Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130473/19/Ste/CR/Da

Linz, 04.07.2006

 

 

 

VwSen-130473/19/Ste/CR/Da Linz, am 4. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des E H, W, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12. April 2006, Zl. 933/10-338473, wegen einer Übertretung des Oö. Parkgebührengesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren wird eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs. 1 Z. 1 und § 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12. April 2006, Zl. 933/10-338473, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 45 Stunden) verhängt, weil er am 11. Oktober 2005 von 8.34 Uhr bis 8.58 Uhr in Linz, Dametzstraße vor Haus Nummer 2 das mehrspurige Kraftfahrzeug Ford mit dem polizeilichen Kennzeichen L- in einem "Halten und Parken verboten - ausgenommen Ladetätigkeit" innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Durchführung einer Ladetätigkeit ohne gültigen Parkschein abgestellt habe, somit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz iVm §§ 1, 2, 3, 5 und 6 Abs. 1 Parkgebührenverordnung der Stadt Linz begangen. Als Rechtsgrundlage werden im Spruch § 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz und §§ 16, 19 VStG genannt.

 

Begründet wurde ausführlich, dass erwiesen sei, dass das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem polizeilichen Kennzeichen L- am 11. Oktober 2005 von 8.34 Uhr bis 8.58 Uhr in Linz, Dametzstraße vor Haus Nummer 2 in einem "Halten und Parken verboten - ausgenommen Ladetätigkeit" innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Durchführung einer Ladetätigkeit abgestellt war, ohne dass die erforderliche Parkgebühr entrichtet worden wäre. Im Einspruch gegen die Strafverfügung hätte der Bw angegeben, es sei für ihn verwunderlich, wie von Seiten der Behörde mit "Unschuldigen" verfahren würde. Die Aufzeichnungen des "Aufsichtsorgans" könnten nicht stimmen, denn es sei unmöglich, dass sich das "Aufsichtsorgan" über einen Zeitraum von mindestens 24 Minuten im Sichtbereich des "Tatortes" aufgehalten habe. Selbst wenn dies so gewesen wäre, hätte beobachtet werden müssen, dass er dreimal Werkzeug in das gegenüberliegende Haus geschafft hätte. Beim Abstellen des LKW hätte er die vorgesehene Parkfläche völlig zu Recht benutzt, weil es sich tatsächlich um eine Ladetätigkeit gehandelt habe.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 13. April 2006 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende - rechtzeitig eingebrachte (E-Mail vom 22. April 2006) - Berufung. Darin wird in erster Linie der Antrag gestellt, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen habe, weil eine Ladetätigkeit stattgefunden habe, was auch an einer offenen Hecktüre, die zwischen zwei Ladevorgängen offen gestanden habe, zu sehen gewesen sei. Das Gebot zur Entrichtung einer Parkgebühr gemäß § 2 Abs. 1 Oö. Parkgebührengesetz treffe ihn daher nicht.

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, Durchführung eines Augenscheins am 24. Mai 2006 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2006.

2.1. Daraus geht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt hervor:

 

Der Bw hat am 11. Oktober 2005 von 8.34 Uhr bis 8.58 Uhr in Linz, Dametzstraße vor Haus Nummer 2 das mehrspurige Kraftfahrzeug Ford mit dem polizeilichen Kennzeichen L- in einem Bereich in dem "Halten und Parken verboten - ausgenommen Ladetätigkeit" verordnet ist, innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt.

 

Im hier relevanten Zeitraum hat der Bw mehrmals Gegenstände einer Baustelleneinrichtung, darunter ua eine Werkzeugkiste und Material, zu seinem Wagen vom im Hofdurchgang befindlichen Lift (und der im zweiten Stock befindlichen Baustelle) gebracht. Der Bw hat daher während der gegenständlich Zeit tatsächlich eine Ladetätigkeit ausgeübt.

 

Während der fraglichen Zeit ist die Zeugin A G (Aufsichtsorgan - Überwachungsfirma Group 4 Falck AG) ihren Rayon abgegangen, beginnend am Beginn der Dametzstraße bis etwa auf Höhe des Hauses Nr. 29, in die Pochestraße bis etwa zum Krankenhaus der Elisabethinen und zurück, und zurück zum Beginn der Dametzstraße.

 

Der Zeuge C F, der den gebührenpflichtigen Parkplatz im Kaindl-Hof betreibt, hat sich in der fraglichen Zeit in seinem Unterstand in der Hofdurchfahrt aufgehalten, von wo er sowohl auf den Lift als auch auf das Fahrzeug des Bw freie Sicht hatte und den Berufungswerber auch beobachtete.

 

Unstrittig ist, dass der Bw Lenker des gegenständlichen Fahrzeugs war und sein Fahrzeug zur genannten Zeit in der oben geschilderten Weise abgestellt hat.

 

2.2. Die Verantwortung des Bw und die Aussagen des Zeugen C F, der unter Wahrheitspflicht stand, sind glaubwürdig. Der Bw hat in der mündlichen Verhandlung auch unter Hinweis auf eine für das Kraftfahrzeug ausgestellte Bewohnerparkkarte dargestellt, wie er bei Park- und Ladetätigkeiten in der gebührenpflichtigen Zone verfährt und dass er im fraglichen Fall tatsächlich mit Abschluss- und Aufräumarbeiten bei einer Baustelle beschäftigt war und zu diesem Zweck auch Ladetätigkeiten in seinem Klein-LKW vornahm. Der Zeuge hat nachvollziehbar geschildert, dass der Bw seine Baustelle aufgelöst hat und in diesem Zusammenhang Baustellenutensilien zu seinem Fahrzeug gebracht hat, dass er dies deswegen gut beobachten konnte, weil er im Unterstand in der Hofdurchfahrt gestanden hat. Glaubwürdig ist auch, dass der Zeuge diesen Vorgang deswegen genauer verfolgt hat, weil er mit dem Bw seit Beginn der "Kaindl-Baustelle" persönlich bekannt ist.

 

Auch die Aussage der Zeugin A G widerspricht dem im Kern nicht. Die Zeugin bewegte sich zuerst vom Fahrzeug des Bw weg. Dabei entspricht es der Lebenswahrscheinlichkeit, dass sich die Zeugin nicht ständig umgedreht hat und daher auch das gegenständliche Fahrzeug nicht ständig im Blick hatte. Im vordersten Bereich ihrer Route, also etwa zwischen dem Haus Dametzstraße 29 und der Kreuzung mit der Bethlehemstraße, war die Sicht der Zeugin, insbesondere im Hinblick auf die Entfernungen zum abgestellten Fahrzeug des Berufungswerbers (rund 200 Meter) den fließenden Verkehr sowie die entlang der Straße parkenden Autos, stark eingeschränkt. Auf ihrem Weg in der Pochestraße konnte die Zeugin jedenfalls das fragliche Fahrzeug und auch eine allfällige Ladetätigkeit nicht beobachten. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sie jedenfalls in diesen Zeiträumen eine Ladetätigkeit nicht bemerkt hat.

 

Der konkrete Umfang der Ladetätigkeit des Bw konnte nicht mit letzter Sicherheit erhoben werden.

 

Im Ergebnis kann daher nicht (jedenfalls nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren nötigen Sicherheit) davon ausgegangen werden, dass der Bw keine Ladetätigkeit ausgeübt hat. Bei einer solchen Unsicherheit ist im Zweifel zugunsten des Bw anzunehmen, dass er sich gesetzeskonform verhalten hat.

 

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 6 Abs. 1 lit. b des Oö. Parkgebührengesetzes, LGBl. Nr. 28/1988, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 126/2005, begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, wer ua. durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht (lit. a).

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. Parkgebührengesetz ist in Kurzparkzonen jeder Lenker zur Entrichtung der Parkgebühr verpflichtet. Gemäß § 5 lit. 6 Oö. Parkgebührengesetz darf für das Abstellen von Fahrzeugen, die lediglich zum Zweck des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten, keine Parkgebühr ausgeschrieben und festgesetzt werden.

 

Der Begriff der Ladetätigkeit ist dabei im Sinne der Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) zu interpretieren (zB. Verwaltungsgerichtshof [VwGH] vom 24. Jänner 2000, 97/17/0331). Gemäß § 62 Abs. 1 StVO 1960 ist unter Ladetätigkeit auf Straßen das Be- oder Entladen von Fahrzeugen zu verstehen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kommt als Objekt einer Ladetätigkeit, da sich diese auf eine "Ladung" beziehen muss, weder ein einzelner Gegenstand, dessen Ausmaß und dessen Gewicht geringfügig sind und den eine Person bei sich trägt oder an sich nimmt, um ihn von einem Fahrzeug an einen anderen Ort zu bringen, noch eine Mehrzahl von Gegenständen, die zusammengenommen das Merkmal der Geringfügigkeit nach Ausmaß und Gewicht aufweisen und von einer Person in der Hand, unter dem Arm oder in der Kleidung von einem Fahrzeug an einen anderen Ort gebracht werden, in Betracht (vgl. VwGH vom 30. September 1999, 98/02/0057, mwN). Erforderlich ist darüber hinaus, dass eine Ladetätigkeit, soll sie dem Gesetz entsprechen, gemäß § 62 Abs. 3 StVO 1960 unverzüglich begonnen und durchgeführt werden muss (VwGH vom 28. Oktober 1998, 98/03/0149, mwN). Das Gesetz erlaube es nicht, dass vor der beabsichtigten Ladetätigkeit Vorbereitungshandlungen durchgeführt würden, die so weit gingen, dass sich der Lenker des betreffenden Fahrzeuges von diesem entfernen und erst jemanden etwa aus einer Wohnung holen müsse, um dann nach dessen Eintreffen mit der Ladetätigkeit beginnen zu können (vgl. VwGH vom 12. August 1994, 94/02/0248); nicht erforderlich ist aber, dass sich der Lenker stets in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges befindet (VwGH vom 19. Juni 1991, 90/03/0257).

 

Der Bw hat in der fraglichen Zeit mehrmals Gegenstände (Baustelleneinrichtung, Werkzeug, sonstiges Material) vom Haus zum Fahrzeug getragen, die insgesamt wohl das Maß der Geringfügigkeit übersteigen, weshalb von einer Ladetätigkeit auszugehen ist; gemäß § 5 Z. 6 Oö. Parkgebührengesetz entfällt daher die Verpflichtung zur Zahlung der Parkgebühr.

 

Da die belangte Behörde dies verkannte und den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis bestrafte, war der Berufung stattzugeben, der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich noch zu folgenden Hinweisen veranlasst:

 

Gewisse Missverständnisse (etwa über die bei der Behörde erster Instanz offenbar nicht eingelangten Fotos) und Fragen über den Sachverhalt zwischen den Parteien im nunmehrigen Verfahren hätten sich wohl auch bereits im Verfahren erster Instanz mittels einer mündlichen Verhandlung aufklären lassen können (vgl. auch § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG iVm. § 24 VStG).

 

Andererseits wird der Bw zur Vermeidung zukünftiger Schwierigkeiten in diesem Zusammenhang eingeladen, sich genau über die oben skizzierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Begriff und zu den engen Modalitäten einer "Ladetätigkeit" zu informieren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Wolfgang Steiner

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