Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150000/6/Lg/Bk

Linz, 14.07.1998

VwSen-150000/6/Lg/Bk Linz, am 14. Juli 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach der am 19. Mai 1998 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn P, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 5. Mai 1997, Zl. BauR96-4-1997-Kü-Lg, wegen Übertretung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (im Rahmen der Angabe der verletzten Rechtsvorschriften) ist die Wortfolge "i.V. mit Punkt 8 der Mautordnung" zu streichen.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 600 S zu leisten. Rechtsgrundlage: Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2, 19 VStG iVm §§ 7 Abs.1, 12 Abs.1 Z2 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes 1996 (BStFG), BGBl.Nr. 201/1996 idF BGBl.Nr. 656/1996. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag verhängt weil er am 1.2.1997 um 15.40 Uhr in Linz auf der A7/RFB Nord, von der Abfahrt Voest bei Stkm 9,5 einen Pkw (Mazda 626) mit dem amtlichen Kennzeichen mit Anhänger gelenkt habe, ohne eine Mautvignette, d.h. die Bescheinigung für die zeitabhängige Maut für mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen), an der Windschutzscheibe angebracht zu haben. Dadurch habe der Bw § 7 Abs.1 und Abs.11 BStFG 1996, idF BGBl.Nr. 656/1996 iVm Punkt 8 der Mautordnung verletzt und sei gemäß § 12 Abs.1 Z2 leg.cit. in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

2. In der Berufung iVm den in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergänzend geltend gemachten Argumenten wird vorgebracht:

Der Bw habe nicht gegen das BStFG 1996 verstoßen, weil dieses keine nähere Regelung über die ordnungsgemäße Entrichtung der Maut treffe. Indem der Bw die Vignette gekauft und mitgeführt habe, habe er seine gesetzliche Pflicht erfüllt. Die Pflicht, die Vignette auf der Windschutzscheibe anzubringen sei in der Mautordnung festgelegt. Diese Verordnung sei aber verfassungswidrig, weil sie von einem privaten Rechtsträger stamme und inhaltlich durch das Gesetz nicht genau genug determiniert sei. Verfassungswidrig sei das BStFG 1996 auch insofern, als die Anwendung des § 21 VStG ausgeschlossen werde; dies verstoße gegen den Gleichheitssatz.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

3.1. Im vorliegenden Fall ist das BStFG 1996, BGBl.Nr. 201, anzuwenden, und zwar die §§ 7 und 12 in der Fassung BGBl.Nr. 656/1996. §7 Abs.1 leg.cit. bestimmt, daß, solange für Fahrzeuge, die von den im Abs.2 genannten Kategorien umfaßt werden, keine fahrleistungsabhängige Maut für Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) eingehoben wird, deren Benützung einer zeitabhängigen Maut unterliegt. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. Gemäß Punkt 8 der im Jahr 1997 (bis 1.12.1997) geltenden Mautordnung (kundgemacht im Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 11.12.1996) ist die Vignette innen auf der Windschutzscheibe im linken Randbereich oder im mittleren Bereich (Rückspiegelbereich) gut sichtbar und unbeschädigt anzubringen. § 7 Abs.2 BStFG 1996 regelt die Preise verschiedener Kategorien von Vignetten für verschiedene Kategorien von Fahrzeugen. Nach § 12 Abs.1 Z2 leg.cit. begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 3.000 S bis zu 60.000 S zu bestrafen. Nach Abs.3 wird die Tat straflos, wenn der Täter bei der Betretung, wenngleich auf Aufforderung, den Preis einer entsprechenden Wochenvignette, einer Tageszusatzvignette für Fahrzeugkombinationen gemäß § 7 Abs.6, für einspurige Kraftfahrzeuge einer Zweimonatsvignette sowie einen in der Mautordnung festzusetzenden Zuschlag zahlt; hierüber ist dem Täter sofort eine Bescheinigung auszustellen. Nach Abs.6 sind die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 nicht anwendbar.

3.2. Der Sachverhalt ist unstrittig. Der Tatvorwurf kann daher insoweit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates als erwiesen zugrundegelegt werden.

In rechtlicher Hinsicht ist zu bemerken, daß § 7 Abs.1 BStFG 1996 anordnet, daß die Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringung einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Da der Bw die Vignette bloß mitgeführt - aber nicht am Fahrzeug angebracht - hatte, hatte er gegen die Vorschrift, die Maut ordnungsgemäß zu entrichten (§12 Abs.1 Z2 BStFG 1996) verstoßen. Es bedarf daher im gegenständlichen Fall nicht des Rückgriffs auf die Mautordnung, um die Strafbarkeit des Bw zu begründen.

Ergänzend - und ohne daß dies aus dem erwähnten Grund für den gegenständlichen Fall entscheidungserheblich wäre - sei bemerkt, daß es unter dem Blickwinkel des Art. 18 B-VG nicht notwendig erscheint, solche Details wie die genaue Anbringungsstelle der Vignette am Kfz auf Gesetzesebene zu regeln. Aus dem Sinnzusammenhang ergibt sich, daß die Vignette an einer Stelle anzubringen ist, die den Kontrollvorgang nicht unnötig erschwert. Diese nähere Festlegung hat - im Hinblick auf den offensichtlichen Kontrollzweck sinnvoll - die Mautordnung getroffen. Daß sich der Gesetzgeber bei der Erlassung der Mautordnung eines Privaten bedient, ist keine ungewöhnliche Erscheinung; die Rechtsfigur des sogenannten "beliehenen Unternehmers" ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt. Der Auffassung, die Nichtanwendbarkeit des § 21 VStG verstoße gegen den Gleichheitssatz, ist folgendes entgegenzuhalten. § 21 VStG setzt nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kumulativ die Geringfügigkeit des Verschuldens und die Unbedeutendheit der Tatfolgen voraus. An der Voraussetzung der Unbedeutendheit der Tatfolgen scheitert die Anwendung des § 21 VStG im Zusammenhang mit der Unterlassung der Mautentrichtung von vornherein, ist doch der Entgang des Entgelts (zum Entgeltscharakter vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 27.2.1998, Zl. 98/02/0002) in gesetzlich fixierter Höhe in keinem Fall als "unbedeutende Tatfolge" einzustufen. Dasselbe gilt, wenn das Entgelt zwar entrichtet wurde, aber der Kontrollzweck - mangels ordnungsgemäßer Entrichtung (Nichtanbringung der Vignette am Fahrzeug) - vereitelt wird. Da sohin keine Fälle "unbedeutender Tatfolgen" denkbar sind, ist für eine Differenzierung iSd Einzelfallgerechtigkeit iSv § 21 VStG voraussetzungsgemäß kein Raum. Würde man dies anders sehen, hätte der Gesetzgeber außerdem - völlig unsachlich - unbedeutende Tatfolgen unter (eine nicht geringe) Strafe gestellt. Somit zeigt sich, daß der Ausschluß der Anwendbarkeit des § 21 VStG nur klarstellende Funktion haben kann und der Behörde keinen ihr ansonsten zustehenden Entscheidungsspielraum nimmt. Aus diesem Grund ist im übrigen die Situation mit einem Ausschluß der Anwendbarkeit des § 20 VStG nicht vergleichbar. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Langeder

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