Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110248/7/SR/Ri

Linz, 26.09.2001

VwSen-110248/7/SR/Ri Linz, am 26. September 2001 DVR.0690392  

E R K E N N T N I S      

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer, Vorsitzende: Dr. Klempt, Berichter: Mag. Stierschneider, Beisitzer: Dr. Konrath, über die Berufung des F B, Estraße, P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding, Zl. VerkGe96-101-2001 vom 4. Mai 2001 wegen Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (im Folgenden: GütbefG) nach der am 18. September 2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:    

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
  3.  

  Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl.I Nr. 29/2000 - AVG iVm § 24, § 51e Abs.5 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 138/2000 - VStG zu II.: § 66 Abs.1 VStG.     Entscheidungsgründe:   1. Mit angefochtenem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:   "Sie haben am 28.10.2000 um 9.32 Uhr im österreichischen Bundesgebiet und zwar auf der Innkreisautobahn A, bei StrKm, Gemeindegebiet S (Ökopunkte-Abbuchungsstation bei der Einreise nach Österreich), aus Richtung Deutschland kommend, als Fahrer des Lastkraftwagens mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, amtliches Kennzeichen P, Zulassungsbesitzer: H L GmbH, A, S, keine der nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt, entweder:  

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 23 Abs.1 Z8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr.593, i.d.F. BGBl. I Nr.17/1998, iVm Artikel 1 Abs.1 und Artikel 5 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr.3298/94 vom 21.12.1994, i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 2012/2000 vom 21.9.2000.   Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe: 20.000 S falls diese uneinbringlich ist, EFS von 67 Stunden gemäß § 23 Abs.1 Einleitungssatz und Abs.2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl.Nr.593, i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998   Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 2.000,-- S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, ds 10 % der Strafe   Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: S 22.000,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."   2. Gegen dieses dem Bw am 8. Mai 2001 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 22. Mai 2001, mittels FAX, bei der Behörde erster Instanz eingebrachte Berufung.   2.1. Im angeführten Straferkenntnis führt die Behörde im Wesentlichen aus, dass der Bw eine ökopunktepflichtige gewerbliche Transitfahrt durchgeführt habe.   Trotz der ordnungsgemäßen Bedienung des Umweltdatenträgers sei eine Abbuchung der Ökopunkte nicht möglich gewesen, da der Frächter gesperrt gewesen wäre. Darüber hinaus habe sich im Verfahren nicht ergeben, dass die Ökopunkte auf eine andere Art und Weise entrichtet worden wären. Von schuldhaftem und fahrlässigem Verhalten des Bw sei auszugehen, da dieser der berufsgebotenen Informations- bzw. Sorgfaltsverpflichtung nicht nachgekommen wäre.   2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass er davon ausgegangen sei, dass vor der Einreise nach Österreich die Ökopunkte wie üblich aufgebucht worden wären. Offensichtlich wären durch die vielen Transitfahrten die Öko-Punkte bereits aufgebraucht gewesen. Er habe den ecotag richtig bedient und könne aufgrund der Informationsprobleme das Öko-Punkte-System nicht beeinflussen.   3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.   3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat für den 18. September 2001 die mündliche Verhandlung anberaumt und die Verfahrensparteien geladen. Die Behörde erster Instanz ist nach Entschuldigung der Verhandlung ferngeblieben.   3.2. Aufgrund der mündlichen Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:   Der Bw hat am 28. Oktober 2000 eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durchgeführt und ist von Deutschland kommend in Österreich eingereist. Zum Beladungszeitpunkt hat sich der Bw beim zuständigen Ansprechpartner seiner Firma (Herrn B) erkundigt. Erst nach der Mitteilung, dass genügend Ökopunkte vorhanden sind, hat der Bw die Fahrt aufgenommen. Zwei Stunden vor dem Grenzübertritt hat der Bw eine weitere Anfrage beim Verantwortlichen gestellt und daraufhin die Antwort erhalten, dass genügend Ökopunkte vorhanden sind. Bis zur Einleitung dieses Strafverfahrens hat der Bw keine unrichtige Mitteilung über den Ökopunktestand erhalten. Nachdem der Verantwortliche des Frächters zweimal das Vorhandensein der erforderlichen Ökopunkte bestätigt hatte, hat der Bw den Umweltdatenträger ordnungsgemäß bedient. Mangels Ökopunkteguthaben fand die Abbuchung der erforderlichen sieben Ökopunkte nicht statt.   3.3. Das Vorbringen des Bw ist glaubwürdig und deckt sich mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und den Aufzeichnungen im Kontrollausdruck. Dem Kontrollausdruck ist eindeutig zu entnehmen, dass der Bw auf ökopunktepflichtige Fahrt eingestellt hatte und eine Abbuchung nicht stattgefunden hat.   Weiters ist das Vorbringen des Bw schlüssig, nachvollziehbar und deckt sich mit dem ho Amtswissen. Das heißt, es sind Fälle bekannt, bei denen z.B. Abbuchungen der Ökopunkte auf das Ökopunktekonto zeitversetzt stattgefunden haben, auf Grund technischer Unzulänglichkeiten Ökopunkte nicht bzw. zeitversetzt aufgebucht worden sind und andere Fahrer des Frächters, die bilaterale Fahrten vorgenommen hatten, mangels entsprechender Betätigung des Umweltdatenträgers die aufgebuchten Punkte konsumiert haben. Auf Grund dieser Vorkommnisse hat sich auch beim Arbeitgeber des Bw die Praxis eingebürgert, dass vor Durchführung von Transitfahrten die Aufbuchungen der erforderlichen Punkte über die zuständige Abteilung des Amtes der Oö. Landesregierung veranlasst werden.   4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:   4.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.   Das VStG versteht unter "Schuld" die subjektive Tatseite, dh jene tatsächlichen Vorgänge in der Psyche des Täters, die vorliegen müssen, um das Delikt zu verwirklichen ("psychologische Schuldauffassung"). Sie kann in der Absicht oder im Bewusstsein bestehen, das rechtswidrige objektive Verhalten zu setzen, oder in der fehlenden Aufmerksamkeit bei dessen Verwirklichung. Die Rechtsordnung typisiert diese psychischen Einstellungen in die Schuldformen Vorsatz und Fahrlässigkeit. Das VStG geht von einer erforderlichen - in Vorsatz und Fahrlässigkeit vertypten - psychischen Beziehung des Täters zu den Merkmalen des Tatbestandes und der Pflichtwidrigkeit aus. Die Annahme des Erfordernisses der Kenntnis (oder schuldhafter Unkenntnis) der Rechtswidrigkeit verwandelt die zu Grunde liegende psychologische Schuldauffassung nicht zu der - derzeit für das gerichtliche Strafverfahren weiterhin vertretenen - normativen Schuldauffassung. Das dem VStG zugrunde liegende Konzept trennt klar zwischen den psychischen Tatsachen und der - für die normative Schuldauffassung kennzeichnenden - Zumutbarkeit, sich gebotsgemäß zu verhalten (Walter Thienel, die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 2. neu bearbeitete Auflage, zu § 5 VStG Anmerkung 1, Seite 49f).   Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung dargelegt, konnte der Bw glaubhaft dartun, dass ihn an der angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Der Bw ist glaubwürdig seiner Sorgfaltsverpflichtung nachgekommen, indem er sogar zweimal vor der Einfahrt in das Bundesgebiet die erforderlichen Informationen eingeholt hat. Er konnte somit darauf vertrauen, dass sich am Ökopunktekonto die erforderlichen Ökopunkte befinden und es war ihm nicht zuzumuten, eine Abbuchung bzw. eine Entrichtung der Ökopunkte auf eine andere Art und Weise vorzunehmen bzw. zu veranlassen.   Die Behörde erster Instanz hat zu Recht ausgeführt, dass der Bw keine Möglichkeit hatte, den tatsächlichen Ökopunktestand wo anders als beim Frächter abzufragen. Da das Vertrauen des Bw in keiner erkennbaren Weise durch einen ähnlich gelagerten Vorfall erschüttert und gegen den Bw erstmalig ein derartiger Tatvorwurf erhoben worden ist, war dem glaubwürdigen Vorbringen des Bw zu folgen und davon auszugehen, dass er der an ihn gerichteten Sorgfaltsverpflichtung nachgekommen ist.   4.2. Da der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.   5. Der Bw hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.   Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.   Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.   Dr. Klempt

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