellt war.

Aus dem Verwaltungsakt ist weiters ersichtlich, daß der Beschuldigte mit Schreiben vom 23. September 1994 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers aufgefordert wurde. In Entsprechung dieser Aufforderung gab der Beschuldigte bekannt, daß er die verlangte Auskunft nicht erteilen könne, weil die Auskunftspflicht Herrn Günter H (erläuternd: sein Vater), geb. 21.11.1953, wohnhaft in H treffe.

Im Wege der Rechtshilfe wurde der Beschuldigte, der zu diesem Zeitpunkt noch unter der Adresse: M, wohnte, durch das Stadtamt Leonding mittels Ladungsbescheid aufgefordert, als Beteiligter in der Angelegenheit: Übertretung nach der Parkgebührenverordnung und dem Parkgebührengesetz am 18.12.1993 um 13:34 bis 13:52 in Linz, gegenüber 1, mitzuwirken und ihm für die Nichtbeachtung der Ladung eine Zwangsstrafe von 300 S angedroht. In Entsprechung dieses Ladungsbescheides ist der Beschuldigte vor dem Stadtamt Leonding erschienen und hat anläßlich dieser Beschuldigtenvernehmung auf § 38 VStG verwiesen, wonach er im Gegenstand von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses befreit sei.

Aufgrund dieser Aussage hat nun die belangte Behörde ihr Straferkenntnis begründet, wobei hiezu folgendes anzumerken ist: Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde ist anzuführen, daß der Berufungswerber vom Stadtamt Leonding nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigter vernommen worden ist. Eine Vernehmung des Berufungswerbers als Zeuge scheidet schon deshalb aus, weil er nach dem Spruch des bekämpften Straferkenntnisses als Beschuldigter anzusehen ist. Ein Verfahren gegen den vom Berufungswerber namhaft gemachten Vater ist hingegen nicht eingeleitet worden, sodaß er auch nicht in einem etwaigen Verfahren gegen den Vater als Zeuge aussagen hätte können. Wenn sich nun auch der Berufungswerber in der Beschuldigtenvernehmung vor dem Stadtamt Leonding auf § 38 VStG beruft, ist zwar festzuhalten, daß diese Bestimmung nur auf Verwandte und in dieser Gesetzesstelle näher genannte Angehörige des Beschuldigten anzuwenden ist, und er sich an und für sich auf diese Bestimmung nicht berufen kann, da er selbst Beschuldigter ist. Aufgrund dieser Tatsache schadet dieser Verweigerungsgrund insofern nicht, da der Berufungswerber als Beschuldigter ohnedies nicht unter Wahrheitspflicht steht und sich nach jeder Richtung verteidigen kann, insbesondere auch nicht aussagen muß (was aber freilich im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist).

Wenn nun aber die belangte Behörde aus dieser Aussageverweigerung des Beschuldigten schließt, daß der Berufungswerber mit seiner vollständigen und gesetzmäßigen Lenkerauskunft eine Schutzbehauptung aufgestellt hätte, kann der belangten Behörde aufgrund voriger Überlegungen nicht gefolgt werden. Zweifellos kann die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Tatsachen der "Nichtaussage" vor dem Stadtamt Leonding entsprechend würdigen. Dem ungeachtet ist der Beschuldigte seiner Mitwirkungspflicht aber insofern ausreichend nachgekommen, da er die Lenkerauskunftspflicht in ausreichendem Maß erfüllt hat.

Weiters ist der Berufung insofern zu folgen, wenn sie die mangelhafte Begründung der Strafbemessung bemängelt. Gerade entgegen den Ausführungen der belangten Behörde, wonach die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung der Geldstrafe nicht berücksichtigt worden seien, ist festzuhalten, daß gerade auch diese Verhältnisse zu berücksichtigen sind. Wenn nun die belangte Behörde selbst angibt, daß sie diese Verhältnisse nicht berücksichtigt hat, liegt auch in dieser Hinsicht ein Verfahrensmangel vor.

Weiters genügt auch nicht der Hinweis der belangten Behörde, wonach auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht genommen worden sei. In diesem Punkt kann nicht davon ausgegangen werden, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung im Rahmen ihres Ermessensspielraums gehandelt hat, zumal sie dieses Bedachtnehmen nicht näher konkretisiert und begründet hat.

Es steht somit fest, daß die belangte Behörde den Berufungswerber nicht zweifelsfrei der Täterschaft überführt hat, daß nämlich der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat. Es war daher der vorliegenden Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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