Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-130319/2/WEI/Ni

Linz, 08.10.2003

 

 VwSen-130319/2/WEI/Ni Linz, am 8. Oktober 2003

DVR.0690392
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Mag. H T, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. Juli 2002, Zl. 933/10 - 9894880, wegen Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird, wobei dem Berufungswerber aber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung

 

Sie haben am 3.10.2001 von 08:45 bis 09:01 Uhr in Linz, F vor Haus Nr. 28 das mehrspurige Kraftfahrzeug, mit dem polizeilichen Kennzeichen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt und sind damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

 

§§ 1,2,3,5 und 6 Abs. 1 der Verordnung des Gemeinderats der Landeshauptstadt Linz vom 1. Juli 1989 betreffend die Erhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen i.V.m. § 6 Abs.1 lit.a) OÖ. Parkgebührengesetz vom 4.3.1988

 

III: Strafausspruch

 

Es wird über Sie eine Geldstrafe von € 43,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden verhängt.

 

Rechtsgrundlagen: § 6 Abs. 1 lit. a) OÖ. Parkgebührengesetz, §§ 16 und 19 VStG

 

IV. Kostenentscheidung

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10 % der verhängten Strafe, mindestens € 1,50, das sind € 4,30 zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) beträgt

 

€ 47,30."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 12. Juli 2002 zugestellt worden ist, richtet sich die mit 16. Juli 2002 datierte Berufung, die am 26. Juli 2002 per Telefax bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebracht wurde und mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens oder in eventu die Erteilung einer bloßen Ermahnung angestrebt wird.

 

 

2.1. Zum Verfahrensgang und dem im durchgeführten Ermittlungsverfahren von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt wird auf die Darstellung im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Danach steht im Wesentlichen unbestritten fest, dass der Bw das mehrspurige Kraftfahrzeug, am 3. Oktober 2001 von 08:45 bis 09:01 Uhr in Linz vor dem Haus Fabrikstraße 28 in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hat.

 

Der Bw brachte im Einspruch gegen die Strafverfügung der belangten Behörde vom 5. Dezember 2001 vor, dass er Ladetätigkeit durchgeführt und Eingaben zu Gericht (gemeint offenbar Einlaufstelle des Bezirks- und Landesgerichts Linz) gebracht hätte. Weil dort keine Parkplätze vorhanden waren, hätte er das Auto in der Fabrikstraße abgestellt und wäre zu Fuß bis zum Gericht und retour gegangen, was ca. 20 Minuten in Anspruch genommen hätte. Über erstbehördliche Aufforderung zur Konkretisierung der behaupteten Ladetätigkeit teilte der Bw mit Eingabe vom 14. Februar 2002 die genaue Zeit von 08.43 bis 09.05 Uhr mit. Es hätte sich um verschiedene Eingaben an das Gericht wie Klagen, Schriftsätze, Urkundenvorlagen etc. gehandelt, wobei die exakte Anzahl und das Gewicht nicht mehr angegeben werden könnte.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis setzte sich die belangte Behörde mit dem Begriff Ladetätigkeit näher auseinander und verneinte mit näherer Begründung diese Ausnahme von der Pflicht zur Entrichtung der Parkgebühr nach § 5 lit. d) Oö. Parkgebührengesetz für den gegenständlichen Fall.

 

2.2. In der Berufung bekräftigt der Bw seine Ansicht, dass Ladetätigkeit vorgelegen wäre, weil das Transportieren von Aktenstücken und Aktenteilen zum Gericht, die ein nicht unbeträchtliches Gewicht gehabt hätten, diesen Begriff erfüllte. Andernfalls könnte ein Rechtsanwalt seinen Beruf faktisch nicht mehr ausüben. Die Auslegung des Begriffs "Ladetätigkeit" durch die belangte Behörde verstoße gegen das Grundrecht der Erwerbsfreiheit.

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zur Zahl 933/10-9894880 des Magistrats der Landeshauptstadt Linz festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu beantworten sind.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 6 Abs 1 lit. a) Oö. Parkgebührengesetz (LGBl Nr. 28/1988 idF LGBl Nr. 90/2001) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen,

 

wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

 

Nach § 1 Abs 1 iVm § 3 Abs 1 der Parkgebührenverordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1989 betreffend die Erhebung einer Gemeindeabgabe für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 1989/11 idF 2001/14 vom 30.07.2001) ist der Lenker verpflichtet, für das Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzone eine Parkgebühr zu entrichten; die Höhe der Parkgebühr beträgt nach § 2 Abs 1 lit. b) der Linzer Parkgebührenverordnung für jede angefangene halbe Stunde 50 Cent.

 

4.2. Gemäß § 5 lit. d) Oö. Parkgebührengesetz ist die Parkgebühr für Fahrzeuge nicht zu entrichten, die lediglich zum Zwecke des Aus- oder Einsteigens von Personen oder für die Durchführung einer Ladetätigkeit halten.

 

Wie aus den Materialien deutlich erkennbar ist, wurden die Ausnahmetatbestände des § 5 Oö. Parkgebührengesetz in Anlehnung an die Regelungen der StVO 1960 geschaffen (vgl Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten, Beilage 159/1988 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. LT, 23 GP, Seite 3). Dem Begriff der Ladetätigkeit im § 5 lit. d) Oö. Parkgebührengesetz ist demnach der gleiche Inhalt wie nach dem § 62 StVO beizumessen.

 

Gemäß § 62 Abs 1 StVO ist unter Ladetätigkeit auf Straßen das Be- oder Entladen von Fahrzeugen sowie das Abschlauchen von Flüssigkeiten aus Fahrzeugen oder in Fahrzeuge zu verstehen. Eine Ladetätigkeit kann mit allen Arten von Fahrzeugen durchgeführt werden; auch private Ladetätigkeit wird erfasst (vgl Messiner, StVO10, Anm 2 und 3 zu § 62). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs

handelt es sich um einen Vorgang, der sich auf eine Ladung oder Last beziehen muss. Deshalb kommt als Objekt einer Ladetätigkeit weder ein einzelner Gegenstand von geringem Ausmaß und Gewicht, den eine Person bei sich trägt oder an sich nimmt, um ihn von einem Fahrzeug an einen anderen Ort zu bringen, noch eine Mehrzahl von Gegenständen, die zusammen das Merkmal der Geringfügigkeit nach Ausmaß und Gewicht aufweisen und von einer Person in der Hand, unter dem Arm oder in der Kleidung von einem Fahrzeug an einen anderen Ort gebracht werden, in Betracht (vgl u.a. Messiner, StVO10, E 12 und E 14; VwGH 30.9.1999, Zlen. 98/02/0057, 0058; VwGH 19.6.1991, Zl. 90/03/0257).

 

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1991, Zl. 90/03/0257, ging es um das Transportieren von Akten in ein Bankhaus, die angeblich in zwei großen Aktentaschen nicht mehr unterzubringen gewesen wären. Genauere Angaben dazu konnte der Beschwerdeführer nicht machen. Während eines Beobachtungszeitraumes von 20 Minuten nahm der Meldungsleger keine Ladetätigkeit wahr. Der Verwaltungsgerichtshof hielt dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf ein Vorerkenntnis (vgl VwGH 18.5.1988, Zl. 87/02/177: Aktentasche und Aktenkoffer von nicht näher ausgeführter Größe und Gewicht) entgegen, er hätte damit nicht konkret einen über den Umfang der Geringfügigkeit hinausgehenden Transport von Akten behauptet.

 

Die rechtlichen Ausführungen der belangten Behörde finden daher in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinreichende Deckung. Die Verantwortung des Bw, wonach er verschiedene Eingaben ohne nähere Angaben über Anzahl, Größe und Gewicht zu Gericht hätte bringen müssen, war demnach nicht geeignet, eine Ladetätigkeit iSd § 62 Abs 1 StVO aufzuzeigen.

 

Der Einwand des Bw, diese Auslegung des Begriffs Ladetätigkeit widerspräche dem Grundrecht der Erwerbsfreiheit, geht schon deshalb fehl, weil dieses Grundrecht nach Art 6 StGG nicht absolut gewährleistet ist, sondern unter Gesetzesvorbehalt steht (arg. "unter den gesetzlichen Bedingungen").

 

4.3. Gemäß § 21 Abs 1 VStG kann die Behörde von der Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Nach hM liegt geringes Verschulden des Täters vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 862 ff, E 6 ff zu § 21 VStG; Leukauf/ Steininger, Kommentar zum StGB3, 1992, Rz 14 zu § 42 StGB). Nach der strafrechtlichen Judikatur zum vergleichbaren § 42 StGB in der Fassung vor dem StRÄG 1987 (BGBl Nr. 605/1987) muss die Schuld absolut und im Vergleich zu den typischen Fällen der Deliktsverwirklichung geringfügig sein (vgl ua EvBl 1989/189 = JBl 1990, 124, SSt 55/59; SSt 53/15; SSt 51/21). Maßgebend sind der das Unrecht bestimmende Handlungsunwert und der Gesinnungsunwert, der das Ausmaß der deliktstypischen Strafzumessungsschuld ebenso entscheidend prägt (vgl mwN Leukauf/Steininger, StGB3, Rz 14 f zu § 42 StGB). Der Erfolgsunwert wurde im Merkmal "unbedeutende Folgen der Übertretung" verselbständigt.

 

4.4. Die Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt ist dem Bw bei der engeren Auslegung des Begriffs "Ladetätigkeit" iSd Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zwar noch nicht faktisch unmöglich, aber doch erschwert. Dem Bw ist nämlich zuzugestehen, dass es um das Gebäude des Bezirks- und Landesgerichts Linz Ecke Fadingerstraße/Museumsstraße nur relativ wenige (gebührenpflichtige) Parkplätze gibt, die für den Parteienverkehr nicht ausreichen dürften. Der Bw hätte wahrscheinlich bei Auffinden eines Parkplatzes in unmittelbarer Nähe des Gerichts eine Abstellzeit seines Pkws von 10 Minuten nicht überschritten. In diesem Fall wäre ihm die Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenats zu Gute gekommen, wonach das Abstellen in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone iSd § 25 StVO während der ersten 10 Minuten als Halten zu qualifizieren und deshalb gebührenfrei ist (vgl VwSen-130237 vom 5. Mai 1998; VwSen-130333 vom 7. März 2003 und VwSen-130338 vom 2. Mai 2003).

 

Im Ergebnis ist das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenats nach Würdigung aller Tatumstände der Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs 1 VStG vorliegen, weil das fahrlässige und auf Rechtsirrtum beruhende Verschulden des Bw geringfügig erscheint und auch nur eine geringe Überschreitung der zulässigen Abstelldauer von 10 Minuten vorlag. Unter diesen Umständen konnte mit einer Ermahnung des Bw das Auslangen gefunden werden, wobei er im Hinblick auf seine rechtsirrtümliche Ansicht zum Begriff "Ladetätigkeit" auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hinzuweisen war.

 

 

5. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt auch im Fall der Aufhebung des Strafausspruchs die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. W e i ß

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum